Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum langsam beginnenden Wochenende stellen wir Euch hier wieder ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung AG vor. Vom Ergebnis ist das Urteil zutreffend, allerdings wurde wieder im Rahmen der Erforderlichkeit, die einzg und allein für § 249 BGB entscheidend ist, die Angemessenheit der einzelnen Rechnungspositionen geprüft. Bekanntlich hatte der BGH in seiner Grunfsatzentscheidung vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – festgelegt, dass weder der Schädiger noch das Gericht berechtigt sind eine Preiskotrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung des vormaligen Zustands Erforderlichen gewahrt hat (Vgl. auch BGH VersR 2004, 1189, 1190). Zur Feststellung der Schadenshöhe und des Schadensumfangs war die Begutachtung des verunfallten Fahrzeugs erforderlich und zweckmäßig. Zu einer Markforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen ist der Geschädigte nicht verpflichtet. Er kann einen in seiner Nähe befindlichen Sachverständigen beauftragen. Vorherige Preisvergleiche sind ohnehin nicht möglich, da die Sachverständigenkosten in Relation zur Schadenshöhe berechnet werden dürfen (vgl. BGH BGHZ 167, 139; BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann). Im Übrigen kommt es auf die Ex-ante-Situation des Geschäsigten im Zeitpunkt der Beaauftragung an. Wenn der Geschädigte dabei die Einholung eines Gutachten für zweckmäßig und erforderlich ansieht, um den Umfang und die Höhe des Schadens feststellen zu können, so sind die dadurch entstehenden Sachverständigenkosten, auf die der Geschädigte der Höhe nach keine Einflussmöglichkeit hat, als erforderlicher Herstellungsaufwand gemäß § 249 I 2 BGB anzusehen (BGH DS 2007, 144). Hält der Schädiger die berechneten Kosten für überhöht, so ist er dafür darlegungs- und beweisbelastet. Ein einfaches Bestreiten reicht nicht aus. Er muss schon darlegen und beweisen, dass der Sachverständigenkostenbetrag für den Geschädigten „deutlich erkennbar erheblich“ über den üblichen Preisen liegt (BGH DS 2014, 90 Rd.-Nr. 8). Dabei sind als Vergleich die BVSK-Werte nicht heranzuziehen, denn der Geschädigte muss BVSK und deren Honorarbefragung nicht kennen (vgl. BGH aaO Rd-Nr. 10). Dem Schädiger bleibt der Vorteilsausgleich. Insoweit ist er nicht rechtlos (vgl. Imhof/Wortmann DS 2011, 149ff.). Lest selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung
Aktenzeichen: 107 C 2858/15
Verkündet am: 10.07.2015
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
gegen
Allianz Versicherung-AG, An den Treptowers 3, 12435 Berlin, Gz. vertreten durch d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht als weitere aufsichtsführende Richterin P. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2015 am 10.07.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 137,49 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 43,20 € zzgl. Zinsen i.Kv.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30,04.2015 zu zahlen.
3 Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 398 BGB, 115 VVG, 249 ff. BGB.
Die Abtretung ist wirksam. Die Abtretung ist bestimmt. Der Geschädigte hat seinen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Gutachterkosten an die Klägerin abgetreten. Die Sicherungsabtretung ist bestimmbar, da die Auftragserteilung vom 28.05.2013, die am selben Tag wie die Sicherungsabtretung erfolgt ist, den Kostenrahmen aufzeigt. In der Auftragserteilung ist darauf hingewiesen, dass die Vergütung für die Tätigkeit des Gutachtens sich nach der auf der Rückseite aufgedruckten Honroartabelle und Preisliste richtet. Es ist in der Auftragserteilung auch der Passus aufgenommen, dass diese Honorartabelle und Preisliste zur Kenntnis genommen wurde. Es ist seitens der Beklagten nicht ansatzweise dargelegt, warum die Auftragserteilung insoweit unrichtig sein soll.
Die Beklagte ist unstreitig für den streitgegenständlichen Unfall zu 100 % einsatzpflichtig. Der Schadensersatzanspruch erfasst auch den noch offenen Betrag aus der Sachverständigenrechnung.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall gehären zu dem erforderlichen Herstellungsaufwand. Ersatzpflichtig sind diejenigen Aufwendungen, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter in der Situation des Geschadigten getätigt hatte.
Die Höhe des festgesetzten Grundhonorars ist angemessen und nicht zu beanstanden. Eine Abrechnung anhand der Schadenshöhe ist ortsüblich.
Die in der Rechnung vom 29.05.2013 angeführten Nebenkosten sind ebenfalls angemessen. Die Klagerseite hat substantiiert dargelegt, dass Fahrtkosten für 28 km entstanden sind. Die Höhe der festgesetzten Kilometerpauschale von 1,31 € ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der BGH hat in seiner Entscheidung unter dem Az.: VI ZR 225/13 Fahrtkosten i.H.v, 1,80 € pro Kilometer gebilligt. Da die Klägerseite pro Kilometer 1,31 € geltend macht, liegt dieser Betrag weit unter der vom BGB in der Entscheidung aus dem Jahr 2013 gebilligten Kosten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei den Fahrtkosten nicht allein auf die Benzinkosten, sondern auf die gesamten mit dem Fahrzeug verbundenen Kosten unter Berücksichtigung von betriebswirtschaftlichen Aspekten abzustellen ist. Fahrtkosten pro Kilometer i.H.v. 1,31 € werden daher als angemessen angesehen. Die Kosten für ein Lichtbild mit 2,86 € liegen leicht Über der vom BGH gebilligten Höhe von 2,80 €. Dies halt das Gericht für unschädlich, da keine erhebliche Abweichung vorliegt. Zudem ist die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2013, so dass auch ein Zuschlag für das Jahr 2015 zu machen ist. Auch die geltend gemachten Kosten für einen zweiten Fotosatz i H.v. 20,00 € werden gemäß § 287 ZPO als angemessen angesehen. Für den zweiten Fotosatz ist ein angemessener Abschlag gemacht worden. Hinsichtlich der Schreibgebühren hat das Amtsgericht Leipzig bereits in Entscheidungen aus den Jahren 2006 und 2007 Schreibkosten i.H.v. 4,90 € pro Seite ausdrücklich gerichtlich gebilligt. Die Klägerseite macht Schreib- und Druckkosten von 4,86 € geltend. Hierbei ist nicht allein entscheidend, was tatsächlich ein Ausdruck einer Seite kostet, sondern der gesamte mit den Schreibkosten verbundene Aulwand. Die Versand-, Telefon- und Internetkosten i.H.v, 23,30 € werden ebenfalls als angemessen angesehen. Die Klägerin liegt damit weit unter dem Maximalwert der BVSK-Befragung von 2003 mit 38,00 €. Die in der Rechnung angegebenen Kosten für die Restwertanfrage von 17,50 € werden ebenfalls als angemessen angesehen. Es ist nicht zwangsläufig der Inhalt eines jeden Gutachtens, das Restwertanfragen getätigt werden. Somit können derartige Kosten zusätzlich vereinbart werden und überschreiten nicht die Ortsüblichkeit des Honorars. Die Kosten für die Kopien für weitere Gutachten und der Verfahrensakte i.Rv. 19,00 € liegen ebenfalls nicht über dem ortsüblichen Rahmen.
Aus alledem folgt, dass die Klägerseite einen Anspruch auf vollständige Bezahlung der Rechnung vom 29.05.2013 hat.
Die Nebenforderungen sind gemäß §§ 280, 286, 28B BGB zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung beruhtauf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr, 11, 711, 713 ZPO.