Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachstehend geben wir Euch heute noch ein positives Urteil aus Ludwigshafen zu den Sachverständigenkosten gegen den VN der Generali Versicherung AG bekannt. Dumm gelaufen für die Generali, könnte man sagen? Denn das Urteil des AG Ludwigshafen kann man – im schadensersatzrechtlichen Sinne – durchaus als Musterurteil bezeichnen. Da könnte sich der eine oder andere Richter eine Scheibe davon abschneiden. Was meint Ihr? Lest selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure Kommentare ab. Wir freuen uns über jeden sachlichen Kommentar.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
2k C 104/15
Amtsgericht
Ludwigshafen am Rhein
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
!n dem Rechtsstreit
…
– Kläger-
gegen
…
– Beklagter
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein durch den Richter am Amtsgericht Dr. B. am 16.09.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60,32 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.04,2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Darstellung des Tatbestands entfallt gemäß §§ 313a, 495a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger kann von dem Beklagten aus abgetretenem Recht der Frau S. gem. §§ 398 S. 1, 631, 632 BGB, §§ 7 I, 17 I 2 StVG Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 31.03.2015 in Höhe der noch nicht bezahlten Gutachterkosten von 60,82 € ersetzt verlangen.
Die Rechnung des Klägers ist zumindest im Zusammenhang mit dem beigefügten Schadensgutachten prüffähig und damit fällig i.S. von §§ 631 Abs. 1, 632 Abs. 1, 2 BGB. Zwar hat der Kläger vorliegend ohne Verweis auf seinen Zeitaufwand ein so genanntes Grundhonorar berechnet, dieses steht jedoch nicht in einem außergewöhnlichen Missverhältnis zu den festgestellten Nettorereparaturkosten.
Auf die Frage, ob der angesetzte Betrag übersetzt ist, kommt es im Rahmen der Beurteilung der Prüffähigkeit, d.h. der Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der Rechnung nicht an. Es kann insoweit offen bleiben, ob der Kläger mit der Geschädigten das in seiner Honorartabelle ausgewiesene Grundhonorar vereinbart hat oder ob er – in Ermangelung einer Taxe für Sachverständige – gem. § 632 Abs. 2 BGB i.V. mit § 315 BGB befugt war, seine Leistung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Für einen Anspruch des Klägers aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten ist lediglich entscheidend, ob der Geschädigten gem. §§ 7, 17 StVG, §§ 823 I, 249 I BGB ein entsprechender Anspruch gegen den Beklagten zustand. Dabei steht die grundsätzliche Einstandspflicht des Beklagten für die Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall außer Streit.
Dass im vorliegenden Fall bei einer Schadenshöhe von über 2.000,00 € die so genannte Bagatellgrenze, die im Regelfall zwischen 500,00 und 750,00 € angenommen wird, überschritten ist, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.
Im Rahmen der Prüfung, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten zusteht, kommt es auf die Frage, ob der Sachverständige in zulässiger Weise nach der Schadenshöhe abrechnen konnte oder aber ob er seinen Zeitaufwand hätte darlegen müssen, ebenfalls nicht an. Denn es ist dem Beklagten im Verhältnis zur Geschädigten und damit auch im Verhältnis zum Kläger, der aus abgetretenem Recht vorgeht, verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen.
Ebenso wie bei der gleich gelagerten Problematik der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten ist es einem Geschadigten vor Erteilung des Gutachtenauftrags nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen. Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden.
Zwar mag mit der Rechtsprechung des OLG München unter Umständen eine subjektbezogene Schadensbetrachtung ausscheiden, wenn die Beauftragung des Sachverständigen der Geschädigten völlig entzogen war, hierfür sind jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich. Wenn die Geschädigte lediglich einer Empfehlung der Werkstatt folgt, so bedeutet dies nicht, dass nunmehr auf die subjektiven Kenntnisse der Werkstatt abzustellen wäre. Die Auswahlentscheidung lag – auch nach dem Vortrag des Beklagten – letztlich in der Hand der Geschädigten und ist von dieser nicht auf die Werkstatt delegiert worden, weshalb sie alleine maßgeblich bleibt.
Der Sachverständige ist, ebenso wie der Mietwagenunternehmer, auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden diesem nach §§ 264 Abs. 2 S. 2, 278 BGB zugerechnet würde. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen (vgl. hierzu OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 2029; OLG Nürnberg, OLG-Report 2002, 471; OLG Hamm, VersR 2001, 249).
Die Gegenmeinung in der Rechtsprechung berücksichtigt insoweit nicht, dass es dem Geschädigten bei Sachverständigengutachten mangels Vergleichsmöglichkeiten – wie oben ausgeführt – noch weniger als bei Mietwagenkosten überhaupt möglich sein dürfte, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit einer Vergütung zu beurteilen. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof eine Anwendung der besonderen Grundsätze der Schadensabrechnung von Mietwagenkosten auf die Kosten von Sachverständigengutachten explizit verneint (vgl. BGH, NJW 2007, 1450). Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, die Schadensabwicklung stets in die Hände des Schädigers bzw. dessen Versicherung zu legen.
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn – wie hier – nicht der Geschädigte selbst, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht klagt. Denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln.
Auch im Hinblick auf die geltend gemachten Pauschalkosten für Fotos, Telefon, Fax und Porto sowie Schreibkosten ist es der Beklagten verwehrt, sich auf eine Überhöhung zu berufen. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
Die Begründetheit der Zinsforderung folgt aus §§ 286 Abs, 1 S. 2, 283 Abs. 1 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.