Nun liegen die Urteilsgründe zum BGH-Urteil über die fiktive Kaskoschadensabrechung vom 11.11.2015 – IV ZR 426/14 – vor.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier nun können wir Euch das BGH-Urteil des IV. Zivilsenates zur fiktiven Abrechnung eines Kaskoschadens in voller Länge vorstellen. Die Pressemitteilung hatten wir ja bereits am 12.11.2015 hier veröffentlicht. Von der Versicherungswirtschaft wurde das Urteil als Erfolg gewertet, während es tatsächlich eine Niederlage war. Der BGH hat nämlich die Rechte des Kasko-Geschädigten gestärkt. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch einen schönen Abend
Willi Wacker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IV ZR 426/14                                                                       Verkündet am: 11. November 2015

In dem Rechtsstreit

BGH, Urteil vom 11. November 2015 – IV ZR 426/14 – LG Berlin
.                                                                                    AG Berlin-Mitte

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 44 des Landgerichts Berlin vom 15. Oktober 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Versicherungsleistungen nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein bei der Beklagten vollkaskoversicherter Mercedes beschädigt wurde. Die Einstandspflicht der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Das Fahrzeug wurde bisher nicht repariert.

In Ziffer A.2.7.1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 2008 heißt es:

„Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

a)  Wird das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert, zahlen wir die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.7.1.b.

b)  Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6.“

Der Kläger begehrt eine Schadenregulierung entsprechend einem von ihm beauftragten Gutachten, in dem auf Basis der Stundenverrechnungssätze einer Mercedes-Fachwerkstatt ein Reparaturkostenaufwand von 9.396,24 € ermittelt worden ist. Er macht geltend, dass er sein Fahrzeug stets in der Mercedes Benz Vertragswerkstatt habe warten und reparieren lassen.

Die Beklagte regulierte den Schaden dagegen entsprechend einem von ihr eingeholten Gutachten, dem die Lohnkosten einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde liegen und das auf dieser Basis Nettoreparaturkosten von 6.425,08 € ermittelte. Die Differenz von 2.971,16 € nebst Zinsen und vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten ist Gegenstand der Klage.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.   Dieses hat ausgeführt, erforderlich seien die Reparaturkosten, die ein verständiger Versicherungsnehmer aufwenden müsse, um den durch ein versichertes Kaskoereignis entstandenen Schaden vollständig und fachgerecht beseitigen zu lassen. Dieser Begriff stelle auf objektive und nicht auf subjektive Momente ab; darauf, wie sich der Versicherungsnehmer ohne Versicherungsschutz verhalten würde, komme es nicht an. Da es zwischen den Parteien außer Streit stehe, dass die Reparatur des Fahrzeugs auch in einer markenfreien Fachwerkstatt zu einer vollständigen und fachgerechten Reparatur führe, seien nur die dort anfallenden Kosten als erforderlich im Sinne der AKB anzusehen. Für die vom Amtsgericht befürwortete Übertragung der Grundsätze aus dem Haftungsrecht fehle es an einer tragfähigen Begründung. Die im Schadensersatzrecht bestehende Dispositionsfreiheit des Geschädigten gelte für die Kaskoentschädigung gerade nicht. Die Klausel sei auch nicht unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB.

II.  Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamm NZV 2006, 541 Rn. 29 [zur Bootskaskoversicherung]; Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 3; Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 23. Aufl. § 249 BGB Rn. 18; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 A.2.6 ff. Rn. 16; FAKomm-VersR/Kreuter-Lange, AKB 2008 Rn. 117) davon aus, dass maßgeblich allein das vertragliche Leistungsversprechen des Versicherers ist und die gesetzlichen Vorschriften zum Schadensersatz keine Anwendung finden.

Für die Auslegung, welche Kosten als für die Reparatur erforderlich im Sinne von A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sind, gelten die allgemeinen Maßstäbe. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 22. April 2015 – IV ZR 419/13, VersR2015, 706 Rn. 12 m.w.N.; st. Rspr.).

2. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, können – auch fiktive – Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt nach diesen Grundsätzen je nach den Umständen des Einzelfalles als „erforderliche“ Kosten im Sinne von A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sein (so generell MünchKomm-WG/Krischer, KraftfahrtV Rn. 267). Dies ist zum einen dann zu bejahen, wenn die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfolgen kann, zum anderen aber regelmäßig auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder aber um ein solches handelt, das der Versicherungsnehmer bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.

a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird schon nach dem Wortlaut der Klausel davon ausgehen, dass ihm im Versicherungsfall diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Betroffener in seiner Lage tätigen würde, um das beschädigte Fahrzeug wieder fachgerecht herzustellen.

aa) Danach sind Aufwendungen für die Fahrzeugreparatur in einer markengebundenen Werkstatt immer dann erforderlich, wenn aufgrund der Art der anfallenden Reparaturarbeiten nur dort eine vollständige und fachgerechte Reparatur durchgeführt werden kann.

bb) Neben den technischen Notwendigkeiten wird der Versicherungsnehmer aber auch den Werterhalt seines Fahrzeugs in den Blick nehmen. Er wird deshalb berücksichtigen, dass insbesondere bei neuwertigen Fahrzeugen, die noch einer Herstellergarantie unterliegen, die Reparatur in einer Markenwerkstatt weitgehend üblich ist, dies darüber hinaus aber auch bei einem älteren Fahrzeug in Betracht kommen kann, wenn dieses in der Vergangenheit zur Erhaltung eines höheren Wiederverkaufswerts stets in einer Markenwerkstatt gewartet und repariert worden ist („scheckheftgepflegt“), weil bei einem großen Teil des Publikums insbesondere wegen fehlender Überprüfungsmöglichkeiten die Einschätzung vorherrscht, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Kraftfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fachgerecht erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 15). Dagegen wird die Reparatur eines älteren Fahrzeugs in einer Markenwerkstatt nicht mehr als üblich anzusehen sein, wenn das Fahrzeug bereits in der Vergangenheit in freien Werkstätten repariert worden ist oder wenn vom Hersteller vorgesehene Wartungsarbeiten nicht durchgeführt worden sind.

b) In dem Verständnis, dass es für die Frage der Erforderlichkeit der Kosten nicht ausschließlich auf die technisch einwandfreie Instandsetzung des Fahrzeugs ankommen muss, wird sich der Versicherungsnehmer durch den Zweck der Versicherung bestärkt sehen. Mit dem Ab-schluss einer Fahrzeugkaskoversicherung erstrebt er in der Regel nicht nur den Schutz vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen hinsichtlich des eigenen Fahrzeugschadens bei selbst verschuldeten Unfällen, sondern auch die Befreiung vom Risiko der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen den Unfallgegner bei unklarer Haftungslage. Die Praxis zeigt, dass Versicherungsnehmer es in derartigen Fällen vielfach vorziehen, ihren Fahrzeugschaden beim eigenen Kaskoversicherer zu regulieren und diesem die Prüfung eines Regresses beim Unfallgegner zu überlassen. Dass der Umfang ihres Anspruchs gegen den Versicherer insoweit generell hinter dem zurückbleiben soll, was im Schadenfall von einem haftpflichtigen Unfallgegner verlangt werden kann (vgl. dazu BGH, Urteile vom 29. April 2003 – VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1 unter II 2; vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 7 f.; vom 22. Juni 2010 – VI ZR 302/08, VersR 2010, 1096 Rn. 6 und VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 5 f.; vom 13. Juli 2010 – VI ZR 259/09, VersR 2010, 1380 Rn. 6; vom 15. Juli 2014 – VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 28. April 2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 ff.), wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Begriff der erforderlichen Kosten jedenfalls nicht entnehmen.

c)  Er wird sich in diesem Verständnis durch den Umstand bestärkt sehen, dass am Markt zunehmend Tarife mit Werkstattbindung angeboten werden, bei denen sich der Versicherungsnehmer verpflichtet, im Reparaturfall eine vom Versicherer ausgesuchte Werkstatt zu beauftragen, was von diesem mit einem niedrigeren Beitrag honoriert wird (vgl. Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 12; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 A.2.6 ff. Rn. 23a). Dies weckt beim Versicherungsnehmer die Erwartung, sein Fahrzeug gegebenenfalls auch in der teureren markengebundenen Werkstatt reparieren lassen zu dürfen, wenn er einen solchen Tarif gerade nicht gewählt und statt dessen eine höhere Prämie bezahlt hat (vgl. hierzu und zu dem vorstehend unter b) erörterten Gesichtspunkt auch LG Hamburg r+s 2014, 168 f.).

d)  Einer entsprechenden Auslegung des Begriffs der erforderlichen Kosten steht – anders als die Beklagte meint – schließlich nicht das in E.3.2. AKB 2008 enthaltene Weisungsrecht des Versicherers entgegen. Diese Bestimmung lautet:

„Vor Beginn der Verwertung oder der Reparatur des Fahrzeugs haben Sie unsere Weisung einzuholen, soweit die Umstände dies gestatten, und diese zu befolgen, soweit Ihnen dies zumutbar ist. …“

Damit steht das Weisungsrecht des Versicherers von vornherein unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit der Einzelweisung für den Versicherungsnehmer. Dies schließt es aus, dass Weisungen erteilt werden, die das in A.2.7 AKB 2008 gegebene Leistungsversprechen des Versicherers auf Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten einschränken oder sonst den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers zuwiderlaufen (vgl. hierzu Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 12; BT-Drucks. 16/3945 S. 80; weitergehend Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 E.3 Rn. 3).

Im Streitfall kommt es auf die Reichweite des Weisungsrechts im Einzelnen schon deshalb nicht an, weil der Kläger, der keine Reparatur durchführen ließ, sondern den Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet, nicht gehalten war, eine Weisung einzuholen.

e) Sind Kosten der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt nach dem vorstehenden Maßstab als erforderlich im Sinne von A.2.7.1 a) AKB 2008 anzusehen, so gilt dies auch für den Anspruch nach A.2.7.1 b) AKB 2008, also bei einer Abrechnung fiktiver Reparaturkosten auf Gutachtenbasis. Beide Regelungen enthalten denselben Begriff der „erforderlichen Kosten“, so dass eine Differenzierung dem Grunde nach nicht erfolgt. Ein Unterschied besteht lediglich insoweit, als für den Fall einer nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht durchgeführten Reparatur eine andere, niedrigere, nämlich um den Restwert verminderte Obergrenze der ersatzfähigen Reparaturkosten vereinbart ist.

3. Allerdings trägt der Versicherungsnehmer für die Umstände, die eine Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt als erforderlich erscheinen lassen, die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich insoweit um eine Anspruchsvoraussetzung hinsichtlich der entsprechend höheren Kosten handelt. Er muss daher entweder darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die dortige Reparatur zur vollständigen und fachgerechten Instandsetzung des Fahrzeugs notwendig war, oder wenn das – wie im Streitfall unstreitig – nicht der Fall ist, dass eine der oben unter Ziffer 2 genannten Voraussetzungen vorliegt. Zur Höhe dieser Kosten genügt er seiner Darlegungslast auch – wie im Streitfall geschehen – durch Zugrundelegung der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Münch-Komm-VVG/Krischer, KraftfahrtV Rn. 267).

III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil es zur Beantwortung der Frage, ob im Streitfall die Kosten der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt zu ersetzen sind, weiterer Feststellungen bedarf. Zwar ist im erstinstanzlichen Urteil festgestellt, dass der Kläger den Pkw regelmäßig in einer solchen Werkstatt warten ließ; aus den vorliegenden Schadengutachten ergeben sich aber – worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist – zwei Vorschäden, von denen einer repariert und der andere nicht repariert worden ist. Insoweit bedarf es zum einen der Aufklärung, wo die durchgeführte Reparatur vorgenommen worden  ist,   und zum  anderen der Aufklärung,  aus welchen Gründen der zweite Schaden nicht repariert worden ist. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, diese Feststellungen nach ergänzendem Parteivortrag nachzuholen.

Mayen                                         Harsdorf-Gebhardt                                     Dr. Karczewski
.                       Lehmann                                                    Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 01.02.2013 – 114 C 3023/12 –
LG Berlin, Entscheidung vom 15.10.2014 – 44 S 106/13 –

Urteilsliste “fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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10 Antworten zu Nun liegen die Urteilsgründe zum BGH-Urteil über die fiktive Kaskoschadensabrechung vom 11.11.2015 – IV ZR 426/14 – vor.

  1. Buschtrommler sagt:

    Ui…da steckt Zündstoff drin für die Leute, die zwischen den Zeilen lesen können….zum Nachteil von Geschädigten…!

  2. Kai sagt:

    Ich halte das Urteil für fragwürdig, denn der normale VN entscheidet sich bei Vertragsschluss zwischen

    (a) Vertrag mit Werkstattbindung

    (b) Vertrag ohne Werkstattbindung, dafür mit höherer Prämie

    Und bei der fiktiven Abrechnung, die nach Kasko-Bedingungen der tatsächlichen Abrechnung bzgl. der Reparaturkosten gleichgestellt ist (Ausnahme lediglich die Mehrwertsteuer) soll jetzt plötzlich der VN, obwohl der (b) gewählt und bezahlt (!) hat, unter Umständen doch wieder auf eine Werkstatt nach (a) verwiesen werden? Und wenn er nicht die Werkstatt nach (a) will, muss er Geld aufwenden um zu beweisen, dass er Anspruch auf (b) hat, was er sowieso schon bezahlt hat…

    Die Begründung des Senats hakt gar fürchterlich! 11.11. als Urteilsdatum lässt einen Karnevalsscherz vermuten, aber das Lachen vergeht mir bei solch einer Begründung…

    Der VN, der sich für (b) entschieden und bezahlt hat, muss zwingend seine fiktive Abrechnung nach der Wahl seiner Werkstatt vornehmen können.

    Der Satz „Neben den technischen Notwendigkeiten wird der Versicherungsnehmer aber auch den Werterhalt seines Fahrzeugs in den Blick nehmen.“ wird ein Punkt sein, auf den verstärkt eingegangen werden muss: Ist der merkantile Minderwert bei Reparatur des Fahrzeugs in einer Vertragswerkstatt genauso hoch, höher oder geringer als bei Reparatur in einer Partnerwerkstatt des Versicherers?

    Jetzt darf sich jeder selbst Gedanken machen…

    Viele Grüße

    Kai

  3. Iven Hanske sagt:

    WW welche Rechte wurden hier gestärkt, ich sehe hier, entgegen der Pressemitteilung, den Erfolg für die Versicherer, da in dem ganzen Gedöns eins neu ist, der VN hat darzulegen bzw. zu beweisen und der Versicherer braucht keinen Gegenbeweis um seine Ziele in den Raum zustellen.
    Leute was ist hier bloß los?
    Kein Verweis laut BGH 18.3.2014 – VI ZR 10/13 ist nun Schnee von gestern oder gilt entgegen dem GG nicht für Privat.

    Die Darlegungslast des Versicherer laut BGH VI ZR 267/14 vom 28.04.2015 ist nun auch Schnee von gestern, jetzt wird die sekundäre Beweislast des VN, welche es nicht gibt, erklärt.

    Nun braucht der Versicherer kein Select mehr anbieten, da eh fast alle Select sind, die Preise werden bestimmt nach unten angepasst ;-).

    Z.B. Er, Sie oder Es kauft für 8000,00 Euro netto einen gebrauchten Sprinter 3 Jahre alt und 90000 Km runter, der Vorbesitzer hat die ersten Inspektionen und alle Reparaturen bei Mercedes und letzte Wartung (Ölwechsel und gucken), da aus der Garantie, beim nicht Markengebundenen durchgeführt, nun hat er einen Hagelschaden laut Markenwerkstatt von 4400,00 Euro netto und den teuren Kaskovertrag ohne Select. Den Hagelschaden wird er nicht reparieren, da dieser auf dem Dach nicht sichtbar ist, also nicht stört, sondern nur den Fahrzeugwert mindert.
    Was macht die Versicherung? Sie schickt Ihren Gutachter, der erklärt die Reparatur im Hinterhof auf 1500,00 Euro, den Widerbeschaffungswert auf 8000,00 Euro und den Restwert auf 7500,00 Euro.
    Was zahlt die Versicherung? 500,00 Euro abzüglich SB von 150,00 Euro = 350,00 Euro
    Was macht der VN? Er freut sich das er hochgestuft in den nächsten Jahren mehr als 350,00 Euro bezahlen muss oder stresst sich auf Seine Kosten mit der nun ungewissen Darlegungslast (wird mit Sicherheit Klage folgen müssen) oder zieht die Schadensanzeige zurück und in der HIS ist gespeichert, dass das Fhz. nur noch 3600,00 Euro (8000,00 – 4400,00) Wert hat, da der VN hätte darlegen können, warum er Anspruch auf eine Marken gebundene Werkstatt hat.
    So z.B. die Durchrostungsgarantie des Herstellers, achso geht ja auch nicht, denn die hübschen Abrechnungsschreiben erklären ja im Nachhinein die Übernahme dieser Garantie, so lieber BGH jetzt können sich die VN, auch noch Ihrer Herstellergarantie beraubt, auf eine Garantie vom meist unseriösen Regulierer verweisen lassen.
    Diese Versicherungslobbyisten spannen einen roten Faden der den Verbraucher diskriminiert und nun auch den BGH erreicht hat.
    Ohne roten Faden galt noch 18.3.2014 – VI ZR 10/13 keine Verweisung (jetzt wohl nur noch für öffentliche Betriebe) und VI ZR 267/14 vom 28.04.2015 Darlegungslast beim Versicherer.
    Leute was ist hier bloß los?

  4. Rüdiger sagt:

    @ Iven Hanske

    Der IV. ist doch der „Versicherungssenat“, also der Senat FÜR die Versicherer. Siehe auch ARD-Fernsehbeitrag vom 17.08.2015 – Stichwort „Felsch“.

    Beim VI. geht der (Versicherungs)Betrug natürlich nur undercover. Dort sorgt der Seminartourist „IM Saarland“ seit 15 Jahren für das leibliche Wohl der Versicherungsmafia.

    Und alles nur, damit die Geldsilos so richtig überquellen, wodurch der eine oder andere Dukaten als „Seminargage“ zur Verfügung steht. Jetzt verstehe ich auch den Begriff „Geldkreislauf“.

  5. Jörg sagt:

    Allenthalben Selbstbedienung und Klientelpolitik. Da wundern sich diese Herrn Politiker, wenn die Leute die Nase voll haben von diesem korrupten Staat und Pegida wählen. Verstehen kann ich das schon, auch wenn ich es für mich ablehne. Aber wer weiß was noch kommt? Die Nazis kamen damals auch aus einer solchen Gemengelage heraus ans Ruder. Haben die gegenwärtigen Politiker das nicht kapiert, einfach nur vergessen oder sind sie zu blöd dazu? Die damalige Justiz und Rechtsprechung war maßgeblich und verantwortlich an diesem Erfolg und der daraus resultierenden Katastrophe beteiligt.

  6. Vaumann sagt:

    @Jörg
    nicht immer zu blöd,aber immer öfter zu faul,zu geldgeil und zu eigennützig.

  7. Iven Hanske sagt:

    Was werden wohl die BGH Richter denken, wenn Sie solche Kommentare lesen? Oh so nicht gewollt oder jetzt fliegen wir auf oder egal Hauptsache mein Geldbeutel ist gefüllt oder oder oder……

  8. Joda Besserwisser sagt:

    Der BGH hat schön ausgeführt, dass der Begriff der Erforderlichkeit auch nach Kaskogesichtspunkten einen Verweis ermöglicht. Passt aber bitte auf, denn das heißt im Ergebnis, dass man auch bei einer konkreten Abrechnung bei den gleichen Voraussetzungen verweisen kann. Denn „Erforderlichkeit“ wird für fiktiv und konkret genau gleich beschrieben!
    Wartet nur auf den ersten Versicherer der schreibt: Wir haben Ihnen die Kosten der Reparatur bei (Markenwerkstatt) nicht vollständig erstattet, denn erforderlich im Kaskosinne war nur (Freie Werkstatt).
    Schön wäre wenn die Bedingungen das klarer rausstellen, dass die guten Versicherer das nicht tun….

  9. Juri sagt:

    Jörg says: 10. Dezember 2015 at 18:37 „Allenthalben Selbstbedienung und Klientelpolitik….

    Nun ist das eingetreten was Jörg o. vorher sagte. Am letzten Sonntag gab’s die Quittung – geschrieben auf einem A f D – Briefbogen. Nur weiter so. Im Herbst folgt der zweite Akt, dann in Berlin.

  10. virus sagt:

    Mindestens ein Versicherer hat seine Sachbearbeiter gleich nach Bekanntwerden des Urteils angewiesen, entgegen dem BGH, weiterhin Kürzungen bei der Fiktiv-Abrechnung vorzunehmen.

    Der finanzielle Schaden, den BGH-Richter des 6. Senats ohne Rechtsgrundlage den verunfallten Kfz-Versicherten zugefügt haben, dürfte über die Jahre – zum Wohle der Versicherungswirtschaft – im zehnstelligen Bereich anzusetzen sein.

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