Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolend veröffentlichen wir für Euch hier ein Urteil des Amtsgerichts Schwedt/Oder zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den Versicherungsnehmer der LVM Versicherung sowie zu den Gerichtskostenzinsen. Bezüglich der restlichen Sachverständigenkosten war das erkennende Gericht – zu Recht – nicht dem Vortrag der Beklagtenseite gefolgt, die vorgetragen hatte, dass der Differenzbetrag nicht der Ortsüblichkeit und Angemessenheit entspräche. Der VHV kann nur noch einmal gesagt werden, dass es im Schadensersatzprozess nicht auf die (werkvertragliche) Angemessenheit und Üblichkeit ankommt. Insoweit war der Vortrag der Beklagtenseite unerheblich. Zu Recht hat das erkennende Gericht auch dem Feststellungsantrag stattgegeben. Dadurch, dass die Beklagtenseite mit der vollständigen Schadensersatzleistung sich in Verzug befand, wodurch die Klageerhebung erforderlich wurde, sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges auch die Gerichtskostenzinsen über den Zeitraum des § 104 ZPO hinaus zu erstatten. Lest das Urteil des AG Schwedt und gebt anschließend bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Az.: 14 C 186/14
Amtsgericht Schwedt/Oder
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
gegen
LVM Versicherung
– Beklagter –
hat das Amtsgericht Schwedt/Oder durch den Richter am Amtsgericht … am 02.04.2015 im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.10.2014 zu zahlen, sowie ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 46,41 € freizustellen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die vom Kläger verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Berufung wird nicht zugelassen.
I. Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313 a ZPO abgesehen.
II. Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet.
1.
Der Kläger hat Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 57,12 € aus den §§ 398 BGB, 7, 18StVG, 823, 249 BGB.
Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Beklagte als Unfallverursacher für die aus dem Verkehrsunfallereignis vom … entstandenen Schäden dem Grunde nach gegenüber der Unfallgeschädigten … gesamtschuldnerisch mit seiner Haftpflichtversicherung, der LVM Versicherung, haftet.
Dahinstehen kann, ob sich die Aktivlegitimation des Klägers auf die Sicherungsabtretung vom 13.09.2014 (Anlage K 1) stützen lässt, mithin diese Abtretung originär wirksam ist. Denn jedenfalls hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten den Umstand des Übergangs der zu ihren Lasten bestehenden Eintrittspflicht auf den Kläger als neuen Gläubiger ausweislich ihres Schreibens vom 30.09.2014 (Anlage K 4) dem Grunde nach anerkannt (§ 781 BGB).
Dieses Anerkenntnis bindet vorliegend auch den Beklagten als Versicherungsnehmer, denn die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten ist dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt; darin liegt ein beide Rechtsverhältnisse umfassendes, den Versicherer wie den Versicherungsnehmer verpflichtendes deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten (BGH NJW-RR 2009, 382).
Die Forderung des Klägers als neuem Forderungsinhaber gegenüber dem Beklagten ist auch der Höhe nach gerechtfertigt (57,12 €).
Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass die Sachverständigenrechnung des Klägers vom 13.09.2014 (Anlage K 3) für die Begutachtung der bei der … eingetretenen Unfallschäden, die sich auf insgesamt 592,62 € belief, in Höhe von 57,12 €, dem Hauptsache-Klagebetrag, unbezahlt blieb.
Soweit der Beklagte rügt, bezüglich dieses Differenzbetrages fehle es an einem substantiierten Vortrag des Klägers zur Ortsüblichkeit und Angemessenheit der seinerseits in Rechnung gestellten Summe, weil er – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – Pauschbeträge für Kilometergelder und Fotoherstellung zugrunde gelegt hat, entbindet dies den Beklagten nicht von seiner Zahlungspflicht.
Maßgeblich für die Frage der Höhe des der Geschädigten entstandenen Schadens, den nunmehr der Kläger ersetzt verlangen kann, ist eine subjektive Schadensbetrachtung des Geschädigten (BGHZ 115, 364, 369). Entscheidend ist, welche individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten ihm vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen durften (BGH NJW, 2005, 51; BGH NJW 1999, 302). Bei der vorzunehmenden Auswahl bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, dem ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht etwa Markforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH MDR 2014, 401 ff.). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe daher regelmäßig – wie auch vorliegend – durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet hierbei bei der Seitens des Gerichts vorzunehmenden Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Sofern nicht für den Geschädigten deutlich erkennbar ist, dass die sachverständigenseits zugrundegelegten Preise erheblich über den üblichen Preisen liegen, besteht kein Anlass bezüglich der Erforderlichkeit des Betrages von der Rechnungshöhe bei der gerichtlichen Schadensschätzung abzuweichen (BGH, a.a.O., Randnummer 8). So liegt der Fall hier. Der Beklagte rügt eine Überhöhung der Rechnung von weniger als 10 % des Gesamtrechnungsbetrages. Diese behauptete Zuvielforderung musste sich – selbst bei Unterstellung der Richtigkeit des der beklagtenseitigen Ausführungen – der Geschädigten nicht aufdrängen. Das Gericht legt daher für seine Schadensschätzung die Rechnung des Klägers vom 13.09.2014 zugrunde, deren Teilbetrag von 57,12 € der Kläger zur Zahlung noch verlangen kann.
2.
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Der Freistellungsanspruch bezüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten findet seine Grundlage in den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, da die Haftpflichtversicherung – mit Wirkung auch für den Beklagten (siehe oben) – die weitergehende Zahlung mit Schreiben vom 06.10.2014 (Anlage K 6) ernsthaft und endgültig verweigert hat und der Beklagte somit zum Zeitpunkt des anwaltlichen Tätigwerdens vom 10.10.2014 (Anlage K 7) bereits in Zahlungsverzug war. Allerdings kann der Kläger Freistellung nur in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert bis 300,00 € (= 32,50 €) zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale (6,50 €) zuzüglich Umsatzsteuer (7,41 €) insgesamt 46,41 €, verlangen.
3.
Der Feststellungsanspruch des Klägers findet seine Grundlage gleichfalls in den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich dadurch, dass zur Zeit der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses die Dauer des Verfahrens nicht absehbar war und eine Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses erst nach Eingang des Kostenfeststellungsantrages bei Gericht möglich ist.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Soweit eine Zuvielforderung bei den Nebenforderungen vorliegt, ist dies nicht streitwertrelevant.
5.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
6.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung folgt aus § 511 Abs. 4 ZPO. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Streitwert: 57,12 €
Und schon wieder ein Gericht, das feststellt, dass die Gerichtskosten ab Eingang zu verzinsen sind. Richtig so.