AG Wiesbaden verurteilt mit lesenswertem Urteil vom 28.11.2014 – 92 C 3696/14 (30) – die Allianz Versicherung AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,

nachfolgend geben wir Euch heute noch ein Urteil aus Wiesbaden zu den Sachverständigenkosten gegen die Allianz Vers. AG bekannt. Wir meinen, dass das Urteil  prima begründet worden ist – auch zum Thema des möglicherweise bestehenden Forderungsausgleichs. Lest selbst das Urteil des erkennenden Amtsrichters des AG Wiesbaden vom 28.11.2014 und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Wiesbaden
Aktenzeichen: 92 C 3696/14 (30)                                       Zur Geschäftsstelle gelangt am:
.                                                                                            28. November 2014, 10:30 Uhr

Urteil
Im  Namen des  Volkes

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Allianz Versicherung AG vertr. d. d. Vorstand Severin Moser u.a., Königinnenstr. 28, 80802 München

Beklagte

hat das Amtsgericht Wiesbaden
durch den Richter am Amtsgericht K.
im vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO
nach dem Verfahrensstand vom 24. November 2014
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, für den Kläger an das Sachverständigenbüro … , € 107,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über den Basiszinssatz seit 16.09.2014 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird
gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes wegen eines Verkehrsunfalls am 28.09.2013 in Wiesbaden in Höhe von € 107,00 aus §§ 7, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 823, 426 Abs. 1, 249 BGB zu.

Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung ist dem Grunde nach unstreitig. Der geltend gemachte Betrag ist aber als Schaden gem. § 249 BGB auch der Höhe nach zu ersetzen.

Dem Kläger war als Geschädigter aus einem Verkehrsunfall dazu berechtigt, einen Sachverständigen zu beauftragen, um die Höhe des entstandenen Sachschadens feststellen zu lassen. Gemäß § 249 BGB kann er die entstandenen Kosten verlangen. Dabei ist unerheblich, ob der Kläger tatsächlich dazu verpflichtet war, den Rechnungsbetrag der Sachverständigen … in vollem Umfang zu begleichen.

Der Beklagte konnte den Ersatz dieses Schadens allenfalls dann verweigern, wenn der Kläger seine Pflichten zur Schadensminderung aus § 254 BGB verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann sich durch ein Auswahlverschulden bei der Wahl des zu beauftragenden Sachverständigenbüros ergeben.

An die Voraussetzungen einer solchen Pflichtverletzung sind aber hohe Anforderungen zu stellen. Es ist dem Geschädigten bei der Auswahl des Sachverständigenbüros nicht zuzumuten, neben den ohnehin mit der Regulierung des Schadens einhergehenden Unannehmlichkeiten vorher Marktforschung zu betreiben oder sich verschiedene Kostenvoranschläge einzuholen. Ein Auswahlverschulden kommt nur dann in Betracht, wenn die Ungeeignetheit des Sachverständigen sich förmlich aufdrängt oder dem Geschädigten bekannt ist.

Ein Auswahlverschulden ist nicht ersichtlich. Es bestanden für den Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Sachverständigen überteuert seien oder aus anderen Gründen von einer Beauftragung dieses Unternehmens Abstand genommen werden sollte.

Der Kläger hat das Sachverständigenbüro … ordnungsgemäß beauftragt. Die Tatsache, dass das Grundhonorar sich der Vereinbarung zu Folge nach der Höhe des Schadens und nicht nach den tatsächlich angefallenen Arbeitsaufwand richten sollte, musste der Kläger nicht bemängeln. Denn er hatte sich durch die Auftragserteilung mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er durch diese Vereinbarung unangemessen benachteiligt wurde. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass das Grundhonorar der Sachverständigen sich in einem angemessenen Verhältnis zur Schadenshöhe bewegt.

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen würde, wonach eine Zahlungsverpflichtung des Klägers aufgrund der pauschalen Berechnung des Grundhonorars anhand der Schadenshöhe ausgeschlossen sei, kann dies zu keiner anderen Bewertung führen. Denn dies wäre für den Kläger nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen. Soweit die Beklagte vorträgt, dass das Grundhonorar überhöht war, kann ihr dies auch nicht zum Erfolg verhelfen. Zunächst ist festzustellen, dass eine Grundvergütung von € 559, 67 angesichts der Höhe des Schadens dem Gericht nicht unangemessen und so offensichtlich überhöht erscheint, dass dies sich der Kläger hätte aufdrängen müssen. Er durfte daher davon ausgehen, dass die Grundvergütung angemessen war und verstieß nicht gegen seine Schadensminebrungspflicht. Eine solche Pflichtverletzung käme nur dann in Betracht, wenn die Grundvergütung ganz offensichtlich und wesentlich zu hoch berechnet worden wäre. Dies war aber nicht der Fall.

Soweit die Beklagte die Rechnung des Sachverständigenbüros … als übersetzt erachtet, mag sie Rückforderungsansprüche dann selbst geltend machen. Für den Fall, dass die Sachverständigenrechnung tatsächlich überhöht sein sollte, steht dem Kläger allerdings gegen den Sachverständigen in Höhe des übersteigenden Honoraranteils ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zu. In entsprechender Anwendung sowohl des § 255 BGB als auch der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist der Geschädigte verpflichtet, diesen Bereicherungsanspruch an die Haftpflichtversicherung und den Schädiger als Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) abzutreten (vgl. auch OLG Frankfurt/Main ZfS 1995, 174, 175, 2. Spalte Mitte).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus demGesichtspunkt der Rechtshängigkeitszinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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