AG Leverkusen verurteilt Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung der restlichen, von der HUK-COBURG gekürzten, Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 24.7.2015 – 25 C 184/15 -.

Hallo verehrte Leserinnen und Leser des Captain-Huk-Blogs,

von Köln ist es nicht weit bis Leverkusen. Zum Wochenbeginn bleiben wir also im Rheinland. Wir stellen Euch nachfolgend ein weiteres Sachverständigenkostenurteil gegen die HUK-COBURG vor. Da diese Versicherung die vollen Sachverständigenkosten, wie sie vom Kfz-Sachverständigen in Höhe von 770,41 € berechnet wurden, nicht zahlen bzw. erstatten konnte – außergerichtlich hatte die HUK-COBURG ein Honorar nach dem von ihr selbst gefertigten HUK-Honorartableau in Höhe von   402,– € angeboten – zahlt sie dann nur 201,– €. Wegen des Restbetrages hat der Kläger dann nicht mehr die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung, sondern den Schädiger persönlich in Anspruch genommen. Zum Einen ist das von der HUK-COBURG selbst entworfene Honorartableau im Schadensersatzprozess keine geeignete Bemessungsgrundlage für den vom Schädiger zu erbringenden Schadensersatz nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung sind Schuldner des Schadensersatzanspruchs, nicht Gläubiger. Nur der Gläubiger ist derjenige, der etwas zu fordern hat. Das lernt der junge Jurist bereits im ersten Semester Rechtswissenschaft im Rahmen der Schuldverhältnisse. Aber offenbar wollen die Vorstände der HUK-COBURG diesen Rechtsgrundsatz nicht verstehen. Zu Recht hat daher der Gläubiger den Schuldner, den Unfallverursacher, wegen des von der HUK-COBURG nicht erstatteten Restbetrages gerichtlich in Anspruch genommen. Das Gericht hat mit der Verurteilung desselben entschieden, dass die Kürzung durch die HUK-COBURG rechtswidrig war. Leider gebraucht die erkennende Richterin das Wort „Gebühr“ für die Sachverständigenkosten. Lest aber selbst das Urteil des AG Leverkusen und gebt bitte Eure Kommentare ab.   

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

25 C 184/15

Amtsgericht Leverkusen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

Frau …

Beklagte,

hat das Amtsgericht Leverkusen
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 24.07.2015
durch die Richterin H.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt,

1. an den Kläger einen Betrag von 569,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.05.2011 zu zahlen,

2. an den Kläger weitere 124,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen,

3. an den Kläger weitere 5,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gemäß §§ 313 a Abs. 1 ZPO

Entscheidungsründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars in Höhe von 569,14 € gem. §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu.

Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten aus abgetretenem Recht, die dem Geschädigten durch den Verkehrsunfall infolge der Beauftragung des Klägers entstanden sind.

Der Kläger ist Aktivlegitimiert. Der Abtretungsvertrag vom 16.04.2010 (Bl. 19 d. A.) ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz nichtig. Eine Abtretung ist, wie wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1952 – I ZR 48/52, BGHZ 7,  365, 357). An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (BGH, Urteile vom 18. Februar 1965 – II ZR 166/62, WM 1965,  562). Entstehen aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Aus der Abtretungserklärung geht für einen objektiven Empfänger in der Position der Beklagten eindeutig hervor, dass die Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche in Höhe der Sachverständigenvergütung aus der Rechnung des Klägers vom 10.03.2011 abtritt. Abgetreten wird lediglich der Anspruch der Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenvergütung, nicht jedoch weitere selbstständige Forderungen.

Der Schädiger hat grundsätzlich die Kosten eines von dem Geschädigten zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist. Die Darlegungslast zur Erforderlichkeit der aufgewendeten Gutachterkosten liegt nach den allgemeinen Grundsätzen auf der Seite des Geschädigten, mithin in diesem Fall auf der Seite des Klägers, der hier aus abgetretenem Recht der Geschädigten vorgeht. Die Vorlage der Rechnung des Sachverständigen über das erstellte Gutachten unter Darlegung der Grundkosten und der angefallenen Nebenkosten genügt hier zur Erfüllung dieser Darlegungslast. Die in der Rechnung des Sachverständigen angegebenen Beträge für das Grundhonorar und die Nebenkosten sind als Indiz für die Bestimmung des Betrages heranzuziehen, der für die Schadensbeseitigung im Rahmen der gerichtlichen Schadensschätzung nach § 287 ZPO im Sinne des § 259 BGB als erforderlich anzusetzen ist. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH vom 29. Juni 2004, VI ZR 211/03 – VersR 2004, 1189f). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. AG Essen VersR 2000, VersR 2000, 68f; AG Siegburg ZfS 2003,  237f). Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (BGH VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rn. 20). Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, die sich an der speziellen Situation des Geschädigten, insbesondere an seinen individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten orientiert (BGH VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGHZ 163, 362, 367 f.). In der Regel wird der Geschädigte folglich von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Nur wenn für den Geschädigten als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar ohne jegliche Berechnungsgrundlage festsetzt und das Preis-Leistungsverhältnis in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Verschulden bei der Auswahl zur Last zu legen ist, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich bezahlter Aufwendungen verlangen. Hinsichtlich eines für den Geschädigten erkennbaren Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung handelt es sich aber ersichtlich um einen absoluten Ausnahmefall, der im vorliegenden Verfahren nicht eingreift, da bei einem festgestellten Wiederbeschaffungswert iHv 2.000,00 € ein Sachverständigenhonorar in Höhe von 770,41 € geltend gemacht wurde. Zu einer Pauschalgebühr dürfen auch Nebenkosten hinzukommen, denn Nebenkosten zeichnen sich gerade dadurch aus, dass nicht jeder an der Schadenshöhe bemessene Auftrag denselben Arbeits- und Materialaufwand mit sich bringt. Dieser zusätzliche Aufwand darf gesondert abgerechnet werden. Die für die Nebenkosten angesetzten Preise für Schreibarbeiten, Fotos und Fahrtkosten sind zwar nicht als besonders günstig einzustufen. Insgesamt führt dies allerdings nicht zur Annahme, dass ein Missverhältnis vorliegt. Insbesondere kann dem Anspruch nicht entgegengehalten werde, dass der Kläger als kundiger Sachverständiger auf den ersten Blick hätte erkennen müssen, dass sämtliche Schadensdetails auf Grund des Vorliegens eines offenkundigen Totalschadens unerheblich gewesen sind, da gerade auf die Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten, nicht auf die des Sachverständigen abzustellen ist. Es ist insoweit nicht ersichtlich, wie der Geschädigte dies unter der Prämisse, dass er keine Marktforschung betreiben braucht, bei der Beauftragung des Sachverständigen erkennen soll. Dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhte Grund- und Nebenkosten ansetzen würde, wird im Rechtsstreit nicht vorgetragen. Aufgrund fehlender Erkennbarkeit greifen auch die Einwendungen der Beklagten hinsichtlich einer möglichen Doppelabrechnung der EDV-, Versand- und Schreibkosten nicht durch. Abzüge sind daher nicht gerechtfertigt. Auch nach einer Abtretung der Forderung ist weiterhin auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung durch den Geschädigten abzustellen, da sich durch die Abtretung der Forderung deren Inhalt nicht ändert. Soweit die Beklagte hier eingewendet hat, auf eine subjektbezogene Schadensbetrachtung sei dann nicht abzustellen, wenn der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten mit Auftragserteilung abgetreten werde, kann dahin stehen, ob dieser Fall tatsächlich eine andere Bewertung der Darlegungslast gebietet, denn der Anspruch wurde von dem Geschädigten ausweislich der Abtretungsvereinbarung vom 16.04.2014 erst nach der Fertigstellung des Gutachtens, die am 10.03.2011 erfolgte, abgetreten. Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB und der Höhe nach aus § 288 Abs. 1 BGB.

Der Kläger hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf die Erstattung von Adressermittlungskosten in zuerkannter Höhe aus §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 398 BGB, da es sich hierbei um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handelt. Nach Vortrag der Klägerin konnten die Aufforderungsschreiben des Klägers der Beklagten mangels der Kenntnis der neuen Anschrift nicht zugestellt werde, so dass eine Halterauskunft erforderlich wurde. Der Kläger hat hier den entsprechenden Rückschein der Post vorgelegt, so dass die einfache Behauptung der Beklagten, die Adresse sei dem Kläger bekannt gewesen, kein ausreichendes Bestreiten darstellt.

Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 291 S. 1 und der Höhe nach aus §§ 291 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB aus Verzugsgesichtspunkten. Kosten, die dem Gläubiger in Verfolgung seines Anspruchs nach Verzugseintritt entstanden sind und die er zur Erreichung dieses Zwecks als sachdienlich ansehen durfte, sind erstattungsfähig, und zwar unabhängig davon, ob sich die Maßnahmen später als erfolglos oder unzweckmäßig erweisen. Die Einschaltung eines Anwalts ist dann erforderlich ist, wenn die Rechtslage aus der Sicht des Betroffenen nicht eindeutig in die eine oder andere Richtung einzuordnen ist. Dies ist aufgrund der schwierigen Rechtslage in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten der Höhe nach, gerade auch in Hinblick auf die erfolgte Forderungsabtretung, der Fall. Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB und der Höhe nach aus § 288 Abs. 1 BGB.

Der Kläger hat gegen den Beklagten jedoch keinen Anspruch auf Zahlung von
Mahnkosten iHv 10,00 € aus §§ 280 Abs. 1,2 286 BGB. Mahnkosten fordert der Kläger für die Erstellung des Schreibens vom 09.05.2011. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Schreibens befand sich die Beklagte jedoch noch nicht in Verzug, die Kosten für das verzugsbegründende Schreiben sind jedoch nicht ersatzfähig.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 569,41 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 48 Abs. 1 GKG, 3, 4 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Hermännle sagt:

    Versicherungsvorstand kann man auch werden, wenn man keinen blassen Schimmer hat. Das erklärt vielleicht das gebündelte Defizit an juristischer Kompetenz bei einigen „Führungsgrößen“ diverser Gesellschaften?

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