Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 31.01.2008 (31 C 2529/07-23) dem Geschädigten die in dem Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen aufgeführten Stundenverrechnungssätze sowie auch die Ersatzteilzuschläge zugesprochen.
Aus den Gründen:
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus dem Verkehrsunfall vom 31.05.2007 in Frankfurt am Main ein weiterer Schadensersatzanspruch zu, gerichtet auf weitere 139,96 €.
Dem Grunde nach steht die alleinige Haftung der Beklagten für die aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schäden des Klägers nicht im Streite.
Zum Umfang des Schadensersatzanspruches:
1. Gekürzter Stundenlohn:
Der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf die Kosten zu veweisen, die durch eine Reparatur im von den Beklagten vorgeschlagenen Fachbetrieb entstehen würden. Der Kläger legte bezüglich der klageweise geltend gemachten rechtlichen Schadensersatzforderung die in dem von ihm eingeholten Privat- Sachverständigengutachten vom 05.06.2007 errechneten Stundensätze zugrunde. Die Beklagte hat die Erfüllung dieses restlichen Schadensersatzanspruches unter Hinweis auf die Stundenverrechnungssätze des Karrosseriefachbetriebes Karosseriebau in Wetzlar zu Unrecht abgelehnt.
Der Kläger kann als Geschädigter den Betrag erstattet verlangen, der objektiv erforderlich ist im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation. Auch wenn der Schaden auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens fiktiv geltend gemacht wird, ist diesem Grundsatz Rechnung zu tragen. Es genügt bei einer fiktiven Schadensabrechnung daher im Allgemeinen, dass der Geschädigte den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen läßt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Der Geschädigte muss eine Kürzung der für die der Sachverständigenschätzung zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze nur hinnehmen, wenn ihm eine ohne weiteres und mühelos zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit zur Verfügung steht (vergl. BGH vom 29.04.2003 -VI ZR 398/02-, sog. Porsche-Urteil, zitiert nach juris). Der Fall einer solchen Verweisung auf niedrigere Stundenverrechnungssätze ist gegeben, wenn die gegnerische Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung dem Geschädigten einen markengebundenen Kraftfahrzeugmeisterbetrieb im näheren räumlichen Umfeld des Klägers benennt, dessen Stundenverrechnungssätze günstiger sind als die im Sachverständigengutachten angenommenen Stundenverrechnungssätze (vergl. LG Berlin vom 21.06.2006, -58 S 75/06- zitiert nach juris). Diesen Umstand hat der Gegner darzulegen und ggfs. zu beweisen (BGH a. a. O.; AG Dortmund vom 07.06.2005, 121 C 909/05, zitiert nach juris). Nach dem Vortrag der Beklagten handelt es sich bei der von der Beklagten eingebrachten Fachwerkstatt um einen Kfz-Meisterbetrieb. Eine Reparatur der hier betroffenen Fahrzeugmarke wird nach den Richtlinien der Fahrzeughersteller durchgeführt. Es werden Originalersatzteile verwendet. Die eingesetzten Fachkräfte sind Spezialisten auf dem Gebiet für Karosserie- und Lackreparaturen. Es besteht eine 3-Jahres-Garantie auf alle ausgeführten Arbeiten. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist die Fachwerkstatt zur Durchführung der Reparatur im konkreten Fall grundsätzlich zwar geeignet. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, aufgrund derer die vorzunehmende Reparatur nur von einer markengebundenen Fachwerkstatt durchgeführt werden könnte. Weitere entscheidene Voraussetzung für die Kürzung der Stundensätze ist jedoch nach Rechtssprechung des BGH, dass die von dem Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze in einer markengebundenen Fachwerkstatt nicht anfielen oder gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens erkennbar seien. Der BGH führt hierzu im sog. Porsche-Urteil diese zwei Voraussetzungen auf, unter denen sich der Geschädigte auf eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertigere Reparaturmöglichkeit verweisen lassen muss. Hierbei formuliert er ausdrücklich: „die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Porschevertragswerkstatt“. Hieraus ergibt sich deutlich, dass auf eine markengebundene Fachwerkstatt (nämlich in dem vom BGH zu entscheidenden Fall eine Porsche-Vertragswerkstatt) abgestellt werden darf. Danach muss der Geschädigte sich nur dann auf eine günstigere Werkstatt verweisen lassen, wenn es sich um eine andere Fachwerkstatt mit Markenbindung zum gleichen Hersteller handelt, die dem Geschädigten ohne weiteres zugänglich sind und günstigere Stundenverrechnungssätze als im Gutachten angeführt fordert (Anmerkung Diehl zu AG Reutlingen in zfs 2006, 450, zitiert nach juris). Für die Ermittlung des gemäß § 249 nach objektiven Kriterien zur Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrages ist der Betrag abzusetzen, der für eine vollständige, vollwertige und fachgerechte Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt benötigt wird. Dies gilt im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich dort, in einer anderen Werkstatt, in eigener Arbeit oder gar nicht reparieren lässt (vergl. BGH a. a. O.). Der Kläger hat zur konkreten Feststellung des ihm durch das Unfallereignis entstandenen Schadens einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, der die Reparaturkosten offensichtlich auf der Grundlage kalkuliert hatte, dass die Reparatur unter Heranziehung durchschnittlicher Stundenverrechnungssätze durchgeführt wird. Vorliegend macht der Kläger sogar nur ein wenig geltend, indem er sich auf den ortsüblichen mittleren Stundensatz bezieht, der sich aus dem Privatgutachten ergibt. Damit hat er die an ihn als Herrn des Restitutionsgeschehens zu stellenden Anforderungen erfüllt. In den ihm durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung durch Schadensersatz gezogenen Grenzen ist er frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vergl. dazu statt vieler BGH a. a. O.) Der Geschädigte ist nicht dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren oder es zur Reparatur in eine bestimmte Werkstatt zu geben. Erst recht kann er nicht dazu verpflichtet sein, sich hinsichtlich des erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB auf eine bestimmte Werkstatt verweisen zu lassen, die ihm unbekannt ist und gegenüber dem beklagten Versicherungsunternehmen gegenüber den gutachterlich geschätzten Beträgen besonders günstige Beträge in Rechnung stellt. Dies würde der Dispositionsfreiheit des Geschädigten zuwiderlaufen. Denn er wäre trotz einer möglichen fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis quasi auf die Abrechnung der möglichen Kosten in einer bestimmten Werkstatt beschränkt. Zudem widerspricht dies auch den Grundsätzen zur Ermittlung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, weil dieser eben nicht durch bestimmte, besonders günstige Stundenverrechnungssätze einer bestimmten Werkstatt, die zudem auf einer Sondervereinbarung des Versicherers mit dieser Werkstatt beruhen, bestimmt wird oder darauf beschränkt ist (vergl. hierzu LG Bochum, Urteil vom 12.09.2007 -11 S 14/07; LG Bochum vom 09.09.2005 -5 S 79/05-).
Die dem Privatgutachten zugrundeliegenden Stundensätze hat die Beklagtenseite im Einzelnen nicht angegriffen, sondern im Gegenteil darauf verwiesen, dass eine Regulierung bei durchgeführter Reparatur ohne Probleme zu diesen Sätzen erfolgt wäre. Auch sonstige Mängel des Gutachtens sind nicht vorgebracht. Auch ist das Gutachten seinem Inhalt nach durch die Beklagten nicht konkret angegriffen worden. Das von der Beklagtenseite angeführte Alter des Klägerfahrzeuges ist im Rahmen der Beurteilung dieser Frage rechtlich unerheblich (vergl. BGHZ 155, 1 ff.).
2. abgezogene Ersatzteilzuschläge:
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger auch Anspruch auf die im Privatgutachten in Ansatz gebrachten Ersatzteilaufschläge. Die Festlegung des erforderlichen Geldbetrages erfolgt grundsätzlich auf der Basis eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige muss also eine Prognose darüber erstellen, welche Kosten bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallen. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Aufschläge ist der Sachverhalt nicht anders zu beurteilen, als hinsichtlich sonstiger vom Sachverständigen ermittelter Kosten für Material oder Arbeitszeit für den Fall einer Reparatur (vergl. LG Aachen NZV 2005, 649; Fischer NZV 2003, 262, 265). Hiernach hat der Kläger ohne konkreten Nachweis des Entstehens einen Anspruch auch auf die Aufschläge. Dass diese vorliegend bei der Reparatur in einer örtlichen Fachwerkstatt regelmäßig nicht anfallen, haben die Beklagten bereits nicht substantiiert dargelegt (vergl. LG Bochum Urteil vom 19.10.2007 -5 S 168/07-).
3. Die allgemeine Kostenpauschale ist mit 20,00 € ausreichend bemessen.
4. Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Zinsanspruch zu.
Immer wieder das gleiche Thema – Was sagt der BGH ? – interessiert uns nicht, da die Folge hieraus für uns zu teuer ist!
Lassen wir uns mal verklagen und sehen, wie das Urteil des Instanzgerichtes ausfällt.
Langfristig wird wohl der eingeschlagene Weg kostspieliger sein, als auf der Grundlage der Rechtmäßigkeit zu regulieren. Ausdauer der Geschädigten führt in jedem Fall zum Erfolg.
Also Geschädigte, wehrt Euch mit Hilfe Eures Sachverständigen und Eures Rechtsanwaltes gegen die Machenschaften einzelner Versicherer.
Gruss Franz511