AG Diez verurteilt mit hervorragend begründetem Urteil vom 1.7.2015 – 13 C 113/15 – den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung des restlichen Schadensersatzes, nachdem die HUK-COBURG dazu nicht in der Lage war.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nach dem „Schrotturteil“ des Amtsrichters H. des AG Saarbrücken veröffentlichen wir hier für Euch das positive Urteil aus Diez zu den Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Zu Recht hat das erkennende Gericht die letzten Entscheidungen des BGH vom 11.2. und 22.7.2014 – VI ZR 225/13 – und – VI ZR 357/13 –  berücksichtigt. In beiden Entscheidungen hat der VI. Zivilsenat des BGH auf die subjektbezogene Sichtweise des Geschädigten abgestellt. Für den Geschädigten muss die behauptete  Überhöhung „deutlich erkennbar erheblich“ ( VI ZR 225/13 Rn. 8) bzw. „erkennbar überhöht“ ( VI ZR 357/13) sein. Und das wird im Regelfall nie der Fall sein. Der Geschädigte kennt in der Regel die branchenüblichen Preise nicht. Er hat auch keine Erkundigungspflicht. Ebensowenig hat er eine Vergleichspflicht. Dementsprechend kann er von der Erforderlichkeit der berecheten Kosten ausgehen, zumal der BGH eine Darlegungs- und Beweiserleichterung ihm eingeräumt hat, indem er der vorgelegten Rechnung eine Indizwirkung zuspricht. In diesem Fall hat das erkennende Gericht die Urteile des BGH ordentlich umgesetzt. Eine prima Entscheidung des AG Diez, wie wir meinen. Was denkt Ihr? Lest selbst die Entscheidung und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
13 C 113/15

Amtsgericht
Diez

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagter –

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Diez durch den Richter am Amtsgericht M. aufgrund der bis zum 17.06.2015 eingereichten Schriftsätze ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.       Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2015 zu zahlen.

2.       Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.       Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.       Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

(Das Urteil bedarf gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO keines Tatbestandes)

Die Klage ist begründet.

Zu Recht nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung des geforderten Betrages von 157,09 € in Anspruch.

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz – in der Form von Gutachterkosten – aus einem Verkehrsunfall vom 30.01.2015 in Nassau, der unstrittig von dem Beklagten mit einem zum Unfallzeitpunkt bei der HUK-Coburg haftpflichtversicherten Fahrzeug alleine schuldhaft verursacht wurde.

Für ein von dem Kläger in Auftrag gegebenes Schadensgutachten wurden ihm gemäß Rechnung des Sachverständigen vom 03.02.2015 587,09 € (entgegen der Klageerwiderung nicht: 929,37 €) berechnet, worauf bisher von der HUK-Coburg lediglich 430,00 € erstattet wurden.

Gegen seine Verpflichtung, auch das offene Sachverständigenhonorar von 157,09 € als Schaden gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen, kann der Beklagte nicht, wie mit seiner Klageerwiderung geschehen, in beachtlicher Weise einwenden, dass Gutachterkosten in dieser Höhe nicht üblich, angemessen oder erforderlich, sondern (deutlich) überhöht und überteuert gewesen seien. Dies sollte zumindest der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung aufgrund zahlreicher Verfahren, die diesbezüglich alleine vor dem erkennenden Gericht bereits anhängig waren, inzwischen hinlänglich bekannt sein. Insbesondere hatte das Gericht in dem hiesigen Verfahren 8 C 157/11 in seinem Urteil vom 01.12.2011 – zur Klärung der sich dort wie hier stellenden Rechtsfragen für den hiesigen Gerichtsbezirk – die Berufung zugelassen. Das Landgericht Koblenz hat in seinem Berufungsurteil vom 09.05.2012 (12 S 267/11) im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geschädigte mit dem Sachverständigen zwar nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren kann. Solange jedoch für den Geschädigten (als Laien) nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann der Geschädigte – der grundsätzlich nicht zu einer Markterforschung nach einem für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen bzw. zu einer (ihm ohne vorherige Begutachtung des unfallbeschädigten Fahrzeuges ohnehin kaum möglichen) Preisvergleichung verpflichtet ist und auf dessen Rücken der Streit über die Höhe von Sachverständigenkosten daher grundsätzlich nicht ausgetragen werden darf – vom Schädiger den vollen Ausgleich des Sachverständigenhonorars verlangen. Dass vorliegend den Kläger ein sog. Auswahlverschulden im vorgenannten Sinne zur Last falle, vermag der Beklagte alleine mit der Behauptung, dass die von ihm angenommene Unverhältnismäßigkeit der Vergütung „dem Laien … auch ohne weiteres nachvollziehbar“ sei, von vornherein nicht mit Erfolg geltend zu machen.

Die vorgenannte Rechtsprechung hat inzwischen auch zusätzliche Bestätigung durch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, u.a. veröffentlicht in NJW 2014, 1947) erfahren, der u.a. entschieden hat, dass Einwendungen, wie sie auch im vorliegenden Verfahren erhoben wurden, nur dann beachtlich sein können, wenn schon eine im Rahmen der Beauftragung getroffene Preisvereinbarung und nicht erst die spätere Rechnungsstellung „für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt; nur dann, wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen“.

Auch in seiner beklagtenseits angeführten Entscheidung vom 22.07.2014 (VI ZR 357/13, u.a. veröffentlicht in NJW 2014, 3151) hat der BGH entgegen der Klageerwiderung nicht alleine darauf abgestellt, ob „die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise erheblich über den üblichen Preisen liegen“, sondern zusätzlich darauf, ob dies auch „für den Geschädigten erkennbar“ ist, woran es hier jedenfalls fehlt.

Nach alledem war der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten zu verurteilen – auch dann, wenn, wie mit der Klageerwiderung geltend gemacht, der Kläger sie seinerseits nicht gegenüber dem Sachverständigen beglichen haben sollte; ein dann zunächst nur berechtigter Freistellungsanspruch hat sich dadurch, dass der Beklagte den vorliegend geltend gemachten vorliegenden Schadensersatz verweigert, in einen Zahlungsanspruch umgewandelt (vgl. BGH, NJW 2004, 1868).

Aus dem Gesichtspunkt des Verzuges schuldet der Beklagte infolge Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung auf den 24.02.2015 auch die geforderten Zinsen in gesetzlicher Höhe (§§ 286, 288 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Es bedarf keiner weitergehenden Begründung, dass eine – nochmalige – Zulassung der Berufung nicht angezeigt war; die Voraussetzungen gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO sind nicht (mehr) erfüllt.

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  1. Iven Hanske sagt:

    Alles richtig, aber warum muss normale juristisch korrekte Arbeit belobigt werden? Weil es leider auch abnormale unkorrekte juristische Entscheidungen gibt, oder? Eine Welt ohne Verbrecher ist wüschenswert aber eine korrekte Umsetzung des BGB ist Pflicht, wenn da nicht die Verbrecher wären…..

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