Mit Urteil vom 28.10.2014 hat das Amtsgericht Hamburg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 79,49 € zzgl. Zinsen und den Kosten einer Halteranfrage verurteilt. Auch hier positioniert sich das Gericht nebenbei zur Frage der Bagatellschadengrenze. Leider ist das Gericht hinsichtlich der beantragten Verzinsung etwas ins Schlingern geraten. Erstritten wurde diese Entscheidung von der Kanzlei Hamburger Meile.
Aus den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in dem begehrten Umfang zu.
1. Zunächst stand dem Unfallgeschädigten, Herrn X gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 823 BGB aus Anlass des Verkehrsunfallschadens vom xx.xx.2013 ein Anspruch auf Schadensersatz zu, der zwischen den Parteien dem Grunde nach auch unstreitig ist.
Bei Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen darf der Geschädigte, von Bagatellschäden abgesehen, grundsätzlich einen Sachverständigen hinzuziehen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 73. Aufl. 2014, § 249 Rn. 58). Hier lag ein Bagatellschäden nicht vor. Die Grenze liegt etwa bei 700,00 € (vgl. Palandt, aaO). Vorliegend hat der Kläger in seinem Gutachten Reparaturkosten von 4.156,30 € netto und eine Wertminderung von 500,00 € ermittelt. Soweit sich der Schadenersatzanspruch auf die Kosten des Sachverständigengutachtens bezieht hat der Unfallgeschädigte diesen Anspruch mit schriftlicher Abtretungserklärung vom 13.08.2013 (Anlage K1/BI. 17 d.A) an den Kläger abgetreten. Bezogen auf die Gutachterkosten stand dem Unfallgeschädigten ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 658,48 € netto, somit in voller Höhe der durch den Kläger gegenüber dem Unfallgeschädigten mit der Rechnung vom 14.08.2013 (Anlage K4 / Bl. 20 d.A) abgerechneten Kosten zu. In dieser Höhe ist dem Unfallgeschädigten ein Schaden entstanden, indem er mit dem Kläger eine schriftliche Honorarvereinbarung schloss (Anlage K1 / Bl. 17 d.A), aufgrund derer der Kläger das Gutachten sodann in dieser Höhe abrechnete. Diesen Schadensersatzanspruch erwarb der Kläger im Wege der Abtretung gemäß § 398 BGB. Nach Zahlung der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 23.09.2013 in Höhe von 578,99 € beläuft sich dieser Anspruch noch auf den streitgegenständlichen Betrag in Höhe von 79,49 €.
2. Der Auffassung des Beklagten, der Unfallgeschädigt habe lediglich einen Ersatzanspruch hinsichtlich der Gutachterkosten in Höhe von 578,99 € netto gehabt und habe den Anspruch nur in dieser Höhe an den Kläger abtreten können, da die über diesen Betrag hinausgehende Differenz zu der Rechnung vom 14.08.2013 erkennbar übersetzt und damit nicht erstattungsfähig sei, war nicht zu folgen.
Einem Unfallgeschädigten ist grundsätzlich zuzugestehen, einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW zu beauftragen und von dem Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten zu verlangen, wobei solche Aufwendungen als erforderlich anzusehen sind, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Dem Geschädigten ist insofern abzuverlangen, dass er dann, wenn er die Höhe der zur Schadensbeseitigung anfallenden Kosten beeinflussen kann, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) den wirtschaftlich günstigeren Weg der Schadens beseitigung wählt. Hieraus folgt indes keine Obliegenheit des Geschädigten, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Hiernach ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektive Schadensbetrachtung anzustellen, wobei von dem Geschädigten nicht erwartet werden kann, dass er zunächst eine Markbeobachtung hinsichtlich unterschiedlicher Gutachterhonorare vornimmt. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast regelmäßig mit der Vorlage einer Honorarrechnung des Sachverständigen. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen, (vgl. zum vorstehenden: BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 – Juris)
Dies gilt insbesondere auch für von dem Sachverständigen abgerechnete Nebenkosten, die nur dann aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Betrags fallen, wenn der Geschädigte dies hätte erkennen können. In diesen Fällen muss daher der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung gemäߧ 254 Abs. 2 BGB verstoßen hat, indem er Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zu Schadensminderung ergriffen hätte (vgl. BGH a.a.O).
3. Hiernach sind die vorliegenden Kosten des Gutachtens des Sachverständigen als notwendig im Sinne des § 249 BGB anzusehen. Denn es ist nicht ersichtlich oder von Seiten des Beklagen vorgetragen worden, in welcher Weise der Geschädigte gegen die ihn obliegenden Pflichten bei der Wahl des Sachverständigen verstoßen habe bzw. dass er hätte erkennen können, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangen würde, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen würden. Insbesondere genügt auch eine etwaige Überschreitung der Kosten oder Nebenkosten, die sich aus der BVSK-Honorarbefragung ergeben, für sich genommen jedenfalls nicht, um eine Verletzung der Schadensminderungspflicht anzunehmen (vgl. BGH a.a.O.). Selbst wenn einzelne Positionen nach dem Vortrag des Beklagten als nicht angemessen anzusehen wären, könnte dies nur dann dazu führen, dass eine Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB entfiele, wenn der Beklagte eine derartige Pflichtverletzung des Geschädigten dargelegt und ggf. bewiesen hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Vielmehr ist hinsichtlich der einzelnen Kostenpositionen nicht ersichtlich, dass der Unfallgeschädigte bei der Beauftragung des Klägers verständiges und wirtschaftliches Denken hätte vermissen lassen. Die Höhe des Grundhonorars sowie der einzelnen Positionen der Nebenkosten erreichen nach Auffassung des Gerichts keine Dimensionen, die für den Unfallgeschädigten erkennbar überhöht gewesen wären und ihn dazu hätten veranlassen müssen, vom Abschluss der Honorarvereinbarung Abstand zu nehmen. Mögen die Pauschalen für die Fertigung von Fotos und Kopien zwar als hoch einzuordnen sein, so ist gleichwohl von keiner Überhöhung auszugehen, die durch einen vernünftig und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Position des Unfallgeschädigten hätte erkannt werden müssen. Dies gilt sowohl für die angesetzten Foto-, Kopier-, Kommunikations- auch Schreibkosten, als auch für die angesetzte Fahrkostenpauschale in Höhe von 30,00 €. Unter Zugrundelegung der einfachen Entfernung zwischen der Anschrift des Klägers und dem Ort der Besichtigung von etwa 16 km erscheint die Pauschale von 30,00 € insgesamt nicht evident überhöht.
4. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch die Zusammensetzung der Honorarvereinbarung aus einem an der Schadenshöhe orientierte Grundhonorar einerseits und den von der Schadenshöhe unabhängigen Nebenkosten andererseits nicht zu beanstanden.
Das Gericht folgt der durch den Beklagten zitierten Rechtsprechung des AG Dieburg (Urteil v. 20.02.2013, Az.: 20 C 1308/12), wonach neben einem pauschalierten Grundhonorar keine konkret berechneten Nebenforderungen als angemessene Vergütung verlangt werden kann, nicht. Den als unzulässig gerügten Wechsel in der Abrechnungsmodalität hält das Gericht für zulässig. Die vorgenommene und allseits für zulässig gehaltene Pauschalierung des Grundhonorars anhand der Schadenshöhe trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ermittlung und Beurteilung eines Schadens sowie die Bestimmung der notwendigen Reparaturkosten und des möglichen merkantilen Minderwertes in der Regel aufwändiger sind, je erheblicher der Schaden ist. Daneben dürften jedoch die Verbrauchsmaterialkosten sowie der Zeitaufwand, die durch die Anfertigung von Lichtbildern, deren Ausdruck, deren Einbindung in das Gutachten und dessen Vervielfältigung entstehen, von der Höhe des zu begutachtenden Schadens unabhängig sein und allein von der Anzahl der Lichtbilder und der Mehrfertigungen des Gutachtens abhängen. Gleiches dürfte für Fahrtkosten gelten, die sich unabhängig von der Schadenshöhe allein an der zurückgelegten Strecke orientieren dürften. Auch hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Kommunikation- & Schreibpauschale erscheint es nicht fernliegend, diese von der Schadenshöhe abzukoppeln, da der Umfang etwaig notwendiger Kommunikation und der Aufwand für das Verfassens des Gutachtens nicht notwendig mit der Höhe des Schadens ihrerseits steigen. Ginge man davon aus, dass auch diese, durch den Kläger mit Nebenkosten abgerechneten Tätigkeiten mit der Honorarpauschale selbst und somit anhand der Schadenshöhe abzurechnen wären, könnte dies möglicherweise zu einer Schlechterstellung des Kunden und somit auch des Schädigers führen, da diese Preisbestandteile dann bei hohen Schäden an der Steigerung des Pauschalbetrages teilnehmen würden, obgleich – gemessen an der Schadenshöhe – gegebenenfalls eine verhältnismäßig kurze Anfahrt, nur wenige Lichtbilder und ein relativ geringer Schreib- und Kommunikationsaufwand notwendig geworden sind.
5. Von dem Schadensersatzanspruch des Unfallgeschädigten und der Abtretungsvereinbarung mit dem Kläger, die die Erstattung von Kosten für eine Halteranfrage ausdrücklich aufführt, war auch der Anspruch des Unfallgeschädigten auf Erstattung von Kosten für die Ermittlung des Halters des unfallgegnerischen Fahrzeuges in Höhe von 5,10 eumfasst, sodass die Klage auch hinsichtlich dieses Betrages begründet ist. Zu den zu erstattenden Kosten der Rechtsverfolgung gehören auch die Kosten für die Ermittlung des gegnerischen Fahrzeughalters, da dieser nach § 7 StVG zum Schadensersatz verpflichtet ist und somit als Schuldner für den Geschädigten in Betracht kommt. Der Unfallgeschädigte kann auch nicht darauf verwiesen werden, ihm sei bereits die Haftpflichtversicherung des gegnerischen Fahrzeugs bekannt gewesen, da der Versicherungsnehmer nicht mit dem Halter des Fahrzeugs personenidentisch sein muss und es dem Unfallgeschädigten frei steht, neben oder statt der Versicherung den Halter in Anspruch zu nehmen.
Zinsen stehen dem Kläger lediglich seit der Rechtshängigkeit seines Zahlungsanspruches zu. Umstände, unter denen der Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt in Verzug geraten sein sollte, sind nicht vorgetragen. Die mit Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 18.09.2013 erklärte Verweigerung der Zahlung der weiteren Kosten hat lediglich Zahlungsverzug der Versicherung, nicht aber des Beklagten begründet. Dass dieser unmittelbar zur Zahlung aufgefordert und in Verzug gesetzt worden wäre, ist dem klägerischen Vortrag nicht zu entnehmen. Hinsichtlich des Zeitraumes vor Rechtshängigkeit war die Klage wegen der Zinsen somit abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Hamburg.
Das Urteil des AG Hamburg leuchtet in den Entscheidungsgründen die schadenersatzrechtlich bedeutsamen Erwägungen facettenreich aus und befördert damit die Überlegungen der hinter dem Schädiger stehenden Haftpflichversicherung in das Reich der Fabel. Dennoch wird weiter fabuliert, wie man aktuell feststellen kann und auch mit diesem Urteil wird die HUK-Coburg-Versicherung sich nicht durch ein Deutsches Amtsgericht belehren lassen wollen. Wozu auch ? Die „Erfolge“ der Vergangenheit geben ihr doch recht und dass ein solches Urteil fast folgenlos bleibt, wird sich an der bisherigen Regulierungspraxis nicht viel ändern, ob nun noch weitere 100 oder gar 1000 Urteile diese Regulierungspraxis abweisen. Damit ist die HUK-Coburg einer der größten Arbeitsbeschaffer für die Justiz und da sollte doch Dankbarkeit zu erwarten sein.
R.G.