Hallo verehrte Catain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zu den drei Urteilen aus Leipzig gesellt sich noch ein viertes, das wir Euch heute vorstellen. Es erging gegen die Allianz-Versicherungs AG, die eigenmächtig und ohne Rechtsgrundlage die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt hatte. Aber auch sie hat die Rechnung ohne den zuständigen Richter beim Amtsgericht in Leipzig gemacht. Lest selbt das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 26.8.2015 – 107 C 2857/15 – zu den Sachverständigenkosten gegen die Allianz Versicherung aus abgetretenem Recht. Leider wurde wieder eine „Angemessenheitsprüfung“ der einzelnen Sachverständigenkostenpositionen durchgeführt. Wir meinen, dass diese Prüfung gegen die Rechtsprechung des BGH verstößt (vgl. BGH VersR 2007, 560 = DS 2007, 144). Hätte das Gericht statt dessen auf schadensersatzrechtlich relevante Ex-ante-Sicht des Geschädigten abgestellt, hätte man das Urteil eigentlich als ok bezeichnen können. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 107 C 2857/15
Verkündet am: 26.08.2015
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
Allianz Versicherung-AG, An den Treptowern 3, 12435 Berlin
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht als weitere aufsichtsführende Richterin P.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2015 am 26.08.2015
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 111,67 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.08.2013 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für vorgerichtliche Anwaltskosten 54,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.04.2015 zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Streitwert: bis 500,00 €
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 398 BGB, 115 VVG, 249 ff BGB.
Die Abtretung ist wirksam.
Die Beklagte ist unstreitig für den streitgegenständlichen Unfall zu 100% ersatzpflichtig.
Der Schadensersatzanspruch erfasst auch den noch offenen Betrag aus der Sachverständigenrechnung vom 08.03.2013.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall gehören zu dem erforderlichen Herstellungsaufwand. Ersatzpflichtig sind diejenigen Aufwendungen, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter in der Situation des Geschädigten getätigt hätte.
Die Höhe des festgesetzten Grundhonorars von 734,00 € ist angemessen und nicht zu beanstanden. Eine Abrechnung anhand der Schadenshöhe ist ortsüblich.
Die in der Rechnung vom 08.03.2013 angeführten Nebenkosten sind ebenfalls angemessen.
Die Klagerseite hat substantiiert dargelegt, dass Fahrtkosten für 28 km entstanden sind. Die Höhe der festgesetzten Kilometerpauschale von 1,31 Euro ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Der BGH hat in seiner Entscheidung unter dem Aktenzeichen VI ZR 225/13 Fahrtkosten in Höhe von 1,80 Euro pro Kilometer gebilligt. Da die Klägerseite pro Kilometer 1,31 Euro geltend macht, liegt dieser Betrag weit unter der vom BGH in der Entscheidung aus dem Jahr 2013 gebilligten Kosten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei den Fahrtkosten nicht allein auf die Benzinkosten, sondern auf die gesamten mit dem Fahrzeug verbundenen Kosten unter Berücksichtigung von betriebswirtschaftlichen Aspekten abzustellen ist. Fahrtkosten pro Kilometer in Höhe von 1,31 Euro werden daher als angemessen angesehen.
Die Kosten für ein Lichtbild mit 2,86 Euro liegen leicht über der vom BGH gebilligten Höhe von 2,80 Euro. Dies hält das Gericht für unschädlich, da keine erhebliche Abweichung vorliegt. Zudem ist die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2013, so dass auch ein Zuschlag für das Jahr 2015 zu machen ist. Dass der Sachverständige 14 Lichtbilder fertigt, liegt im Ermessen des Sachverständigen und ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Auch die Kosten für einen zweiten Fotosalz sind angemessen. Hinsichtlich der Schreibgebühren hat das Amtsgericht Leipzig bereits in Entscheidung aus den Jahren 2006 und 2007 Schreibkosten in Höhe von 4,90 Euro pro Seite ausdrücklich gerichtlich gebilligt. Die Klägerseite macht Schreib- und Druckkosten von 4,86 Euro geltend. Hierbei ist nicht alieine entscheidend, was tatsächlich ein Ausdruck eines Fotos kostet, sondern der gesamte mit den Schreibkosten verbundene Autwand. Kosten für weitere Gutachten in Höhe von 19,00 Euro werden ebenfalls als erforderlich angesehen. Es ist gerichtsbekannt, dass weitere Kopien der Gutachten gefertigt werden. Es sind insoweit sowohl der Schädiger, der Geschädigte, als auch die Versicherung zu bedienen. Die Versand-, Telefon- und Internetkostenpauschale in Höhe von 23,30 Euro wird ebenfalls als angemessen angesehen. Die Klägerin liegt damit weit unter dem Maximalwert der BVSK-Befragung von 2003 mit einem Betrag von 38,00 Euro. Die in der Rechnung angegebenen Kosten für die Restwertanfrage von 17,50 Euro werden ebenfalls als angemessen angesehen. Es ist nicht zwangsläufig der Inhalt eines jeden Gutachtens, dass Restwertanfragen getätigt werden. Somit können derartige Kosten zusätzlich vereinbart werden und überschreiten nicht die Ortsüblichkeit des Honorars.
Aus alledem folgt, dass die Klägerseite einen Anspruch auf vollständige Bezahlungder gestellten Rechnung hat.
Die Nebenfbrderungen sind gemäß §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Zur Informtion:
Der kartellrechtliche Schadensersatz
Logemann, Hans Philip
Der kartellrechtliche Schadensersatz
Die zivilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen das deutsche und europäische Kartellrecht nach Ergehen der VO (EG) Nr. 1/2003 und der 7. GWB-Novelle
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht (BEW), Band 53
2009. Abb.; 512 S.
Lupus
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