AG Potsdam verurteilt mit Urteil vom 19.3.2015 – 24 C 388/14 – den VN der LVM zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht und der Gerichtskostenzinsen.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

heute veröffentlichen wir ein Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 19.3.2015. In diesem Fall hatte die LVM in Münster in Westfalen die berechneten Sachverständigenkosten rechswidrig gekürzt. Da das Unfallopfer seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Kfz-Sachverständigen abgetreten hatte, der das Schadensgutachten erstellt hatte, war der Kfz-Sachverständige – zu Recht – nicht bereit, auf die restlichen Schadensbeträge, die an ihn abgetreten waren, zu verzichten. Allerdings nahm der Kfz-Sachverständige mit anwaltlicher Hilfe – folgerichtig – nicht mehr die LVM, sondern den Unfallverursacher persönlich für die Erfüllung der restlichen Schadensersatzforderung auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten in Anspruch. Der erkennende Amtsrichter des AG Potsdam erklärte dem beklagten VN der LVM, dass die von der LVM vorgenommenen Kürzungen nicht der Rechtslage entsprachen und verurteilte ihn zum restlichen Schadensersatz. Mit dem Urteil erfuhr der VN der LVM, wie seine LVM reguliert, nämlich gegen das Gesetz. Bei der Urteilssbegründung hat sich das erkennende Gericht auf die Grundsatzentscheidung des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – gestützt, ohne das BGH-Urteil zu zitieren. Bei den Geichtskostenzinsen hat es Bezug genommen auf die zutreffende Entscheidung des AG Darmstadt vom 20.12.2012 – 311 C 209/12 – .  Lest aber selbst das Urteil und gebt bitte Eure Stellungnahmen ab.

Mit feundlichn Grüßen
Willi Wacker

24 C 388/14

Amtsgericht Potsdam

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Kfz-Sachverständigen O. W. aus B.

– Klägers –

Prozessbevollmächtigter: RA. B. M. aus S.

g e g e n

Herrn M. J. aus T. (VN der LVM)   

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte: RAe. D. G.,M.,G. aus B.

hat das Amtsgericht Potsdam durch den Richter am Amtsgericht D.S. am 19.3.2015 ohne mündliche Verhandlung gem. § 128 II ZPO für Recht erkannt:

1.  Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66,64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 soie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,20 € zu bezahlen.

2.  Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die von dem Kläger verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der ausgeurteilten Kosenquote zu zahlen.

3.  Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5.  Der  Streitwrt wird auf 66,64 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars aus §§ 7 StVG, 249, 398 BGB zu.

Die Zedentin ist anspruchsbechtigt.

Die Zedentin ist bei Auftragserteilung zumindest gem. § 1357 BGB von Herrn W. vertreten worden.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind erstattungsfähig, da sie zu dem nach § 249 II BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand  nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Sitauation des Geschädigten , insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeitn zu nehmen. Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständiigen betreiben.

Der Kläger genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der der Zedentin gestellten Rechnung. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Im Übrigen gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot nur dann einen zur Verfügng stehenden  günstigeren SAchverständigen zu beauftragen, wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen.

Der Kläger kann im Streitfall nicht darauf verwiesen werden, dass das Grundhonorar überhöht sei und dass die Zedentin hätter erkennen müssen, dass das Grundhonorar des Klägers deutlich überhöht sei. Denn in der Regel wird ein Geschädigter dies aber weder erkennen können noch erkennen müssen, denn er wird sich mit der Frage, was ein Sachverständiger hier abrechnen darf und was nicht, zuvor kaum beschäftigt haben. Dazu kommt, dass in der Regel eine zeitnahe Begutachtung des Fahrzeugs erforderlich ist, um den Schaden gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machen zu können und um das Fahrzeug entweder reparieren lassen oder für Ersatz sorgen zu können.

Im vorliegenden Fall gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Zedentin auf dem Gebiet der berechtigten oder nicht berechtigten Honorarforderungen von Sachverständigen irgendwelche Kennnisse hatte. Sie hat daher wohl kaum beurteilen können, ob der Kläger Gutachten nun preiswert oder überteuet erstatten würde.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten beruht auf §§ 280, 286 BGB.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 280, 286 BGB.

Darüber hinaus steht dem Kläger auch der Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Gerichtskosten zu verzinsen, zu.

Ein solcher Anspruch steht dem Kläger aus abgetretenem Recht aus Verzug gegen den Beklagten aus § 286 BGB zu. Denn § 104 I ZPO schließt einen über die Verzinsung ab Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs hinausgehenden Schadensersatzanspruch nicht aus. Der Kläger benötigt den Betrag in Höhe des Gerichtskostenvorschusses, um im Wege des Rechtsstreits seine berechtigte und von dem Beklagten anerkannte Forderung geltend zu machen. Daher ist dieser Betrag auch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gesetzlich zu verzinsen (vgl. AG Darmstadt Urt. v. 20.12.2012 – 311 C 209/12 -).

Rechtsbehelfsbelehrung:

…. (es folgt jetzt die übliche Rechtsbhelfsbelehrung. Von der Veröffentlichung haben wir abgesehen).

 Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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