AG Leipzig verurteilt HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 1.9.2015 – 103 C 4350/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Hamburg geht es nach Leipzig. Hier stellen wir Euch wieder ein Urteil des Amtsgerichts Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Da dem Autor in einem Kommentar „Verrohung“ vorgeworfen wurde, belasse ich es hier bei enem sachlichen Hinweis auf die vorgerichtlich vorgenommenen rechtswidrigen Schadenskürzungen durch die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG. Sie wurde aber durch das erkennende Gericht auf den Boden des Gesetzes zurückgeholt. Lest selbst das Urteil des AG Leipzig vom 1.9.2015 – 103 C 4350/15 – und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 103 C 4350/15

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, vertreten durch den Vorstands Vorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 01.09.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 152,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 147 BGB seit dem 05.10.2011 zu zahlen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Rechtsanwälte … in Höhe von 39,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16.10.2012 durch Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.

3.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 152,45 EUR festgesetzt.

Tatbestand

(Auf die Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO verzichtet)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Die Klägerin hat gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB einen Anspruch auf Bezahlung der noch offenen 152,45 EUR. Der durch den Verkehrsunfall vom 06.09.2011 in Leipzig Geschädigte … dessen Fahrzeug durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug allein schuldhaft im Straßenverkehr beschädigt wurde, hat mit der Klägerin wirksam eine Abtretungsvereinbarung geschlossen am 14.11.2014. Soweit die Beklagte die Wirksamkeit der Abtretung bestreitet, setzt sie sich in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten und kann damit nicht mehr gehört werden.

Die Beklagte hat am 21.09.2011 auf die Rechnung der Klägerin über das Gutachten in Höhe von 996,45 EUR einen Teilbetrag von 772,00 EUR gezahlt. Auf Aufforderung der Klägerseite vom 01.10.2012 leistete die Beklagte einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 72,00 EUR. Insgesamt hat sie also 844,00 EUR bereits gezahlt.

Da die Klägerin den Beweis nicht erbracht hat, dass sie mit dem Geschädigten … eine Honorarvereinbarung getroffen hat, ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, § 632 Abs. 2 BGB.

Die Klägerin hat sich bei der Berechnung ihrer Forderung an der von ihr selbst verwendeten Honorarkostentabelle orientiert, die sie in anderen Fällen mit Geschädigten zur vertraglichen Grundlage macht.

Im Gutachten vom 09.09.2011 kam sie zu dem Ergebnis, dass Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer in Höhe von 6.694,15 EUR, mit Mehrwertsteuer in Höhe von 7.066,04 EUR anfallen, darüber hinaus eine Wertminderung in Höhe von 600,00 EUR am Pkw vorliegt. Bei einer Schadenshöhe netto zuzüglich Wertminderung von insgesamt 7.500,00 EUR ergibt sich aus der Honorartabelle der Klägerin eine Grundgebühr in Höhe von 675,00 EUR. Dieses Grundhonorar liegt im Bereich des Honorarkorridors HB 3 der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, indem sich zwischen 40 und 60 % der BSVK-Mitglieder mit ihren Honoraren bewegen. Der Honorarkorridor dort bewegt sich bei einer Schadenshöhe von 7.500,00 EUR zwischen 579,00 EUR und 678,00 EUR. Das durch die Klägerin in Rechnung gestellte Grundhonorar in Höhe von 675,00 EUR ist somit als üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Auch die von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten sind nicht zu beanstanden. Sie stehen im Einklang mit der Entscheidung des BGH VII ZR 225/13. Dort hat der BGH Nebenkosten in Höhe von 2,80 EUR/Lichtbild sowie eine Pauschale für Telefon, EDV, Kommunikation, Büromaterial etc. in Höhe von 75,00 EUR anerkannt.

Die Klägerin hat für 13 Lichtbilder einen Betrag in Höhe von 31,85 EUR angesetzt, was einem Betrag von 2,45 EUR/Lichtbild entspricht. Für Schreib-, Porto- und Telefonkosten hat sie eine Pauschale von 74,00 EUR angesetzt, so dass sie sich innerhalb der vom BGH anerkannten Pauschale bewegt. Auch die Fahrtkostenpauschale von 30,50 EUR ist insoweit nicht zu beanstanden.

Selbst unter Einbeziehung der Fahrtkostenpauschale betragen die Nebenkosten nicht mehr als 25 % des Grundhonorars. Dass dem Geschädigten sich hätte aufdrängen müssen, dass die Klägerin von ihm ein überhöhtes Honorar fordert, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Das Amtsgericht   Leipzig hat in unzähligen Entscheidungen das von der Klägerseite geltend gemachte Honorar für angemessen erachtet. Deshalb war es dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, sich nach einem Sachverständigen, der eventuell günstiger gewesen wäre, umzuschauen. Insofern darfauch die Klägerin die geltend gemachten Kosten verlangen.

Die Nebenforderungen sind gemäß §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 704, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Leipzig verurteilt HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 1.9.2015 – 103 C 4350/15 -.

  1. Roland sagt:

    „Das Amtsgericht Leipzig hat in unzähligen Entscheidungen das von der Klägerseite geltend gemachte Honorar für angemessen erachtet.“
    „…für angemessen“ ?

    Aber sehr geehrte Richterinnen und Richer am AG Leipzig: Warum dann nach wie vor der immense Aufwand in den Entscheidungsgrunden ?

    Einwendundungen zur Höhe abgerechneter Gutachterkosten sind schadenersatzrechtlich nicht erheblich, sondern betreffen allenfalls eine werkvertragliche Beziehung.

    Wenn kein Auswahlverschulden festzustellen ist, gibt es auch keinen Vertstoß gegen die Schadenminderungspflicht.

    Gemäß § 249 BGB hat der Schädigerer bei Unterstellung einer Haftung von 100 % den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das zum Schadenersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre. Von der Herstellung eines anderen Zustandes ist im § 249 BGB nicht die Rede.

    Hinzu kommt Überprüfungsverbot gem. BGH und die Regulierungsverpflichtung für „überhöhte“ Honorare.

    Deshalb ist beispielsweise die Kürze des Urteils des AG Essen-Steele (s. Urteilsliste) zu verstehen.

    Roland

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Roland,

    mit seiner Angemessenheitsprüfung überprüft das erkennende Gericht die Voraussetzungen und die Höhe des werkvertraglich geschuldeten Honorars. Entscheidend kommt es im Schadensersatzrecht aber auf die Erforderlichkeit im Siinne des § 249 BGB an. Denn auch was unangemessen ist, kann erforderlich i.S.d. § 249 BGB sein. Also kommt es nicht auf die Angemessenheit, sondern auf die Erforderlichkeit an.

    Was hat der laienhafte Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung zur Feststellung des Schadensumfangs und der -höhe für zweckmäßig und geboten angesehen, um den vorigen Zustand wiiederherzustellen? Zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes war das Schadensgutachten des vom Unfallopfer ausgewählten Sachverständigen notwendig, denn der Geschädigte konnte nicht selbst den Schaden beziffern. Mit der Beauftragung des qualifizierten Sachverständigen hat der Geschädigte das zur Wiederherstellung Erforderliche getan. Somit sind weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle befugt (BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann).

    Selbst wenn der Sachverständige, ohne ein Auswahlverschulden des Geschädigten, eventuell überhöhte Kosten berechnen sollte, ist gleichwohl der Schädiger zum Ausgleich verpflichtet, da der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige nicht dessen Erfüllungsgehilfe ist (vgl. BGHZ 63, 182 ff.). Fehler des Sachverständigen, auch bei unkorrekter Berechnung der Kosten, gehen zu Lasten des Schädigers.

    Nur dann, wenn für den Geschädigten die berechneten Kosten erkennbar erheblich über den branchenüblichen Preisen liegen, kann er nicht mehr vollen Ausgleich verlangen. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt allerdings beim Schädiger.Dieser muss beweisen, dass der für den Geschädigten die Kosten erkennbar überhöht sind. Da in der Regel der Geschädigte ein Laie ist, und er daher von der Richtigkeit und Korrektheit der Kosten ausgehen darf, wird ein derartiger Beweis dem Schädiger kaum gelingen. Daher gilt der Grudsatz des Vorteilsausgleichs. Der Streit im das Honorar und die Nebenkosten darf nicht auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen werden. Der Schädiger kann sich im Wege des Vorteilsausgleichs sein behauptetes Recht gem. §§ 255 analog, 398, 812 BGB bei dem Sachverständigen suchen.

    So einfach kann Recht sein!

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  3. RA Schwier sagt:

    @Willi Wacker
    „Der Schädiger kann sich im Wege des Vorteilsausgleichs sein behauptetes Recht gem. §§ 255 analog, 398, 812 BGB bei dem Sachverständigen suchen. “

    Tja, damit ist eigentlich alles gesagt.

    OFF-Topic
    Wurde das SV-Honorar schonmal im Rahmen eines Urkundenprozesses geltend gemacht? Wie sind die Erfahrungen, wenn es schon probiert wurde?

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