AG Frankfurt am Main verurteilt mit hervorragender Begründung die HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung rechtswidrig vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten mit Urteil vom 20.11.2014 – 32 C 2383/14 (46) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nach dem kritisch zu betrachtenden Urteil des AG Münster im Falle der LVM geben wir Euch hier wieder ein positives Urteil aus Frankfurt am Main zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG wird auch immer dreister bei der Schadensregulierung. In dem vom Amtsgericht Frankfurt entschiedenen Fall wurden – sage und schreibe –  269,37 € (in Worten: Zweihundertneunundsechzig Euro und siebenunddreißig Cent) gekürzt. Diese Kürzung durch die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG war durch nichts gerechtfertigt. Folgerichtig hat der Geschädigte gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen, damit er zu seinem Recht kommt, wie es im Gesetz steht. Nur mit Hilfe des Gerichts wurde die HUK-COBURG zur vollständigen Schadensersatzleistung bei einhundertprozentiger Haftung  der HUK-COBURG verurteilt. Damit zeigte sich, dass die von der HUK-COBURG vorgenommene, eigenmächtige Kürzung rechtswidrig war. Zu Recht hat das Gericht auf die beiden Grundsatzurteile des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann) und vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH DS 2014, 90 = NJW 2014, 1947 ) sowie auf die Entscheidung des OLG Naumburg in NJW-RR 2006, 1029 hingewiesen. Mit diesen Grundsatzentscheidungen ist eigentlich alles gesagt. Aber der HUK-COBURG schmecken diese gegen sie ergangenen Entscheidungen nicht, so dass sie immer weiter rechtswidrig kürzt. So sieht eben Beratungsresistenz der HUK-COBURG aus. Lest aber selbst das hervorragende Urteil der jungen Richterin des AG Frankfurt und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main                                                        Verkündet It. Protokoll am:
Aktenzeichen: 29 C 2383/14 (46)                                                      20.11.2014

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG ges.vertr.d.d.Vorstand, Lyoner Str. 10, 60524 Frankfurt am Main

Beklagte

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Richterin S. im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO mit Schriftsatzschluss vom 02.10.2014 für Recht erkannt:

1.       Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 269,37 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2014 zu zahlen.

2.       Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3.       Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a I 1 ZPO abgesehen, weil gegen das Urteil ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht zulässig ist.

Entscheidungsgründe

I.         Die zulässige Klage ist begründet.

II.       Die Klägerseite hat einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz gegen die Beklagte in Höhe von 269,37 € aus §§18 1, 111,7 1, 17 II i.V.m. 17 I StVG, 249 II, 115 VVG.

Die Haftung der Beklagten zu 100 % ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der durch einen Unfall Geschädigte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung des erförderlichen Herstellungsaufwands. Für die Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes im Sinne von § 249 II BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen, dass weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt sind, eine Preiskontrolle durchzuführen, sofern der Geschädigte jedenfalls den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt (BGH-Urteil vom 23.1.2007, Az. VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450, Tz. 13). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehören Kosten der Einholung eines Schadensgutachtens zu den auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.

Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung bzw. Zahlung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, Urteil vom 30.11.2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 m.w.N.). Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f. m.w.N.).

Da es jedoch bei Kfz-Sachverständigen an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, geschweige denn an allgemein zugänglichen Preislisten mangelt, welche einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, wird der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger erst dann nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029 Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, NJW 2012, 3658).

Ausgehend von diesen Maßstäben durfte der Kläger die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten für erforderlich halten, zumal er als Privatperson regelmäßig keine Kenntnis von den Einzelheiten der Preisgestaltung von Sachverständigengutachten haben dürfte.

Allein der Umstand, dass das Honorar des Sachverständigen ausgehend von der Schadenshöhe pauschaliert wurde (und zudem weitere Nebenkosten geltend gemacht werden), begründet kein Auswahlverschulden des Klägers. Eine solche an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars trägt dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (BGH NJW 2007, 1450).

Selbst wenn man der Beklagten in der Bewertung folgen würde, dass das vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar überhöht ist, liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor, dass dieses den Kläger zum Zeitpunkt der Beauftragung oder Zahlung der Rechnung hätte bewusst sein müssen. Ein Auswahlverschulden ist dem Kläger nicht anzulasten.

Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 II 1 BGB, weil sich in ihr die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der-vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig niederschlagen. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet somit die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrächten Kostenaufwandes mit der Rechnung. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten spielen mithin bei der Prüfung des Erforderlichkeit des Schadensaufwandes eine maßgebende Rolle. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet es das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden, günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urt. v. 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13 – juris).

Dem Kläger kann vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er als Laie hätte erkennen können, dass der Sachverständige ein überhöhtes Honorar geltend macht. Das Netto-Grundhonorar ist angemessen. Es beträgt vorliegend 25 % des Gesamt-Nettoschaden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 einen Prozentsatz von 25 % für das Grundhonorar nicht beanstandet.

Auch die Nebenforderungen halten einer Überprüfung stand. Es kommt darauf an, ob von dem Geschädigten erwartet werden kann, zu erkennen, dass die Nebenkosten nicht mehr im Rahmen des Üblichen sind. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Nebenforderungen liegen deutlich unter 20% des Grundhonorars, so dass sich alleine hieraus für den Kläger kein Anhaltspunkte ergeben musste, dass diese etwaig (teilweise) unangemessen überhöht sind.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB.

III.    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO.

IV.    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

V.      Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordern, § 511 IV Nr. 1 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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