Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Cuxhaven geht es über die Elbe nach Schleswig-Holstein. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil aus Schwarzenbek in Schleswig-Holstein zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG, die vorgerichtlich die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt hatte. Auch hier hat sie die Rechnung mit der Kürzung ohne das Gericht gemacht. Zwar kommt das erkennende Gericht zu einem positivem Ergebnis, aber mit einer Begründung, die unserer Meinung nach zu wünschen übrig lässt. Eine willkürliche Kürzung von Einzelpositionrn durch das Gericht geht gar nicht im Schadensersatzprozess, denn die vom Gericht vorgenommenen Schätzung der Schadenshöhe kann sich immer nur auf den Endbetrag beziehen. Die Schätzung nach § 287 ZPO ist nämlich eine Schadenshöhenschätzung. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus 22041 Hamburg. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
2 C 118/15
Verkündet am 17.09.2015
Amtsgericht Schwarzenbek
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Nagelsweg 41-45, 20097 Hamburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Schwarzenbek durch die Richterin am Amtsgericht W. am 17.09.2015 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 135,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 70,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 zu zahlen.
3. Wegen der darüber hinausgehenden Forderung wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Vom Absetzen eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 135,54. Zu den Kosten, die die Beklagte als Haftpflichtversicherer des zu 100 % für die Folgen des Unfalls vom 25.05.2014 Verantwortlichen zu ersetzen hat, gehören auch die erforderlichen Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des eigentlichen Schadens, sofern es es sich wie im vorliegenden Fall nicht um einen Bagatellschaden handelt. Die Bezahlung des vom Kläger für sein Gutachten geforderten Honorars ist zum größten Teil erforderlich.
Maßgeblich für die Frage, welche Kosten erforderlich sind, ist die ex-ante Sicht des Geschädigten und zwar auch dann, wenn er seinen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an diesen abgetreten hat. Besonderheiten in Bezug auf die Frage der Erforderlichkeit der Kosten weist ein derartiger Fall nur insofern auf, als aufgrund des Umstandes, dass die Rechnung des Sachverständigen noch nicht bezahlt ist, die Indizwirkung entfällt, wonach vom Geschädigten eine bezahlte Rechnung als erforderliche Ausgabe angesehen wird.
Eine Geschädigter braucht vor Erteilung eines Gutachtenauftrags zur Ermittlung der eigentlichen Schadenshöhe keine Marktforschung zu betreiben, ob die vom Gutachter verlangten Preise angemessen sind. Nur wenn diese für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht sind, sind die Kosten des Gutachtens insofern nicht erforderlich. Dass der Kläger für die in Rechnung gestellten Leistungen keine deutlich überhöhten Preisen verlangte, folgt bereits daraus, dass sie sich im Rahmen des HB V Korridors der BVSK Honorarbefragung 2013 bewegen bzw. zum Teil sogar darunter liegen.
Zwar hält das erkennende Gericht die Preise für einige der in Rechnung gestellten Leistungen wie etwa € 2,38 pro Foto oder € 1,27 pro kopierter Seite angesichts des tatsächlich damit einhergehenden Aufwandes für überhöht. Andererseits ergibt sich aus der BVSK Befragung, dass es sich hierbei um tatsächlich verlangte und bezahlte Preise handelt. Es ist nicht Aufgabe eines Gerichts, im Rahmen eines Zivilverfahrens Einwirkung auf die nach Angebot und Nachfrage am Markt durchzusetzenden Preise zu nehmen, indem die Preise anhand tatsächlich anfallender Kosten festgesetzt werden.
Mit einer Ausnahme waren die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Leistungen auch erforderlich, um das Gutachten zu erstellen. Entgegen der Ansicht des Klägers können einzelne Positionen der Rechnung für ein Sachverständigengutachten nicht erforderlich sein. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 22.07.2014 – Az. VI ZR 357/13 ausdrücklich hervorgehoben, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wenn das Gericht verschiedene vom Sachverständigen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgesetzte und in seiner Honorarrechnung ausgewiesene Pauschbeträge als erkennbar deutlich überhöht bewertet. Ebenso kann ein Gericht einzelne Leistungen als nicht erforderlich ansehen.
Im vorliegenden Fall war es nicht erforderlich, die fünf Seiten des Gutachtens, die lediglich Kalkulationen enthalten, durch eine Bürokraft schreiben zu lassen. Derartige Kalkulationen werden üblicherweise mittels eines Computerprogramms erstellt und sind bereits mit dem Grundhonorar abgegolten. Die für das Schreiben dieser Seiten geforderten 13,25 € netto gehören nicht zu dem von der Beklagten zu ersetzenden Schaden.
Erforderlich war hingegen das Fertigen der drei Fotos in der Rundumansicht, um zu dokumentieren, dass keine Vorschäden vorgelegen haben. Auch die Fotos vom Kilometerstand und der Fahrgestellnummer sind insofern erforderlich, als dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Geschädigte bzw. dessen Versicherung die auf diese Weise dokumentierten Daten bestreiten. Schließlich ist es auch erforderlich, einen zweiten Fotosatz zu fertigen, denn der Geschädigte hat einen Anspruch auf eine eigene Ausfertigung des Gutachtens neben des an die Versicherung zu versendenden Originals.
Die Kosten für das Sachverständigengutachten waren in Höhe von 585,54 € erforderlich. Nach Abzug der Zahlung von 450,00 € verbleibt eine offene Forderung des Klägers in Höhe von 135,54 €.
Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten beruhen auf §§ 286, 288 BGB. Der Beklagte befand sich aufgrund des Mahnschreibens des Klägers in Verzug und der Kläger durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte nach Einschaltung eines Rechtsanwalts die noch offene Forderung aus seiner Rechnung bezahlen werde. Die Hauptforderung ist allerdings erst seit dem 01.07.2014 zu verzinsen, denn mit Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 16.06.2014 setzte der Kläger der Beklagten hierfür nochmals eine Frist bis zum 30.06.2014.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, § 713 ZPO.
Ja, im Hamburger Umland gibt es noch eine Menge zu tun. Die Arbeit besteht darin, diesen Gerichten die Sichtweise des LG Hamburg nahe zu bringen, nach der es nicht auf die Einzelpositionen, sondern auf den Rechnungsendbetrag ankommt.
Auf dem Lande dauert es ja bekanntlich immer etwas länger ……
@ Babelfisch
Ja , mei, ist denn diese Sichtweise des LG Hamburg nicht ausführlicher Bestandteil jeder Klage (rein vorsorglich) ?
Mit freundlichen Grüßen aus
dem Freiststadt Bayern
Joisl