AG Kaiserslautern verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher, an Erfüllungs Statt abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 10.10.2015 – 12 C 693/15 – .

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

am 23. Dezember, also einen Tag vor Heiligabend, stellen wir Euch noch ein Urteil aus Kaiserslautern zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) gegen die HUK-COBURG vor. Es war die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse, die bei vollständiger Haftung nicht in der Lage war, vollständigen Schadensersatz zu leisten. Auch wenn die Schadensersatzforderung abgetreten wurde, bleibt sie eine Schadensersatzforderung. Zwar sind in dem Urteil des AG Kaiserslautern einige gute Ansätze enthalten, dann verfällt die erkennende Amtsrichterin aber wieder in eine Prüfung der Angemessenheit der „Gebühren“ nach BVSK. Mit dem Sachverständigenkostenquotelungsurteil vom 7.2.2012 – VI ZR 133/11 – hat der BGH den Begriff für die Sachverständigenkosten nicht mehr verwandt, was ja auch richtig ist, denn es gibt keinen Gebührenbegriff im engeren Sinne und keinen im landläufigen Sinne. „Gebühren“ sind auf die öffentlichrechtlichen Abgaben beschränkt. Diese Richterin gehört offensichtlich nicht zu unseren Stammlesern? Lest aber selbst das Urteil des AG Kaiserslautern vom 10.10.2015 – 12 C 693/15 – und gebt dann anschließend bitte Eure Kommentare ab.

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Mit der Veröffentlichung dieses Urteils verabschiede ich mich bei Euch für die Weihnachtstage. Ich gehe jetzt in meinen wohlverdienten Weihnachtsurlaub. Ich bin dann mal bis zum 28. Dezember weg. Den geneigten Leserinnen und Lesern dieses Blogs wünsche ich frohe und besinnliche Weihnachtstage.

Euer Willi Wacker

Aktenzeichen:
12 C 693/15

Amtsgericht
Kaiserslautern

IM NAMEN DES VOLKES

Endurteil

In dem Rechtsstreit

Deutsche Verrechnungsstelle AG, vertreten durch d. Vorstand, Schanzenstraße 30, 51063 Köln

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Kaiserslautern durch die Richterin am Amtsgericht Dr. S.-B. am 10.10.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 77,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.06.2015 zu bezahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Entscheidungsgründe
(abgekürzt nach §313a Abs. 1 ZPO)

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 77,70 € aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1, 116 VVG, 398 BGB.

Die Haftung aus dem Unfallereignis vom 29.4.2015 in Kaiserslautern ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat die Forderungen aus dem Unfallereignis – bis auf einen Teil der Gutachterkosten – reguliert.

Die Klägerin ist durch die am 5.5.2015 vorgenommene Abtretung Inhaber der Forderung und kann diese persönlich geltend machen, § 398 BGB. Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetzt liegt ebenfalls nicht vor. Die Klägerin besitzt die erforderliche Erlaubnis, § 10 Abs. 1 HS 2 Nr. 1 RDG.

2. Gemäß §§ 249 ff. BGB hat die Beklagte der Klägerin die weiteren Gutachterkosten in Höhe von 77,70 € zu erstatten.

Die Kosten des Sachverständigen sind Teil des zu ersetzenden Schadens, die dem Geschädigten dadurch entstehen, dass er zur Ermittlung des ihm entstanden Schadens einen sachverständigen Dritten beauftragt. Diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, Urteil v. 23.01.2007 – IV ZR 67/06, Rn. 11, m.w.N., zit. nach juris).

Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, Urteil v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, Rn. 17, zit. nach juris). Der Geschädigte ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH, Urteil v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, Rn. 7, m.w.N., zit. nach juris). Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis-und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil v. 23.01.2007, aaO.). Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten gerade nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGH, Urteil v. 11.02.2014, aaO.).

3. Hat der Geschädigte mit dem Sachverständigen – wie hier der Fall – keine konkrete Vergütung vereinbart, ist grundsätzlich nur die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB zu ersetzen.

a)  Gemäß § 632 Abs. 1 BGB gilt die Zahlung einer Vergütung für die Werkleistung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies ist hier unstreitig der Fall. Da die Parteien – wovon das Gericht hier ausgeht – eine bestimmte Vergütung nicht vereinbart haben und eine Taxe im Sinne von § 632 Abs. 1 Alt. 1 BGB für die Erstellung von Schadensgutachten nicht besteht, ist nach der Vorschrift des § 632 Abs. 2 Alt. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Das trägt dem Verständnis Rechnung, dass Parteien regelmäßig bei Abschluss des Vertrages zugrunde legen, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – von einer ausdrücklichen Absprache über die Höhe der Vergütung für die Werkleistung absehen. Im Allgemeinen soll in einem solchen Fall nach ihrer Vorstellung deren Festlegung nicht der einseitigen Bestimmung einer Vertragspartei überlassen werden. Sie gehen vielmehr davon aus, dass mit ihrer Vereinbarung auch ohne ausdrückliche Abrede die Höhe der Vergütung festgelegt ist, weil es zumindest eine aus vergleichbaren Sachverhalten abzuleitende Richtgröße in Form eines üblichen Satzes gibt, der auch in ihrem Fall herangezogen werden kann (BGH, Urteil v. 10.10.2006 – X ZR 42/07, Rn. 7, zit. nach juris). Entscheidend ist, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zu Wiederherstellung Erforderlichen halten (AG Saarbrücken, Urteil v. 05.05.2011 – 42 C 10/11).

b)  Dabei kann sich eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben (BGH, Urteil v. 10.10.2006, aaO). Darüber hinaus sind die üblichen Vergütungssätze regelmäßig keine feste Sätze, sondern bewegen sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite (Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2008, § 632, Rn. 50, m.w.N.).

c)  Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des § 287 ZPO die angemessene Vergütung schätzen. Dabei kann es bei der Ermittlung der ersatzfähigen Gebühren (gemeint sind offenbar die Sachverständigenkosten, Anm. des Autors!) in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO geeignete Listen und Tabellen zur Schadensschätzung heranziehen (BGH, Urteil v. 14.10.2008 – VI ZR 208/07, NJW 2009, 58 ff.).

Das Gericht hält die Liste aus der BVSK-Honorarbefragung für eine geeignete Schätzungsgrundlage. Der BVSK ist der größte Zusammenschluss freiberuflicher qualifizierter Kfz-Sachverständiger und zählt 950 Mitglieder. Regelmäßig wird eine Honorarbefragung durchgeführt. Aufgrund der Größe des Verbandes liefert die Befragung somit ein durchaus repräsentatives Ergebnis hinsiehtlich der üblicherweise in dieser Branche verlangten Honorare. Konkrete Gründe, die die BVSK-Liste als geeignete Schätzungsgrundlage erschüttern könnten, wurden seitens des Beklagten nicht dargetan. Eine Einholung eines Sachverständigen als Beweismittel für die Erforderlichkeit und Üblichkeit der Sachverständigenkosten ist aufgrund der rückwärtsbezogenen Ermittlungsmethoden als ungeeignet anzusehen. Denn bei der Abfrage durch den Sachverständigen müsste der Zweck der Abfrage offengelegt werden, so dass keine gravierenden Unterschiede zu der BVSK-Honorarbefragung zu erwarten sind.

d) Aufgrund der zeitlichen Nähe zum Unfallereignis und zu der Abrechnung des Sachverständigen, ist die BVSK-Honorarbefragung 2013 als Schätzungsgrundlage heranzuziehen.

Der Bundesgerichtshof geht dabei grundsätzlich von der Zulässigkeit einer Berechnung des Sachverständigenhonorars in Relation zur Schadenshöhe aus (BGH, Urteil v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, Rn. 15, m.w.N., zit. nach juris). Dabei kann der Gutachter eine Pauschale berechnen. Eine genaue Aufstellung nach der aufgewendeten Zeit ist gerade nicht erforderlich. Neben dem Grundhonorar sind grundsätzlich auch die gesondert aufgeführten Nebenkosten erstattungsfähig. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Arbeitsleistung nicht pauschal abgerechnet werden soll und daneben noch die tatsächlich angefallenen Auslagen. Diese Abrechnungsart ist nicht zu beanstanden, zumal sie auch von Gebührenordnungen wie zum Beispiel dem RVG gewählt wird. Auch das Landgericht Saarbrücken hat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2012 (13 S 109/10, Rn. 39, m.w.N., zit. nach juris) festgestellt, dass neben der Pauschale grundsätzlich weitere Nebenkosten abgerechnet werden können, ohne dass im Ergebnis eine Erstattungsfähigkeit der Kosten grundsätzlich verneint werden kann. Aus diesem Grund können sowohl die Schreibkosten als auch die Kosten für Fotografien abgerechnet werden.

Sämtliche in der Rechnung vom 4.5.2015 aufgeführten Positionen bewegen sich innerhalb des Honorarbereich V (Korridor), in dem je nach Schadenshöhe zwischen 50 % und 60 % der BVSK Mitglieder ihr Honorar berechnen. Auch die Entfernung von 50 Kilometern ist ebenfalls noch angemessen.

Die in Rechnung gestellten Kosten sind daher üblich im Sinne des § 632 Abs. 1 BGB.

4. Diese sind auch erforderlich. Der Geschädigte war auch nicht aus einer etwaigen Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB dazu verpflichtet, Vergleichsangebote einzuholen und einen womöglich günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Vielmehr darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (OLG Saarbrücken, Urteil v. 08.05.2014 – 4 U 61/13, Rn. 125, zit. nach juris).

a) Weil es im Gegensatz etwa zu dem Mietwagengeschäft bei Kfz-Sachverständigen an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, geschweige denn an allgemein zugänglichen Preislisten, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, mithin an verbindlichen Richtgrößen für die Honorarbemessung fehlt, wird der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen (daher hat der Bundesgerichtshof die Übertragung der Grundsätze zu Mietwagenkosten auf Sachverständigenkosten auch ausdrücklich verneint, BGH Urteil v. 23.01.07 – VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450, 1452). Der Geschädigte kann von dem Schädiger erst dann nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet (LG Saarbrücken, Urteil v. 22.06.2012 – 13 S 37/12, Rn. 26, m.w.N., zit. nach juris).

b)  Den Geschädigten trifft daher auch nicht die Obliegenheit, einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu beauftragen (Oetker in: Münch/Komm zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 249, Rn. 400) und Marktforschung zu betreiben. Ein Auswahlverschulden kann erst im Falle einer evidenten Überhöhung angenommen werden.

c)  Bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich der Sachverständige bei der Bemessung seiner Vergütung nicht in einem vertretbaren Rahmen hält, kann der Geschädigte davon ausgehen, dass sich der Sachverständige im Rahmen des ihm eingeräumten billigen Ermessens bei der Vergütungsbemessung hält. Es ist dem Geschädigten hingegen nicht zuzumuten, ohne konkreten Anlass auf eine genauen Aufschlüsselung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu bestehen oder es auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen hinsichtlich der Angemessenheit dieser Kosten ankommen zu lassen (AG Kaiserslautern, Urteil v. 24.08.2010 – 3 C 988/10). Hat demgemäß der Geschädigte – wie hier der Fall – keinen Hinweis darauf, dass die für das Gutachten in Rechnung gestellten Gebühren völlig aus dem üblichen Rahmen fallen bzw. in keinerlei vernünftigem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, so kann er diese Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen. Demzufolge sind auch die Kosten zu erstatten, die am oberen Rand der am örtlichen Markt üblichen Vergütung (AG Kaiserslautern v. 24.08.2010 – 3 C 988/10) oder minimal darüber liegen.

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH, Urteil v. 11.02.2014, aaO., Rn. 8, m.w.N., zit. nach juris).

Umstände, die auf die Erkennbarkeit der Überhöhung hindeuten würden, sind indes nicht ersichtlich. Es obliegt der Beklagten die Möglichkeit darzulegen und zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlasen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadenminderung ergriffen hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil v. 11.02.2014, aaO., Rn. 11) genügt dafür noch nicht mal die Überschreitung der Höchstsätze der Honorarbefragung. Allein die Höhe der Kosten selbst ist ebenfalls nicht geeignet, einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zu begründen. Dass die Geschädigte hieraus schon erkennen konnte, dass der Sachverständige möglicherweise Honorarsätze verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, kann nicht angenommen werden. Der Geschädigten musste auch nicht das Ergebnis einer Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorar bekannt sein (OLG Saarbrücken, Urteil v. 08.05.2014, aaO., Rn. 131, zit. nach juris). Es mag sein, dass Fotokosten von 1,50 € und Schreibkosten von 2,50 € je Seite jedenfalls für Personen, die öfters mit Abrechnungen von Sachverständigen zu tun haben, hoch erscheinen. Das gilt aber nur bei isolierter Betrachtung dieser Positionen. Für einen Laien ist – auch im Maßstab eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen – regelmäßig nicht nachzuvollziehen, welche sonstigen Kostenaufwendungen hinter der Fertigung von Fotos, deren Einfügung in das Gutachten und dem Ausdruck stehen. Gleiches gilt für Schreibkosten und Kopierkosten. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die gegnerische Versicherung eine Kopie des Gutachtens verlangt. Würde der Geschädigte selbst Kopien anfertigen, wären diese Kosten als kausaler Schaden ebenfalls von dem Schädiger zu ersetzen. Andernfalls würde der Schädiger privilegiert werden. Dem durchschnittlichen Laien sind zudem die internen Vorgänge im Rahmen der Gutachtenerstellung nicht bekannt und dürfen nicht vorausgesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass diese Kosten hier ohnehin nur einen geringen Teil der Gesamtrechnung des Sachverständigen ausmachen, auf die allein sich der Blick des Geschädigten regelmäßig richten wird, kann er daraus eine willkürliche Überhöhung mangels hinreichender Sachkenntnis nicht ableiten (so LG Kaiserslautern, Urteil v. 14.06.2013, 3 O 837/12; v. 05.07.2013, 3 O 67/13). Selbst die Beklagte hat einen Betrag in Höhe von 430 € als erforderlich und angemessen erachtet und diesen zum Ausgleich gebracht. Für einen Laien war es schwer zu erkennen, dass eine Überhöhung in Höhe von lediglich noch 77,70 € im Vergleich zu der Gesamtrechnung in Höhe von 507,70 € vorlag.

5. Somit betragen die erstattungsfähigen Sachverständigenkosten 507,70 €, auf die die Beklagten 430,00 € bereits gezahlt hat. Somit sind die noch beantragten 77,70 € zum Ausgleich zu bringen.

6. Der Anspruch auf die Zahlung der Zinsen folgt aus §§ 280, 288, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Dr. S.-B.
Richterin am Amtsgericht

Beschluss

Der Streitwert wird auf 77,70 € festgesetzt.

Dr. S.-B.
Richterin am Amtsgericht

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, RDG, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu AG Kaiserslautern verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher, an Erfüllungs Statt abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 10.10.2015 – 12 C 693/15 – .

  1. RA Schwier sagt:

    FACTORING bietet erhebliche Vorteile bei der effektiven Durchsetzung der Ansprüche, denn der buchhalterische Aufwand, insbesondere die Buchung der USt. bindet enorm viel Arbeitskraft, da jede Menge Buchungen anfallen. Von den Gerichtskosten angefangen bis hin zu der USt. auf die Rechtsanwaltsgebühren.

    @ALL weiß einer der Beteiligten, ob die Factoring Firma letztlich noch Abschläge bei dem Sachverständigenhonorar vornimmt?

  2. Karle sagt:

    @RA Schwier

    „weiß einer der Beteiligten, ob die Factoring Firma letztlich noch Abschläge bei dem Sachverständigenhonorar vornimmt?“

    Sofern es sich bei der Factoring Firma nicht um Mutter Theresa handelt, kann man wohl stark davon ausgehen?

    Nach VI ZR 357/13 (Abtretung an Erfüllungs statt) bietet Factoring keine Vorteile (mehr), sondern kann mächtig in die Hose gehen.

    Geschädigter gegen Schadenverursacher (VN der Versicherung) ist Trumpf (VI ZR 225/13)

  3. RA Schwier sagt:

    @Karle

    „Sofern es sich bei der Factoring Firma nicht um Mutter Theresa handelt, kann man wohl stark davon ausgehen?“
    Dann bin ich sowas wie Mutter Theresa, denn verdient wird über die RA-Gebühren. Außerdem strengt man sich dann auch noch an, wenn es nur um gewonnene Urteile geht.
    Aber die Kosten habe ich bereits erfahren.

  4. Käpt´n Blaubär sagt:

    Bei der Klage gegen den Halter besteht das Marktverhalten der Versicherer im Verstoss gegen §79 II ZPO.
    Auch diese Baustelle wurde nun eröffnet.
    Anwälte wehrt euch!

  5. Juri sagt:

    RA Schwier. „FACTORING bietet erhebliche Vorteile bei der effektiven Durchsetzung der Ansprüche“

    Aha – ja?? Wo haben Sie das denn her?? Sie haben da immer schnell eine Meinung bei der Hand. Vielleicht erst einmal recherchieren und prüfen und dann vielleicht…

  6. Werner H. sagt:

    Willi,
    ich wünsche dir selbstverständlich ebenfalls fröhliche Weihnachtstage. Das gilt auch für die übrigen Autoren und die Redaktion von Captain-Huk.
    Willi, du erinnerst an Hape Kerkeling, der mal gesagt und geschrieben hat, dass er dann mal weg ist. Dann begab er sich auf eine Pilgerreise von der französischen Grenze bis nach Santiago de Campostella. Zwischendurch fragte er sich, ob nicht der liebe Gott doch in Wattenscheid wohnt. Aber letztlich erreichte er das Ziel und schrieb ein Buch. Ich hoffe nicht, dass du mit deiner Äußerung „ich bin dann mal weg“ es dem Hape Kerkeling nachmachen willst. Erstens ist die Jahreszeit zu schlecht dafür und zum Zweiten dauert es zu lange, da du ja am 28. Dezember wieder zurück sein willst. Ich freue mich auf jeden Fall auf deine neuen Urteilsberichte ab dem 28. Dezember 2015, wohlgemerkt!
    Frohe und besinnliche Stunden Dir und der Redaktion. Das habt ihr verdient!!

  7. RA Schwier sagt:

    @Juri
    Ich betreibe keine Fatoring, aber man muss sich einmal den Aufwand bei der korrekten Buchung der USt. ansehen. Was ich meine ist, dass eben diese Buchungen einen derartigen Aufwand (Honorar, unbekanntes Honorar nach Klageinreichung, usw.) einen nicht erheblichen Arbeitsaufwand darstellen. Über die Arbeit der Factoring Firmen kann ich nicht viel sagen, aber ich weiß, dass jedes Mandat individuell bearbeitet werden muss. Wenn dies nicht gewährleistet ist -und ich rede im Prinzip von der Abtretung Erfüllungs statt, inkl. Kostenrisiko für die Facroting Firma- dann sehe ich da schon Vorteile, da mit Abtretung das ausstehende Honorar abgegolten werden sollte, d.h. ohne weitere Kosten, weil die RA-Gebühren der eigentliche Anreiz sein sollte.
    So verstehe ich Factoring im eigentlichen Sinne.

  8. Bösewicht sagt:

    @Juri

    So ganz Unrecht hat der RA Schwier nicht. Bei mittleren Büros, welche keine eigene Buchhaltung haben, kann das Factoring schon einige Vorteile haben. Zu diesen Zeiten hatten wir es auch noch benutzt (siehe fast alle erstrittenen „Factoring-Urteile“ hier).

    Neben den Kosten (welche bei immer größer werdendem Volumen doch recht beachtlich wurden) war mir das Verklagen der Versicherung mit BVSK-Bezugnahme ein Dorn im Auge.

    Nun gibt es für Abwicklungen ab dem 1. Januar 2016 eine „Empfehlung“ nach BVSK 2015 mit den lächerlichen Nebenkosten, welche mich vom Stuhl kippen ließ.

    Dies hatte aber für den Arbeitsmarkt eine positive Folge; es wurde bei uns eine neue Vollzeitstelle geschaffen. Hier geht nun endlich alles wieder den richtigen Weg -> AST direkt gegen VN. Mit guten Rechtsanwälten im Background bleibt die Liquidität auch gewährleistet …

    Beste Grüße und frohe Weihnachen
    Bösewicht

  9. RA Schwier sagt:

    @Bösewicht
    Genau die mittleren und kleinen Büros hatte ich im Auge. Für diese biete ich es aber gerne an, die Verwaltungsarbeit möglichst gering zu halten, denn auch in Anwaltsbüros ist dieser Aufwand der Grund, warum Kleinstbeträge ungern eingeklagt werden.
    ICh handhabe es mit einer schmalen Vorauslage der Gerichtskosten sowie einer Rechnungsstellung zum Abschluss des Falles. Wahlweise wird die UST. auf die RA-Kosten vom eingeklagten Betrag einbehalten oder eine einzige USt.-Rechnung zum Abschluss des Verfahrens gestellt. Dies ist auch der Grund, warum die Bearbeitung einer SV-Klage weniger als 2 Stunden in Anspruch nimmt, so dass es auch wirtschaftlich ist, diese Beträge einzufordern.

  10. Karle sagt:

    @RA Schwier

    Ihre Werbeaktivitäten gegenüber den Sachverständigen in allen Ehren.
    Aber die Klage aufgrund einer Abtretung an Erfüllungs statt ist nach VI ZR 357/13 völlig out – quasie gestorben. Factoring bei den Sachverständigenkosten kostet in Zukunft mehr als es bringt und beschert uns darüber hinaus noch jede Menge Schrotturteile. Auch bei der abgetretenen Forderung „Erfüllungshalber“ gibt es noch jede Menge Risiken. Die besten Aussichten zur Beitreibung des vollständigen Schadensersatzes ist eine Klage des Geschädigten gegen den Schadenverursacher (VI ZR 225/13). Alles andere geht in Richtung russisches Roulette.

  11. Bösewicht sagt:

    @Karle

    Mit Ihrer Meinung gehe ich vollkommen konform. Die Vorgehensweise AST gegen VN ist der Königsweg. Es gibt allerdings immer wieder Kunden, die absolut keinen Anwalt wollen !? Trotz Beratung, trotz eigenem Ratgeber in gedruckter Form, trotz Hinweis auf Captain-HUK im Anschreiben! Diese Kunden sind aber dennoch potentielle Empfehler, sodass wir an diese nur im absoluten Einzelfall herantreten. Hier bleibt dann nur noch ausbuchen, oder eine Klage aus abgetretenem Recht. Mit dem hiesigen Amtsgericht kann man (noch) umgehen und das Risiko zu unterliegen liegt im mittleren Bereich.

    Grüße
    Bösewicht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert