Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Berlin geht es zurück nach Leipzig. Dieses Mal war es nicht die HUK-COBURG, sondern die in Münster in Westfalen ansässige LVM, die rechtswidrig die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt hat. Nachfolgend geben wir Euch hier das Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die LVM Versicherung bekannt. Das Ergebnis ist zwar für das Unfallopfer positiv, die Ausführungen zur abgetretenen Forderung unter Bezugnahme auf OLG Dresden sind unserer Ansicht nach völlig daneben. Denn richtig ist, dass der Schädiger bei voller Haftung auch vollen Schadensersatz zu leisten hat. Ist der Schädiger der Ansicht, der berechnete Schadensersatz sei überhöht, muss er gleichwohl den vollen Betrag ersetzen, ist allerdings auf den Vorteilsausgleich verwiesen. Insoweit ist er auch bei vermeintlich überhöhten Schadesersatzbeträgen nicht schutzlos. Er kann sich den vermeintlichen Bereicherungsanspruch des Geschädigten ggemäß § 255 BGB analog abtreten lassen und sodann aus abgetretenem Recht den Bereicherungsanspruch geltend machen (vgl. dazu Imhof/Wortmann DS 2011, 149). Lest aber bitte selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 111 C 8834/14
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
– Klägerin –
gegen
LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a. G., Kolde-Ring 21, 48126 Münster, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Jochen Herwig
– Beklagte –
wegen Gutachterkosten
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht …
am 13.01.2015
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, 29,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.10.2014 an die Klägerin zu zahlen.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 29,04 EUR festgesetzt
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist gemäß §§ 398 Satz 1 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 7 Abs. 1 StVG in dem unter Ziffer 1 tenoriertem Umfang begründet.
Die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten überschreiten nicht den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.
Danach hat der Schädiger nur den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Hierzu hat er nach der Rechtssprechung des BGH (Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13, zitiert nach Juris) diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.
Streitig sind im vorliegenden Fall nur die geltend gemachten Nebenkosten.
Der Geschädigte durfte den hier verlangten Nebenkostenbetrag, welcher insgesamt über 25 % des Grundhonorars liegt, für angemessen erachten. Bei einer Abweichung von 29,04 Euro ist schon der Größenordnung nach für einen Unfallgeschädigten nicht ersichtlich, wieso der streitgegenständliche Sachverständige nicht hätte beauftragt werden dürfen (vgl. AG Oldenburg, Urteil vom 18.11.2013, Az.: 1 C 1390/13, zitiert nach Juris).
Im hier streitgegenständlichen Fall klagt jedoch der Sachverständige.
In einem solchen Fall kann die Beklagte der Klägerseite ein überhöhtes Honorar nach § 242 BGB entgegenhalten, da die Klägerin im Falle der Zählung überhöhter Sachverständigerhonorare seitens der Beklagten das Geleistete sogleich als Schadensersatz zurückerstatten müsste (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az.: 7 U 111/12, zitiert nach Juris). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist nämlich – vergleichbar mit den Pflichten der Mietwagenunternehmer – eine Aufklärungspflicht des Sachverständigen gegenüber seinem Auftraggeber darüber anzunehmen, dass sein Honorar gegebenenfalls über den üblichen Abrechnungssätzen liegt und insoweit möglicherweise nicht in vollem Umfang von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet wird.
Zwar übersteigen die Nebenkosten im vorliegenden Fall 25 % des Grundhonorars und belaufen sich auf 32,78 %. Das Gericht schließt sich jedoch nicht der Auffassung an, dass die Nebenkosten auf 25 % des jeweiligen Grundhonorars zu kürzen sind ( OLG Dresden , a. a. O.).
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts kann kein starrer prozentualer Wert ausgeworfen werden, bis zu welchem Nebenkosten im Verhältnis zu den Grundkosten angemessen wären, denn gerade ein Gutachten mit einem geringfügigen Schaden kann relativ gesehen mit höheren Nebenkosten verbunden sein, als ein Gutachten mit einem größeren Schaden, zum Beispiel weil ebenso viele Lichtbilder erforderlich waren. Die Sachverständigen, die ihr Grundhonorar am Honorarkomdor der BVSK – Befragung orientieren, begehren in aller Regel Nebenkosten von etwa 20 bis 30 % des Grundhonorars. Lediglich soweit der Betrag darüber hinausgeht, deutet dies auf versteckte Kostenpositionen hin (vgl. Amtsgericht Arnsberg, Urteil vom 17.06.2009, Az.: 3 C 29/09, zitiert nach Juris). Dies ist jedoch bei dem hier streitgegenständlichen Prozentsatz von 32,78%, angesichts der geringfügigen Überschreitung des o.g. üblichen Rahmens , nicht der Fall.
Nach alledem war der Klage voll umfänglich stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.