Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum Wochenanfang geht es von Rosenheim nach Leipzig. Nachfolgend stellen wie Euch hier ein Urteil des Amtssgerichts Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die ohne Rechtsgrundlage die berechneten Sachverständigenkosten kürzte. Das VVG gibt keine Kürzungsermächtigung her, zumal das VVG grundsätzlich im Verhältnis der Versicherung zum Versicherungsnehmer gilt. Es ist ein Versicherungsvertragsgesetz und regelt das Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer. Im Verhältnis des Schädigers zum Geschädigten gelten bei einem Straßenverkehrsunfall die allgemeinen Haftungsnormen des BGB und des Straßenverkehrsgesetzes. Einzig entscheidend ist § 249 BGB. Einen Mitverursachungsanteil muss sich regelmäßig der Geschädigte bei vermeintlich überhöhten Sachverständigenkosten nicht anrechnen lassen, denn er hat keine Vergleichspflicht. Er ist auch nicht verpflichtet, den honorargünstigsten Sachverstänigen zu beauftragen. Er muss sich auch nicht so verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Wenn dem Geschädigten kein Auswahlverschulden zur Last fällt, und der Schädiger nicht beweisen kann, dass der Geschädigte hätte erkennen können, dass die berechneten Kosten erheblich erkennbar über den branchenüblichen Preisen liegen, dann muss der Schädiger diese berechneten Kosten ausgleichen, hat aber den Vorteilsausgleich. Denn der Streit um das Sachverständigenhonorar darf nicht auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen werden. Einfach gegenüber dem Geschädigten kürzen geht nicht. Lest selbst das Urteil des AG Leipzig und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 103 C 4348/15
Erlassen am: 28.08.2015
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
gemäß § 495a ZPO am 28.08.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 128,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16.04.2011 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 128,26 € festgesetzt.
Tatbestand
(Auf die Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO verzichtet.)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
Die Klägerin hat gemäß §§ 17, 17 StVG, § 115 VVG, § 249, 398 BGB einen Anspruch auf Bezahlung der noch offenen 128,26 €. Der durch den Verkehrsunfall vom 28.03.2011 in Leipzig Geschädigte… , dessen Fahrzeug durch ein bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs allein schuldhaft im Straßenverkehr geschädigt wurde, hat mit der Klägerin eine Abtretungsvereinbarung geschlossen am 12.11.2014. Soweit die Beklagte die Wirksamkeit der Abtretung bestreitet, setzt sie sich in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten und ist damit nicht mehr zulässig.
Die Beklagte hat am 07.04.2011 an die Klägerin einen Teilbetrag in Höhe von 201,00 € geleistet. Auf Zahlungsaufforderung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 01.08.2011 leistete die Beklagte am 05.08.2011 einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 201,00 €, mithin hat sie 402,00 € auf die dem Geschädigten gelegte Rechnung von 530,26 € gezahlt. Somit ergibt sich ein offener Rechnungsbetrag in Höhe von 128,26 €. Da die Klägerin den Beweis nicht erbracht hat, dass sie mit dem Geschädigten … eine Honorarvereinbarung getroffen hat, ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, § 632 Abs. 2 BGB.
Die Klägerin hat sich bei der Berechnung ihrer Forderung an der von ihr selbst in anderen Fällen verwendeten Honorarkostentabelle orientiert. Sie ist im von der Beklagten nicht angegriffenen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Reparaturkosten am Fahrzeug des Geschädigten 1.995,91 € netto betrage. Die Klägerin hat, entsprechend von ihr genutzten Tabelle hierfür eine Grundgebühr von 340,00 € angesetzt. Dieses Grundhonorar liegt im Bereich des Honorarkorridors HB 3 der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, in dem sich zwischen 40 % und 60 % der BVSK-Mitglieder mit ihren Honoraren bewegen.
Bei Schadenbeträgen zwischen 1.750,00 € und 2.000,00 € netto ergeben sich aus der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 Grundhonorarbeträge zwischen 295,00 € und 341,00 €. Somit ist das von der Klägerin in Rechnung gestellte Grundhonorar von 340,00 € als üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Auch die von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten sind nicht zu beanstanden. Sie stehen im Einklang mit der Entscheidung des BGH, VI ZR 225/13. Dort hat der BGH Nebenkosten in Höhe von 2,80 € pro Lichtbild sowie eine Pauschale von Telefon, EDV-Kommunikation, Büromaterial etc. in Höhe von 75,00 € anerkannt.
Die Klägerin hat für 6 Lichtbilder Fotokosten in Höhe von 14,70 € netto in Rechnung gestellt, was einen Betrag von 2,45 € pro Lichtbild entspricht. Für Schreib-, Porto- und Telefonkosten hat sie insgesamt 60,40 € angesetzt, was sich ebenfalls im Rahmen dessen bewegt, was de BGH anerkannt hat. Dass die Nebenkosten auf einen Pauschalbetrag zu kürzen oder auf 25 % des Sachverständigenhonorars festzulegen wären, sieht das Gericht nicht. Der Dokumentationsaufwand anlässlich eines Verkehrsunfalls entwickelt sich nicht linear mit dem ermittelten Schaden. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass dem Geschädigten sich hätte aufdringen müssen, dass die Klägerin von ihm ein überhöhtes Honorar fordert. Das Amtsgericht Leipzig hat in unzähligen Entscheidungen das von der Klägerseite geltend gemachte Honorar für angemessen erachtet. Deshalb war es dem Geschädigten nicht zuzumuten, sich nach einem anderen Sachverständigen, der eventuell günstiger gewesen wäre, umzuschauen. Dass eine Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten wäre, ist dem Sachvortrag schon gar nicht zu entnehmen.
Nebenforderungen sind gemäß §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 704, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.