Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Halle an der Saale nach Leipzig ist es nicht allzu weit. Nach dem kritisch zu betrachtenden Urteil des AG Halle geben wir Euch hier nun ein positives Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung AG als Wochenendlektüre bekannt. Offensichtlich hatte hier ein HUK-COBURG-Anwalt die Allianz vertreten, da das Gericht auf das Gesprächsergebnis mit der HUK-COBURG hingewiesen hatte? Alles in allem handelt es sich um eine Entscheidung mit interessanten Argumenten. Insbesondere der Hinweis zum HUK-Tableau, das ja nach Schadenshöhe bemessen ist und die HUK-COBURG im Prozess aber ständig weiter behauptet, dass der Sachverständige nach Zeit abzurechnen habe, obwohl der BGH in der Grundsatzentscheidung vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – unter Verweis auf BGH X ZR 122/05 – darauf hingewiesen hatte, dass nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 II BGB vom Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer erstattet verlangt werden kann. Das ist absolut herrschende Rechtsprechung nicht nur beim BGH, sondern auch bei den nachgeordneten Gerichten. Ob aber Allianz oder HUK-COBURG und andere jemals die höchstricherliche Rechtsprechung beachten werden? Zweifel daran sind erlaubt. Lest aber selbst das Urteil aus Leipzig und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes – unwetterfreies – Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 109 C 2551/14
Verkündet am: 01.04.2015
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
Allianz Versicherungs-AG, Königinstraße 28, 80802 München, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Alexander Vollert
– Beklagte-
wegen Gutachterkosten aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht … gemäß § 495 a ZPO
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2015 am 01.04.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 177,75 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zins über Basiszinssatz seit 14.03.2014 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg, da sie begründet ist.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch aus abgetretenem Recht auf die hier noch offen gebliebenen restlichen Sachverständigenkosten aus dem Unfallereignts vom 11.12.2013.
Wie der Beklagten bereits wiederholt in den Urteilen des Amtsgerichtes, auch des hier erkennenden Referats erläutert worden ist, begegnet die Berechnung der Höhe der Sachverständigenvergütung, orientiert an der Schadenshöhe als Bewertungsgrundlage, rechtlichen Bedenken nicht.
Die hier geltend gemachte Sachverständigenforderung fällt nach der Überzeugung des erkennenden Gerichtes nicht dergestalt aus dem Rahmen, dass sie für das hier untersuchte Fahrzeug und den hier untersuchten Schaden als übersetzt erscheinen könnte.
Der Position der Beklagten, wonach die Heranziehung der Schadenshöhe ein ungeeignetes Kriterium sei, um eine Vergütungshöhe zu bestimmen, folgt das Gericht nicht.
Zwar wird insoweit eingeräumt dass es durchaus denkbar erscheint, dass insbesondere bei der Begutachtung von Schäden hochwertigster Fahrzeuge sich eine Diskrepanz zwischen der tatsächlich vom Sachverständigenbüro erbrachten Leistung und der Rechnungshöhe ergeben kann. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Hinzu tritt, dass gerichtsbekannt ist, dass die Beklagte mit dem Berufsverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen (BVSK) eine Vereinbarung geschlossen hat, wonach die Berechnung der Sachverständigengebühren anhand der jeweiligen Schadenshöhe zu erfolgen hat.
Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem BVSK zeigt die Beklagte hier ein rechtlich unzulässiges, widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium), wenn sie sich im Verfahren auf den Rechtsstandpunkt stellt, die Schadenshöhe sei für die Ermittlung eines Sachverständigenhonorars kein brauchbares Kriterium.
Wegen der Einbeziehung der Honorartabelle in den Vertrag des Sachverständigenbüros mit der Geschädigten bestehen Zweifel an der wirksamen Vereinbarung der Honorartabelle, die hier zum streitgegenständlichen Honorar geführt hat nicht.
Eine pauschale Abrechnung der Nebenkosten des Sachverständigengutachtens ist nach Auffassung des erkennenden Gerichtes regelmäßig üblich und vor diesem Hintergrund auch nicht zu beanstanden.
Nachdem die Beklagte gegenüber der Klägerin bereits teilreguliert hatte, war ihr das Bestreiten der Aktivlegitimation abgeschnitten.
Mit ihrer endgültigen Zahlungsverweigerung geriet die Beklagte in Verzug, weshalb der Klägerin die beantragten Nebenforderungen zuzusprechen waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 ff. ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Entscheidung des Berufungsgerichtes zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich war.
Beschluß:
Streitwert 177,75 € (§§ 3 ff. ZPO)