AG Landshut verurteilt zur Freistellung der restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG mit Urteil vom 23.4.2013 – 3 C 284/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachfolgend stellen wir Euch ein etwas älteres Urteil aus Bayern vor. Leider hat der erkennende Amtsrichter des Amtsgerichts Landshut im Rechtsstreit des Geschädigten gegen die HUK-COBURG hier einiges falsch gemacht. Es wurde die Angemessenheit geprüft, obwohl es sich um einen Schadensersatzprozess handelt, bei dem es auf die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB ankommt. Der Richter scheint das Urteil des BGH vom 23. 1.2007 – VI ZR 67/06 – (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann)  nicht zu kennen oder hat es nicht richtig gelesen? Es erfolgte eine willkürliche Kürzung der Nebenkosten auf der Grundlage der BVSK-Honorarbefragung 2011 und es  erfolgte eine anteilige Auferlegung der Kosten in einem Freistellungsprozess, obwohl der  Geschädigte selbst geklagt hatte. Trotz aller Fehler kann dieses Urteil in die Liste der gegen die HUK-COBURG ergangenen Urteile eingereiht werden. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure sachdienlichen Anmerkungen bekannt.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Landshut

Az.:    3 C 284/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, v.d.d. Vorstandsvors. Dr. Wolfgang Weiler, Albertstr. 2, 93047 Regensburg, derzeit: 93038 Regensburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Landshut durch den Richter am Amtsgericht … am 23.04.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.              Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Höhe von 110,54 € aus der Sachverständigenrechnung zu Gutachten-Nr. … freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.               Der Kläger trägt 19 %, die Beklagte 81 % der Kosten des Rechtsstreits.

3.               Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestands wird nach § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in Höhe eines Freistellungsbetrags von 110,54 € begründet.

Dem Kläger steht ein diesbezüglicher Freistellungsanspruch aus den §§ 7, 17 StVG, 249 ff BGB, 115 VVG zu.

Zwischen dem Kläger als Geschädigten und dem Sachverständigenbüro … wurde keine Preisvereinbarung geschlossen; der Sachverständige war daher berechtigt, eine Leistungsbestimmung nach den §§ 315, 316 BGB vorzunehmen.

Der Unterzeichner legt zur Bemessung der Billigkeit die BVSK-Honorarbefragung 2011 zu Grunde.

Nach dieser BVSK-Honorarbefragung 2011 ist es üblich und entspricht es der Billigkeit, das Grundhonorar nach Schadenshöhe pauschal abzustufen.

Maßgebend für die Obergrenze der Billigkeit ist HB III (95 % der Mitglieder des BVSK berechnen ihr Honorar unterhalb dieses Wertes).

In Bezug auf das Grundhonorar gilt, dass ein Maximalbetrag in Höhe von 512,- € in Ansatz gebracht werden kann; klägerseits wurde insoweit ein Betrag in Höhe von 466,- € in Ansatz gebracht; unter Einrechnung der EDV-Kosten ergibt sich ein Betrag in Höhe von 512,– €; die BVSK-Befragung weist zwar grundsätzlich solche EDV-Kosten nicht gesondert aus; es ist jedoch gerichtsbekannt, dass solche EDV-Kosten entweder in das Grundhonorar eingerechnet werden oder getrennt ausgewiesen werden. Insgesamt darf der Betrag die Obergrenze nicht überschreiten.

in Bezug auf die Fotokosten gilt, dass eine Überschreitung in Bezug auf den zweiten Fotosatz vorliegt; die Überschreitung beträgt insgesamt 2,– €. Bezüglich der Fahrtkosten gilt, dass keine Überschreitung vorliegt; es ist gerichtsbekannt, dass die einfache Fahrstrecke 26 Kilometer beträgt; aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich auch der diesbezüglich Abfahrtsort und der Besichtigungsort.

In Bezug auf die Schreibgebühren gilt, dass die BVSK-Befragung insoweit auch einen Pauschalbetrag vorsieht; bei einer Pauschalierung – wie klägerseits vorgenommen – liegt die Obergrenze bei 32,15 €.

Insgesamt ergibt sich somit eine Überschreitung um 21,85 € netto bzw. 26,– € brutto. Der klägerische Anspruch ist daher um 26,– € zu kürzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Landshut verurteilt zur Freistellung der restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG mit Urteil vom 23.4.2013 – 3 C 284/13 -.

  1. RA Schwier sagt:

    …..ich weiß ja nicht, ob ich lachen oder heulen soll! Aber es ist, wie es ist.
    Zwei schöne Urteile habe ich bereits abgesendet. Beide Urteile kommen ohne BVSK und VKS aus und enthalten jeweils die Feststellung, dass die eingezahlten Gerichtskosten zu Verzinsen sind.

    Vielleicht muss man die Richter auch etwas mit den Schriftsätzen lenken. Den Schadensersatzanspruch in den Vordergrund rücken, denn ansonsten muss sich kein Richter so eine Mühe mit dem Zusammenrechnen machen.

    In den nächsten Klagen wird es bei uns an gegebener Stelle nunmehr einen kleinen Exkurs ins Schadensersatzrecht geben,.

    Bereits mit Urteil vom 30.09.1963 Az.: III ZR 137/62 hat sich der Bundesgerichtshof zu dem vorübergehenden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftwagens geäußert. Hiernach hat der Ersatzpflichtige Entschädigung in Geld zu leisten. In der Entscheidung heißt es:

    „(…) Ist wegen der Beschädigung eines Kraftwagens Schadensersatz zu leisten, so bestimmen sich Art und Umfang dieser Schadensersatzpflicht nach §§ 249ff BGB. Der Schaden, von dem in §§ 249ff BGB ausgegangen wird, besteht in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage des Betroffenen, wie sie sich infolge des schadenstiftende Ereignisses gestaltet hat, und seiner Vermögenslage, wie sie ohne dieses Ergebnis bestehen würde, wenn dabei der Ersatzanspruch selbst unberücksichtigt bleibt (BGHZ 27, 181, 183/4 mit weiteren Zitaten).

    Der Schadensersatz soll diesen Unterschied ausgleichen. Für beide Alternativen des § 249 BGB (Naturalersatz und Zahlung des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages) gilt gleichermaßen, dass die Verpflichtung zur Herstellung des früheren Zustandes den an seinem Vermögen Geschädigten in die gleiche wirtschaftliche Vermögenslage versetzen soll, wie sie ohne Eintritt des zum Ersatz verpflichtenden Umstandes bestanden haben würde. Das Gesetz stellt es also nicht auf die Herstellung genau des gleichen Zustandes ab, wie er vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat, sondern es kommt darauf an, wie sich die wirtschaftliche Lage des Geschädigten ohne das schadenstiftende Ereignis darstellen würde. Der danach erforderliche Vergleich verschiedener Vermögenslagen spiegelt den Grundgedanken des Schadensersatzrechts wieder, zu erreichen, dass der Geschädigte durch die Ersatzleistung nicht ärmer und nicht reicher gemacht werde (BGHZ 30, 29 mit weiteren Zitaten).

    Der Begriff des Schadens ist also kein reiner Rechtsbegriff, sondern ein auf die Rechtsordnung bezogener wirtschaftlicher Begriff. Wer Schadensersatz zu leisten hat, hat die Pflicht, die gleiche wirtschaftliche Lage wieder herzustellen, wie sie ohne den Eintritt des zum Schadensersatz verpflichtenden Umstandes bestanden hätte. Er hat also den Geschädigten wirtschaftlich so zu stellen, wie er ohne den Unfall gestanden hätte (BGHZ 30, 29; 32, 280/283; 35, 396, 398).

    Aus dem so verstandenen Begriff des Vermögensschadens und der Schadensersatzpflicht der §§ 249ff BGB ergibt sich aus den folgenden Erwägungen, dass die infolge der Beschädigung verursachten Unmöglichkeit, den Kraftwagen vorübergehend zu benutzen, ein Vermögensschaden auch dann ist, wenn ein Ersatzwagen während der Zeit der Nichtbenutzbarkeit nicht beschafft wird.

    Ein Vergleich der Vermögenslage vor und nach dem Eintritt des schadenstiftenden Ereignisses, hier der Beschädigung des Kraftwagens, zeigt folgendes: Die vorübergehende Unbenutzbarkeit kann sich nach der Lebenserfahrung auf den Preis des Wagens auswirken. Wer einen Wagen kauft, den er erst nach einiger Zeit benutzen kann, etwa weil die Beschaffung notwendig er Ersatzteile mehrere Wochen in Anspruch nimmt, zahlt in der Regel für einen derartigen Wagen weniger als für einen Wagen, der sofort benutzbar ist. Außerdem entfällt für die Dauer der Unbenutzbarkeit die Möglichkeit, den Wagen zu vermieten, die sonst – nicht nur bei einem gewerbsmäßigen Autovermieter – gegeben ist. Die Benutzung eines Ersatzwagens oder sogar anderer Beförderungsmöglichkeiten wie Straßenbahn, Eisenbahn usw, die infolge des Ausfalles des beschädigten Kraftwagens erfolgt, erfordert in der Regel geldliche Aufwendungen. Einigkeit besteht darüber, dass in diesen Fällen ein materieller Schaden gegeben ist, weil der Vergleich zwischen der Vermögenslage des Betroffenen vor und nach dem schädigenden Ereignis einen in Geld messbaren, ziffernmäßig feststellbaren geringeren Vermögenswert ergibt (BGHZ 11, 16, 26; 27, 181; 30, 29), den der Schadensersatz ausgleichen soll.

    Gerade bei wirtschaftlicher Wertung kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das regelmäßig mit erheblichen finanziellen Aufwendungen (Anschaffungspreis, Garagenkosten, Wartungskosten, Versicherung, Kraftfahrzeugsteuer) verbundene Halten eines Kraftwagens fast ausschließlich erfolgt, um den Wagen jederzeit nutzen zu können, insbesondere zum Fahren zur Verfügung zu haben. Wenn heute jemand – gleichgültig, ob ein Vertreter, ein sonstiger Gewerbetreibender oder ein Beamter, Angestellter oder Arbeiter – erhebliche Beträge zur Anschaffung eines Kraftwagens aufwendet, so geschieht das zumindest auch aus wirtschaftlichen Gründen, nämlich zu dem Zweck, seine Zeit rationeller verwenden, insbesondere seine Arbeitskraft besser, wirksamer und erfolgreicher einsetzen und erhalten zu können, indem er durch die mit der Benutzung des Kraftwagens verbundenen Annehmlichkeiten, vor allem durch die Unabhängigkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln in den Stand gesetzt wird, schnellstens nach und von der Arbeit zu kommen und Erholungsmöglichkeiten aufzusuchen. Die Möglichkeit, jederzeit und sofort einen Kraftwagen, der in der Garage oder vor der Tür des Hauses steht, benutzen zu können, wird heute allgemein als ein wirtschaftlicher Vorteil angesehen, gleichgültig, ob und wie oft man von dem Wagen Gebrauch macht.

    Deshalb erleidet der Eigentümer durch den Ausfall seines Wagens wirtschaftlich gesehen einen Schaden bereits in dem Augenblick, in dem der Wagen beschädigt wird und infolgedessen eine gewisse Zeit nicht benutzt werden kann. Nicht erst der Mindererlös beim Verkauf des vorübergehend nicht einsatzbereiten Wagens, die im Einzelfall entstehende Unmöglichkeit der Vermietung des Wagens oder die Aufwendung geldlicher Leistungen zur Beschaffung eines Ersatzwagens oder anderer Beförderungsmöglichkeiten lassen daher bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Schaden entstehen, sondern die durch die Beschädigung eingetretene Nichtbenutzbarkeit selbst stellt bereits den Schaden dar. Der vorübergehende Fortfall der Benutzbarkeit ist also bereits ein Vermögensschaden, der einen Schadensersatzanspruch zur Entstehung gelangen lässt.“ (BGH, a.a.O.)

  2. Logopäde sagt:

    Hallo,Willi Wacker,

    vergleicht man nur einmal die Entscheidungsgründe in dem Urteil des AG Landshut mit denen im Urteil des AG Bochum, dann merkt man sehr schnell, wo der Hase im Pfeffer liegt.

    Logopäde

  3. SV Wehpke sagt:

    RA Schwier. Dank für die ausführlichen Betrachtungen zum Thema was durchaus hilfreich ist. Einigen „Entscheidern“ ist das wohl nicht ganz so klar, wenn man sich die Klimmzüge ansieht, die so manche Urteilsbegründung enthält und solches auch künftig zu erwarten ist. Insbesondere die unsäglichen Vergleiche und Entgleisungen in Richtung Werkvertrag. So mancher macht es sich halt passend wie es ihm (??) gefällt. Fehlleistungen könnte man ja wohlwollend mit Nichtwissen tolerieren, wenn da nicht in Konsequenz andere die Suppe auszulöffeln hätten. Ihr Beitrag dient somit der Aufklärung, Dank dafür.
    Wehpke Berlin

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