Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Coburg geht es wieder weiter nach Leipzig. Nachstehend geben wir Euch hier ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung AG bekannt. In diesem Fall ein klarer „Spiel, Satz und Sieg“-Erfolg für das Unfallopfer mit überzeugender Begründung des Gerichts, wie wir meinen. So schnell kann man den Richtertisch frei bekommen, wenn man nur will. Dieses Urteil ist dafür ein gutes Beispiel. In dem zu entscheidenden Rechtsstreit handelte es sich um restliche Sachverständigenkosten aus einer mit dem Geschädigten getroffenen Honorarvereinbarung. Insoweit gilt die von der Allianz aufgrund eines Textbausteins angesprochene Üblichkeit ohnehin nicht. Zu Recht hat das erkennende Gericht auch auf die Grundsatzentscheidung des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (=BGH DS 2014, 90 = NJW 2014, 1947) hingewiesen. Lest selbst das Urteil des AG Leipzig und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 103 C 2160/15
Verkündet am: 03.07.2015
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
Allianz Versicherung-AG, An den Treptowers 3, 12435 Berlin, v.d.d. Vorstand
-Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht D. am 03.07.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 159,00 € zzgl. Zinsen aus einem Betrag von 156,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten ober dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 156,00 € festgelegt.
Tatbestand
Auf die Abfassung eines Tatbestandes wird gem. § 313a ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gem. §§ 7, 17 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 280, 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung der noch offenen 159,00 € gegen die Beklagte.
Die Beklagte ist vollumfänglich einstandspflichtig für einen Unfall vom xx.03.2014 auf der Schomburgkstraße in Leipzig, in dem das im Eigentum des … stehende
Kraftfahrzeug Pkw Ford Focus, amtliches Kennzeichen … , durch den Fahrer eines bei
der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug allein schuldhaft im Straßenverkehr beschädigt wurde. Die vollständige Eintrittspflicht der Beklagten für die auf Seiten des Geschädigten aufgetretenen Schaden ist dem Grunde nach unstreitig.
Hinsichtlich der hier streitigen Sachverständigenkosten über die Erstellung eines Gutachtens hat der Geschädigte mit der Klägerin am 22.032014 einen Werkvertrag geschlossen (Anlage K1). In dem Vertragsformular hat der Geschadigte mit seiner Unterschrift bestätigt, die Honorarliste der Klägerin zur Kenntnis genommen zu haben und mit der Abrechnung nach dieser einverstanden zu sein.
Mit Sicherungsabtretung vom 22.3.2014 trat der Geschädigte schriftlich seinen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Gutachtervergütung aus dem genannten Unfall an die Klägerin ab.
Dass die Beklagte diese Werklohnvereinbarung in einzelnen Punkten für unangemessen hält, stellt jedoch von vornherein keine Frage der Prüffähigkeit der Rechnung dar. Velmehr haben sich die den Sachvertrag schließenden Parteien auf einen bestimmten Werklohn geeinigt. Eine ortsübliche Vergütung, auf die die Beklagte abhebt, § 632 Abs. 2 BGB, wurde damit gerade nicht vereinbart. Die Überprüfung der Werklohnhöhe ist indes nicht Sache des Gerichts. Das Gericht wäre allenfalls zur Prüfung des Werklohns aufgerufen, wenn dieser sittenwidriger Preisvereinbarungen enthält und somit nach § 138 BGB nichtig wäre. Derartige Anhaltspunkte sind jedoch nicht ersichtlich.
Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung VI ZR 225/13 etwa Fahrtkosten in Höhe von 1,80 € pro Kilometer gebilligt. Gleiches gilt für die Kosten der Anfertigung von Lichtbildern, für welche der BGH 2,80 € billigte. Die Klägerin macht indessen lediglich die Fahrtkosten von 1,31 € pro Kilometer geltend. Hinsichtlich der Kosten für Lichtbilder liegt der von der Klägerin veranschlagte Preis von 2,86 € nur leicht über den vom BGH gebilligten Wert. Dies hält das Gericht allerdings für unschädlich, da keine erhebliche Abweichung vorliegt.
Auch hinsichtlich der durch die Beklagten gerügten Schreibkosten ergibt sich keine andere Betrachtung. Das Amtsgericht Leipzig sieht in ständiger Rechtsprechung in jeweils vergleichbaren Fällen Schreibkosten in Höhe von 4,90 € pro Seite als zulässig an. Der von der Klägerin veranschlagte Wert von 4,86 € pro Seite bleibt hinter diesem Wert zurück. Gleiches gilt auch für die Versand-/ Telefon-/ und Internetkostenpauschale von 23,30 € netto.
Nach alldem war der Klage daher stattzugeben.
Die Nebenforderungen sind gemäß §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 704, 708 Nr. 11 ZPO.
Tagchen, Willi Wacker,
die zutreffende Überlegung liegt in folgender Passage der Entscheidungsgründe:
„Dass die Beklagte diese Werklohnvereinbarung in einzelnen Punkten für unangemessen hält, stellt jedoch von vornherein keine Frage der Prüffähigkeit der Rechnung dar. Velmehr haben sich die den Sachvertrag schließenden Parteien auf einen bestimmten Werklohn geeinigt. Eine ortsübliche Vergütung, auf die die Beklagte abhebt, § 632 Abs. 2 BGB, wurde damit gerade nicht vereinbart. Die Überprüfung der Werklohnhöhe ist indes nicht Sache des Gerichts.“
Da dies wohl im konkreten Fall so zu sehen ist, bitte ich um Beantwortung der Frage, ob damit der Beklagtenvortrag hinsichtlich einer unsubstantiiert behaupteten Überhöhung bzw. Nichterforderlichkeit schadenersatzrechtlich überhaupt erheblich ist ?
Meiner Meinung nach war dann auch der „Nachspann“ in den Entscheidungsgründen entbehrlich, was die Höhe von Nebekostenpositionen angeht, denn vor dem Hintergrund einer schadenersatzrechtlich ex ante subjektiven Beurteilungsfrage durch den Geschädigten war eigentlich doch schon klar, dass ein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflicht generell deshalb ausscheidet, weil die Honorarvereinbarung noch nicht einmal ansatzweise Anknüpfungstatsachen erkennbar macht, die auf sittenwidrige Abrechnungsmodalitäten hinweisen könnten. Aber auch einmal unabhängig davon sind solche „vergleichenden Betrachtungen“ genau das, was der BGH verworfen hat,wenn es um eine „Überprüfung“ geht oder auch um die Schadenersatzverpflichtung auch überhöhter Honorare, die Sittenwidrigkeitsgrenze nicht eingeschlossen.
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