AG Mainz verurteilt Zurich Insurance plc NfD zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 7.11.2012 – 85 C 150/12 -.

Hallo verehrte Leserinnen und Leser des Captain-Huk-Blogs,

hier und heute geben wir Euch noch ein etwas älteres Urteil aus Mainz zu den Sachverständigenkosten gegen die Zurich Insurance plc bekannt. Da das Urteil aus dem November 2012 datiert, konnte selbstverständlich der erkennende Amtsrichter seine Entscheidung nur auf das Grundsatzurteil BGH VI ZR 67/o6 (= BGH NJW 2007, 1450 ff = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) stützen. In seiner Begründung hat er aber bereits einiges aus der späteren Entscheidung des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – vorweggenommen. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
85 C 150/12

Amtsgericht
Mainz

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

Zürich Insurance plc NfD, Salmsstraße 27 – 37, 60486 Frankfurt am Main

– Beklagte –

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Mainz im vereinfachten schriftlichen Verfahren nach § 495 a ZPO durch den Richter am Amtsgericht A. am 07.11.2012 für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, auf das Konto Nr.: … des Sachverständigenbüros …, bei der … Volksbank (BLZ …) restliche 89,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Bassszinssatz seit 15.08.2012 zu zahlen.

2.        Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Eine Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen

Gründe:

Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherer für den Schaden der Klägerin aus einem Verkehrsunfall vorn 12.04.2012 unstreitig einstandspflichtig.

Vorliegend streiten die Parteien um die Erstattung von Sachverständigenkosten. Es geht um die Kostenrechnung des Sachverständigengutachtens … vom 18.04.2012 über 785,39 € (Blatt 39 und 40 der Akten). Hierauf hat die Beklagte unstreitig vorgerichtlich 696,15 € gezahlt. Der noch offen stehende Differenzbetrag von 89,24 € ist die Klageforderung.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach §§ 7, 18 StVG, i. V. m. § 115 VVG in Höhe der Sachverständigenkosten von 785,39 €. Die Beklagte ist damit zur Zahlung von noch 89,24 € verpflichtet. Dies – so wie beantragt – auf das Konto des Sachverständigen, wie im Tenor ausgeurteilt.

Das Gericht bleibt bei seiner im Urteil vom 30.09.2011 (85 C 74/11) dargestellten grundsätzlichen Rechtsauffassung, wonach eine Ersatzpflicht auch dann besteht, wenn das Gutachten entweder objektiv ungeeignet ist oder, wie hier im vorliegenden Verfahren streitig, die Kosten des Gutachtens nach Auffassung der Beklagten übersetzt sind (vgl. OLG Köln, NZW 99, 88, OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 129 und OLG Nürnberg VRS 103, 321). Danach gelten folgende Grundsätze: Rechnet ein Kfz-Sachverständiger, den der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall eingeschaltet hatte, statt nach konkretem Zeitaufwand pauschal ab (hier Grundhonorar 493,49 € netto) und hat der Geschädigte keinen Anlass, die Angemessenheit der so errechneten Vergütung in Zweifel zu ziehen, muss ihm der Schadensersatzpfiichtige die aufgewendeten Gutachterkosten auch dann ersetzen, wenn dieser selbst sie für überhöht hält. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass der Geschädigte beweispflichtig dafür ist, dass es sich bei den Gutachterkosten um einen angemessenen Betrag handelt. Wenn kein konkreter Anlass aber dafür besteht, die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Vergütung im Zweifel zu ziehen, dann darf der Geschädigte diesen Rechnungsbetrag als erforderlichen Schadensbetrag von dem Schädiger verlangen.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Sachverständige die Rechnung hier in ein pauschalisiertes Grundhonorar und pauschalisierte Nebenkosten aufgeschlüsselt hat.

Ein Verstoß gegen die Schadensminderungsfplicht liegt nicht vor. Die Klägerin war nicht verpflichtet, wie dies etwa bei einem Streit um Mietwagenkosten immer wieder diskutiert wird, sich nach dem „günstigsten Sachverständigen“ zu erkundigen. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, ohne konkreten Anlass auf einer genauen Aufschlüsselung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu bestehen oder es gar auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen hinsichtlich der Angemessenheit dieser Kosten ankommen zu lassen.

In der Klageschrift hat die Klägervertreterin eine konkrete Aufschlüsselung des Grundhonorars und der weiter geltend gemachten Nebenkosten in diesem Gutachten mit den Werten der aktuellen BVSK-Honorarbefragung verglichen und kam – rechnersich richtig – zu dem Ergebnis, dass eine evidente Überschreitung nicht vorliegt. Die Beklagte hat lediglich die grundsätzliche Anwendbarkeit und Wertigkeit der BVSK-Honorarbefragung in Frage gestellt.

Nach Allem ist die Beklagte verpflichtet, die restlichen 89,24 € ebenfalls noch zu zahlen.

Eine Berufung wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen von § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor.

Die in dem Urteil dargestellte Rechtsauffassung entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Verwiesen wird auf BGH NJW 2007, 1450 und Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 25. Auflage, Kapitel 3, Rdn 121 mit weiteren Rspr. Hinweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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