AG Leipzig spricht mit Urteil vom 1.10.2015 – 110 C 1850/15 – gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG die fiktiven Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall zu.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser

die HUK-COBURG will vermutlich in Leipzig mit dem Kopf durch die Wand. Dass man sich dabei erhebliche Kopfschmerzen beibringt, hat sie offenbar nicht bedacht? In dem Rechtsstreit, der dem nachfolgend dargestellten Urteil des AG Leipzig vom 1.10.2015 – 110 C 1850/15 – zugrunde liegt, hatte die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG die geltend gemachten und im Schadensgutachten aufgeführten Verbringungskosten für den Transport zum Lackierer nicht erstattet, obwohl sie im dortigen Raum üblich sind. Und prompt fällt die HUK-COBURG – zu Recht – mit ihrer Schadensersatzkürzung auf die Nase. Ein Blick in das Büchlein von Herrn Bundesrichter Wellner mit dem Titel „BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden“, Seite 131, 132 hätte schnell Aufschluss gebracht. Dort ist nämlich aufgeführt, dass für den Fall, dass eine fiktive Abrechnung möglich ist, die üblichen Preise einer regionalen Markenfachwerkstatt zugrunde zu legen sind. Das gilt grundsätzlich auch für UPE-Aufschläge und Verbringungskosten, wenn diese üblicherweise bei einer dortigen Reparatur anfallen. Bei BMW-Fahrzeugen ist das im Raum Leipzig, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, der Fall. Lest selbst das Urteil aus Leipzig zur fiktiven Abrechnung mit den geltend gemachten – und zugesprochenen – Verbringungskosten gegen die HUK-COBURG und gebt dann bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 110 C 1850/15

Verkündet am: 01.10.2015

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK COBURG Allgemeine Versicherung AG, Schadenaußenstelle Leipzig, Querstraße 16, 04097 Leipzig

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht T.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2015 gemäß § 313a ZPO am 01.10.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 149,40 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit dem 16.10.2014 zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Streitwert: 149,40 Euro

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von restlichem Schadensersatz in Höhe von 149,40 Euro gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 VVG, § 249 ff BGB. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Kläger kann hier auch noch weitere Verbringungskosten in Höhe von 149,40 Euro verlangen.

Gemäß § 249 BGB kann der Geschädigte nur den Betrag ersetzt verlangen, der objektiv erforderlich ist oder war, das heisst die Aufwendungen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschadigten machen würde (Palandt/Grüneberg, BGB Kommentar 73. Auflage 2014, § 249 BGB, Randziffer 12).

Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflußen kann, so ist er nach dem Begriff zu Schadens und Zweck des Schadensersatzes und dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtepunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Hiergegen hat der Kläger nicht verstoßen. Er kann Verbringungskosten auch als Nettobeträge geltend machen.
Schon die Änderung des § 249 Abs, 2 BGB durch das Schadensrechtsänderungsgesetz vom 01.08.2002 zeigt, dass eine fiktive Abrechnung anderer Schadenspositionen als der Umsatzsteuer nicht ausgeschlossen sein soll, denn der Gesetzgeber hat nur diese von der fiktiven Abrechnung ausgenommen (AG Berlin-Mitte, NJW 2008, S. 529/530).

Auch liegt kein Verstoß gegen das Verbot vor, den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, besser zu steilen, als denjenigen, der konkret abrechnet. Bei dieser Argumentation handelt es sich um einen Zirkelschluss, da bei der fiktiven Abrechnung noch gar nicht feststeht, ob Verbringungskosten nicht anfallen (AG Berlin-Mitte, NJW 2008, S. 529/530). Würde man die Verbringungskosten in Abzug bringen, würde die Dispositionsfreiheit des Geschädigten wesentlich eingeschränkt. Es würde ihm auferlegt, einen aufwendigen Preisvergleich der einzelnen Werkstätten zu erstellen und die Werkstätten auszusuchen, die keine Verbringungskosten vornehmen. Hierzu ist der Geschädigte nicht verpflichtet, wenn jedenfalls weit verbreitet Verbringungskosten bei Werkstätten üblich sind (vgl. LG Aachen, NZV 2005, S. 649) oder wenn Verbringungskosten bei einer Reparatur in einer regionalen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen (so auch jetzt Grüneberg in Palandt BGB, Kommentar 73. Auflage 2014, § 249 BGB, Randziffer 14, in Abweichung zur 72. Auflage).

Abgesehen davon, dass der Klager im hiesigen Prozess substantiiert vorgetragen hat, dass Verbringungskosten auch bei der Reparatur in der BMW Werkstatt, … , … Leipzig, anfallen, und zwar konkret bei einer Reparatur in Höhe von 149,40 Euro hat der Kläger auch ein Gutachten des Sachverständigen … vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass Verbringungskosten in Höhe von 149,40 Euro kalkuliert sind.

Der Kläger ist nicht verpflichtet, aufwendige Informationen einzuholen, um festzustellen, ob eine Werkstatt in Leipzig und Umgebung nun doch keine Verbringungskosten berechnet.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “Verbringungskosten” zum Download >>>>>

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