Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
wir wissen, dass einige von Euch in den Sommerferien sind. Deshalb setzen wir Euch heute – als sogenannte leichte Strandkost – ein Anerkenntnisurteil aus Bremen zu den Sachverständigenkosten gegen die VHV Versicherung vor. Ein typischer Fall der VHV Versicherung. Erst große Sprüche bei den Kürzungsschreiben kopfen und dann, wenn es ernst wird, den Schwanz einziehen und klein beigeben. Das bedeutet, dass die vollmundig kürzenden Versicherungen dann ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen oder den Klageanspruch dann bei Gericht anerkennen und sich in die Positiion des Unterlegenen begeben. Natürlich haben sie dann auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, allerdings sind die Gerichts- und Anwaltsgebühren geringer als im streitigen Verfahren. Deshalb gibt es nur eine Strategie gegen die kürzenden Versicherungen: Klagen, klagen, und noch mals klagen…. Was denkt Ihr?
Viele Grüße und schöne Ferientage
Willi Wacker
Geschäfts-Nr.: 7 C 58/15
AMTSGERICHT BREMEN
IM NAMEN DES VOLKES
ANERKENNTNISURTEIL
In dem Rechtsstreit
… ,
gegen
VHV Allgemeine Versicherung AG,
vertr.d.d. Vorstand,
Constantinplatz 90, 30177 Hannover,
-Beklagte-
hat das Amtsgericht Bremen am 24. April 2015
– gem. § 307 S. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung –
durch Richter am Amtsgericht Dr. D. für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von Euro 11,11 nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.03.2015 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Auch hier zeigt sich, wie unwirtschaftlich das Kürzzungsverhalten der Versicherungen, in diesem Fal der VHV, ist. Es werden Gutachterkosten um 11,11 € gekürzt, um dann einen Rechtsstreit wegen dieser 11,11 € zu provozieren. Selbst wenn dann im Rechtsstreit anerkannt wird, entstehen Gerichts- und Anwaltskosten, die die 11,11 € um das Vielfache übersteigen. So ein Schwachsinn mit der rechtswidrigen Kürzung. Mir fehlen die Worte.
Naja Werner H., der Aufwand zu 11 Euro könnte Dimensionen erreichen die mehr als unwirtschaftlich sind, so dass ich solche Fälle als Sammelklage abarbeite und auch nur um diese rechtswidrigen Kürzungsstrategien nicht zu tolerieren bzw. noch anzufeuern.
@ Iven Hanske 02.07.2015 at 18:48
Sehr geehrter Herr Hanske,
den von Ihnen gewählten Begriff der Sammelklage sollte man vermeiden, denn das deutsche Recht kennt eine solche nicht. Wenn mehrere Ansprüche zusammengezogen und die Forderungssummen addiert werden, spricht man von Klagehäufung.
Naja Iven Hanske,
ich meinte mehr die Unwirtschaftlichkeit der Kürzung als die mögliche Unwirtschaftlichkeit der gerichtlichen Geltendmachung.
Ich schicke Montag oder am WE nochmal ein ebensolches Urteil des AG-Syke (ist gleich um die Ecke vom AG-Bremen) zu, denn die Direktorin des AG-Syke hat mit der VHV auch richtig kurzen Prozess gemacht!
@Ivan Hanske
Wir hatten im Bereich der MW-Kosten auch schon über eine Sammelklage nachgedacht. Dort allerdings wegen des Streitwertes. Hiervon sind wir aber wieder abgekommen….., denn das Ziel ist ganz klar definiert!
Die Klagen sollen und müssen schon während der laufenden Regulierung bei der Versicherung eintrudeln, denn es geht mitunter auch um das Gebuche der guten alten Märchensteuer, wenn Rechnungskorrrekturen vorgenommen werden müssen!
Es ist ein volkswirtschaftlicher Irrsinn, der hier vom Zaun gebrochen wird, wenn jeder seine Rechnungen und seine Märchensteuer gegenüber dem Finanzamt korrigieren müsste. …… Dieser Gedanke wird zukünftig auch in meinem Argumentationsmuster aufgenommen……
Klagen, klagen, klagen…..und wenn dies so weitergeht bzw. wir unsere Mandanten im Rahmen der Abtretungen derart vertreten, sei es auch nur inzident, dass über ein zusprechendes Urteil, eine Forderung gegenüber dem Mandanten erlischt, dann machen wir alles richtig…….klagen, klagen, klagen….und unsere zukünftige 🙂 Prozessabteilung wird es uns danken 🙂
Ra. NW, ob Klagehäufung oder Sammelklage, Hauptsache wir verstehen einander, oder? Die Überschrift der Klageschrift heißt natürlich nicht Sammelklage oder Klagehäufung sondern Klage mit mehreren Anträge. Ich hoffe diese Klarstellung war wichtig. Schönen Sonntag, Iven.
Ra. Schwierig, ich glaube die Gutachter wollen nur Ihre Arbeit machen und die haben keine Lust auf ein Klageverfahren. Aber wenn die Gerechtigkeit siegen soll, so geb ich Dir Recht, klagen, Klagen und nochmals klagen, bis das Fass überläuft und die Politik und die Aufsicht reagiert.
Hei Willi,
Klagen, klagen und nochmals klagen, das sind die Zauberworte, die helfen können. Nur wer Widerstand gegen das rechtswidrige Kürzen der Versicherer leistet, kommt zum Erfolg. Der Geschädigte wird erfreut sein, seinen berechtigten Schadensersatzanspruch auch mit gerichtlicher Hilfe gegen die übermächtigen Versicherungen durchgefochten zu haben. Dafür sind dann auch qualifizierte und erfahrene Verkehrsrechtsanwälte da, die dem Geschädigten helfen, seine Ziele zu erreichen.
Aber auch wenn die (restlichen) Schadensersatzansprüche auf Erstattung der (restlichen) Sachverständigenkosten erfüllungshalber abgetreten sind, können die qualifizierten Verkehrsrechtsanwälte helfen. Denn durch die Abtretungen, wie Willi Wacker mehrfach hier betont hat, ändert sich der Rechtscharakter des Schadensersatzanspruchs nicht. Es bleibt ein Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall. Jetzt allerding nach der Abtretung in der Hand des Schverständigen. Wenn der Sachverständige nach gewonnenem Prozess dem Kunden mitteilen kann, dass die Versicherung oder der Schädiger persönlich den Restbetrag zuzüglich Zinsen und Kosten(!!!) zu zahlen hat, wird der Kunde auch beim nächsten Unfall wiederkommen.
Widerstand gegen diie rechtswidrigen Kürzungen der Versicherungen bringt daher nur Vorteile. Im Übrigen gilt das Sprichwort „Wehret den Anfängen, übt sofort Widerstand!“
In diesem Sinne noch einen schönen Sonntagabend.
@ Iven Hanske
Ich sehe das in Bezug auf die Gutachter nicht ausschließlich so. Deren Arbeit ist doch eigentlich nur eine Mahnung an den Schädiger zu senden und danach allenfalls die Angelegenheit einem Anwalt zu übergeben.
Das Problem vielmehr sehe ich darin, dass es leider noch zu viele Anwälte gibt, die zu faul oder zu unwissend sind, um diesen restlichen Schadenersatz erfolgreich einzufordern. Und ich beziehe mich hierbei auch auf die unrechtmäßigen Kürzungen in puncto Reparaturkosten mit Hilfe von sog. Prüfberichten.
Die qualifizierten Anwälte hierfür sind zu wenige und/oder unbekannt.
Ein weiteres Problem sehe ich in der Kostendeckung. Viele Anwälte, die vielleicht könnten, wollen einfach nicht, da sie in jeder Sache einer Honorarkürzung „zubuttern“.
Klagen alleine reicht daher nicht aus. Flächendeckende Aufklärung ist mindestens genau so wichtig.
Und dann ist da noch die Mentalität des geschädigten deutschen Michels, (Ach ja, geht schon, reicht schon…) die es zu „überwinden“ gilt.
@Ivan,
tjaja, der Schwierige 🙂
Nein, manchmal würden wir auch gerne nur unsere Arbeit machen und es gibt Tage, an denen habe ich es echt leid, einfach nurnoch Tastendrücker zu sein. Ich sagte mal zum Kollegen, der bei ner Versicherung als Anwalt / Sachbearbeiter angefangen hat:
„Mensch Maddin, eigentlich spielen wir beide doch nur F3 gegen F4, wie ein billiges Computerspiel.“
Auch innerhalb der Versicherung wissen die Leute, dass rechtswidrig gekürzt wird. Aber solange es Sachverständige gibt, die wie im BGH-Fall gut 50 % ÜBER BVSK / VKS landen, solange wird auch weiter gekürzt / werden müssen.
@ Mister L.
Wenn wir z.B. einen VN verklagen, dann bekommt der VN sogar ein richtiges Informationsschreiben von uns. Wo er regressieren kann, Schuldnerprinzip etc., quasi wie das Info-Schreiben hier zum Download.
……und Anwälte erziehen sich irgendwann vlt. auch ihre Sachbearbeiter!