Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
es geht mit der HUK-COBURG weiter. Von Wuppertal ist es auch nicht weit nach Dortmund. Die HUK-COBURG scheint in der Tat absolut beratungsresistent zu sein, obwohl schon bereits eine Vielzahl von Urteilen immer zu dem gleichen Thema gegen sie bzw. ihre Versicherungsnehmer ergangen sind und sie dennoch nichts daraus lernt. Wie viele Versichertengelder sollen denn noch durch unsinnige HUK-COBURG-Prozesse verbrannt werden? Auch in dem Rechtsstreit, der dem nachfolgend dargestellten Urteil zugrunde lag, mussten die von der HUK 24 AG rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten eingeklagt werden. Vom Ergebnis ist das Urteil des AG Dortmund richtig. Leider hapert es wieder an der Begründung. Es stellt sich nämlich die Frage, ob erkennende Richterinnen oder Richter zwischenzeitlich ergangene BGH-Urteile nicht lesen? Oder richten sie sich nur nach den Urteilen, die die HUK-COBURG-Anwälte angeben? Die Aussage des Gerichts, dass die BVSK-Honorarbefragung eine geeignete Schätzgrundlage sei, ist durch den BGH widerlegt. Der BGH hat eindeutig und unmissverständlich in seinem Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) unter Randziffer 10 angegeben, dass dem Kläger das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes BVSK nicht bekannt sein muss. Was dem Geschädigten aber nicht bekannt sein muss, kann auch nicht als Maßstab für eine aus seiner Ex-ante-Sicht zu bemessenden Höhe des erforderlichen Geldbetrages gemäß § 249 II 1 BGB sein. Weil es aber das Urteil des BGH vom 11.2.2014 zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des LG Dortmund aus dem Jahr 2010 noch nicht gab, kann der erkennende Amtsrichter das Urteil des LG Dortmund im Jahr 2010 nicht unreflektiert übernehmen. Er muss sich mit der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf jeden Fall auseinandersetzen. Lest aber selbst das Urteil des AG Dortmund und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
429 C 1256/15
Amtsgericht Dortmund
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Deutsche Verrechnungsstelle AG, vertr.d.d. Vorstand Sven Ries und Jan Pieper, Schanzenstr. 30, 51063 Köln,
Klägerin,
gegen
die HUK24 AG, v. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Dortmund
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO
am 07.05.2015
durch die Richterin am Amtsgericht Dr. W.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 182,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
(Entfällt gemäß § 313 a ZPO)
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 182,80 € gemäß §§ 398 BGB, 7 StVG, 115 VVG, 398 BGB.
Die Aktivlegitimation der Klägerin folgt aus der Abtretungserklärung der Geschädigten K. R. vom 4.12.14 an die Firma Kfz Sachverständigenbüro … sowie der weiteren Abtretungserklärung der Firma … an die Klägerin vom 8./9. Dezember 2014.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig. Die Parteien streiten lediglich um die Höhe der erforderlichen Kosten.
Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte den Geldbetrag zu erstatten, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war. Daran bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel.
Bei einem Schaden kann als erforderlicher Schadensaufwand nur Ersatz derjenigen Kosten verlangt werden, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Es können daher nur diejenigen Kosten als ersatzfähiger Schadensbetrag in Ansatz gebracht werden, die üblicherweise anfallen. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Geschädigte mit dem Kläger eventuell einen überhöhten Tarif vereinbart hat. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich der vereinbarte Betrag in den Grenzen des Üblichen hält. Nur in diesem Fall besteht eine Erstattungspflicht.
Das Gericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Kfz-Sachverständigenhonorar dann nicht zu beanstanden ist, vielmehr die Höhe als ortsüblich und angemessen anzusehen ist, wenn sie sich in den Grenzen derjenigen Honorare bewegt, die ausweislich der BVSK-Honorarbefragung für das Jahr 2013 grundsätzlich in Ansatz zu bringen sind.
Das Gericht hält die Werte der BVSK-Honorarbefragung für eine taugliche Schätzungsgrundlage im Sinne des § 287 ZPO. Halten sich die geltend gemachten Werte innerhalb der aus dieser Befragung folgenden Spannen, bedarf es einer weiteren Beweisaufnahme über die Ortsüblichkeit bzw. Angemessenheit der Gebühren (gemeint sein dürften wohl: Kosten, da es keine Sachverständigengebühren gibt, Anm. der Redaktion) nicht. Weichen die in Ansatz gebrachten Werte von diesen Werten ab, so ist allein derjenige Betrag noch als gerechtfertigt anzusehen, der sich im Rahmen der Werte der BVSK-Honorarbefragung bewegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Dortmund im Urteil vom 05.08.2010, Aktenzeichen 4 S 11/10.
Das Landgericht hat mit zutreffenden Ausführungen, die sich das erkennende Gericht zu eigen macht, die Angemessenheit der BVSK-Honorarbefragung als taugliche Schätzungsgrundlage dargelegt. In Übereinstimmung mit dieser Argumentation entspricht es ständiger Rechtsprechung der hiesigen Abteilung, bei der Bemessung der Honorarhöhe die Werte der aktuellen BVSK-Honorarbefragung zugrunde zu legen.
Die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gebühren bzw. Kosten für das Grundhonorar, die pauschalen Fahrtkosten, die Fotosätze, die Schreibkosten, die Kopierkosten, die Porto- und Telekommunikationskosten sowie die Restwertermittlungskosten halten sich sämtlich in dem Rahmen, den die BVSK-Honorarbefragung 2013 zum Honorarkorridor (HB III) vorgibt.
Dabei kann die beklagte Partei auch nicht damit gehört werden, das sich in Anlehnung an die Honorarbefragung der BVSK ergebende Honorar sei „übersetzt“. Hierzu hat der BGH in seiner Entscheidung (BGH NJW 2007, 1450) bereits festgestellt, dass der Sachverständige dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte Pauschalierung des Honorars vornimmt, nicht die Grenzen der zulässigen Preisgestaltung überschreitet. Auch diese Rechtsprechung macht sich das erkennende Gericht zu eigen.
Auch ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von der Unüblichkeit der Honorarrechnung auszugehen, weil die Nebenkosten gesondert berechnet werden. Im Gegenteil führt eine gesonderte Auflistung von entstandenen Nebenkosten zu einer erhöhten Rechnungstransparenz. Allein ein hoher Prozentanteil von Nebenkosten gegenüber dem Grundhonorar stellt keinen Hinweis auf nicht erforderliche Kosten dar. Da sich die geltend gemachten Nebenkosten wie auch das Grundhonorar im Rahmen des Honorarkorridors der BVSK-Honorarbefragung 2013 bewegen, bestehen an der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Nebenkosten ebenfalls keine Zweifel.
Insgesamt sind die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten aus der Rechnung vom 8. Dezember 2014 nicht zu beanstanden. Auf den Gesamtbetrag in Höhe von 538,80 € hat die Beklagte vorgerichtlich bereits einen Teilbetrag in Höhe von 356 € gezahlt, sodass sich ein noch ausstehender Betrag in Höhe von 182,80 ergibt.
Die beklagte Partei war daher, ohne dass es einer Beweisaufnahme bedurfte, im tenorierten Umfang zur Zahlung zu verurteilen.
Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht gegeben sind.
Guten Abend, Willi Wacker,
damit der Zug nicht immer wieder in die falsche, d.d. werkvertragliche Richtung rollt, gehört zur Übersicht der folgende Hinweis in jede Klage:
“ Die Aussage, dass die BVSK-Honorarbefragung eine geeignete Schätzgrundlage sei, ist durch den BGH widerlegt. Der BGH hat eindeutig und unmissverständlich in seinem Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) unter Randziffer 10 angegeben, dass dem Kläger das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes BVSK nicht bekannt sein muss. Was dem Geschädigten aber nicht bekannt sein muss, kann auch nicht als Maßstab für eine aus seiner Ex-ante-Sicht zu bemessenden Höhe des erforderlichen Geldbetrages gemäß § 249 II 1 BGB sein.“
Gruß
Kolibri