Die Halterin des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges wurde mit Urteil vom 13.01.2015 vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 83,78 € zzgl. Zinsen sowie den Kosten einer Halteranfrage verurteilt. Erstritten wurde dieses Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I. Die Klage ist begründet.
1. Der Kläger hat einen Anspruch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte auf die restlichen Gutachterkosten in Höhe von 83,78 EUR gemäß §§ 7, 17 StVG, § 115 VVG, § 1 PflVG.
a) Der geltend gemachte Ersatzbetrag ist in Höhe von 83,78 € erforderlich und angemessen.
Der BGH (Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13) hat zur Erstattungsfähigkeit jüngst seine frühere Rechtsprechung bestätigt und ausgeführt (Zitat gekürzt um Nachweise):
„Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indi-zielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen.
Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.“
Unter Berücksichtigung der Grundsätze des BGH ist der Ansatz des Honorars in Höhe von 578,61 € nicht zu beanstanden. Die Abrechnung der Gutachterkosten und deren Höhe sind für den Geschädigten nicht erkennbar deutlich überhöht geschweige denn überhöht.
Angesichts der Tatsache, dass der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13; VI ZR 67/06), wird er in aller Regel auch von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Anhaltspunkte für eine für den Geschädigten als solches erkennbar auffälliges Missverhältnis von Preis und Leistung oder gar eines Auswahlverschuldens des Geschädigten gibt es nicht. Gegen das abgerechnete Grundhonorar wendet sich die Beklagte nicht konkret.
Es ist für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar, dass die Nebenkosten unangemessen hoch gewesen wären. Es liegen bereits keine überhöhten Kosten vor. Die Positionen bewegen sich teilweise innerhalb des Korridors V der Honorarbefragung oder liegen knapp außerhalb desselben (Porto/Telefonpauschale, 2. Fotosatz). Die Höhe der Schreibkostenpauschale ist mit 26,– € nicht zu beanstanden, da hiermit zwei Gutachten (für Geschädigten und Versicherung) abgegolten werden. Im Übrigen ist angesichts der Höhe der Pauschale auch keine Unangemessenheit festzustellen, da im BVSK-Korridor V zwischen pro Seite 2,45-2,86 € angesetzt sind. 26,– € entsprechen damit bei der günstigsten Abrechnung etwa 10-11 Seiten. Allgemein haben die Schadensgutachten wenigstens 10 Seiten. Hier ist zusätzlich die Kopie für die Versicherung miteinzubeziehen, so dass der Seitenpreis eher günstig anzusetzen ist. Sofern die Beklagte meint, die entsprechenden Nebenkosten seien Teil des Grundhonorars, ist es so, dass es dem Gutachter überlassen ist, wie sich sein Honorar aufteilt. Zudem zeigt die BVSK-Erhebung, dass es gerade üblich ist, neben dem Grundhonorar diverse Nebenkosten anzurechnen. Die Höhe der Kosten ist nicht zu beanstanden. Auch die Ansetzung einer Fahrtkostenpauschale ist nicht zu beanstanden. Gerade bei der Fahrstrecke von Gunderhandviertel bei Gifhorn bis nach Hamburg erscheint die Ansetzung einer Pauschale als angemessen, eine Abrechnung nach Kilometern wäre mit Sicherheit deutlich teuere. Gründe, warum die Pauschale mit 22,00 EUR angesichts der Fahrstrecke überhöht sein sollte, sind nicht vorgetragen.
Soweit sich die Beklagte gegen die Höhe der in Rechnung gestellten Fotokosten wendet, ist auch dieser Einwand unbegründet. Die Kosten pro Foto von 2,45 EUR hinsichtlich des Erstsatzes halten sich innerhalb des Korridors Vder BVSK-Befragung. Hinsichtlich der Kosten für den zweiten Satz Lichtbilder von 1,10 pro Foto liegen diese ebenfalls innerhalb des Korridors. Was die Kosten für die Halteranfrage betrifft, so sind auch diese zuzusprechen. Dem Sachverständigen waren die Halterdaten nicht bekannt, so dass er berechtigt war, diese einzuholen, ebenso wie die Melderegisterauskunft. Da auch der Schädiger Anspruchsgegner ist und vorliegend sogar in Anspruch genommen wurde, war dies zur Rechts Verfolgung auch notwendig.
Sofern die Beklagte meint, eine Indizwirkung sei entfallen, weil die Rechnung noch nicht bezahlt sei, ist diesem Ansatz nicht zu folgen. Es erschließt sich schon nicht, warum sich die Indizwirkung einer angemessen Rechnung verändert, wenn diese noch gezahlt wurde. Dies sagt auch der BGH in dem angeführten Zitat nicht. Der BGH verweist so vor allem darauf, dass das Berufungsgericht die Kosten als erkennbar deutlich überhöht gewertet hat, was zum Entfall der Indizwirkung führt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der BGH auch nicht festgestellt, dass die BVSK-Erhebung keine ausreichende Grundlage für eine Schätzung mittels § 287 ZPO ist. Mit seiner Entscheidung aus dem Februar hat der BGH deutlich gemacht, dass das bloße Überschreiten der BVSK-Werte nicht für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht genügt. Hiervon ist der BGH in seiner Entscheidung aus dem Juli auch nicht abgerückt. Der BGH hat es vielmehr revisionsrechtlich unbeanstandet gelassen, dass das Berufungsgericht den BVSK-Werten keine hinreichende Schätzgrundlage beimisst (vgl. hierzu auch die Entscheidungen aus dem Bereich der Mietwagenkosten zu einer Schätzung der Instanzgerichte nach Schwacke bzw. Fraunhofer, die der BGH nach § 287 ZPO jeweils zulässt). Das Gericht geht hier jedenfalls davon aus, dass die Werte der BVSK eine hinreichende Schätzgrundlage darstellen, um zu prüfen, ob erkennbar überhöhte Kosten vorliegen (vgl. LG Köln, 9 S 255/12 mit weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung). An der BVSK-Befragung 2013 haben etwa 95% der Mitglieder teilgenommen, etwa 840 Standorte wurden erhoben. Damit ergibt sich ein hinreichendes Bild.
Auf die Frage, ob die Geschädigte die Zahlung nach § 254 BGB verweigern kann, kommt es nicht an, da die Kosten nicht (erkennbar) überhöht sind. Auch der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit ist vor diesem Hintergrund unerheblich.
b) Der Anspruch ist in Höhe von 494,83,00 EUR beglichen worden, so dass noch 83,78 EUR offen sind.
2. Die Entscheidung über die Nebenforderungen ergibt sich aus §§ 286, 288, 291 BGB.
Soweit das AG HH-St. Georg.