AG Perleberg verurteilt VN der HUK-COBURG aus abgetretenem Recht zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 11.6.2015 – 11 C 407/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

vom Ruhrgebiet geht es weiter in den Landkreis Prignitz in Brandenburg. Nachstehend veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Perleberg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Es zeigt sich, dass immer häufiger wegen des Restschadensbetrages nicht mehr der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer, der ohnehin gekürzt hatte, sondern dessen Versicherungsnehmer oder der Unfallverursacher persönlich in Anspruch genommen werden. Damit erfährt der Schädiger, wie sein Haftpflichtversicherer reguliert. Damit wird auch das feine Image der Versicherer, als korrekte Schadensregulierer dazustehen, leicht widerlegt. In diesem Fall legte das Gericht nicht die BVSK-Tabelle, sondern die VKS/BVK-Honorarbefragung zugrunde. Im Übrigen ließ  sich die junge Richterin durch die Schriftsätze der HUK-Anwälte nicht aufs Glatteis führen. Sie nahm Bezug auf die letzte Rechtsprechung des BGH und nahm eine Indizwirkung an, die durch die Beklagtenseite nicht widerlegt wurde. Bekanntlich trägt nämlich die Schädigerseite die Darlegungslast dafür, dass der Geschädigte hätte erkennen können, dass die berechneten Kosten erheblich deutlich über den üblichen Preisen der Branche liegen. Dieser Darlegung ist die Beklagtenseite nicht nachgekommen. Im Übrigen waren die berechneten Kosten auch objektiv nicht überhöht. Lest selbst die Entscheidung des AG Perleberg vom 11.6.2015 und gebt bitte Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

Az.: 11 C 407/14

Amtsgericht Perleberg

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Perleberg
durch die Richterin S.
auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.2015

für  R e c h t  erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 91,79 Euro nebst Zinsen in Hohe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2014 zu zahlen.

2.    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Az.: 11 C 407/14

Protokoll

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Perleberg am Donnerstag,
11.06.2015 in Perleberg

Gegenwärtig:

Richterin S.

Das Protokoll wurde gemäß § 160 a ZPO vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet.

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

erscheinen bei Aufruf der Sache:

1.         Klägerseite:
.            •    Kläger in Person

2.         Beklagtenseite:
.            •   für die Beklagte Rechtsanwalt ..

Sitzungsbeginn: 09:00 Uhr

Im Rahmen der Güteverhandlung führt das Gericht in den Sach- und Streitstand ein. Eine gütliche Einigung kommt nicht zustande. Es wird in die mündliche Verhandlung übergegangen.

Das Gericht weist darauf hin, dass es die Klage vorliegend – wie bereits mit Verfügung vom 13.04.2015 ausgeführt – als begründet erachtet.

Die Ausführungen der Beklagtenseite in ihrem Schriftsatz vom 13.05.2015 sind nicht geeignet, die Rechtsauffassung des Gerichts zu ändern. Auch hier geht der BGH in seiner Entscheidung vom 22.07.2014 von einer subjektbezogenen Schadensbetrachtung aus und erkennt den Rechnungsbetrag nur dann nicht als Schaden an, wenn die berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den Preisen liegen. Im Übrigen fehlt es insoweit an einer Vergleichbarkeit als es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Abtretung an Erfüllungs statt handelt.

Das Gericht legt der Beklagten zur Vermeidung weiterer Kosten die Abgabe einer Anerkenntniserklärung nahe. Die Beklagtenseite wünscht eine streitige Entscheidung.

Das Gericht beabsichtigt mit Blick auf Streitwert ein Urteil in der mündlichen Verhandlung zu erlassen und die tragenden Gründe in das Protokoll aufzunehmen.
Der Kläger stellt den Antrag aus der Antragsschrift vom 26.10.2014 (Blatt 10 der Akte).

Der Beklagtenvertreter stellt den Klageabweisungsantrag wie mit Schriftsatz vom 02.02.2015 (Blatt 29 der Akte).

e. u. v.

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 91,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seitdem 18.09.2014 zu zahlen.

2.   Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.   Streitwert: 91,79 Euro

Die Entscheidung beruht prozessual auf § 313a ZPO und wird von den folgenden Überlegungen getragen:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus abgetretenem Recht zu, § 7 Abs. 1 StVG, §§ 249 ff. BGB i. V. m. § 398 BGB.

Die Beklagte ist für den Unfall zu 100 % einstandspflichtig.

Bei den geltend gemachten Sachverständigenkosten handelt es sich um einen ersatzfähigen Schaden.

Kosten eines vom Geschädigten eines Verkehrsunfalls eingeholten Privatgutachtens sind grundsätzlich nach § 249 BGB ersatzfähig, sofern sie zweckmäßig sind und den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen nicht übersteigen (BGH NJW 2007, 1450 ff.). Hierbei kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, Urteil vom 30.11.2004 – VI ZR 365/03).

Soweit der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13).

An der Zweckmäßigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehen im Fall des Unfallschadens keine Bedenken. Gleiches gilt für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten. Die Bewertung der Erforderlichkeit richtet sich nach der Sicht eines verständig und wirtschaftlich denkenden Geschädigten, der nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachtet. Die Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, erfordert eine subjektbezogene Schadensbetrachtung (BGH, Urteil vom 1102.2014 – VI ZR 225/13; Urteil vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13). Nur wenn der Geschädigte erkennen konnte, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige eine Vergütung verlangt, die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigt, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden träfe oder die Überhöhung derart evident wäre, dass eine Beanstandung von ihm verlangt werden müsste, wenn also für den Geschädigten als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen.

Nach dem vorliegenden Maßstab ist eine fehlerhafte Auswahl des Sachverständigen durch den Geschädigten oder eine evidente Überhöhung der Forderung nicht erkennbar. Der Sachverständige orientierte sich bei seiner Rechtslegung an einer VKS/BVK-Honorartabeile. Dass der Sachverständige überhöhte Nebenkosten ansetzt, war für den Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar. Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war der Geschädigte nicht verpflichtet. Eine Gesamtvergütung von 621,79 Euro ist bei einem Reparaturwert von 2.883,76 Euro nicht evident überhöht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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