Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Siegburg geht es zurück nach Bonn, aber wir bleiben bei der HUK-COBURG. Diese zeichnet sich offenbar besonders hervor, wenn es um die Kürzung von berechtigten Schadensersatzforderungen des Unfallopfers geht. Nachfolgend geben wir hier ein weiteres umfangreiches Urteil aus Bonn zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Allgemeine Vers. AG bekannt. Auch in desem Fall hatte die HUK-COBURG rechtwidrig gekürzt, ohne zu erklären, wie sich der Kürzungsbetrag zusammensetzt. Es wird einfach ein von der HUK-COBURG selbst bestimmter Betrag als „erforderlicher Geldbetrag“ für die Wiederherstellung des vormaligen Zustands angegeben. Der Hinweis auf das von der HUK-COBURG selbst verfasste Honorartableau hilft dabei auch nicht weiter, denn dem Schädiger ist es nicht möglich, selbst den zu ersetzenden Schadensbetrag zu bestimmen. Nach dem deutschen Schdensersatzrecht bestimmt nicht der Schadensersatzverpflichtete, wie hoch der zu beanspruchende Schadensersatzanspruch ist. Das wäre ja auch ein Ding aus dem Tollhaus, wenn der Schädiger selbst bestimmen könnte, ws er an Schadensersatz zu leisten habe. Noch bestimmt das Gesetz in § 249 BGB in welcher Form und Höhe der Schadensersatz zu leisten ist. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und noch eine schöne Woche
Willi Wacker
116 C 302/13 Verkündet am 27.11.2014
Amtsgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn .. ,
Klägers,
gegen
die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Weiler, Pfarrer-Byns-Str. 1, 53121 Bonn,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bonn
im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 27.11.2014
durch die Richterin am Amtsgericht von S.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 105,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.10.2013 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 2,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
(abgekürzt gemäß § 495 a ZPO)
Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs.1 S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG i.V.m. § 398 BGB in Höhe von 105,65 EUR.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung, die hinreichend bestimmt ist und nicht nach §§ 2, 3 RDG iV.m. § 134 BGBnichtig ist, bestehen nicht. Für den Schadensersatzanspruch des Klägers ist danach entscheidend, ob der Geschädigten Wiebe ein entsprechender Anspruch gegen die Beklagte zustand. Dies ist vorliegend der Fall. Die volle Haftung der Beklagten für die der Geschädigten durch das Unfallgeschehen vom 04.09.2013 in Bonn entstandenen Schäden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.
Der Schädiger muss nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB an den Geschädigten den zur Wiederherstellung der Sache erforderlichen Geldbetrag zahlen. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, die dem Geschädigten dadurch entstehen, dass er zur Ermittlung des ihm entstandenen Schadens einen sachverständigen Dritten beauftragt, sofern die Begutachtung für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig ist (ständige. Rspr., vgl. BGH-Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06, NJW 2007, S. 1450 unter 11. 1. = Rn. 11; BGH-Urteil vom 30.11.2004 – VI ZR 365/03, NZV 2005, S. 139 unter 11. 5. a; BGH-Urteil vom 29.11.1988 – X ZR 112/87, NJW-RR 1989, S. 953 unter B. m.w.N.; Grüneberg, in: Palandt, 69. Auflage 2010, § 249 Rn. 58 m.w.N.). Daran bestehen hier keine Zweifel. Zu ersetzen ist allerdings nur der erforderliche Geldbetrag, das heißt die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, muss Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten und insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten genommen werden (BGH NJW 2005, 3131). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029ff.= juris Rn. 51; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07, juris Rn. 74; LG Saarbrücken, Urteil vom 29.08.2008, 13 S 108/08, juris Rn.11; LG Bonn, Urt. vom 28.09.2011, 5 S 148/11).
Die von der Geschädigten getroffene Auswahl des Klägers als Sachverständigen im vorliegenden Fall hat nicht gegen die zuvor genannten Grundsätze verstoßen. Dieser rechnet vorliegend gemäß seiner Honorartabelle ab, die eine Vergütung in Relation zur Schadenshöhe zuzüglich Nebenkosten vorsieht. Eine willkürliche Honorarfestsetzung durch den Kläger war für die Geschädigte dabei nicht ersichtlich.
Auch liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vor. Der Sachverständige ist grundsätzlich berechtigt, für das Gutachten u.a. eine pauschale Grundgebühr zu berechnen (BGH VersR 2007, 560; BGH NJW-RR 2007, 123; BGH NJW 2006, 2472). Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird dabei als Erfolg geschuldet. Hierfür haftet der Sachverständige dem Auftraggeber. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (BGH NJW 2006, 2472).
Die vom Sachverständigen insoweit unter dem 10.09.2013 berechnete Vergütung ist mit 540,00 EUR netto bei einem Reparaturaufwand von 3.647,91 EUR netto liegt zwar leicht über dem sich aus der BVSK-Tabelle HB V Korridor ergebenen Beträgen; die Grenze zur geradezu willkürlichen Festsetzung ist dabei indes nicht überschritten, so dass das Honorar der Höhe nach jedenfalls nicht evident überhöht ist (vgl. OLG Köln, NZV 1999,88; OLG Nürnberg, VRS 103, 321; LG Bonn, Urt. vom 15.05.2011,
5 S 148/11).
Ein Auswahlverschulden fällt der Geschädigten ebenfalls nicht zur Last. Der Geschädigte ist nicht zu einer Marktforschung verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu finden (BGH, Urteil vom 23.01.2007, VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450 ff. = juris Rn.17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07 = juris Rn. 72). Die Gegenmeinung berücksichtigt insofern nicht, dass es dem Geschädigten bei Sachverständigengutachten anders als bei Mietwagenkosten mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht möglich sein dürfte, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit einer Vergütung zu beurteilen.
Insoweit steht nämlich vor der Begutachtung die Schadenshöhe eben noch nicht fest.
Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, die Schadensabwicklung stets in die Hände des Schädigers bzw. dessen Versicherung zu legen. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn nicht der Geschädigte, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht klagt, denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029ff. = juris Rn. 52).
Auch die übrigen Rechnungsposten begegnen keinen Bedenken. Die Nebenkosten
können grundsätzlich neben der pauschalierten Grundvergütung geltend gemacht werden (BGH-Urteil vom 04.04.2006, X ZR 122/05, NJW 2006, S. 2472).
Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit weiterer Einzelposition ist zwar, dass gerade die Nebenforderung von dem pauschalen Grundhonorar nicht erfasst werden und im vorliegenden Schadenfall auch tatsächlich angefallen sind. Der Kläger hat indes zu den einzelnen Positionen seiner Rechnung ausreichend substantiiert vorgetragen, und die Beklagte ist dem nicht mehr konkret entgegengetreten.
So wurden unter anderem für das erstellte Gutachten 9 Fotos verwendet, die mit 2,80 € pro Stück abgerechnet wurden, was sich im Rahmen der Höchstwerte nach der BVSK -Tabellen bewegt. Die pauschal berechneten Fahrtkosten von 30 € stellen einen nicht zu beanstanden Kostenpunkt dar. Dieser Betrag übersteigt nur geringfügig die Sätze der BVSK- Honorarbefragung 2013. Auch an der Erstattungsfähigkeit der Porto- und Telefonkosten bestehen keine Bedenken, da die Kosten in Höhe von 18 € jedenfalls nicht unverhältnismäßig sind und noch innerhalb der Sätze der BVSK Honorarbefragung liegen. Das Gericht hat auch keine Bedenken gegen die gesonderte Abrechnung von Lichtbildern und Schreibkosten, da z.B. dem JVEG bei der Abrechnung von Leistungen von Sachverständigen diese Position auch zugrunde liegen. Tatsächlich dürfen bei Fotos die Druckkosten die Kosten eines Schwarzweiß-Drucks übersteigen, es fallen erhöhter Aufwand durch Speicherung und Aufbewahrung an. Auch hinsichtlich der Position der Schreibkosten kann das Gericht nicht erkennen, dass die Kosten des Klägers evident überhöht sind.
Hier ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass diese als weitere Nebenkosten erstattet verlangt werden. Von einem Laien kann nicht erwartet werden, dass er hinsichtlich der Nebenkosten differenziert zwischen Porto-, Telefon, Foto-, und Fahrtkosten, die zulässigerweise gesondert abrechnungsfähig sein sollen und Schreib-, kopier- und weiteren Zusatzkosten. Vielmehr ist regelmäßig eine Gesamtbetrachtung geboten (LG Bonn, Urt. v. 18.09.2013, Az.: 5 S 26/13). Ist wie vorliegend die Beschreibung der durch das Grundhonorar abgegoltenen Leistung nicht so eindeutig, dass eine mögliche doppelte Abgeltung der Kosten durch die weiteren Nebenkosten dem Geschädigten hätte auffallen müssen, sind sämtlich Kosten erstattungsfähig.
Ein Verstoß der Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.
Die Beklagte ist insoweit auch nicht rechtlos gestellt, weil sie sich nach § 255 BGB mögliche Ersatzansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines überhöhten Honorars aus § 812 BGB – etwa in Verbindung mit §§ 138, 307 ff., 315 oder 632 Abs. 2 BGB – abtreten lassen und im Wege der Aufrechnung geltend machen kann (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029ff. = juris Rn.54; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07, juris Rn. 74). Dabei ist es allerdings Sache des Haftpflichtversicherers, darzulegen und zu beweisen, dass und aus welchen Gründen das Honorar tatsächlich zu hoch bemessen ist. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Aufrechnung mit ihr von der Geschädigten W. abgetretenen Erstattungsansprüchen gegen den Kläger nicht erklärt. Auf die ursprünglich bestehende Forderung in Höhe von 779,69 EUR hat die Beklagte vorgerichtlich 655,00 EUR gezahlt, so dass dem Kläger jedenfalls der eingeklagte restliche Anspruch in Höhe von 105,65 EUR zusteht.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB, wobei Zinsbeginn erst am 13.10.2013 ist. Die vorherige einseitige Fristbestimmung ist nicht verzugsbegründend. Gemäß § 286 Abs. 3 BGB trat Verzug 30 Tage nach Zugang der Rechnung ein, wobei eine Postlaufzeit von 3 Werktagen unterstellt wird. Dem Kläger steht weiter ein Anspruch auf Kosten einer Mahnung zu, die das Gericht auf 2,00 EUR schätzt. Der darüber hinausgehende Aufwand von insgesamt 5 EUR für ein schlichtes Mahnschreiben ist nicht dargetan.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Absatz 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung wird nicht zugelassen. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 511 Abs. 4 ZPO. Im Übrigen haben die 5. und 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn als Berufungskammern des Amtsgericht Bonn am 28.09.2011 in 5 S 148/11 und am 20.12.2011 in 8 S 99/11 einen ähnlich gelagerte Fälle entschieden.
Streitwert: bis 300,00 EUR