Die Berufungskammer des LG Frankfurt am Main entscheidet durch die Einzelrichterin zu den erforderlichen Sachverständigenkosten und weist die Berufung der HUK 24 AG gegen das Urteil des AG Frankfurt mit lesenswerter Begründung zurück (Berufungsurteil vom 30.10.2014 – 2-01 S 204/13 – ).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Wochenbeginn geben wir Euch hier ein Berufungsurteil des LG Frankfurt am Main zu den (restlichen) Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. Wieder versuchte die HUK 24 AG die berechneten Sachverständigenkosten nach werkvertraglichen Gesichtspunkten zu kürzen. Auch in diesem Fall erlitt die HUK-COBURG eine Niederlage. Auch diese Entscheidung der Berufungskammer des LG Frankfurt am Main stellt wieder eine satte Bauchlandung der HUK-COBURG bei den Sachverständigenkostenkürzungen dar. Es kommt offensichtlich nicht besonders gut an, wenn durch die eintrittspflichtige Kfz.-Haftpflichtversicherung versucht wird, Richter aufs Glatteis führen zu wollen, obwohl diese Ahnung haben. Das OLG Frankfurt zur Rechtsberatung zu zitieren, obwohl das Gesetz inzwischen geändert wurde, erscheint als Dummenfang vom Feinsten, wie wir meinen. Zur Beurteilung der erforderlichen Sachverständigenkosten hat sich die Kammer zu Recht auf BGH VI ZR 225/13 (= BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) bezogen. Auch der von den Anwälten der HUK-COBURG vorgebrachte Verweis auf die Entscheidung des OLG Dresden geht fehl. Die Entscheidung des OLG Dresden hat sich mit dem Grundsatzurteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – überholt. Das muss die HUK-COBURG nun mal akzeptieren, ob es ihr schmeckt oder nicht. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

Landgericht Frankfurt am Main                                                                      Lt.   Protokoll
.                                                                                                                    verkündet am:   30.10.2014
Aktenzeichen: 2-01 S 204/13
(29 C 463/11 (85)
Amtsgericht Frankfurt am Main)

I m  N a m e n  d e s  V o l k e s
U r t e i l

In dem Rechtsstreit

HUK 24 AG, vertreten durch den Vorstand Detlef Frank, Lyoner Straße 10, 60528 Frankfurt,

Beklagte und Berufungsklägerin

gegen

… ,

Kläger und Berufungsbeklagter

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch die Richterin am Landgericht D. als Einzelrichterin im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 30.9.2014 Schriftsätze eingereicht werden konnten, für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.6.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. 29 C 463/11 (85), wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: € 1.049,52

Gründe:

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 313 a Absatz 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, denn das amtsgerichtliche Urteil erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

1.  Der Kläger für die vorliegend geltend gemachten Schadensersatzforderungen aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 115 Absatz 1 VVG, 249, 398 ff. BGB dem Grunde nach aktivlegitimiert, denn die Abtretung vom 30.7.2011, Bl. 129 ist wirksam.

a.  Die abgetretene Forderung ist in der Abtretungserklärung ausreichend genau bestimmt. Die Auslegung des Wortlauts des Vertragstextes ergibt, dass der Kläger (nur) seine vom Geschädigten vertraglich geschuldete Vergütung vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners als ersatzfähigen Schaden erstattet und diesen gesichert haben möchte. Im Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung findet sich dagegen kein Anhalt dafür, dass etwa andere Schadenspositionen, wie etwa Schmerzensgeldansprüche, zur Sicherung herangezogen werden sollen.

b.  Die Abtretung ist auch nicht unter dem Aspekt unwirksam, dass, wie von der Beklagten vertreten, mit diesem Rechtsgeschäft ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (§§ 3 und 5 Absatz 1 RDG) vorliegt. Zwar handelt es sich um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Absatz 1 RDG, da es sich um eine Einziehungstätigkeit handelt, die sich, gegebenenfalls auch nur hinsichtlich der Höhe des Sachverständigenhonorars, auf streitige Ansprüche bezieht (vgl. dazu BT Drucksache 16/3655, Seite 47). Diese Form der Rechtsdienstleistung ist jedoch erlaubt, weil sie im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit steht, die als Nebenleistung zum Berufsbild des Sachverständigen gehört. Ein Sachverständiger ist, anders als ein Unfallgeschädigter, der selten mehr als einmal im Leben in diese Situation kommt, eher in der Lage, eine Honorarforderung zu begründen; die Geltendmachung von Sachverständigenkosten im Rahmen der Unfallschadensregulierung findet sich deshalb auch in der Gesetzesbegründung als Ausnahmefall einer zulässigen Inkassotätigkeit (vgl. BT Drucksache 16/3655, Seite 53; vgl. zum Ganzen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.06.2014, Az. 2-01 S 213/13).

c.  Der Hinweis der Beklagten auf die hiervon abweichende Auffassung des OLG Frankfurt am Main im Hinweisbeschluss vom 26.01.2004, Az. 1 U 223/03, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, weil die oben genannte Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes erst seit dem 01.07.2008 in Kraft ist und im Übrigen der dem o.g. Beschluss des OLG Frankfurt am Main zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit dem vorliegenden vergleichbar ist, weil die dortigen Zedenten bereits anwaltlich vertreten waren.

2.  Der geltend gemachte Anspruch ist auch in der vom Amtsgericht zuerkannten Höhe begründet.

Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind in dieser Höhe als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Absatz 2 BGB ersatzfähig.

a.  Der erforderliche Aufwand für die Schadensbeseitigung umfasst die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten aufwenden muss, ohne dass er sich so verhalten muss, wie er dies täte, wenn er den Schaden selbst tragen müsste (BGH Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13). Beauftragt der Geschädigte einen KFZ-Sachverständigen zur Feststellung des Schadens an seinem PKW, darf er einen für ihn erreichbaren Gutachter wählen, ohne dass er zuvor eine Marktforschung betreiben muss, um den preislich günstigsten Sachverständigen zu finden; lediglich dann, wenn für ihn erkennbar ist, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorare fordert, die die branchenüblichen Preise deutlich übersteigen, wäre von ihm zu fordern, einen anderen Sachverständigen auszuwählen (vgl. BGH a.a.O.).

Danach genügt ein Geschädigter seiner Darlegungslast hinsichtlich der Schadenshöhe in der Regel bereits dadurch, dass er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt, wobei deren Höhe für die Schadensschätzung gem. § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Schadensbeseitigung erforderlichen Betrages liefert (so ausdrücklich BGH a.a.O.).

Danach ist vorliegend die vom Kläger erstellte Rechnung vom 3.11.2010, zu deren Zahlung er den Geschädigten am 6.12.2010, Bl. 39, erfolglos aufgefordert hat, als Indiz für die Angemessenheit ihrer Höhe der Schadensschätzung zugrunde zu legen, denn auch die nachfolgende Abtretung an den Kläger hat zu keiner inhaltlichen Änderung der Ansprüche oder deren Höhe geführt.

b.  Die Beklagte hat auch nicht dargetan, dass es für den Geschädigten vor der Beauftragung erkennbar war, dass der Kläger, wie von der Beklagten behauptet, überhöhte Honorare fordert, was möglicherweise die Indizwirkung erschüttern würde (BGH a.a.O.).

Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.3.2014, Bl. 215, die Parteien darauf hingewiesen, dass es sich der o.g. Entscheidung des BGH vom 11.2.2014 anschließen wird und der Beklagten Gelegenheit gegeben, ergänzend vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung i.S.d. § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB verstoßen hat, weil für ihn erkennbar war, dass die Honorarabrechnung überhöht war. Die Beklagte hat jedoch nachfolgend weder im Schriftsatz vom 17.4.2014, Bl. 221 ff., zu den danach erforderlichen Tatsachen vorgetragen oder Beweis angeboten.

c.  Der Kläger hat auch Anspruch auf Zahlung der Nebenkosten, die er den Geschädigten zusätzlich zu seinem Grundhonorar mit den jeweiligen Rechnungen in Rechnung gestellt hat, denn die genannten Grundsätze der o.g. Entscheidung des BGH vom 11.02.2014 gelten auch ausdrücklich für die vom Sachverständigen berechneten Nebenkosten (BGH a.a.O., Rz. 11), anders als dies die Beklagte meint (s. Schriftsatz vom 2.9.2014, Bl. 233 ff.).

d.  Soweit aus der Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014, Az. 7 U 111/12, folgt, dass zur streitigen Frage der Angemessenheit der Honorarhöhe eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durchzuführen sei, ist dem nach der entgegenstehenden Entscheidung des BGH vom 11.02.2014 nicht zu folgen. Dabei ist davon auszugehen, dass in der Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014 die vom BGH in der Entscheidung vom 11.02.2014 aufgestellten Grundsätze noch nicht bekannt waren, denn es fehlt in diesem Urteil an einer Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Entscheidung, was angesichts der zeitlichen Abfolge erklärlich ist.

Den danach zuzuerkennenden Betrag hat die Beklagte wegen des eingetretenen Verzugs gemäß §§ 286, 288 BGB zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Absatz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 Absatz 2 ZPO hierfür nicht vorliegen, insbesondere orientiert sich diese Entscheidung an dem zitierten Urteil des BGH vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13.

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3 Antworten zu Die Berufungskammer des LG Frankfurt am Main entscheidet durch die Einzelrichterin zu den erforderlichen Sachverständigenkosten und weist die Berufung der HUK 24 AG gegen das Urteil des AG Frankfurt mit lesenswerter Begründung zurück (Berufungsurteil vom 30.10.2014 – 2-01 S 204/13 – ).

  1. Iven Hanske sagt:

    Schön wie der BGH und das BGB in Frankfurt beachtet und umgesetzt wird. Noch ein Hinweis auf Abtretung erfüllungshalber und dem Vorteilsausgleichverfahren und die Begründungen ohne BVSK wäre perfekt.

  2. BORIS sagt:

    Das war eine Nachfaschingsklatsche für die Coburger Mummenschanze. Man sieht, dass dumme Dreistigkeit nicht immer zieht. Eine solche Glückspielmentalität wird zunehmend deutlicher abgestraft und das ist auch verständlich.

    BORIS

  3. virus sagt:

    „Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.3.2014, Bl. 215, die Parteien darauf hingewiesen, dass es sich der o.g. Entscheidung des BGH vom 11.2.2014 anschließen wird und der Beklagten Gelegenheit gegeben, ergänzend vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung i.S.d. § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB verstoßen hat, weil für ihn erkennbar war, dass die Honorarabrechnung überhöht war. Die Beklagte hat jedoch nachfolgend weder im Schriftsatz vom 17.4.2014, Bl. 221 ff., zu den danach erforderlichen Tatsachen vorgetragen oder Beweis angeboten.“

    Das Entgegenkommen des Richters an die Beklagte war eigentlich entbehrlich. Denn bereits vor dem Prozess war der HUK-Versicherer für seine Behauptung der Erkennbarkeit der SV-Honorarüberhöhung durch den Geschädigten beweispflichtig. Aber, schwarz auf weiß vor Augen zu haben, dass die HUK-Coburg den Beweis schuldig bleiben musste, da er nicht erbringbar war, kommt einer Offenbarung gleich.
    Danken wir dem Richter für seine Cleverness.
    „Der Ball“ liegt für jeden erkennbar in den Händen der Richterschaft. Diese könnte NOCH HEUTE „die Hexenjagd“ der Kfz-Versicherer auf die Unfallopfer, Sachverständigen, Mietwagenfirmen und Reparaturwerkstätten beenden.

    Fordwährend zum Zweck der Schadensersatzkürzung den Beweis der Behauptung schuldig zu bleiben, erfordert im Rechtsstaat die Anwendung des Strafrechts als Mittel der Überprüfung, ob das Agieren der Kfz-Versicherer insgesamt betrügerischen Absichten unterliegt.

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