Amtsrichter des AG Alsfeld verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 29.1.2015 – 30 C 603/14 (73) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachfolgend veröffentlichen wir hier für Euch ein positives Urteil aus Alsfeld zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Der Amtsrichter in Alsfeld hat das Urteil prima begründet. Leider hat er aber auf das BGH-Urteil vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 – abgestellt, anstatt auf das hier anwendbare Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -, denn der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten nach einem unverschulden Verkehrsunfall war nämlich „erfüllungshalber“ an das Sachverständigenbüro abgetreten worden. Im Verfahren VI ZR 357/13 lag hingegen eine Abtretung an Erfüllungs Statt vor. Aber was kümmert es die HUK-COBURG, wenn sie sowieso zur Zahlung der rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten – wie hier – verurteilt wurde? Lest selbst das Urteil aus Alsfeld und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Alsfeld
Aktenzeichen: 30 C 603/14 (73)

Im Namen des Volkes
Urteil gemäß § 495a ZPO

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

HUK Coburg Allgemeine-Versicherung AG, vertr.d.d.Vorstand, Bahnhofsplatz 1
96442 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Alsfeld durch Richter am Amtsgericht … ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO am 29.01.2015 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit 27.11.2010 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Rechtsanwälte … in Höhe von 70,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2011 durch Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

(Auf die Abfassung des Tatbestandes wird unter Hinweis auf § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weitere Sachverständigenkosten in Höhe von 300,50 € aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 115 Abs. 1 VVG, 249 BGB in Verbindung mit §§ 398 ff. BGB.

Der Geschädigte … hat seine Ansprüche auf Erstattung von Gutachterkosten wirksam an die Klägerin abgetreten. Die Forderung ist anhand der als Anlage K 2 zur Anspruchsbegründungsschrift vorgelegten Abtretungserklärung ausreichend bestimmbar. Dort heißt es wörtlich: „Hiermit trete ich den Schadensersatzanspruch aus dem vorliegenden Schadensfall in der Höhe der Gutachterkosten einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer gemäß der geltend gemachten Entgeltforderung des Sachverständigenbüros an das Kfz-Sachverständigenbüro … erfüllungshalber ab.“ Im unteren Bereich des Formulars sind sodann der Anspruchsteller sowie das amtliche Kennzeichen des Fahrzeuges … handschriftlich eingetragen. Außerdem findet sich der Name des Versicherungsnehmers der Beklagten, … . Der Verkehrsunfall selbst kann sodann
über die Schadensversicherungsnummer (…), die dort ebenfalls handschriftlich notiert ist, bestimmt werden.

Der Schadensersatzanspruch ist auch der Höhe nach gegeben.

Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind grundsätzlich erstattungsfähig (BGH, Urt. v. 23.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, Juris Rn. 9).

Der Geschädigte kann als erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um ein möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH, a.a.O., Juris, Rn. 15).

Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Deren Höhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Betrages, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH a.a.O, Juris Rn. 16). Dem Schädiger obliegt es sodann, Umstände vorzutragen, aus welchen sich ergibt, dass der vom Geschädigten ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen und dies für den Geschädigten auch erkennbar war. Weiter hat er die Möglichkeit, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat (LG Stuttgart, Urt. v. 16.07.2014, Az.: 13 S 54/14, Juris Rn. 6).

Insbesondere zu der Frage der Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung des Honorars hat die Beklagte jedoch nichts vorgetragen. Sie hat lediglich pauschal unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass die Erstellung des vorliegenden Gutachtens allenfalls 70 Minuten gedauert hätte, die Pauschalierung zu weit höheren Kosten führe, als eine Abrechnung von Einzelpositionen, und dass die Kosten nicht üblich, angemessen und erforderlich gewesen seien. Dieser Vortrag genügt allerdings nicht, um von einer Erkennbarkeit einer etwaigen Überhöhung auszugehen. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass eine Ortsüblichkeit und Angemessenheit von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen mangels Anknüpfungstatsachen nicht feststellbar ist.

Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus den §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat durch die Vorlage des Schreibens vom 16.11.2010 (Anlage K 8) nachvollziehbar dargelegt, dass sich die Beklagte mit der Zahlung der restlichen Gutachterkosten seitdem 27.11.2010 in Verzug befindet. Der Verzugszeitpunkt bezüglich der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € ergibt sich aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 27.12.2010 (Anlage K 7).

Auf Grund des Unterliegens hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor. Die Sache dient weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, die die Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich macht. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits obergerichtlich entschieden worden.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Werner H. sagt:

    Die Abtretungsvereinbarung zwischen Geschädigtem und dem Sachverständigen ist in der Tat nicht glücklich formuliert. Besser – und klarer – wäre es gewesen, wenn der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten aus dem Unfallereignis vom … an den Sachverständigen abgetreten hätte, der die Abtretung hiermit annimmt. Denn die Abtretung ist ein Vertrag. Aber die Abtretungsvereinbarung kann auch durch Auslegung in dem obigen Sinne ermittelt werden.
    Wichtig ist daher, dass eine saubere Abtretungsvereinbarung erzielt wird.

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