LG Stuttgart kürzt mit Berufungsurteil vom 29.7.2015 – 13 S 58/14 – die Sachverstänigenkostenrechnung um die Kosten der Restwertbörse (NJW-RR 2016, 102).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

auch heute am Sonnabend will ich für Euch hier ein aktuelles Berufungsurteil aus Stuttgart zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) bekannt geben. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung ist uns zwar nicht genau bekannt. Da aber die Rechtsanwälre BLD hier für die Versicherung tätig waren, handelte es sich möglicherweise um die Allianz Versicherungs AG, aber das wissen wir nicht genau und wollen es daher auch nicht behaupten. Das Landgericht Stuttgart sieht hier im Rechtsstreit – im Gegensatz zu 13 S 54/14, das wir am 07.10.2014 in diesem Blog hier veröffentlicht hatten – nun plötzlich die Indizwirkung erst bei bezahlter Rechnung und holt auf dieser Grundlage dann ein Sachverständigengutachten zur Angemessenheit der Sachverständigenkosten ein. Das geht eigentlich gar nicht. Denn der bezahlten Rechnung steht die Zahlungsverpflichtung aus der gestellten Rechnung gleich. Die Saat, die der VI. Zivilsenat des BGH unter Mitwirkung des Senatsrichters Wellner ausgesät hat, trägt offensichtlich Früchte, obwohl die Ansicht falsch ist, denn es kann auf die Bezahlung nicht ankommen. Bezahlt das Unfallopfer die Rechnung eine Sekunde vorher, ist es nach Ansicht des BGH schützenswert, da die Indizwirkung für das Opfer spricht; zahlt es eine Sekunde später, entfällt die Indizwirkung und es ist nicht schützenswert. Das kann im Ergebnis nicht richtig sein, dass eine unterschiedliche Bewertung nur an zwei Sekunden hängen soll. Die abschließende Bewertung des Sachverständigengutachtens passt eigentlich. Trotzdem werden dann noch „freihändig“ anteilige Fahrtkosten und die Kosten für die Restwertbörse in Abzug gebracht. Das ist zwar grundsätzlich falsch, weil es sich um Eingriffe in die Einzelpositionen der Rechnung handelt. Im Rahmen der Schadensschätzung kommt es nur auf den Gesamtbetrag an, weil die Schadensschätzung nach § 287 ZPO eine Schadenshöhenschätzung ist. Trotzdem empfinde ich den Abzug der Kosten für die Restwertbörse nebst anteiligen Verfahrenskosten in diesem Fall als richtige „Strafe“ für Kfz-Sachverständige, die die Fahrzeuge der Geschädigten – entgegen der BGH-Rechtsprechung, wonach die Restwertbörse ein Sondermarkt ist, der dem Geschädigten nicht zugänglich ist, und der Geschädigte daher auf diesen Sondermarkt nicht verwiesen werden darf – in die Restwertbörse einstellen. Lest aber selbst das Berufungsurteil des LG Stuttgart und gebt anschließend bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch einen schönen Samstagabend
Willi Wacker

Geschäftsnummer:                                                                      Verkündet am
13 S 58/14                                                                                   29. Juli 2015
6 C 176/14
Amtsgericht
Schorndorf

Landgericht Stuttgart
13 Zivilkammer

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

….

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 03.04.2014, AZ. 6 C 176/14, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 172,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.03.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.03.2014 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz tragen die Klägerin 22 % und die Beklagte 78 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in II. Instanz trägt die Klägerin.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 223,25 Euro

Gründe

I.

Die Klägerin, welche Dienstleistungen im Bereich der Forderungs- und Honorarabrechnung anbietet, begehrt aus abgetretenem Recht die Erstattung restlicher Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfall, der sich am 14.11.2013 in Schorndorf ereignet hat. Die Beklagte haftet als Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers unstreitig zu 100 % für die durch den Verkehrsunfall entstandenen Schäden. Der Unfallgeschädigte hat zur Feststellung der Höhe der ihm entstandenen Reparaturkosten und der zu zahlenden Nutzungsentschädigung ein KfZ-Sachverständigenbüro mit der Erstellung eines Haftpflichtschadensgutachtens beauftragt. Das Schadensgutachten vom 15.11.2013 wies voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 6.254,17 Euro netto und einen Wiederbeschaffungswert von 7.000,00 Euro aus. Für die Erstellung des Gutachtens berechnete das beauftragte KfZ-Sachverständigenbüro 956,10 Euro netto, die sich aus 678,00 Euro netto Grundhonorar sowie Nebenkosten in Höhe von 278 Euro (Kosten für Telefon, Porto etc. in Höhe von 17,00 Euro, das Einstellen des Fahrzeugs in eine Restwertbörse für 17,50 Euro, Kosten für die Fotos in Höhe von 50,60 Euro (22 Fotos zu zu je 2,30 Euro), Fahrtkosten über 50 km in Höhe von 50,00 Euro, Schreibgebühren in Höhe von 66 Euro (22 Seiten zu je 3,00 Euro), Schreibgebühren für die Kopien in Höhe von 44,00 Euro (22 x 2,00 Euro) und Fotokosten für den zweiten Kopiensatz in Höhe von 33 Euro (22 x 1,50 Euro)) zusammensetzen. Der Bruttobetrag der Rechnung beträgt 1.137,76 Euro. Der Geschädigte hat seine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des beauftragten Sachverständigen am 15.11.2013 an das Sachverständigenbüro abgetreten, welches die Ansprüche spätestens am 09.09.2014 wiederum an die Klägerin abgetreten hat.

Die Beklagte hat vorprozessual einen Teilbetrag in Höhe von 914,51 Euro bezahlt und verweigert die Bezahlung des Restbetrags. Sie ist der Ansicht, das geltend gemachte Sachverständigenhonorar sei überhöht und sie sei zum Ersatz des Restbetrages nicht verpflichtet.

Das Amtsgericht hat der Klage im Wege des angefochtenen Urteils in Höhe von 144,13 Euro stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die im Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 03.04.2014 getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die Klägerin hat gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung, die Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Beide Parteien und verfolgen ihr Anliegen in der zweiten Instanz unverändert weiter. Von der Darstellung des Berufungsvorbringens wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542, 544 ZPO i.V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Nachdem in I. Instanz die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten hatte, hat die Klägerin in II. Instanz mit Schriftsatz vom 09.09.2014 eine schriftliche Abtretungserklärung zwischen dem Sachverständigenbüro und der Klägerin (Anlage K 5, Bl. 185 d.A.) vorgelegt. Die Kammer hat zur Frage des Umfangs der Sachverständigenkosten ein Sachverständigengutachten (Bl. 209ff. d.A.) eingeholt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch lediglich in geringem Umfang Erfolg. Die Klägerin hat lediglich im tenorierten Umfang einen weitergehenden Anspruch auf Sachverständigenkosten in der geltend gemachten Höhe aus abgetretenem Recht gem. §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 115 Abs. 1 PflVG, 249 BGB i.V.m. 398 BGB.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, so dass sie gegen die Beklagte den Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 18 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflVG, 249, 398 BGB geltend machen kann. Die Beklagte hat zwar in I. Instanz und in der Erwiderung auf die Berufung der Klägerin deren Aktivlegitimation bestritten. In I. Instanz wurde als Anlage K 7 (Bl. 33) lediglich die Abtretungserklärung des Geschädigten an den Sachverständigen vorgelegt. Nachdem in II. Instanz die Abtretungserklärung des Sachverständigen an die Klägerin vom 09.09.2014 (K 5, Bl. 185) vorgelegt wurde, ist die Aktivlegitimation der Klägerin durch die Urkunde nachgewiesen. Beide Abtretungserklärungen sind auch hinreichend bestimmt, so dass zwei wirksame Abtretungen vorliegen.

2. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind grundsätzlich auch die Kosten der Schadensfeststellung Teil des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH, Urteil vom 23.12.2007, Az. VI ZR 67/06, 1450; Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13; Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, er kann jedoch nach § 249 Abs. 2 BGB vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei ist der Geschädigte aber nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Jedoch darf hierbei nicht das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13).

3. Zum Zweck der Erstellung eines Schadensgutachtens, welches regelmäßig von der Haftpflichtversicherung des Schädigers vorausgesetzt wird, darf sich der Geschädigte daher damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren KfZ-Sachverständigen zu beauftragen. Er muss – wie auch das Amtsgericht völlig richtig ausführt – nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH a.a.O. sowie im Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13). Der Bundesgerichtshof hat in Abkehr seiner Rechtsprechung vom Urteil vom 11.02.2014 (Az. VI 225/13) im Urteil vom 22.07.2014 (Az. VI ZR 357/13) darauf hingewiesen, dass der Geschädigte seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast nicht schon allein durch die Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen (so noch im Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13), sondern ausschließlich durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen genügt. Damit bildet (ex post gesehen) ausschließlich der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Diese Auffassung teilt die Kammer uneingeschränkt und hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 16. Juli 2014, Az. 13 S 54/14) nicht mehr fest.

Dieser Beweislast ist die Klägerin nicht uneingeschränkt nachgekommen. Die Rechnung war zwar an den Geschädigten gerichtet; jedoch nicht er, sondern die Beklagte hat unstreitig die Rechnung des Sachverständigen bezahlt. Nachdem gerade die Begleichung der Rechnung jedoch ein wesentliches Indizmoment darstellt, da der Geschädigte damit bestätigt, dass die entsprechende Preisvereinbarung getroffen wurde und die für ihn nicht vorhersehbaren Kosten nicht einfach auf den Schädiger abgewälzt werden sollen, ist die Indizwirkung der Angemessenheit der Kosten damit vorliegend entfallen.

4. Dem Geschädigten steht damit ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten, bestehend aus dem Grundhonorar und den tatsächlich entstandenen Nebenkosten, zu, wenn und soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar ist. Zumindest letzteres war vorliegend nicht der Fall.

a) Ob die Gutachterkosten deutlich überhöht sind, bestimmt sich nach Auffassung der Kammer nicht durch einen Vergleich mit von Sachverständigenverbänden ermittelten Tabellen wie etwa derjenigen der BVSK-Honorarbefragung. Die Kammer teilt insoweit die Einschätzung des Landgerichts Saarbrücken (Urteil vom 29.07.2013, Az. 13 S 41/13), welche auch vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde (Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13). Dass insbesondere die BVSK-Nebenkostentabelle nicht zur Feststellung der im Rahmen des § 249 BGB erforderlichen Nebenkosten geeignet ist, wird auch dadurch bestätigt, dass hierin nicht allein auf die tatsächlich entstandenen Aufwendungen abgestellt wird, sondern in den Nebenkosten in der Regel Gewinnanteile enthalten sind, die „bei anderer Betrachtung dem Grundhonorar zuzurechnen wären, das dann entsprechend höher anzusetzen wäre“ (BVSK-Honorarbefragung 2013 Nr. 8).

b) Die Kammer hat deswegen zur Beurteilung der Frage, ob die vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Preise erheblich über den üblichen Preisen liegen, ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat für die Kammer aufgrund der gewählten Vorgehensweise, einer Umfrage bei 35 Sachverständigenbüros in der näheren Umgebung, gut nachvollziehbar ausgeführt, dass der gewählte Abrechnungsmodus, das Geltendmachen des Grundhonorars in Abhängigkeit von der ermittelten Schadenshöhe zzgl. Nebenkosten, branchenüblich ist. Zur Begründung dieses Abrechnungsmodus hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Grundhonorare bei geringeren Schadenshöhen teilweise nicht kostendeckend seien, wohingegen diese bei umfangreicheren Schäden einen besseren Kostendeckungsbeitrag leisten könnten. Diese Einschätzung kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen und hält dies auch für überzeugend, nachdem auch der Ansatz der Höhe der Rechtsanwaltsgebühren diesen Grundsätzen folgt. Substantiierte Einwendungen gegen die Vorgehensweise hat auch die Beklagte nicht vorgebracht. Allein ihre Darlegungen, dass eine Abrechnung nach Zeit günstiger wäre, rechtfertigt nicht, diesen branchenüblichen Abrechnungsmodus im Rahmen der schadensrechtlichen Erforderlichkeitsprüfung in Frage zu stellen.

Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Abrechnung der Nebenkosten von der Kostenstruktur des Sachverständigenbüros und dessen Auftragslage abhängt. Die verschiedenen Untergruppierungen der Nebenkosten, die in der konkreten Abrechnungen in Rechnung gestellt werden, werden von nahezu allen Sachverständigen in Rechnung gestellt, so dass auch diese Vorgehensweise, wie auch vom Bundesgerichtshof bestätigt, nicht zu beanstanden ist.

Der Sachverständige hat weiter festgestellt, dass sowohl das in Rechnung gestellte Grundhonorar als auch die Nebenkosten zwar immer im oberen Bereich, jedoch stets noch in der Spannweite der von allen Sachverständigen geltend gemachten Beträge liegen; bei jeder Position verlangen mindestens zwei befragte Sachverständige höhere Gebühren. Im Rahmen der mündlichen Erörterung des Gutachtens hat der Sachverständige jedoch klargestellt, dass die von ihm angewandte, aus Sicht der Kammer nicht zu beanstandende Methode nur über die Gesamtbreite, d.h. bei einem Vergleich der Gesamtkosten und nicht auf die Einzelposition bezogen stimmig ist, da die Einzelpositionen teilweise in das Grundhonorar mit einberechnet werden. Diese Darlegungen, die mit den Erläuterungen zur BVSK-Nebenkostentabelle übereinstimmen, kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen.

Der Sachverständige hat sodann festgestellt, dass die in Rechnung gestellten Nettokosten für das Schadensgutachten in Höhe von 956,10 Euro den Durchschnittswert um ca. 25,2% und den Höchstwert der Umfrage um ca. 6,2% überschreiten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (Bl. 210ff. d.A,) Bezug genommen. Damit wird deutlich, dass die in Rechnung gestellten Kosten für das Schadensgutachten zwar sehr hoch sind und auch am oberen Rand dessen liegen, was in Rechnung gestellt werden darf. Sie liegen jedoch noch nicht in einem Bereich, welcher an die Sittenwidrigkeit grenzt, so dass bereits aus diesem Grunde eine Unangemessenheit zu bejahen wäre.

b) Die Überhöhung der Kosten war für den Geschädigten jedoch nicht erkennbar. Die Kosten für das Gutachten sind zwar hoch; der „durchschnittliche“ mit der Materie des Gebührenrechts für Sachverständige nicht befasste Geschädigte ist jedoch mit den „üblichen“ für die konkrete Schadensfeststellung abrechenbaren Kosten des Sachverständigen nicht vertraut. Die Kosten für das Gutachten sind auch nicht in einem Maß überhöht, als dass ein Laie Anlass gehabt hätte, diese zu überprüfen. Sonstige besondere Umstände, aus welchen die Geschädigte von vorneherein den Schluss hätte ziehen können, dass der Sachverständige im Verhältnis zum konkret entstandenen Unfallschaden ein Honorar verlangt, das die in der Branche üblichen Sätze deutlich übersteigt, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Schließlich hat auch die Beklagte zur Frage der Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung des Honorars nichts vorgetragen.

c) Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter abgerechneten Kosten die “üblichen Kosten“ überschreiten, führt auch weder dazu, dass die geltend gemachten Kosten von vorneherein aus dem Rahmen des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB für die Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrages fallen, noch rechtfertigt sich daraus die Annahme eines Verstoßes des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (BGH a.a.O.).

d) Die Kosten für das Schadensgutachten sind nach Auffassung der Kammer jedoch in zwei Bereichen der Nebenkosten zu kürzen.

aa) Die Kosten für das Einstellen in die Restwertbörse in Höhe von 17,50 Euro können nach Auffassung der Kammer nicht verlangt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Schadenskalkulation über die EDV getätigt werden müssen, zusätzlich zu bezahlen sind und nicht im Grundhonorar enthalten sind, nachdem diese Tätigkeit den wesentlichen Teil der Arbeit des Sachverständigen bei der Erstellung des Gutachtens darstellt. Darüber hinaus gehört die Nutzung des EDV-Programms nebst Lizenzen zu den üblichen Vorhaltekosten eines Sachverständigenbüros, so dass dem Schadensgutachter insoweit bereits keine gesonderten Nebenkosten entstanden sein dürften.

bb) Die Kammer teilt auch die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Fahrtkosten des Schadensgutachters lediglich für einen Bereich bis 25 km, für Hin- und Rückfahrt mithin 50 km zu erstatten sind. Im Großraum Stuttgart ist davon auszugehen, dass im nahen Umkreis von 25 km ein Sachverständiger gefunden werden kann, der in der Lage ist, den Schaden angemessen zu beurteilen. Anlass, einen Sachverständigen mit einem weiteren Anreiseweg zu beauftragten, besteht nicht; anderenfalls muss sich der Geschädigte, wie vorliegend, ein Mitverschulden anrechnen lassen, § 254 Abs. 2 BGB.

cc) Danach sind von in Ansatz gebrachten Kosten für das Einstellen in die Restwertbörse in Höhe von 956,10 Euro 17,50 Euro sowie 25,00 Euro für die überhöhten Fahrtkosten abzuziehen. Daraus ergibt sich ein berechtigter Rechnungsbetrag in Höhe von 913,60 Euro netto bzw. 1.087,18 Euro brutto. Auf diesen hat die Beklagte bereits 914,51 Euro bezahlt, so dass sie noch verpflichtet ist, weitere 172,67 Euro zu bezahlen.

5. Bezüglich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten und Zinsen stehen der Klägerin entsprechende Ansprüche gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB zu.

III.

Aus den unter Ziffer II. genannten Gründen ist die zulässige Anschlussberufung der Beklagten unbegründet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 2 ZPO. Nachdem die Klägerin erst in II. Instanz ihre Aktivlegitimation durch Vorlage der schriftlichen Abtretungserklärung zwischen ihr und dem Schadensgutachter bewiesen hat, hat sie die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass, die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen, besteht nicht. Im vorliegenden Fall wurde mit der Beauftragung des Sachverständigen eine einzelfallbezogene Schadensbetrachtung durchgeführt, welche gerade keine grundsätzliche Bedeutung hat. Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19.12.2014, Az. 13 S 41/13, in welchem die Auffassung vertreten wird, das JVEG könne als Schätzgrundlage für die Schätzung nach § 287 ZPO herangezogen werden, steht dem nicht entgegen, nachdem lediglich ein dem Tatrichter eingeräumtes Ermessen anders ausgeübt wird.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. BORIS sagt:

    Ja,Willi,
    was soll man dazu denn wohl noch sagen, wenn die Berufungskammer ausführt:

    „Die Überhöhung der Kosten war für den Geschädigten jedoch nicht erkennbar. Die Kosten für das Gutachten sind zwar „hoch“; der „durchschnittliche“ mit der „Materie des Gebührenrechts für Sachverständige“ (?) nicht befasste Geschädigte ist jedoch mit den „üblichen“ für die konkrete Schadensfeststellung abrechenbaren Kosten des Sachverständigen nicht vertraut.“

    Die Berufungskammer aber wohl auch nicht, wie man aus den Entscheidungsgründen ersehen kann, denn ansonsten hätte es eines Sachverständigengutachtens nicht bedurft und die damit verbundene Kostenverursachung ist als fahrlässig zu bezeichnen. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten unterstellt die Berufungskammer nicht belastbare „Anknüpfungstatsachen“ und geht damit von IHRER Beurteilung aus, die sie dem Geschädigten als zumutbar gleichermaßen als entscheidungserheblich unterstellt. Schon allein von der Logik her ein absolutes NO GO.

    Der Verstoß gegen § 249 S. 1 BGB und gegen die begrifflichen Merkmale eines jeden Schadenersatzes ist schlichweg skandalös, zumal dem Geschädigten kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht unterstellt wurde, ganz abgesehen davon, das „Fehler“ des Sachverständigen bekanntlich nicht zu Lasten des Geschädigten gehen. Hat sich etwa neben der Berufungskammer des LG Saarbrücken hier ein neuer Nistplatz für die kürzungswütige Assekuranz gefunden, nachdem sie in München vergrault wurde? Man muss es vermuten, wenn man die „Wende“ in den Entscheidungsgründen einmal analysiert.

    BORIS

  2. Iven Hanske sagt:

    Die BLD Anwälte sind auch in Halle bekannt, komisch nur oder brisant für den Unfallverursacher….?! Darf ein Ra. für den Unfallverursacher kostenlos tätig werden? Ist es Helerei wenn die Vers. diesen Ra. bezahlt? Macht der versicherte Unfallverursacher sich strafbar wenn er diese Prostitution unterstützt?

  3. virus sagt:

    Gibt es neben dem Skandal im Gerichtsbezirk München

    Skandal: „Verschwörung“ der Münchner Justiz gegen freie und unabhängige Kfz-Sachverständige – notfalls auch gegen Recht und Gesetz?

    auch einen Skandal im Gerichtsbezirk Stuttgart? Meines Erachtens muss diese Frage – nach dem hier höchst selbst vom Richter dargelegten Sinneswandel – mit einem eindeutigen JA beantwortet werden.

    Mehr u. a. zur „Kölner Rechtsanwaltskanzlei BLD“:

    Quelle: Versicherungsbote vom 21.07.2015

    anlässlich des Spiegel-Beitrages „Versichert und Verraten“ vom 18.07.2015

    Rechtsfindung auf der Seite der Versicherer?

    Der Spiegel berichtet etwa von der Kölner Rechtsanwalts-Kanzlei Bach Langheid Dallmayr (BLD) mit mehr als 120 Anwälten. Die Kanzlei sei mit weiteren Anlaufstellen auch in München, Frankfurt, Berlin und Karlsruhe vertreten und verfüge über ein eigenes „Betrugsaufklärungszentrum“, um „Versicherungskunden kriminelles Verhalten nachzuweisen“, heisst es in dem Bericht. Die Anwaltsfirma publiziere darüber hinaus „in wichtigen Fachzeitschriften“ und schreibe einflussreiche Kommentare zu Gesetzen und Urteilen – mitunter zusammen mit Richtern. So stammt ein „Standardwerk zum Versicherungsvertragsgesetz von einem geschäftsführenden BLD-Partner, einem Oberlandesgerichtspräsidenten und einem früheren Richter am Bundesgerichtshof“. Seit 2008 seinen allein in der Zeitschrift „Versicherungsrecht“ rund 70 Aufsätze und Anmerkungen aus der BLD-Kanzlei eingeflossen, will Der Spiegel gezählt haben.

  4. RA Schepers sagt:

    „Betrugsaufklärungszentrum“? Innerhalb einer Rechtsanwaltskanzlei?

    Wie kommt die Kanzlei denn an die erforderlichen Daten?

  5. Zweite Chefin sagt:

    Woher wohl ? BLD sind danach nur auf dem Papier Rechtsanwälte. Die zuständigen Kammern kümmert’s wohl wenig. Oder läuft das nach dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“ ?

  6. Iven Hanske sagt:

    Zur Restwertbörse hätte vorgetragen werden müssen dass diese Position nicht bei allen Gutachten zu berücksichtigen ist sondern lediglich nur dort wo es nötig ist einen Restwert auch zu ermitteln. Entsprechend sind diese variierenden Kosten auch nur bei entsprechenden Anfall in Rechnung zustellen. Es wäre also ein Fehler diese in den Grundkosten einzukalkulieren für Gutachten die keine Restwertanfrage benötigen. Auch stellt sich die Frage wie der Aufwand zur Restwertermittlung im konkreten Fall stattgefunden hat. Wenn hier nur rechtswidrig die überregionale Internetbörse genutzt wurde, so sind nur die Einstellung Kosten zu berücksichtigen.

    Der BGH hat in 2004, 2006, 2007, 2012 und 2013 klargestellt , dass das Gericht nicht befugt ist und auch nicht in der Lage sein kann einen gerechten Preis zu ermitteln und nicht berechtigt ist Preiskontrolle durchzuführen. Aber das LG Stuttgart widerspricht in der hiesigen Entscheidung klar den Grundsätzen des Bundesgerichtshof und macht Preiskontrolle indem es den angeblich gerechten Preis ermittelt hat, ohne die Sicht des Geschädigten zu berücksichtigen. Warum? Zumal der geschädigte mit einer Restwert Ermittlung regelmäßig keine Erfahrung haben kann!

    Falsch ist zu behaupten dass der BGH seine Entscheidungsgründe in 07,20 15 geändert hat, da in 07.2015 einer andere Abtretungsform (Erfüllungs Statt) als zum BGH in 02.2015 (erfüllungshalber) stattgefunden hat. Entsprechend sind die Aussagen zu einer bezahlten Rechnung der Abtretungsform geschuldet und nicht vom Bundesgerichtshof geändert wurden.

    Die Kürzung der Fahrtkosten ist hingegen berechtigt, denn irgendwo sollten die regionalen Gutachter Ihre Berechtigung finden.

    Dass das Landgericht Stuttgart für diese Entscheidung, welche schon tausendfach in der Bundesrepublik zum gleichen Thema Beachtung findet, einen Sachverständigen Gutachten einholte stellt aus meiner Sicht eine versuchte Rechtsbeugung, über die Kostennote, dar. Weiterhin dient, in Kenntnis des BGH 07.2014, dieses sachverständigen Gutachten einem von der Rechtsprechung geklärten unzulässigen Ausforschungsbeweis .

  7. Karle sagt:

    Die Kosten für die Restwertbörse sind als Schadensersatzposition grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Gemäß BGH hat der SV des Geschädigten nur den Markt zu berücksichtigen, der dem Geschädigten zur Verfügung steht. Eine Restwertbörse steht dem Geschädigten jedoch nicht zur Verfügung. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob der Wert über die Börse regional oder überregional ermittelt wurde. Denn auch regionale Bieter sind oftmals nur über die Börse erreichbar und dem Geschädigten sonst nicht zugänglich.

    Sämtliche Gutachten, bei denen der Restwert über eine Restwertbörse ermittelt wurde, sind fehlerhaft. Deshalb würde ich eine Klage auf Sachverständigenkosten sogar insgesamt zurückweisen, sofern der Restwert über eine Restwertbörse ermittelt wurde. Denn auch der Geschädigte ist nicht verpflichtet, ein fehlerhaftes Gutachten anzunehmen bzw. dieses zu bezahlen. Insbesondere dann nicht, wenn er durch den ermittelten Restwert aus der Börse möglicherweise übervorteilt wurde (z.B. für den Fall, dass er das Fahrzeug behält und der Wert aus der Börse von der Versicherung in Abzug gebracht wurde).

    Darüber hinaus stärkt man mit der Nutzung der Restwertbörse dieses System, das von der Versicherungswirtschaft geschaffen wurde und als Baustein zum rechtswidrigen Schadensmanagement gehört. Faulheit des Sachverständigen zu Lasten der Geschädigten und zu Gunsten der Versicherer sowie Stärkung und wirtschaftliche Unterstützung der Restwertbörsen durch (angeblich) freie und unabhängige Kfz-Sachverständige? Mehr Widersprüchlichkeit geht wohl kaum noch, oder?

    Das gefällt den meisten natürlich nicht, da die Bequemlichkeit in Kfz-Sachverständigenkreisen weit verbreitet ist. Warum aktiv örtliche Bieter befragen, wenn man die Sache mit ein paar Klicks über die Restwertbörse abhandeln kann? Es ist genau so gekommen, wie es die Versicherer geplant hatten – die kennen ihre Pappenheimer nur zu gut. Im Nachgang kommt dann immer die große Empörung, sofern die Kosten für die eigene Faulheit nicht erstattet werden. Dabei kann der „Restwertbörsengutachter“ heilfroh sein, dass er den Löwenanteil der Kosten für sein fehlerhaftes Gutachten bekommen hat.

  8. Hilgerdan sagt:

    @Karle says:
    12. Oktober 2015 at 10:21
    „Dabei kann der „Restwertbörsengutachter“ heilfroh sein, dass er den Löwenanteil der Kosten für sein fehlerhaftes Gutachten bekommen hat.“

    Genau so ist es, dem ist nichts hinzuzufügen.
    Was haben wir nur für Vollpfosten am Markt.

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