Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
von Halle an der Saale geht es weiter nach Saarlouis im Urteilsreigen gegen die HUK-COBURG. Wieder war es die HUK-COBURG, die rechtswidrig die berechneten Sachverständigenkosten kürzte. Da der Geschädigte mit der von der HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Versicherung vorgenommenen unberechtigten Kürzung nicht einverstanden war (warum auch?), nahm er – zu Recht – den Unfallverursacher persönlich in Anspruch und erklärte inzidenter mit der Klage, dass er, der Versicherte, dafür einzustehen hat, was seine Haftpflichtversicherung nicht reguliert. Bekanntlich ist dieser Weg durchaus erfolgsversprechend, damit der Versicherte auch erfährt, wie seine Versicherung Schadensersatz leistet, nämlich unzureichend. Es kam, wie es kommen musste, der Versicherte der HUK-COBURG wurde zur Zahlung dessen verurteilt, was seine Versicherung zu Unrecht gekürzt hatte. Damit erfuhr er, was seine HUK-COBURG von Schadensersatz nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hält. Dieser Weg, den Versicherungsnehmer der eintrittspflichtigen Versicherung wegen des nicht regulierten Schadensersatzes in Anspruch zu nehmen, bedeutet für die Versicherer, sich mit ihren Versicherten auseinandersetzen zu müssen, denn kein Versicherter wird sich klaglos in einen Rechtsstreit hineinziehen lassen, nur weil seine Versicherung unzureichenden Schadensersatz leistet. Insoweit ist dann Unfrieden zwischen Versicherer und seinem Versicherungsnehmer entstanden. Lest selbst das positive Urteil aus Saarlouis zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker
24 C 1329/14 (10)
Amtsgericht Saarlouis
Urteil
im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
…
Beklagte
hat das Amtsgericht Saarlouis
durch den Richter am Amtsgericht M.
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO
am 22.12.2015 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 253,73 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.05.2014 zu zahlen.
2 Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
(gemäß § 495a ZPO)
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.
Unstreitig ist die Beklagte gemäß §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfallereignis in Schwalbach-Elm für die eingetretenen materiellen Schäden vollständig einstandspflichtig.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenliquidationen in Höhe von 253,73 € zu. Das Sachverständigenbüro … wurde von der Unfallgeschädigten beauftragt, ein Sachverständigengutachten über die entstandenen Schäden zu erstellen. Diese Leistung liquidierte dieses mit einem Gesamtbetrag von 793,73 €. Die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallverursacher zahlte vorgerichtlich einen Betrag hierauf in Höhe von 540,00 €.
Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkteines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH NJW 2014, 3151, Rz. 15; BGH VersR 2014,474, Rz. 7; BGHZ 115, 364, 369; BGHZ 160, 377, 383: BGH NJW 2005, 1108). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, BGHZ 163, 362, 367f.). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH, VersR 2004, 1189, 1190 f.). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. BGH NJW 2007, 1450, 1451 m.w.N.).
Grundsätzlich darf der Sachverständige gegenüber dem Geschädigten sein Honorar nach billigem Ermessen gemäß §§ 315, 316 BGB bestimmen. Dies bedeutet nicht freies Belieben, sondern Ausrichtung an sachlichen, den Interessen von Geschädigten und Sachverständigen berücksichtigenden Gründen. Das Sachverständigenbüro … hat im vorliegenden Fall gemäß der Höhe des Schadens abgerechnet. Dass eine solche Abrechnung grundsätzlich zulässig ist, ist durch die Rechtsprechung des BGH anerkannt (vgl. BGH VersR 2014, 474 Rz. 10; BGH NJW 2007, 1450, 1451; BGH NJW 2006, 2472; NJW-RR 2006, 123, 124). Es entspricht auch der Üblichkeit, dass Sachverständige im Gerichtsbezirk pauschal das Grundhonorar abrechnen, wie dem Gericht aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten bekannt ist. Gründe, weshalb hier eine pauschale Abrechnung nicht angemessen sein soll, sind nicht ersichtlich.
Schlussendlich kommt es noch nicht einmal auf die Frage an, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von Letzterem nach „billigem Ermessen“ gem. § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (vgl. BGH NJW 2007, 1450, 1451). Demgemäß konnte das Gericht gemäß § 287 ZPO den erforderlichen Aufwand des Geschädigten schätzen, ohne dass hierfür ein Sachverständigengutachten eingeholt werden musste.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten regelmäßig durch die Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung herangezogenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe ist im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Kosten, soweit diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH VersR 2014, 474). Dem hat sich das saarländische Oberlandesgericht angeschlossen (Urteil vom 8. Mai 2014, 4 U 61/13). Auch das saarländische OLG führt aus, dass zur Darlegung der Schadenshöhe regelmäßig die Vorlage der Rechnung des Sachverständigen genüge, welche im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderliches Betrages bilde, was sowohl für das Grundhonorar als auch die Nebenkosten gelte. In der Rechnung schlage sich regelmäßig nieder, was zur Schadensbeseitigung vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung erforderlich sei. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit reiche vor diesem Hintergrund nicht aus, um die die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Etwas anderes gelte nur, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergäben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die erforderlichen Aufwendungen nehmen würden. Hierzu genüge es aber nicht, wenn die Honorarrechnung die aus der BVSK-Honorarbefragung folgenden Höchstsätze überschreite. Denn dem Geschädigten müssten diese nicht bekannt sein.
In der zitierten Entscheidung des BGH vom 11.2.2014 hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass bei einem Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von rund 1.050 € zuzüglich Umsatzsteuer, ein Sachverständigenhonorar von 534,45 €(= 50,9 % des Nettoschadens), das sich zusammensetzt aus einem Grundhonorar von 260 €, Lichtbildkosten in Höhe von 22,40 €, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75 €, Fahrtkosten/Zeitaufwand in Höhe von 91,80 € (das heißt 1,80 € je Kilometer) sowie die auf den daraus errechneten Betrag entfallende Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht der Höhe des Grundhonorars noch in Anbetracht der Nebenkosten zu beanstanden sei, wobei die Nebenkosten sich allein auf 189,20 € beliefen. Innerhalb seiner Entscheidung vom 11.2.2014 hat der Bundesgerichtshofes ausdrücklich beanstandet, eine Honorarkürzung im Schätzwege allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes vorzunehmen. Das saarländische Oberlandesgericht(Urteil vom 8.5.2014, 4 U 61/13) hat
Nebenkosten in Höhe von netto 279,50 € als schadensrechtlich erforderlich gebilligt innerhalb einer Honorarrechnung von 950,22 € brutto bei einem Reparaturschaden in Höhe von knapp über 4.000 €.
Im vorliegenden Fall hat das Sachverständigenbüro … bei einem Wiederbeschaffungswert von 2.600,00 für das verunfallte Fahrzeug Bruttohonorarkosten von 793,73 € berechnet und zwar auf der Basis eines Grundhonorars von 454 €, EDV-Abrufkosten von 20,00 €, Telefon/Portokosten von 15,00 €, Schreibkosten von 62,00 €, Kopierkosten von 44,00 €, Lichtbildkosten von 34,30 €, Fahrtkosten in Höhe von 11,00 € sowie Kosten des 2. Fotosatzes mit 28,70 € insgesamt also 215,00 € , zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gesamthonorar macht nur ca. 30 % des Nettoschadens aus, ist damit im Verhältnis zu dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Fall insgesamt und auch allein bezogen auf die Nebenkosten verhältnismäßig preisgünstiger.
Nach alledem hätte es der Beklagten oblegen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass der Geschädigte und Zedent bei der Beauftragung des Sachverständigenbüros hätte erkennen müssen, dass dieses ihm ein Honorar berechnen werde, das unbillig oder jedenfalls erkennbar wesentlich überhöht sein würde. Nach der im Schadensrecht geltenden subjektbezogenen Betrachtungsweise hätte die Beklagte ausführen müssen, dass dem Geschädigten die Überhöhung zwingend hätte auffallen müssen. Die Beklagte behauptet aber nicht, dass gerade der Geschädigte über vertiefte Kenntnisse der Abrechnungsgewohnheiten von Unfallschadengutachtern verfügte und daher wusste, dass die Gutachten des Sachverständigenbüros überdurchschnittlich teuer sind, als er den Vertrag mit diesem abschloss.
Mithin ist die Beklagte verpflichtet, das volle Honorar gemäß der Abrechnung des Sachverständigen vom 24,04.2014 in Höhe von 793,73 € zu zahlen. Hierauf wurde von Seiten der Beklagten insgesamt einen Betrag von 540,00 € gezahlt, so dass in Höhe der restlichen 253,73 € ein Zahlungsanspruch besteht.
Die Verzugszinsen finden ihre gesetzliche Grundlage in §§ 286, 288 BGB. Die Höhe der geltend gemachten Zinsen entspricht dem gesetzlichen Zinssatz.
Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden. Eine Entscheidung gemäß § 495a Z.PO war zulässig und geboten. Die Beklagte hat innerhalb der gesetzten Fristen nicht erwidert. Der klägerische Sachvortrag ist daher unstreitig. Weiterhin wird die Streitwertgrenze von 600,00 € nicht überschritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 91a ZPO. Hinsichtlich der Teilerledigung waren die Kosten ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen, da sie voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre. Im übrigen hat sich freiwillig in die Position des unterliegenden begeben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre gesetzlichen Grundlagen in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO).
Und wieder stellt sich ein saarländisches Amtsgericht bewußt gegen die Rechtsprechung der sog. Freymann-Kammer beim LG Saarbrücken. Bewußt wird das ohnehin nicht rechtskräftige Berufungsurteil des LG Saarbrücken, das sich zur Zeit bei dem BGH befindet, mit keinem Wort erwähnt. Bewußt wird auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken und des BGH abgestellt. Prima, so muss es gehen.
Es muss für Herrn Freymann doch enttäuschend sein, wenn nachgeordnete Gerichte seiner Rechtsprechung nicht folgen. Aber es gibt auch Richter, die wenden eben Recht und Gesetz zutreffend in ihren Urteilen an.