Mit Urteil vom 16.04.2010 (19 C 48/10) hat das AG Nettetal die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 307,21 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage hat teilweise Erfolg, im übrigen war sie abzuweisen.
Im Rahmen der unstreitig gegebenen Einstandspflicht der beklagten Versicherung für die durch den Unfall verursachten Schäden des Klagers am 20.07.2009, steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Ersatz der unfallbedingten Mietwagenkosten zu, sofern sie zur Schadensbehebung erforderlich sind. Solches sind nach dem sogenannten „Porsche-Urteil“ des BGH (vergl. BGH NJW 2005, 1933 – 1935) nur diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte hat zwar unter dem Gesichtspunkt der Geringhaltung des Schadens im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren ihm möglichen den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Im allgemeinen ist davon auszugehen, dass der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Dieser Grundsatz kann jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen in Fällen, in denen sich ein besonderer Unfallersatztarif für Mietwagen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, so dass aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag nicht ohne weiteres mit einem solchen Unfallersatztarif gleichgesetzt werden kann. Dieser Rechtsprechung trägt der Klager hier dadurch Rechnung, dass er nicht Ersatz der kompletten Kosten aus der Mietwagenrechnung der Firma X verlangt, sondern sich darauf beschränkt, dass er selbst eine Abrechnung nach der sogenannten Schwacke-Liste vornimmt. Grundsätzlich hält das hiesige Gericht die Schwacke-Liste für eine geeignete Schätzungsgrundlage, um die dem Kläger zustehenden erforderlichen Mietwagenkosten zu berechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt das Gericht nicht der Fraunhofer-Liste, da diese nur die ersten zwei – anstatt drei – Ziffern der Postleitzahl berücksichtigt und sie auf Internetabfragen beruht, wo hingegen die Schwacke-Liste schriftliche Angebotspreise im maßgeblichen Gebiet zugrundelegt. Damit folgt das Gericht der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Berufungsgerichts (vergl. u.a. LG Krefeld 3 S 54/05).
Unter Heranziehung der Schwacke-Liste ergibt sich folgende Berechnung:
Hier ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht ein Mietfahrzeug der Gruppe 4 heranzuziehen, wie sie dem klägerischen Fahrzeug entspricht. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass es sich beim klägerischen Fahrzeug um einen VW Vento handelte, der zum Unfallzeitpunkt über 16 Jahre alt war und eine Laufleistung von über 188.500 km aufwies. Angesichts dieser Umstände musste sich der Kläger bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges eine Vorteilsausgleichung gefallen lassen, die das Gericht im Rahmen seiner Schätzung gemäß § 287 ZPO dadurch vornimmt, dass es hier von dem Schwacke-Mietpreis der Gruppe 3 ausgeht.
Für das hier fragliche Postleitzahlengebiet 413 sieht damit diese einen Tages-Preis von 241,00 Euro vor, der auf 6 Tage zu erhöhen ist, so dass sich Euro 482,00 ergeben. Ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts der Schwacke-Liste ist hierin die gesetzliche Mehrwertsteuer enthalten.
Hinsichtlich des Zuschlages wegen Vollkaskoversicherung ist der arithmetische Mittelwert von 30,00 Euro für drei Tage anzunehmen, mithin insgesamt 80,00 Euro einschließlich Mehrwertsteuer. Was die Zu- und Abholkosten angeht, liegt der arithmetische Mittelwert hier bei 21,00 Euro, so dass insoweit dem Kläger 42,00 Euro zustehen. Damit errechnet sich zugunsten des Klägers insgesamt ein erforderlicher Mietwagenersatzbetrag in Höhe von Euro 584,00. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es im Internet Fahrzeuge für Euro 44,00 gibt, verkennt sie, dass der Kläger nur die ihm zugänglichen Mietwagenunternehmen kontaktieren musste. Dass hier dem Kläger das Internet zugänglich war, ist nicht ersichtlich, so dass er sich an ein im hiesigen Raum befindliches Unternehmen wenden durfte.
Gemäß der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Landgerichts nimmt das Gericht zum Normaltarif eine Erhöhung wegen der vorliegenden Umstände, die unfallbedingt sind, von 15 % gemäß § 287 ZPO vor. Insoweit verzichtet das Gericht auf die Einholung eines für die Parteien sehr teuren Gutachtens, da gemäß der Auffassung des hiesigen Landgerichts dies ein in der Praxis gangbarer Weg zur Schätzung eines angemessenen Tarife für den Kläger darstellt. Allerdings dürfen bei Bemessung dieses Ersatztarifs nicht alle denkbaren Umstände berücksichtigt werden, sondern nur solche, die konkret der Kläger als unfallbedingt hier substantiiert vorträgt. Danach berücksichtigt das Gericht, dass nach dem Unfall für das Mietwagenunternehmen ein höheres Risiko bestand, da – anders als bei anderen Kunden – bei Unfallopfern in der Regel auf dessen Darstellung vertraut werden muss, dass der Schaden von der Gegenseite in vollem Umfange verursacht ist und deshalb das Mietwagenunternehmen ein Quotenausfallrisiko trägt, falls diese Auffassung des Kunden unzutreffend ist und dieser die höhere Rechnung letztendlich nicht bezahlen kann. Auch ist damit zu rechnen, dass das Mietwagenunternehmen, da in der Regel die Versicherung im Rahmen der Unfallabwicklung diese Beträge zahlen, deutlich länger auf sein Geld warten muss als bei Kunden, die im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs einen Wagen mieten wollen. Desweiteren ist von einer unbestimmten Mietdauer auszugehen, da bei einem Unfall nach der Erfahrung des Gerichts es von vielen Unwägbarkeiten abhängt, wie lange ein Geschädigter den Unfallwagen braucht.
Aus diesen Gründen hält das Gericht einen Zuschlag von 15 % auf den vorgenannten Mietwagenpreis für angemessen, aber auch ausreichend, so dass sich zugunsten des Klägers eine erforderlicher Mietwagenschaden in Höhe von Euro 671,60 errechnet. Demgegenüber kann sich der Kläger nicht noch auf eine fehlende Kilometerbeschränkung im Unfallersatztarif berufen. Hier trägt der Kläger schon nicht vor, dass er nach dem Verkehrsunfall das fragliche Mietfahrzeug besonders intensiver nutzte und hierfür ist auch nichts ersichtlich.
Damit stehen dem Kläger – unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von Euro 364,39 – noch Euro 307,21 gegen die Beklagte zu, so dass entsprechend die Beklagte zu verurteilen war.
Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten rechtfertigen sich aus Verzug.
Soweit das AG Nettetal.