Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Bad Homburg v.d.H. geht es weiter nach Hamburg. Nachfolgend geben wir Euch hier ein positivs Urteil aus Hamburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Generali Versicherung bekannt. Die – gelinde gesagt unsinnige – Argumentation der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Beauftragung des Sachverständigen hat das ekennnende Gericht zu Recht zurückgewiesen. Weshalb und warum der Geschädigte gerade diesen Sachversständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt, ist für die eintrittspflichtige Kfz-Versicherung völlig unerheblich. Der Geschädigte ist in der Wahl des Sachverständigen völlig frei. Er kann den Sachverständigen auswählen, der seinen Intessen am besten entspricht. Ob er ihn dann aus dem Branchenbuch auswählt oder aufgrund eines Rates des Nachbarn oder der Werkstatt, ist irrelevant, weil das Wahlrecht der Dispositionsfreiheit des Geschädigten entspricht. Selbst wenn dann der Sachverständige aus abgetretenem Recht den Schadensersatzanspruch auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten geltend macht, handelt es sich nach wie vor um einen Restschadensersatzanspruch. Es kommt daher auf die Ex-ante-Sicht des Geschädigten und nicht auf die des Sachverständigen an. Wann merken sich die Versicherungen das einmal? Das nachfolgend dargestellte Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus 22041 Hamburg. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg
Az.: 35a C 401/15
Urteil gemäß § 495a ZPO
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Generali Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Wienfried Spieß, Adenauerring 11, 81737 München
– Beklagte –
erkennt das Amtsgericht Hamburg – Abteilung 35a – durch die Richterin Dr. A. am 30.11.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 5.5.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.10.2015 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
-(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I. Von der Erstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist unzweifelhaft nicht zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR nicht übersteigt, vgl. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, und die Berufung nicht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen wird.
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt. Die Parteien sind mit Verfügung vom 6.10.2015, der Klägerseite am 12.10.2015 und der Beklagtenseite am 9.10.2015 zugestellt, auf die Möglichkeit einer abschließenden Entscheidung ohne Verkündungstermin nach Ablauf jeder gesetzten Frist hingewiesen worden.
II. Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Zahlung von weiteren 72,29 EUR Sachverständigenkosten als Schadensersatz gemäß § 398 BGB i.V.m. §§ 7, 17, 18 Abs. 1 StVG, § 115 VVG, § 249 BGB wegen eines Schadens am Fahrzeug seiner Kundin B. M. K. mit dem amtlichen Kennzeichen … bei einem Verkehrsunfall am xx.4.2015 am Millerntorplatz, Höhe Glacischausee, in Hamburg, an dem auch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beteiligt war.
a. Der Kläger ist aktivlegitimiert, da die Geschädigte ihm den Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten wirksam abgetreten hat, vgl. § 398 BGB. Insbesondere ist die Abtretungserklärung vom 21.4.2015 (Anlage K 1) ausreichend bestimmt bzw. bestimmbar, da dem Kläger ausdrücklich der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des Klägers abgetreten wurde (vgl. BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10, juris Rn. 8).
b. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Die Beklagte hat auf die Gesamtrechnung des Klägers vom 23.4.2015 in Höhe von 428,70 EUR brutto (Anlage K 4) vorgerichtlich bereits eine Zahlung in Höhe von 356,41 EUR geleistet.
c. Dem Kläger stehen auch die weiteren 72,29 EUR Sachverständigenkosten zu, da es sich um erforderliche Aufwendungen im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB handelt. Erforderlich sind Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Der Geschädigte ist unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu währen. Entscheidend ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung, d.h. mit Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13, juris Rn. 7 BGH, 22.7.2014, VI ZR 357/13, juris Rn. 15). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit der Kosten. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13, juris Rn. 9 BGH, 22.7.2014, VI ZR 357/13, juris Rn. 15).
Nach diesen Grundsätzen waren die Kosten für das Sachverständigengutachten hier erforderlich, da sie nicht für die Geschädigte erkennbar deutlich über den üblichen Preisen liegen. Unabhängig davon, ob hier eine Monorarvereinbarung, auch über die in Rechnung gestellten Nebenkosten vorliegt, indiziert der Rechnungsbetrag (428,70 EUR), dass es sich um erforderliche Aufwendungen handelt. Anhaltspunkte dafür, dass die Rechnung insgesamt für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht war, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte meint selbst, dass die Kosten lediglich um rund 72 EUR, d.h. rund 17 %, zu kürzen sind. Insbesondere steht die Gesamtrechnung in Höhe von 428,70 EUR nicht erkennbar in einem Missverhältnis zur Höhe der Reparaturkosten laut dem Schadensgutachten vom 22.4.2015 (Anlage K 3), d.h. 3.955,65 EUR netto. Dies entspricht der Wertung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Reparaturkosten in Höhe von 1.050,00 EUR netto, und damit deutlich niedrigeren Reparaturkosten als im vorliegenden Fall, Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 534,55 EUR nicht erkennbar überhöht waren, die sich im Einzelnen zusammensetzten aus einem Grundhonorar in Höhe von 260 EUR, Kosten für 8 Lichtbilder á 2,80 EUR in Höhe von 22,40 EUR, Telefon-, Büro- und Schreibkosten in Höhe von 75 EUR sowie Fahrtkosten für 51km á 1,80 EUR in Höhe von 91,80 EUR, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer (BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13, juris Rn. 9 ff.). In einem anderen Urteil hat der Bundesgerichtshof lediglich beanstandet, dass das Berufungsgericht eine pauschale Beschränkung der Nebenkosten auf 100 EUR vorgenommen hatte und den Instanzgerichten aufgegeben, der Schätzung gemäß § 287 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde zu legen (BGH, 22.7.2014, VI ZR 357/13, juris Rn. 17 ff.). Nach diesen Maßgaben waren die Sachverständigenkosten im vorliegenden Verfahren auch unter Berücksichtigung der Nebenkosten aus Sicht der Geschädigten nicht erkennbar überhöht und somit im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen.
Den Einwänden der Beklagten, wonach hier entscheidend sei, dass zum einen die Geschädigte nicht selbst klage und die Auswahl des Sachverständigen nicht von dieser allein, sondern mithilfe einer Werkstatt oder eines Rechtsanwalts erfolgt sei, sodass es nicht auf die Sicht der Geschädigten ankommen könne, und zum anderen nur bei vollständiger Zahlung der Rechnung durch die Geschädigte eine Indizwirkung der Rechnung über die Sachverständigenkosten bestehe, folgt das Gericht nicht. Zum einen entsteht der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten unabhängig davon, ob die Kosten durch die Geschädigte beglichen wurden. Bei einer Geltendmachung durch die Geschädigte kommt es zudem auf ihre Sicht in Bezug auf eine Erkennbarkeit überhöhter Kosten an. Dies gilt auch dann, wenn sie sich bei der Auswahl eines Sachverständigen beraten lässt, da letztlich sie den Sachverständigen beauftragt und sich grundsätzlich diesem gegenüber zur Zahlung verpflichtet. Der Anspruch wird jedoch durch die Abtretung inhaltlich nicht verändert, sodass es keinen Unterschied machen kann, ob die Geschädigte den Anspruch geltend macht, oder der Sachverständige aus abgetretenem Recht. Zum anderen kann das Gericht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattung von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall keine solche Einschränkung entnehmen.
Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte für einen von der Beklagten eingewandten Rechtsmissbrauch ersichtlich. Unabhängig davon, ob hier eine Honorarvereinbarung auch über die berechneten Nebenkosten vorliegt, hat die Geschädigte ihren Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Kläger abgetreten. Im Übrigen steht die Gesamthöhe der Rechnung auch unter Einbeziehung der Nebenkosten nicht außer Verhältnis zu den Reparaturkosten.
2. Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung foigt aus §§ 286, 288 BGB; derjenige in Bezug auf die Nebenforderung folgt aus §§ 291, 288 BGB.
a. Dem Kläger stehen Zinsen auf die Hauptforderung aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 286, 288 BGB ab 5.5.2015 zu. Die Beklagte war durch die ernsthafte und endgültige Zahlungsverweigerung zum Zeitpunkt der lediglich anteiligen Zahlung vom 4.5.2015 in Verzug geraten, vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, da sie eine weitere Zahlung verweigerte und erklärte, dass das Honorar den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung übersteige.
b. Zudem stehen dem Kläger Zinsen auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ab Rechtshängigkeit gemäß §§ 291, 288 BGB zu.
3. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zu.
Rechtsanwaltskosten, sind grundsätzlich als durch den Verzug verursachte Kosten der Rechtsverfolgung ersatzfähig (Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 286 Rn. 45 m.w.N.). Die Beklagte war durch die ernsthafte und endgültige Zahlungsverweigerung zum Zeitpunkt der lediglich anteiligen Zahlung vom 4.5.2015 in Verzug geraten, vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Nachdem die Beklagte nur einen Teil der Sachverständigenkosten gezahlt hatte, forderte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte nach Verzugseintritt mit Schreiben vom 21.5.2015 (Anlage K 5) zur Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrags nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf. Die Beauftragung einer Rechtsanwältin war auch erforderlich und zweckmäßig im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB, da der Kläger darauf vertrauen durfte, dass das Schreiben einer mit der Spezialmaterie des Verkehrsschadensrechts vertrauten Rechtsanwältin eher zum Erfolg führen dürfte, und ein weitere Kosten verursachendes Gerichtsverfahren abwenden könnte.
Insgesamt kann der Kläger Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe der geltend gemachten 1,3-Geschäftsgebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 2300 W RVG nach einem Gegenstandswert von 72,29 EUR nebst Kostenpauschale gemäß Nr. 7002 W RVG in Höhe von 20 EUR verlangen, mithin 70,20 EUR. Eine 1,3-Gebühr war hier angemessen.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
IV. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Hi, Willi,
wer bei einer Schadenshöhe von 3.955,65 EUR netto abgerechnete Gutachterkosten von 428,70 EUR als
überhöht behauptet und dann 72,29 € kürzt, dessen Zurechnungsfähigkeit muss bezweifelt werden, denn das ist erkennbare Provokation in Reinkultur und als solche wohl auch eine strategische Variante des GDV-Syndikats. Die Richterin Dr. A. hat völlig zu Recht das Verhalten der Generali-Versicherung gerügt und dieser ihre Schadenersatzverpflichtung verdeutlicht. Die Spekulation auf ein andersartig geartetes Urteil hat sich damit für diesen erneuten Versuch der Generali-Versicherung als eine Fehlinvestition erwiesen. Schade ist nur, dass nicht der Schädiger oder die Schädigerin verklagt wurde, was in der Sache vielleicht besser angekommen wäre. Jedenfalls hat das AG Hamburg hier wieder einmal ein Urteil präsentiert, das deutlich macht, mit welchen unsinnigsten Überlegungen eine Art „Gebührenordnung“ durch div. Mitglieder des GDV angestrebt wird.
K.I.
@
Hätte bei mir 745,00 € Brutto gekostet (15,5%).
Das liegt schon auch an den Sachbearbeitern, allerdings artet es nun schon in Schikane aus vom Feinsten.
Erst kürzlich wurde mir von der „Haderlumpen“ und „Kriminellenvereinigung aus Coburg“ über 50% Honorar gestrichen. Schadensumme € 11.500.- brutto GA – Honorar € 860,0 brutto!
Das GA war nicht erforderlich, Geschädigter hat gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen.!!
Mittlerweile wissen das aber schon sehr viele Kunden, dass nicht der SV beschissen werden kann, sondern er der Geschädigte selbst das Opfer ist.
Eher erleben wir, dass sich selbst geflüchtete Analphabeten integrieren, als dass Vorstände und Sachbearbeiter dieser oben genannten „Haderlumpen und Kriminellenvereinigung aus Coburg“ etwas dazulernen.
Mittlerweile bekommt der Begriff „Versicherungsbetrug“ immer mehr Bedeutung.
@Hirnbeiss….das wird sich evtl. erst dann ändern, wenn die Gehälter auch um 50 % gekürzt und Boni gestrichen werden…!