AG Hamburg-Barmbek verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit positivem Urteil vom 13.5.2015 – 816 C 61/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nach der kritisch zu betrachtenden Entscheidung aus Zweibrücken veröffentlichen wir hier für Euch ein umfangreiches Urteil aus Hamburg-Barmbek zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG. Wieder war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse, die meinte, rechtswidrig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Wieder ist die HUK-COBURG mit ihrer rechtswidrigen Kürzung des berechtigten Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten gescheitert. Nachstehend geben wir Euch das positive Ergebnis des Rechtsstreites und die positive Begründung im Urteil des AG Hamburg-Barmbek vom 13.5.2015 – 816 C 61/15 – bekannt. Da hat sich eine Richterin richtig viel Mühe gemacht, um der HUK-COBURG einmal zu zeigen, wie Schadensersatz zu leisten ist. Aber auch die Anwältin des geschädigten Klägers hat sich mit ihrem Vortrag bei Gericht Mühe gemacht. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion  eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus 22041 Hamburg. Besser wäre vielleicht noch gewesen, den Unfallverursacher persönlich in Anspruch zu nehmen, dann hätte der nämlich von den rechtwidrigen Machenschaften seiner HUK-COBURG-Versicherung erfahren. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Hamburg-Barmbek
Az.: 816 C 61/15

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

… ,

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Sprecher Dr. Wolfgang Weiler, Nagelsweg 41-45, 20097 Hamburg,

– Beklagte –

erkennt das Amtsgericht Hamburg-Barmbek – Abteilung 816 – durch die Richterin am Amtsgericht Dr. B. am 13.05.2015 auf Grund des Sachstands vom 12.05.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 151,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 151,91 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger verlangt zu Recht die Zahlung von EUR 151,91 nebst Zinsen in tenorierter Höhe sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von EUR 70,20 nebst Zinsen in tenorierter Höhe.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des noch ausstehenden Sachverständigenhonorars in Höhe von EUR 151,91 gemäß § 7 StVG, § 823 BGB, § 398 BGB.

a) Dem Kläger wurde der streitgegenständliche Anspruch am 05.06.2013 von dem Geschädigten J. aus dem Unfall vom 30.05.2014 gemäß § 398 BGB abgetreten (Anlage K 1).

b) Dieser Anspruch stand dem Geschädigten in vollem Umfang gegen die Beklagte zu.
Dass die Beklagte dem Grunde nach vollumfänglich für den Schaden aus diesem Unfall haftet, war zwischen den Parteien vorgerichtlich unstreitig. Dass, und wenn ja warum, dies nunmehr im Prozess anders sein soll, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Der Kläger darf deshalb mangels Einwendungen der Beklagten auch im gerichtlichen Verfahren davon ausgehen, dass die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach außer Streit steht. Das Gericht hält die Klage entgegen der Ansicht der Beklagten mithin nicht deshalb für unschlüssig, weil der Kläger nichts zum Unfallhergang vorgetragen hat.

Entgegen der Auffassung der Beklagten durfte der Geschädigte auch der Höhe nach den vollständigen Ausgleich der Honorarforderung des Klägers fordern.

aa) Dabei kann dahinstehen, ob die Sachverständigenkosten ortsüblich sind. Zu erstatten ist der dem Geschädigten aufgrund des Unfalls entstandene Vermögensschaden, § 249 Abs. 2 BGB. Hierzu gehören insbesondere die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung und damit auch der Schaden, der dem Geschädigten dadurch entstanden ist, dass er infolge der Einholung eines Sachverständigengutachtens mit einer Honorarforderung des Sachverständigen belastet ist. Die Höhe dieser Forderung richtet sich im Streitfall nach der bei Auftragserteilung getroffenen Vergütungsvereinbarung. Nur wenn eine solche bei Vertragsschluss nicht getroffen wurde, gilt eine ortsübliche Vergütung als vereinbart, § 632 Abs. 2 BGB. Nur dann wäre auch im Streitfall zu ermitteln, wie hoch die ortsübliche Vergütung ist, da der Geschädigte vom Halter bzw. Fahrer bzw. Haftpflichtversicherer nicht mehr an Schadensersatz verlangen könnte, als er gegenüber dem beauftragten Sachverständigen an Werklohn für die Gutachtenerstellung schuldet. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Insoweit hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass bei Vertragsschluss die klägerische Honorartabelle (Anlage K 2) vorgelegen und sich der Geschädigte ausdrücklich mit dieser einverstanden erklärt hat. Das zeigt auch die Unterschrift des Geschädigten unter der mit „Preisliste“ bezeichneten Tabelle. Damit ist die Honorartabelle wirksam in den zwischen dem Geschädigten und dem Kläger zustande gekommenen Werkvertrag, gerichtet auf die Erstellung eines Schadensgutachtens, einbezogen worden.

bb) Die geltend gemachten Kosten halten sich im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Betrages. Der Geschädigte kann vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Der Geschädigte wird aber in aller Regel von der Erforderlichkeit und Angemessenheit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Denn es fehlt bei der Abrechnung von Sachverständigenkosten an einer einheitlichen Abrechnungsmethode. Allgemein zugängliche Preislisten fehlen ebenso, so dass dem Geschädigten ein Vergleich verschiedener Sachverständigenkosten ohne eine Markterforschung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine solche schuldet der Geschädigte aber gerade nicht. Erst wenn für den Geschädigten auch als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder Honorarberechnung vorliegen, kann vom Schädiger nicht mehr ein vollständiger Ausgleich der getätigten Aufwendungen bzw. Freistellung verlangt werden, weil derart überhöhte Kosten nicht mehr angemessen sind (vgl. AG Ham-burg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Für die Angemessenheit der Schadenshöhe ist auf die Erkenntnismöglichkeiten des Zedenten als Geschädigtem abzustellen.

Die Preistabelle des Klägers weicht nicht derart erheblich von den von der Beklagten als ortsüblich mitgeteilten Preisen ab, als dass sich bei dem Geschädigten die Erkenntnis hätte aufdrängen müssen, dass er es mit einem besonders teuren Sachverständigen zu tun hatte (vgl. AG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, Az. 53a C 39/10). Die tatsächlich vom Kläger abgerechneten Gutachterkosten in Höhe von EUR 648,91 übersteigen die von Beklagtenseite erstatteten und von dieser noch als üblich angesehenen Kosten in Höhe von EUR 497,00 um ca. 31 % und halten sich noch in einem vertretbaren Rahmen.

cc) Das Gericht hält auch im Hinblick auf die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten an den oben dargestellten Grundsätzen fest. Auch bei einer einzelnen Betrachtung der Nebenkosten kann nicht von einer evidenten Überhöhung ausgegangen werden, die dem Geschädigten hätte auffallen müssen (vgl. auch AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 25.02.2011, Az. 910 C 65/11). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass solche Nebenkosten oft im Rahmen einer Mischkalkulation des Sachverständigen in das Pauschalhonorar einfließen, kann der Geschädigte hier Missverhältnisse schwer erkennen. Der eine Sachverständige mag hinsichtlich der Fahrtkosten besonders günstig sein, dafür hohe Schreibkosten veranschlagen und ein anderer Sachverständiger fällt durch besonders günstige Fotokosten auf, berechnet aber besonders hohe Fahrtkosten (zum Ganzen ausführlich AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Vorliegend sind die geltend gemachten Nebenkosten jedenfalls nicht derart hoch angesetzt worden, dass für den Geschädigten als Laien ein auffälliges Missverhältnis zwischen Gesamtpreis und Gesamtleistung erkennbar gewesen wäre.

Schon die völlig uneinheitliche Rechtsprechung zu den Nebenkosten bei Honorarforderungen von Sachverständigen zeigt, dass für einen Laien kaum erkennbar ist, was nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Beispielsweise wird die gesonderte Erstattungsfähigkeit von Fotokosten teilweise gänzlich verneint, weil die Erstellung von Fotos vom Grundhonorar mit abgedeckt sei (z.B. AG Hamburg-Altona, Urt. v. 20.11.2013, 318a C 154/13), andere Gerichte halten z.B. EUR 2,00 pro Foto für den ersten Fotosatz für angemessen (z.B. AG Münster, Urt. v. 25.09.2012, 28 C 1999/12, zitiert nach juris). Nach der vom Kläger zitierten BVSK-Honorarumfrage 2013 betrage der Höchstwert EUR 2,55 für das Foto aus dem ersten Fotosatz, EUR 1,67 für das Foto aus dem zweiten Fotosatz. Der Kläger selbst berechnet für die ersten Fotos EUR 2,38 pro Stück, für den zweiten Fotosatz je EUR 1,50 pro Stück und hält sich damit im Rahmen der auch von anderen Sachverständigen verlangten Preise. Zwar trifft es zu, dass im Drogeriemarkt Abzüge von Digitalfotos zu wesentlich günstigeren Preisen zu erwerben sind. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass auch Sachverständige die von ihnen für die Gutachtenerstellung angefertigten Fotos nur zu diesen Preisen abrechnen dürfen. Wie das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 17.06.2011 (331 O 262/10, zitiert nach juris) zu dem Ergebnis kommt, dass ein Sachverständiger für ein Foto nur maximal EUR 0,50 ansetzen darf, ist in der Entscheidung nicht näher begründet. In einer späteren Entscheidung hat das Landgericht Hamburg dagegen die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 19.02.2014 (823 C 212/13) zurückgewiesen, wobei in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt der Sachverständige EUR 2,45 für das Foto aus dem ersten Fotosatz und EUR 1,10 für das Foto aus dem zweiten Fotosatz berechnet hatte.

Letztlich hat aber auch das Landgericht Hamburg ausgeführt, dass für die Frage, wann von erkennbar deutlich überhöhten Preisen auszugehen ist, nicht auf die Einzelpositionen abzustellen, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (siehe LG Hamburg, Urt. v. 19.02.2015, 323 S 23/14, und Urt. v. 19.03.2015, 323 S 7/14).

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014 (VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 ff.). Soweit der BGH in dieser Entscheidung ausdrücklich unbeanstandet gelassen hat, dass das LG Saarbrücken im dortigen Fall das Kilometergeld von EUR 1,05 je Kilometer und die Kosten für ein Foto von EUR 2,45 erkennbar überhöht gewertet hat, steht dies der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Denn der BGH hat nichts dazu ausgeführt, dass derartige Werte stets zu beanstanden wären. Er hat auch keine Kriterien genannt, wann und unter welchen Umständen eine „deutlich erkennbare Überhöhung“ vorliegt (siehe AG Hamburg-Barmbek, Urt v. 13.04.2015, 811 a C 118/14). Gebilligt hat der BGH allerdings im Ergebnis die grundsätzliche Form der Abrechnung von Sachverständigenkosten mittels Grundhonorars und Nebenkosten (BGH Urt. v. 11.02.2014 und Urt. v. 22.07.2014, a.a.O.).

dd) Zudem ist auch nicht erkennbar, bei welchem anderen Sachverständigen der Geschädigte das von ihm beauftragte Gutachten zu einem geringeren Preis hätte erlangen können, weil dieser geringere Foto- und andere Nebenkosten (und nicht dafür gleichzeitig ein höheres Grundhonorar) abrechnet. Eine gesetzliche Grundlage für die Abrechnung der Tätigkeit von privat eingeschalteten Kfz-Sachverständigen existiert – anders als beispielsweise für die Abrechnung der Tätigkeit von Ärzten, Zahnärzten oder Rechtsanwälten – leider nicht. Das führt zu einer großen Bandbreite an Abrechnungsmethoden verschiedener Sachverständiger. Dies ist bei der Frage zu berücksichtigten, ab welcher Grenze der Geschädigte von einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen hat und einen bestimmten Sachverständigen nicht beauftragen darf.

Dass für einzelne Positionen üblicherweise Pauschalen abgerechnet werden, führt naturgemäß auch dazu, dass diese in einzelnen Fällen höher sein mögen als der damit abgerechnete Aufwand, z.B. wenn lediglich eine kurze Fahrstrecke vom Geschäftssitz des Gutachters zum Standort des zu begutachtenden Fahrzeugs zurück zu legen ist. Doch auch in anderen Bereichen ist die Abrechnung von Pauschalen nicht unüblich. So kann der Geschädigte nach ganz überwiegender Rechtsprechung bei einem Verkehrsunfall auch eine Kostenpauschale – nach wohl vorherrschender Hamburger Rechtsprechung – in Höhe von EUR 20,00 geltend machen. Dies gilt unabhängig davon, welchen tatsächlichen materiellen Aufwand der Geschädigte gehabt hat. Dieser Aufwand kann ganz gering sein, wenn er beispielsweise nur einen kurzen Weg zu seinem Anwalt zurück legen muss, diesem sämtlich Unterlagen übergibt und keine weiteren Porto- oder Telefonkosten anfallen.

ee) Maßgeblich für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist nicht das Honorartableau 2012 HUK-Coburg (Anlage B 1). Vielmehr kommt es allein auf die oben dargestellten Grundsätze an. Zudem hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek in seinem Urteil vom 05.06.2013 (810 C 208/13) ausgeführt, dass die Anlage B 1 auf dem Mittelwert aus einer BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 basiert und deshalb davon ausgegangen werden könne, dass die Preise im Januar 2013 – bzw. im vorliegenden Fall sogar bei Beauftragung des Klägers im Juni 2014 – höher lagen, und zudem in der Metropolregion Hamburg auch nicht der Mittelwert, sondern ein darüber liegender Wert in Ansatz zu bringen sei.

ff) Soweit der Beklagte ausführt, dass der Vertrag zwischen dem Geschädigten und dem Kläger als Sachverständigen Schutzwirkung zu Gunsten des Kfz-Haftpflichtversicherers entfalte (BGH Urt. v. 13.01.2009, VI ZR 205/08, zitiert nach juris), trifft das zwar zu. Das würde aber nur bedeuten, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer Schadensersatz verlangen kann, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt hat, die auch zu Gunsten des Haftpflichtversicherers bestehen. Ob der Kfz-Haftpflichtversicherer oder der Fahrzeughalter im Rechtsstreit mit dem Sachverständigen derartige Schadensersatzansprüche einredeweise entgegenhalten kann, kann dahinstehen. Denn nach dem oben Ausgeführten ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten des Klägers aus dem Werkvertrag mit dem Geschädigten J. nicht ersichtlich. Der Kläger musste nicht auf die Gefahr einer Nichterstattung überhöhter Gutachterkosten hinweisen. Denn diese Gefahr besteht nur, wenn die Kosten nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB sind, das heißt, wenn sie für den Geschädigten erkennbar unangemessen überhöht gewesen wären. Solche Umstände sind jedoch – wie oben ausgeführt – nicht dargetan. Dies gilt auch in dem Fall, in dem – wie hier -nicht der Geschädigte eines Unfalls die Sachverständigenkosten von der gegnerischen Haftpflichtversicherung fordert, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht klagt (eine solche Konstellation lag dem Urteil des BGH vom 22.07.2014, a.a.O. zugrunde).

gg) Das Gericht hält auch die Kosten für die Restwertanfrage für ersatzfähig. Es war nicht völlig offensichtlich, dass der Restwert nicht so hoch ist, dass der Wiederbeschaffungsaufwand (Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert) geringer ist als die Reparaturkosten.

hh) Das Gericht hält auch die Kosten des zweiten Fotosatzes für ersatzfähig. Die Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Dokumentationsinteresse des Geschädigten für den Abwicklungsprozess und ist Teil seines Wiederherstellungsinteresses (siehe AG Hamburg-Barmbek, Urt. v. 22.12.2013, 820 C 282/13).

ii) Soweit die Beklagte die Anzahl der angefertigten Fotos rügt und meint, ein Foto aus der Nähe wäre ausreichend gewesen, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Der Sachverständige hat bei der Fertigung von Fotos einen gewissen Ermessensspielraum, welche Fotos er für erforderlich hält. Zudem sind Ansichten des gesamten Fahrzeugs für die Bestimmung von Wiederbeschaffungs- und Restwert maßgeblich.

c) Auf den vom Sachverständigen erstellten Rechnungsbetrag von EUR 648,91 hat die Beklagte bereits EUR 497,00 bezahlt, so dass ein restlicher Schadensersatzanspruch von EUR 151,91 verbleibt.

2.  Die Zinsforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.

3.  Der Kläger hat ferner Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 72,00 als Verzugsschaden, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 280 Abs. 2 BGB. Nachdem sich die Beklagte hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht in Verzug befunden hat (siehe oben 2.), durfte sich der Kläger zur weiteren Rechtsverfolgung anwaltlicher Hilfe bedienen. Die Einschaltung des Rechtsanwalts erfolgte nach Verzugseintritt. Der Anspruch ist in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG (1,3 x EUR 45,00) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 WRVG (20 %) begründet, also in Höhe der geltend gemachten EUR 72,00 (netto). Das Gericht hält auch nicht lediglich eine 0,6 Geschäftsgebühr für angemessen. Dass eine außergerichtliche Geltendmachung gegenüber der Beklagten von vornherein aussichtlos war, ist nicht ersichtlich.

Die vorgerichtlichen  Rechtsanwaltskosten sind auch erstattungsfähig, obwohl die gesamten Rechtsanwaltskosten in dem Fall, dass bereits die übrigen Schadenspositionen (Reparaturkosten etc.) aus dem gleichen Verkehrsunfall außergerichtlich von einem anderen Rechtsanwalt geltend gemacht und von dem Schädiger bzw. dessen Versicherung erstattet worden sein sollten, insgesamt höher sein können als bei einheitlicher Geltendmachung sämtlicher Forderungen aus einem Unfall durch den gleichen Rechtsanwalt. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls hat ein berechtigtes Interesse daran, die Einholung eines Sachverständigengutachtens gegen Abtretung der Ersatzansprüche vorzunehmen und nicht die Sachverständigenkosten vorzustrecken und dann selbst vom Halter, Fahrer oder dem Kfz-Haftpflichtversicherer einzufordern. In einem solchen Fall muss dann auch die Möglichkeit bestehen, bei nicht vollständiger Zahlung außergerichtlich einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dies mag bei willkürlicher Aufsplittung eines ursprünglichen Gesamtauftrags in immer weitere Einzelaufträge hinsichtlich jeder Position, die der Gegner nach und nach zahlt, anders sein. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht.

4.  Der Zinsanspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

II.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.  Die Berufung war nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hat in seinen jüngsten Entscheidungen zur Frage der Erforderlichkeit von Sachverstand igen kosten nach einem Verkehrsunfall Stellung genommen (siehe Urt. v. 11.02.2014 und Urt. v. 22.07.2014, a.a.O.).

Urteilsliste “SV-Kosten” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Rechtsanwaltskosten, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu AG Hamburg-Barmbek verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit positivem Urteil vom 13.5.2015 – 816 C 61/15 -.

  1. Werner H sagt:

    Im Gegensatz zu dem Urteil aus Zweibrücken ist das hier lesenswert.
    Die Richterin aus Zweibrücken sollte einmal in HH-Barmbek hospitieren.

  2. Iven Hanske sagt:

    Der Hinweis der Abtretungsform (erfüllunghalber oder erfüllungsstat) fehlt, wenn auf beide BGH Entscheidung aus 2014 Bezug genommen wird, aber der Hinweis auf den fehlenden Gutachtervergleich ist schon super. Der spielt zwar keine Rolle, weil keine Marktforschung nötig ist, klärt aber die Beweislast und die Bildung aller Beteiligten. Denn ich würde ja gern mal wissen wollen, wer es sich unter den angeblichen Sachverständigen leisten kann, unter dem Einkauf abzurechnen und warum. Danke CH, diese Veröffentlichung ist ein erneuter Beleg für unseren Rechtsstaat ohne korruptes Verhalten.

  3. RA. NW sagt:

    Zu Recht hat das AG darauf hingewiesen, dass auch das Landgericht Hamburg ausgeführt hat, dass für die Frage, wann von erkennbar deutlich überhöhten Preisen (BGH NJW 2014, 3151) auszugehen ist, es nicht auf die Einzelpositionen ankommt, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (siehe LG Hamburg, Urteil vom 19.02.2015 – 323 S 23/14 – und Urteil vom 22.01.2015 – 323 S 7/14 -). Das ist auch richtig so, denn auch im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ist auf die Schadenshöhe abzustellen. Daher sind auch die Prüfung der Einzelpositionen, wie sie z.B. das LG Saarbrücken vornimmt, mit der Gesetzeslage im Sinne des § 287 ZPO nicht vereinbar. Abgesehen davon, dass die neuerliche JVEG-basierte Rechtsprechung des LG Saarbrücken auch gegen die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 2007, 1450) verstößt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert