Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
wir bleiben bei der fiktiven Schadensabrechnung und geben Euch nachstehend hier ein umfangreiches Urteil aus Halle zur Haftungsteilung sowie zur fiktiven Abrechnung bekannt. Eine prima Entscheidung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle an der Saale, wie wr meinen. Lest aber selbst und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. Eure Meinungen sind uns wichtig.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag – ohne große Unwetter
Willi Wacker
Landgericht Halle verkündet am:
Geschäfts-Nr.: 25.11.2013
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
1.
… ,
Kläger und Widerbeklagter zu 2.),
2.
HDI Direkt Versicherung AG, Eisenbahnstraße 1-3, 04315 Leipzig,
Widerbeklagte zu 1.),
gegen
1.
… ,
Beklagter zu 1.) und Widerkläger,
2.
DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch die Vorstandsmitglieder Joachim Abel und Norbert Wulff, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel (Taunus),
Beklagte zu 2.),
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 18.11.2013 am 25.11.2013 durch die Richterin am Landgericht W. als Einzelrichterin
für R e c h t erkannt:
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Widerbeklagten zu 1.) und zu 2.) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Widerkläger 2.257,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2012 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 173,27 € zu zahlen.
3.) Es wird festgestellt, dass die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Widerkläger auch den weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Verkehrsunfall vom 25.02.2012 entstehen wird.
4.) Die Gerichtskosten der Klage und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) und zu 2.) aus der Klage trägt der Kläger. Die Widerbeklagten zu 1.) und zu 2.) tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten der Widerklage und die außergerichtlichen Kosten des Widerklagen aus der Widerklage.
5.) Das Urteil ist für den Beklagten zu 1.) und Widerkläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist für die Beklagte zu 2.) ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte zu 2.) gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2.) vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Und beschlossen:
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 9.000,– € festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger zu 1.) und zu 2.) und der Beklagte zu 1.) und Widerkläger machen Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 25.02.2012 auf der Autobahn A38 Richtung Leipzig, kurz vor der Autobahnausfahrt Eisleben ereignete.
Der Kläger zu 1.) war Halter und Führer des Kraftfahrzeugs Skoda Süperb, amtl.: Kennzeichen: … , das bei der Widerbeklagten zu 1.) haftpflichtversichert war. Der Beklagte zu 1.) und Widerkläger war Führer des zweiten unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs BMW Kombi, amtl. Kennzeichen: … , das bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversichert war. Das von dem Beklagten zu 1.) und Widerkläger geführte Kraftfahrzeug BMW Kombi, amtl. Kennzeichen: … stand im Sicherungseigentum der den Kaufpreis finanzierenden Santander Consumer Bank. Diese erklärte mit Schreiben vom 18.07.2013 die Zustimmung zu einer Geltendmachung von Schadenersatzforderungen betreffend das Kraftfahrzeug durch den Widerkläger im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft im eigenen Namen.
Bei dem Befahren der zweispurigen Autobahn A 38 in derselben Richtung durch den Kläger und den Widerkläger am 25.02.2012 bei guten Sichtverhältnissen kam es zur seitlichen Kollision beider Fahrzeuge. Der Beklagte zu 1.) und Widerkläger befand sich dabei mit seinem Fahrzeug BMW Kombi auf der linken Fahrspur. Durch die Kollision wurde das Fahrzeug des Klägers PKW Skoda Süperb, hinten links und das vom Beklagten zu 1.) und Widerkläger geführte Fahrzeug BMW Kombi vorne rechts beschädigt.
Die Widerbeklagte zu 1.) glich den Schaden des Widerklägers unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 50% teilweise aus. Auf die voraussichtlichen Nettoreparaturkosten gemäß einem Gutachten des Sachverständigen- und Ingenieurbüros A. vom 14.03.2012 in Höhe von 3.920,15 €, die Kostenpauschale von 25,– € und die Rechtsanwaltskosten von 229,55 € wurde ein Betrag von 1.453,63 € gezahlt. Nicht übernommen wurde die Position „Verbringekosten“ aus dem Gutachten in Höhe von 112,10 € (brutto), zu hohe Kosten bei den Stundenverrechungssätzen des Gutachtens A. gemäß eigenem Prüfbericht der Widerbeklagten zu 1.) von 348,41 € (brutto), sowie die Mehrwertsteuer von 552,38 €. Von dem sich unter Berücksichtigung der Gutachtenkosten von 451,01 € und der allgemeinen Kostenpauschale von 25,– € ergebenden Summe von 3.383,26 € wurde die Quote von 50 % mithin 1.691,64 € anerkannt. Zudem erkannte die Widerbeklagte zu 1.) noch Rechtsanwaltkosten von 229,55 € an und zog von der Summe 451,01 € Gutachterkosten ab, da insoweit der Anspruch an das Sachverständigenbüro A. abgetreten sei und an dieses gezahlt worden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Bl. 8-24 der verbundenen Akte 4 0 532/12, hinsichtlich der Anrechnung der Widerbeklagten zu 1.) vom 10.05.2012 und ihrem Prüfbericht vom 09.05.2012 auf Bl. 28-30 Bezug genommen.
Der Widerkläger erklärte im Rahmen einer Reparaturkostenübernahmebestätigung vom 13.03.2012 gegenüber der L. M. GmbH die Abtretung der Reparaturkosten erfüllungshalber. Mit Schreiben vom 28.01.2013 trat die L. M. GmbH von der Kostenübernähme zurück. Hinsichtlich des Wortlauts beider Erklärungen wird auf die verbundene Akte Az.: 532/12, BI.62, und die verbundene Akte Az.: 520/12 Bl. 111, Bezug genommen.
Mit schriftlicher Erklärung vom 13.03.2012 erklärte der Widerkläger die „Sicherungsweise Abtretung“ der Gutachterkosten an das Sachverständigen- und Ingenieurbüro A. . Darin heißt es weiter: „Das Recht des Anspruchstellers, die Schadensregulierung selbst durchzuführen, wird durch diese Abtretung nicht berührt.“ Hinsichtlich des weiteren Wortlauts der „Sicherungsweisen Abtretung“ wird auf die verbundene Akte Az.: 4 0 532/12, Bl. 63 Bezug genommen.
Über die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellten die Widerklägervertreter diesem unter dem 31.07.2012 eine Rechnung über 655,91 €, die von der Rechtsschutzversicherung des Widerklägers beglichen wurde. Die gem. § 86 Abs. 1 S.1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangenen Ansprüche, wurden mit den Abtretungen vom 17.01.2013 und vom 24.09.2013 an den Widerkläger abgetreten. Hinsichtlich der Einzelheiten der Rechtsanwaltsrechnung und des Wortlauts der weiteren Schriftstücke wird auf die verbundene Akte Az.: 4 O 520/12, BI.112, 113, 114, 139 Bezug genommen.
Der Kläger machen als Schaden Reparaturkosten von 4.785,43 €, Nutzungsausfall für 6 Tage in Höhe von 258,– €, sowie die allgemeine Kostenpauschale von 25,– € geltend.
Der Kläger behauptet zum Unfallhergang:
Er sei mit seinem Kraftfahrzeug Skoda Süperb, amtl. Kennzeichen … , auf der rechten Spur der zweispurigen Autobahn mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h gefahren. Vor ihm habe sich ein weiteres Fahrzeug befunden, das er habe überholen wollen. Mit mehrfachen Blicken in den Außen- und Innenspiegel, habe er sich versichert, dass die linke Spur zu Überholen frei gewesen sei. Er habe dann den Richtungsanzeiger links gesetzt und sei auf die linke Spur gewechselt. Er habe den Überholvorgang durchgeführt und danach angesetzt zum Wiedereinordnen in die rechte Fahrspur. Er sei gerade bei dem Einscheren über die Fahrbahnmarkierung gewesen, als er durch den mit überhöhter Geschwindigkeit herannahenden Beklagten zu 1.) und Widerkläger hinten links gestreift worden sei. Der Beklagte zu 1.) und Widerkläger sei nach eigenen Angaben am Unfallort mit ca. 200 km/h gefahren.
Der Kläger ist der Ansicht, der Unfall sei von dem Beklagten zu 1.) und Widerkläger allein verschuldet worden. Der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 5.068,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 285,24 € nebst 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 1.) und Widerkläger beantragt widerklagend:
1.
Die Widerbeklagten zu 1.) und zu 2.) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Widerkläger 2.257,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2012 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 173,27 € zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass die Widerbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Widerkläger auch den weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Verkehrsunfall vom 25.02.2012 entstehen wird.
Die Widerbeklagten zu 1.) und zu 2.) beantragen:
Die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte zu 1.) und Widerkläger behauptet zum Unfallhergang:
Er sei mit seinem Fahrzeug BMW Kombi, amtl. Kennzeichen: … , auf die linke Fahrspur der zweispurigen Autobahn gewechselt, um zwei Fahrzeuge zu überholen, von denen das hintere von dem Kläger und Widerbeklagten zu 2.) geführt worden sei. Als er, der Beklagte zu 1.) und Widerkläger, sich bereits auf der Höhe des Fahrzeugs des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) befunden habe, sei dieser ohne den linken Richtungsanzeiger zu betätigen und ohne sonstige Vorwarnung plötzlich auf die linke Fahrspur herübergezogen, auf der sich der Beklagte zu 1.) und Widerkläger mit seinem Fahrzeug befunden habe. Obwohl er, der Beklagte zu 1.) und Widerkläger, mit seinem Fahrzeug sofort eine Vollbremsung eingeleitet habe, habe er die Kollision nicht mehr verhindern können. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt habe und sich mehrfach in den Spiegeln vom Freisein der Überholspur überzeugt habe.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) ist der Ansicht, der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) und die Widerbeklagte zu 1.) hätten auch den weiteren, noch nicht durch die Widerbeklagte zu 1.) ausgeglichenen Schaden zu begleichen. Dieser Restschaden von 2.257,88 € ergebe sich in Höhe von 1.840,61 € noch nicht ausgeglichener Nettoreparaturkosten gemäß dem Gutachten A. (3.294,24 € – 1.453,63 €), in Höhe der Kosten einer Achsvermessung von 179,27 €, der hälftigen Sachverständigenkosten von 225,51 € und der hälftigen Kosten der allgemeinen Kostenpauschale von 12,50 €. Er ist der Ansicht, der Unfall sei allein von dem Kläger und Widerbeklagten zu 2.) verschuldet worden und für den Widerkläger und Beklagten zu 1.) unvermeidbar gewesen.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) ist der Ansicht, für den Widerklageantrag zu 2.) bestehe ein Feststellungsinteresse, da die Verjährung betreffend weiteren Schäden zu unterbrechen sei. Weitere Schäden könnten zum einen bei der noch ausstehenden Reparatur im Verhältnis zu der gegenwärtigen fiktiven Nettoreparaturrechnung entstehen. Außerdem sei auch die Mehrwertsteuer erst nach der Reparatur ersatzfähig.
Der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) sowie die Widerbeklagte zu 1.) bestreiten die Aktivlegitimation des Widerklägers und Beklagten zu 1.). Dieser sei nicht Eigentümer des von ihm zur Zeit des Unfalls geführten Kraftfahrzeugs. Im Übrigen habe er Ansprüche auf Reparaturkostenersatz und auf Ersatz der Gutachterkosten am 13.03.2012 abgetreten. Nach Ansicht der Widerbeklagten ist die Position aus dem Gutachten A. „Verbringung Kfz“ als reine Eventualposition nicht ersatzfähig. Die Stundenverrechnungssätze der fiktiven Reparaturabrechung seinen entsprechend dem „Prüfbericht zur fiktiven Abrechnung“ der Widerbeklagten zu 1.) zu hoch. Ein Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag bestehe nicht, weil der Widerkläger keine Reparaturabsicht habe und die Reparaturkosten abschließend beziffern könne. Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei auf den Rechtsschutzversicherer des Widerklägers übergegangen. Der Zinsforderung insofern stehe § 8 RVG entgegen. Zudem werde bestritten, dass über die außergerichtliche Tätigkeit bereits eine Rechnung gestellt und diese vom Widerkläger beglichen worden sei.
Der Widerkläger ist der Ansicht hinsichtlich der erfüllungshalber erfolgten Abtretung des Anspruches auf Ersatz der Reparaturkosten bedürfe es keiner Rückabtretung, weil ein Reparaturauftrag nicht erteilt worden sei. Er ist der Ansicht, auf eine Rückabtretung des Anspruchs auf Ersatz der Sachverständigenkosten käme es nicht an, weil die Sachverständigenkosten von der Widerbeklagten zu 1.) vollumfänglich an den Sachverständigen bezahlt worden seien und voll von dem an den Widerkläger auszuzahlenden Betrag abgezogen worden, sei. Die Verbringekosten und auch die UPE-Aufschläge seien als Schaden ersatzfähig soweit diese in einer Werkstatt erhoben würden und ein Anspruch auf Reparatur in dieser Werkstatt bestehe. Der Widerbeklagte beabsichtige, sein Fahrzeug nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens reparieren zu lassen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. R. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Gutachten vom 13.06.2013, Aktenlasche, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Widerklage ist begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 5.068,43 € aus den §§ 7,18 StVG, 823, Abs.1 BGB, § 115 VVG aufgrund des Verkehrsunfalls vom 25.02.2012 auf der Bundesautobahn 38.
Die durchgeführte Beweisaufnahme hat auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. M. R. zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass sich der Verkehrsunfall so ereignet hat, wie vom Widerkläger und Beklagten zu 1.) geschildert und damit nicht so wie von dem Kläger geschildert. Auszugehen war mithin davon, dass sich die Kollision ereignete, als der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) mit seinem PKW Skoda Süperb als er sich unmittelbar vor der Höhe des Fahrzeugs des Widerklägers und Beklagten zu 1.) befand, von der rechten Spur der Autobahn auf die linke Spur herüberzuziehen begann und dabei mit der linken Seite seines Kraftfahrzeugs die vordere rechte Ecke des Fahrzeugs des Widerklägers und Beklagten zu 1.) streifte. Dieser Unfallhergang erscheint allein nach dem Sachverständigengutachten möglich, während der von dem Kläger und Widerbeklagten zu 2.) geschilderte Unfallhergang nach dem Gutachten ausgeschlossen ist. Dies leitet der Sachverständige nachvollziehbar und plausibel aus den Unfallspuren an den beiden Kraftfahrzeugen ab. Der Schadensumfang an der linken Seite des klägerischen PKW, insbesondere die Kontaktspuren an der Fondtür und am Kniestück des klägerischen PKW, sei nicht zu erklären, wenn die Fahrzeugslängsachse des klägerischen gegenüber der Fahrzeuglängsachse des Beklagtenfahrzeugs nach rechts verdreht gewesen sei (was nach seiner Unfallschilderung bei dem Unfall während des Zurückwechselns auf die rechte Fahrspur aber anzunehmen gewesen wäre). Zudem sei auch eine Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers von 200 km/h auf Basis der Radkontaktspuren nicht nachweisbar. Dagegen sei die Unfallschilderung des Beklagten zu 1.) und Widerklägers ohne weiteres mit den vorgefundenen Unfallspuren an den Kraftfahrzeugen in Übereinstimmung zu bringen. Dabei sei von einer Annäherungsgeschwindigkeit des Widerklägers und Beklagten zu 1.) von ca. 150 km/h auszugehen, was die Differenzgeschwindigkeit bei der Kollision von 10-20 km/h erkläre, wenn der Kläger und Widerbeklagte zu 2.), wie von ihm behauptet ca. 120 km/h gefahren sei und das Fahrzeug des Widerklägers und Beklagten zu 1.) geringfügig abgebremst in die Kollision gefahren sei.
Das Gericht hat die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. R. nachvollzogen und für in sich widerspruchsfrei und plausibel befunden. Durchgreifende Einwendungen gegen das Gutachten sind nicht erhoben worden. Soweit der Kläger eingewandt hat, das Sachverständigengutachten enthalte einen Widerspruch hinsichtlich der Angabe des Widerbeklägten in der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2012, wonach er ca. 150 km/h schnell gewesen sei, als es zu der Kollision gekommen sei, ist dies gerade die vom Sachverständigen zugrunde gelegte Geschwindigkeit von 150 km/h, die er bei einer unterstellen Geschwindigkeit des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) von 120 km/h, für das Fahrzeug des Widerklägers und Beklagten zu 1.) angenommen hatte. Soweit der Kläger ausgeführt hat, die Anstoßstelle hätte sich bei einem Unfall wie von dem Sachverständigen als plausibel und möglich angenommen am klägerischen Fahrzeug vorne lins befinden müsse , ist dies nur bei der weiteren Annahme zutreffend, wonach das herüberziehen des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) zu einem Zeitpunkt stattgefunden hätte, als sich das Fahrzeug des Widerklägers und Beklagten zu 1.) noch hinter dem des Klägers befand. Diese Betrachtungsweise lässt jedoch die weitere -etwas schnellere-Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs des Widerklägers und Beklagten zu 1.) parallel zu dem des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) unmittelbar vor der Kollision außer Betracht.
Bei dem danach anzunehmenden Unfallgeschehen trifft den Widerkläger und Beklagten zu 1) und die Beklagte zu 2.) keine Mithaftung gem. den §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG. Der Grad des Verschuldens und der Verursachung durch den Kläger und Widerbeklagten zu 2.) beträgt 100 %. Die auf Seiten des Widerklägers und Beklagten zu 1.) allein zu berücksichtigende Betriebsgefahr seines Fahrzeugs trat hinter dem weit überwiegenden verschulden des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) völlig zurück. Der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) hat mit dem versuchten Spurwechsel zum Überholen auf der Autobahn obwohl sich bei den auf der Autobahn gefahrenen schnellen Geschwindigkeiten unmittelbar hinter ihm auf der Überholspur ein anderes Kraftfahrzeug mit noch höherer Geschwindigkeit nahte, in besonders hohem Maße gegen die Regeln des Überholens gem. § 5 Abs. 2, Abs. 4 StVO verstoßen. Bei einem Überholvorgang ist eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen. Offenbar hat der Kläger und Widerbeklagte zu 2.) sich nicht vom Freisein der Überholspur versichert, da er anderenfalls das Fahrzeug des Widerklägers und Beklagten zu 1.) hätte sehen können und müssen und von der Absicht des Überholens hätte Abstand nehmen müssen. Die Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ist bei den hohen, auf der Autobahn gefahrenen Geschwindigkeiten besonders groß.
Dagegen ist dem Widerkläger und Beklagten zu 1.) kein Verschuldensvorwurf zu machen. Insbesondere war nicht davon auszugehen, dass der Widerkläger und beklagte zu 1.) mit der gefahrenen Geschwindigkeit von 150 km/h gegen eine angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung verstoßen. Dass auf dem Autobahnabschnitt, in dem sich der Unfall ereignete, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h angeordnet gewesen sei, hat der Kläger obwohl die vom Widerkläger gefahrene Geschwindigkeit von Anfang an in dem Verfahren eine wichtige Rolle spielte und auch mit in dem Sachverständigengutachten abgefragt worden ist, mithin grob fahrlässig erstmals mit einem Schriftsatz vom 03.09.2013. Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) hat die Geschwindigkeitsbegrenzung bestritten, so dass der vom Kläger verspätet angebotene Beweis hätte eingeholt werden müssen. Dies hätte zu einer Verfahrensverzögerung in dem zu diesem Zeitpunkt ansonsten entscheidungsreifen Verfahrens geführt, so dass diese Vorbringen gem. den §§ 282, 296 Abs.2 ZPO als verspätet zurückzuweisen war.
Hinter dem damit weit überwiegenden Verschulden des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) trat somit ein allein möglicher Mithaftungsanteil des Widerklägers und Beklagten zu 1.) völlig zurück.
2.
Der Widerkläger hat einen Anspruch in Höhe von 2.257,88 € aus den §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs.1 BGB, § 115 VVG aufgrund des Verkehrsunfalls vom 25.02.2012 auf der Bundesautobahn 38 gegen die Widerbeklagten als Gesamtschuldner.
Auszugehen war – wie zur Klage ausgeführt – von einem Unfallhergang, wie vom Widerkläger und Beklagten zu 1.) geschildert und einer vollen Haftung des Klägers und Widerbeklagten zu 2.) und der Widerbeklagten zu 1.).
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) war aufgrund der gewillkürten Prozessstandschaft für die Santander Consumer Bank aktivlegitimiert. Die Aktivlegitimation des Widerklägers und Beklagten zu 1.) ist auch nicht durch die Abtretung im Rahmen der Kostenübernahme der L. G. fraglich, denn diese hat jedenfalls die Schadenersatzansprüche zurück abgetreten. Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) hat auch hinsichtlich der Sicherungsabtretung an das Sachverständigenbüro A. ausgeräumt, indem er auf die Abrechnung der Widerbeklagten zu 1.) vom 10.05.2012 Bezug genommen hat. Die Abtretung an das Sachverständigenbüro A. enthielt im Übrigen mit der ausdrücklichen Freigabe der Schadensregulierung an den Zedenten zudem auch eine Einwilligung in eine gewillkürte Prozessstandschaft. Hinsichtlich des gesetzliche Forderungsübergangs an die Rechtsschutzversicherung gem. § 86 VVG hat der Widerkläger eine Rückabtretung im Ergebnis an ihn vorgelegt.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) einen Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens in Höhe von 2.257,88 €. Grundsätzlich steht dem Widerkläger Schadenersatz in voller Höhe seines ersatzfähigen Schadens und nicht nur in Höhe der von der Widerbeklagten zu 1.) angesetzten Haftungsquote von 50 % zu, wie oben ausgeführt.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) kann Ersatz eines offenen Differenzbetrages von 1.840,- € hinsichtlich der fiktiven Reparaturkosten ausgewiesen durch den Reparaturkostenanschlag im Gutachten des Sachverständigenbüro A. vom 14.03.2012 verlangen. Von den in dem Gutachten des Sachverständigen- und Ingenieurbüros A. angesetzten Kosten sind nicht Verbringekosten von 112,10 € abzusetzen. Im Rahmen einer fiktiven Abrechnung kann hinsichtlich der Ersatzfähigkeit einzelner Positionen gerade nicht darauf abgestellt werden, ob diese Kosten tatsächlich angefallen sind.
Hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze muss sich der Widerkläger und Beklagte zu 1.) keinen Abzug unter Verweis auf seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB in Höhe von brutto 348,41 € anrechnen lassen. Grundsätzlich darf der Geschädigte seiner fiktiven Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs.2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss er darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (vgl.: BGH VI ZR 53/09, zitiert nach juris). Dazu hat die Widerbeklagte zu 1.) nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Es fehlt jeder Vortrag dazu, dass die von ihr bezeichnete Fachwerkstatt F. in Gernrode für den Kläger „mühelos und ohne weiteres zugänglich“ ist. Zudem ist der Vortrag der Widerbeklagten zu 1.) zu dem einer markengebundenen Fachwerkstatt gleichwertigen Qualitätsstandard nicht ausreichend. Dass eine Werkstatt über einen kostenlosen Bringe- und Abholdienst verfügt, besagt nichts über die Qualität der hier ausgeführten Reparaturen. Auch dass es sich um einen Meisterbetrieb handelt, ist bereits durch die Anforderung einer „Fachwerkstatt“ umfasst. Schließlich garantiert auch die Verwendung von Originalteilen allein keine qualitativ hochwertige Reparatur. Welche Aussagekraft die sog. „Eurogarant-Garantie“ Eigenschaft der benannten Werksatt hinsichtlich der Qualität dort vorgenommenen Reparaturen im Vergleich zu denen einer markengebundenen Fachwerkstat zukommt, ist offen gelassen.
Der Widerkläger hat auch einen Anspruch auf Ersatz des konkret geltend gemachten Schadens durch die Vermessung der Vorderachse seines Kraftfahrzeugs in Höhe von 179,27 €. Dieser konkret angefallene Schaden ist durch die vorgelegte Rechnung hinreichend belegt.
Hinsichtlich der Schadenspositionen der Gutachtenkosten und der allgemeinen Schadenspauschale hat der Widerkläger jeweils aufgrund einer vollen Haftung der Widerbeklagten noch die hälftigen, nicht ausgeglichenen Ansprüche von 225,– € bzw. 12,50 €.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) hat einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB. Die Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung sind Teil des entstandenen Schadens und daher von den Klägern zu ersetzen. Diese Kosten ergeben sich aufgrund zutreffender Berechnung des Widerklägers und Beklagten zu 1.) aus einem Gegenstandswert von € 3.949,52, nämlich dem Gesamtschaden der Beklagten nach fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten. Die Höhe der Kosten ergibt sich Form einer 1,3 Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13, 14 RVG i. V. m. Nr. 2300 W RVG in Höhe von 318,50 € zzgl. der Pauschale Nr. 7002 W RVG in Höhe von 20,00 €, zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 19 % daraus, mithin insgesamt ein Gesamtbetrag in Höhe von 402,82 €. Hierauf haben die Kläger bereist einen Betrag in Höhe von € 229,55 bezahlt, so dass dem Widerkläger und Beklagten zu 1.) eine Restforderung in Höhe von €173,27 verbleibt.
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288, 286 BGB.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) hat einen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht des Klägers auf Ersatz weiterer materieller Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 25.02.2012 aus §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1,18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
Es besteht ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO. Denn der Widerkläger und Beklagte zu 1) hat das beim Unfall beschädigte Fahrzeug unstreitig noch nicht reparieren lassen. Sofern der Widerkläger und Beklagte zu 1) den Reparaturauftrag erteilt und die Reparatur ausführen lässt, wird zusätzlich jedenfalls die Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten erhoben. Diese ist indes noch nicht von den Klägern zu ersetzen beansprucht worden, da die Beklagten bislang lediglich den fiktiven Schaden unter Außerachtlassung der darauf entfallenden Umsatzsteuer geltend gemacht haben. Der Widerkläger und Beklagte zu 1) kann nach wie vor die Entscheidung treffen, das Fahrzeug reparieren zu lassen.
Der Widerkläger und Beklagte zu 1.) hat auch einen Feststellungsanspruch. Denn die Widerbeklagten sind ihm zum Ersatz aller aus dem Unfall entstehenden Schäden verpflichtet. Unter den gemäß § 249 BGB zu ersetzenden Schaden fällt unter anderem auch die Umsatzsteuer auf Reparaturrechnungen, wenn diese tatsächlich ausgeführt und berechnet werden. Diese Umsatzsteuer ist indes bislang noch nicht angefallen und auch von den Beklagten noch nicht eingefordert worden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 100 Abs. 3, Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zu der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen aus den §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung fußt auf den §§ 63 Abs. 2, 48, 39 GKG, 3 ZPO.
Ich will ja nicht immer nur meckern und finde die Verweisungsargumente für Halle Richtungsweisend und gut erklärt, leider interessiert das die Versicherer nicht. Aber bei Wissenstand der 120 km/h (auch bei vespäteten Vorbringen -schlechter Anwalt) hätte es eine Quote geben müssen, oder?