Mit Datum vom 25.01.2016 (16 C 142/15) hat das Amtsgericht Hamburg den Einspruch des bei der AachenMünchener versicherten Halters gegen den Erlass eines Vollstreckungsbescheides zurückgewiesen, mit dem gekürzte Sachverständigenkosten in Höhe von 77,10 € zzgl. Zinsen sowie die Kosten einer Halteranfrage geltend gemacht wurden. Dieser hatte sich zwar nach dem Einspruch nicht mehr bei Gericht zu Worte gemeldet, dass Gericht hat jedoch in seiner Entscheidungsbegründung nur teilweise richtig argumentiert. Insbesondere hat das Gericht bei der Frage, ob die geltend gemachten Kosten „deutlich erkennbar“ bzw. „erkennbar erheblich“ überhöht sind, zwar zutreffenderweise den Gesamtbetrag der Rechnung zugrunde gelegt, allerdings einen Vergleich mit der ortsüblichen Vergütung nach der BVSK Honorarumfrage 2013 vorgenommen. Fehlerhaft war insbesondere, den geltend gemachten Netto-Gesamtbetrag (d. h. incl. Nebenkosten) dem arithmetischen Mittel des HB V Korridors der BVSK-Liste für das Grundhonorar (d. h. ohne Nebenkosten) gegenüber zu stellen. Tatsächlich lag das geltend gemachte Grundhonorar lediglich 10,00 € über dem arithmetischen Mittel des Korridors (= 2,9 %). Dennoch ist das Ergebnis zutreffend.
Erstritten wurde dieses Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Der als Einspruch zu behandelnde Widerspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 8.09.2015 ist form- und fristgerecht erhoben worden; er hat in der Sache aber keinen Erfolg, da die Klage zulässig und begründet ist. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung eines Betrages von EUR 77,10 aus abgetretenem Recht auf Grund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2015 in Hamburg, §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249, 398 BGB.
Da sich der Beklagte innerhalb der gesetzten Fristen nicht geäußert hat, ist der Entscheidung das klägerische Vorbringen zu Grunde zu legen. Wenn die Parteien im eingeleiteten streitigen Verfahren nicht fristgerecht vortragen und – auch wegen dieser Säumnis – der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, ist aufgrund der bestehenden Aktenlage durch Endurteil zu entscheiden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 495a ZPO, Rdnr. 20, 21, 35, 75; Städing in: NJW 1996, 691 (693)). Das erforderliche rechtliche Gehör besteht bis zum Ablauf der gesetzten Äußerungsfrist.
Dabei ist zunächst festzuhalten, dass zwischen der Klägerin und der Zedentin, der Y GmbH & Co. KG, eine Honorarvereinbarung zustande gekommen ist, weshalb für die Frage der Höhe der Vergütung nicht auf § 632 Abs. 2 BGB zurückzugreifen ist. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin ist in ihren Vertrag mit der Zedentin die Honorartabelle wie Anlage K1 einbezogen worden, so dass eine Vergütungsbestimmung i.S.v. § 632 Abs. 2 BGB vorliegt.
Weiter ergibt sich aus der Anlage K1, dass die Zedentin ihren gegen den Beklagten zustehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe der Gutachterkosten an die Klägerin abgetreten hat. An der Wirksamkeit der Abtretung bestehen keine Zweifel.
Die Klägerin hat der Zedentin für ihre Leistungen einen Betrag in Höhe von EUR 507,10 netto in Rechnung gestellt, von dem die Kfz-Haftpflichtversicherung des Beklagten nur einen Teilbetrag von EUR 430,00 netto erstattet hat, so dass noch EUR 77,10 – die Klagforderung – offen sind.
Die Sachverständigenkosten stellen grundsätzlich einen erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist erstattungsfähig (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).
Sofern bei Vertragsschluss eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet wird, kommt es für die Frage der Erstattungspflicht des Versicherers darauf an, ob das Entgelt „deutlich erkennbar“ (so BGH, NJW 2014, 1947, 1948) bzw. „erkennbar erheblich“ (so BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den üblichen Preisen liegt. Dabei ist nach zutreffender Auffassung nicht auf Einzelpositionen wie Nebenkosten in Form von Auslagen für Fahrtkosten, Fotokosten, Kommunikatiönspauschale und Portokosten abzustellen, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei welcher es auf den Rechnungsendbetrag ankommt. Dieser Wert ist mit der ortsüblichen Vergütung zu vergleichen, welche das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO anhand der BVSK-Honorarbefragung 2013 (Mittelwert des HB-V-Korridors) ermittelt. Diese beträgt bei einer Höhe des Schadens am Zedentenfahrzeug von EUR 1.626,38 netto nebst Wertminderung in Höhe von EUR 350,00 bei EUR 354,00 netto. Das von der Klägerin geforderte Honorar von EUR 507,10 netto liegt zwar deutlich, nämlich ca. 43 %, über der so ermittelten ortsüblichen Vergütung, diese Überhöhung ist jedoch noch nicht „deutlich erkennbar“ bzw. es handelt sich nicht um eine „erkennbar erheblich“ überhöhte Honorarforderung. Eine solche ist für den Laien, auf dessen Horizont abzustellen, erst ab einer Überhöhung von 100 % oder mehr erkennbar.
Auf eine gesonderte Beauftragung von Leistungen, für welche die Klägerin als Sachverständigenbüro Nebenkosten berechnet, kommt es nicht an. Diese Nebenkosten fallen nach der gewählten vertraglichen Konstruktion (Honorarberechnung im Rahmen einer Mischkalkulation) bei der Durchführung des Auftrags zur Gutachtenerstellung zwingend an. Der Auftraggeber hat insoweit kein Wahlrecht, welche Nebenleistungen er denn nun in Anspruch nehmen möchte und welche nicht.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Verzugsschaden umfasst auch die geltend gemachten Auskunftskosten in Höhe von EUR 5,10.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
III.
Die Berufung wird nicht zugelassen, da ein Fall des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegt.
Soweit das AG Hamburg