Vizepräsidentin des AG Mitte in Berlin verurteilt mit beachtenswertem Urteil vom 13.3.2015 – 16 C 3030/14 – die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier veröffentlichen wir am Sonnabend für Euch ein positives Urteil aus Berlin zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vom 13.3.2015. Wieder war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung, die rechtswidrig die berechneten Sachverständigen kürzte. Bei den Sachverständigenkosten handelt es sich um eine Schadensposition des Unfallopfers, die dieser gegen den Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer als Schadensersatz geltend machen kann (vgl. BGH Urt. v.  23.1.2007 – VI ZR 67/06 -; BGH Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -). Gleichwohl wird seitens der HUK-COBURG ohne Rechtsgrundlage diese Schadensposition nach eigenem Gutdünken gekürzt. Die Beweislast für eine überhöhte Schadensposition liegt beim Schädiger. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast bezüglich der Erforderlichkeit der Schadenshöhe bei dieser Schadensposition durch die Vorlage der Sachverständigenkostenrechnung (BGH NJW 2014, 1947). Dessen unbeeindruckt wird durch die Coburger Versicherung weiter gekürzt. Da der Restschadensersatzanspruch auf Erstattung der berechneten Sachverständigenkosten erfüllungshalber abgetreten war, machte der Sachverständige den Restschadensersatz des Geschädigten im Wege des abgetretenen Rechts gerichtlich geltend. Die zuständige  Vizepräsidentin des Amtsgerichts Mitte in Berlin als erkennende Richterin erteilte der beklagten HUK-COBURG mit klaren Worten für die von ihr vorgenommene Kürzung eine Absage und verurteilte sie zur Zahlung der gekürzten Beträge zuzüglich Zinsen und Kosten. Das erkennende Gericht hielt sogar den wortreichen Vortrag der HUK-COBURG-Anwälte bezüglich der Nebenkosten unter Hinweis auf BGH VI ZR 357/13 für unerheblich und damit nicht entscheidungserheblich, weil kein substantiierter Vortrag vorlag. Es handelt sich um eine gut begründete Entscheidung, wie wir meinen. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil

Geschäftsnummer: 16 C 3030/14                                           verkündet am:13.03.2015

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 16, Littenstraße 12 -17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2015 durch die Vizepräsidentin des Amtsgerichts S.

f ü r    R e c h t   e r k a n n t :

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 91,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2014 zu zahlen.

2.   Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Fassung eines Tatbestandes wird gem. §§ 313 a, 495 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die in der Hauptsache auf § 398 BGB i.V.m. § 115 VVG, § 18 StVG gestützte Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte noch einen Anspruch auf Zahlung weiterer 91,23 €.

Der Kläger ist aktivlegitimiert Er ist durch die wirksame Abtretung vom 04.07.2014 Inhaber der Schadensersatzforderung des … auf Erstattung der Sachverständigenkosten gegen die Beklagte geworden.

Die Klage ist auch der Höhe nach begründet. Die Einwendungen der Beklagten stehen dem klägerischen Anspruch nicht entgegen. Nach den Entscheidungen des BGH vom 11.2.14 – VI ZR 225/13 und vom 22.07.2014 VI ZR 357/13 – beurteilt sich die Erforderlichkeit der geltend gemachten Gutachterkosten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB m erster Linie nach der Preisvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Gutachter, wie sie in der Rechnung zum Ausdruck kommt, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Allerdings ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs nach § 287 ZPO in erster Linie Sache des erkennenden Gerichts. Dabei hat das Gericht erhebliches Vorbringen der Parteien, die Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung zu berücksichtigen, wesentliche Bemessungsfaktoren zu beachten und der Schätzung zutreffende Maßstäbe zugrunde zu legen (vgl. BGH VI ZR 357/13 Rdnr 12 mwN).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH VI ZR 225/13  Rdz. 8 und 9) kann die Rechnung eines Sachverständigen nicht allein auf der Grundlage der Honorarumfrage des BVSK gekürzt werden, weil damit die besondere Bedeutung nicht ausreichend berücksichtigt wird, die die vorgelegte Rechnung für den konkreten Einzelfall hat.

Ausgehend hiervon ist das Gericht aber auch nach Meinung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH VI ZR 357/13  Rdnr. 12) nicht gehindert, zunächst anhand der BVSK-Befragung zu prüfen, ob die geltend gemachten Gutachterkosten überhaupt „erheblich über den üblichen Preisen liegen“. Ist dies nicht der Fall, bildet dieser Umstand ein wesentliches Indiz für die Frage, ob sich die Kosten noch als erforderlich zur Schadensbeseitigung im Sinne des § 249 Abs.2 BGB darstellen.

Im vorliegenden Fall liegen die Kosten innerhalb des Preiskorridors, den die BVSK-Honorarbefragung 2013 ermittelt hat. So der unstreitige Vortrag des Klägers, dem die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten ist. Konkrete Anknüpfungstatsachen dafür, dass die Kosten dennoch unangemessen hoch sind und der Geschädigte dies hätte erkennen müssen, sind nicht erkennbar.

Die Schadenssumme war auch nicht wegen der Nebenkosten – explizit der Schreib- und Kopierkosten, der Datenbank und Recherchekosten, der Fotokosten und der Porto- und Telefonkosten – zu kürzen. Der Bundesgerichtshof hat in der bereits zitierten Entscheidung (BGH VI ZR 357/13 zitiert nach juris Rdnr. 16 u. 17) ausgeführt:

„Der Geschädigte genügt der ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschäteung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs, 2 Satz 1 BGB. In ihm schlagen sich die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder…..
Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen.“

Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, die Nebenkosten zwar wortreich, dennoch pauschal zu bestreiten. Nach der zitierten Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs und der daraus folgenden Darlegungslast für die Beklagte gibt es für das Gericht keinen konkreten Anknüpfungspunkt, die Angemessenheit der Nebenkosten im Rahmen des § 287 ZPO in Zweifel zu ziehen. Aus dem Vortrag der Beklagten ergeben sich keine konkreten und insbesondere auf den Einzelfall bezogenen Anknüpfungstatsachen dafür, dass die Kosten unangemessen sind.

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 286, 288 BGB, nachdem die Zahlung bei der Beklagten mit Schreiben vom 26.08.2014 angemahnt worden ist. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziff. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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