Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,
von Frankfurt am Main geht es zurück nach Halle an der Saale. Hier und heute veröffentlichen wir für Euch wieder ein positives Urteil aus Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK 24 AG. Wieder einmal meinte die HUK-COBURG berechtigt zu sein, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Dieses Recht steht der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung nicht zu. Das gilt sowohl für das Grundhonorar al auch die Nebenkosten, denn weder das Gericht noch der Schädiger sind berechtigt, eine Kontrolle der berechneten Preise durchzuführen (BGH DS 2007, 144 = NJW 2007, 1450). Zu Recht hat der Amtsrichter der 104. Zivilabteilung des AG Halle an der Saale in seinen Entscheidungsgründen darauf hingewiesen. Daher wurde die beklagte HUK 24 AG zu Recht – und mit Recht! – zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten verurteilt. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
104 C 3969/13 Verkündet am 18.12.2014
Im Namen des Volkes
Urteil
der Firma …
Klägerin
gegen
HUK24 AG, ges. vertr, d, d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 05.11.2014 durch den Richter am Amtsgericht K. für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 138,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 17.01.2014 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß 5 313 a ZPO Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Nebenkosten begründet.
Der geltend gemachte Anspruch folgt aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG. Dass die Beklagte dem Grunde nach einstandspflichtig ist, steht im vorliegenden Fall außer Streit.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Nach den glaubhaften Angaben des glaubwürdigen Zeugen S. , welcher Geschädigter des dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden Verkehrsunfalles ist, war dieser jedenfalls im Kalenderjahr 2011 Eigentümer des verunfallten Pkw Skoda Octavia Kennzeichen, … geworden, vorher sei er nur Besitzer gewesen, da er das Fahrzeug mittels eines Kredits kaufte. (z.Zt des Unfalls war er daher als sogenannter Vorbehaltskäufer zur Beauftragung eines Schadensgutachtens legitimiert), daher auch Inhaber des an den Kläger abgetretenen Schadensersatzanspruchs.
Diesen Schadensersatzanspruch hat der Zeuge auch wirksam an den Kläger abgetreten. (gegen die verwendete formularmäßige Abtretungserklärung vom 27.12.2013 (Anl. K2) bestehen keine Bedenken.
Der glaubwürdige Zeuge gab auch glaubhaft an, seinen Schadensersatzanspruch (hinsichtlich der Kosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens) unter dem 27.12.2013 (und nicht etwa später) tatsächlich abgetreten zu haben.
Der vorliegend geltend gemachte Anspruch ist auch nicht verjährt. Durch die unter dem 27. Dezember 2013 erfolgte Abtretung wurde der Kläger Forderungsinhaber, die zu dieser Zeit bereits anhängige Klage über den hier gegenständlichen Anspruch vermochte in diesem Moment die Verjährung des Anspruchs zu hemmen (vergleiche BGH VII ZR 148/92).
Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat gem. § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verfangen. Dabei sind auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall als Kosten der Schadensfeststellung Teil des Schadens des Geschädigten im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit dem Grunde nach erstattungsfähig (vgl. Grüneberg, in: Palandt, 70. Auflage, § 249 BGB, Rn. 58).
Maßgebend ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen halten (vgl. BGH, NJW 2007, 1450).
Der Geschädigte ist hierbei nicht zur einer Marktforschung zu Gunsten des Schädigers oder der Haftpflichtversicherung verpflichtet (vgl. BGH, a.a.O.). Weder der Schädiger, dessen Haftpflichtversicherung noch das Gericht in Schadensersatzprozess sind berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH, a.a.O.). Für die Frage, welcher Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist, dürfen an den Geschädigten hinsichtlich der konkreten Wiederherstellungsmaßnahme keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, insbesondere ist auch die individuellen Erkenntnis- und Einflussnahmemöglichkeiten des Geschädigten Rücksicht zu nehmen. Trifft ihn kein Auswahlverschulden, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, und hat der Geschädigte auch keine offensichtliche Unrichtigkeit der Begutachtung oder der Honorarabrechnung missachtet, gilt folgendes:
Solange das Honorar eines Sachverständigen nicht krass überhöht ist, so dass das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Geschädigten ohne weiteres leicht erkennbar wäre, kann der Geschädigte vom Schädiger Ersatz der Sachverständigenkosten grundsätzlich in votler Höhe verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 21,02.2008 – 11 S 130/07 -,). Denn ein Sachverständiger ist bei der Erstellung von Privatgutachten grundsätzlich in der Preisbildung frei. Eine Grenze ist erst dort zu ziehen, wo der Sachverständige sein Honorar vollkommen willkürlich festsetzt.
Dass die Geschädigte das von dem Gutachter geltend gemachte Honorar (Grundhonorar zuzüglich Nebenkosten) ohne weiteres als krass überhöht hätte erkennen müssen, ist nach Auffassung des Gerichts zu verneinen. Der Gutachter hat für die Klägerin ein Gutachten erstellt, in den der unfallbedingte Fahrzeugschaden ermittelt werden sollte. Das Honorar setzt sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin aus einem an der Schadenshöhe orientierten Grundhonorar zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer zusammen. Diese Form der Abrechnung ist nicht zu beanstanden. Gegen die Bestimmung eines pauschalierten Grundhonorars in Abhängigkeit zur jeweiligen Schadenshöhe bestehen keine Bedenken. Vielmehr ist dies weit verbreitete Praxis – auch in anderen Berufsgruppen. Auch liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, das der Klägerin hätte auffallen können und müssen. Dies gilt nicht nur für das vereinbarte Grundhonorar, sondern auch für die von dem Sachverständigen geltend gemachten Nebenkosten. Soweit sich die Einwendungen der Beklagten gegen die Höhe der geltend gemachten Nebenkosten richten, ist dies unerheblich, nachdem das Gericht nicht befugt ist, eine allgemeine Preiskontrolle durchzuführen, die Prüfung vielmehr darauf beschränken muss, ob ein auffälliges – dem Auftraggeber auch erkennbares – Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, was allerdings weder im Bezug auf das Grundhonorar noch im Bezug auf die geltend gemachten Nebenkosten der Fall ist.
Weder das Grundhonorar noch die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten bewegen sich außerhalb der Spanne des Ergebnisses der BVSK Befragungen, die für das Jahr 2011 erhoben wurden und zur Überzeugung des Gerichts als Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der Erforderlichkeit herangezogen werden können (vergleiche auch Landgericht Halle, Az. 2 S 82/14).
Da die Beklagte vollständigen Ersatz auch der vom Kläger berechneten Sachverständigenkosten schuldet, sie auf die Rechnung des Klägers über 550,41 € bislang lediglich 424 € (unstreitig) gezahlt hatte, war sie zur Zahlung des Restbetrages über 138,41 € zu verurteilen.
Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus § 291 BGB. Die Klage wurde der Beklagten unter dem 17.01.2014 zugestellt. Zinsen für den vorgehenden (in der Klage beantragten) Zeitraum (wie auch weitere Verzugskosten) schuldet die Beklagte jedoch nicht. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte durch den Kläger wirksam in Verzug gesetzt wurde. Da jedoch die erste Abtretung vom 26. Juli 2010 mangels Bestimmtheit nicht wirksam war, konnte der Kläger, da zu diesem Zeitpunkt nicht Anspruchsinhaber, die Beklagte auch nicht in Verzug setzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Z. 1 BGB, die Entscheidung zur Vorbringen Vollstreckbarkeit aus §§ 713 BGB.
Eine Zulassung der Berufung kam nicht in Betracht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich. Dies auch hinsichtlich der Frage, ob es für die Hemmung der Verjährung auf die Anzeige des Gläubigerwechsels gegenüber dem Gericht oder die tatsächlich erfolgte Abtretung des Anspruchs ankommt. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof (vergleiche VII ZR 148/92) den Zeitpunkt der tatsächlichen Abtretung als maßgeblich angesehen. Eine hiervon abweichende Rechtsprechung ist dem Gericht nicht bekannt.
W.W., Du hast durchaus Recht, wenn Du im Vorwort darauf hinweist, dass die HUK 24 AG zu Recht und mit Recht zur Zahlung des restlichen Schadensersatzes in Form der Sachverstänigenkosten verurteilt wurde.
Die Kürzung erfolgte ohne Rechtsgrund – und die Verurteilung erfolgte mit Recht!