Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
heute stellen wir ein Urteil aus Frankfurt am Main zur Nachbesichtigung, zur Unkostenpauschale, zu den Sachverständigenkosten und zu den Rechtsanwaltsgebühren gegen die Aachen Münchener Versicherung vor. In diesem Schadensfall hat die beklagte Versicherung vorgerichtlich wieder alles bestritten, was zu bestreiten war. Aber dieses Bestreiten erfolgte ins Blaue hinein, war also nicht begründet. Insgesamt war der gesamte Vortrag der Beklagten im Wesentlichen unerheblich. Das Gericht hat auch klar die Beklagte in ihre Schranken verwiesen, dass das von ihr gestellte Begehren der Nachbesichtigung keine gesetzliche Grundlage hat. Der Versicherer des Schädigers kann lediglich Auskunft verlangen, mehr nicht. Daher sind grundsätzlich Nachbesichtigungsbegehren der Versicherer zurückzuweisen, weil sie im Gesetz keine Grundlage finden. Auch das Argument der Versicherung, die im Schadensgutachten enthaltenen Lichtbilder seien nicht aussagefähig, wurde durch das erkennende Gericht zu Recht schnell zurückgewiesen. Denn der vom Geachädigten beauftragte Sachverständige ist nicht sein Erfüllungsgehilfe. Vielmehr ist er als Erfüllungsgehilfe des Schädigers anzusehen (vgl. Himmelreich-Halm-Müller Handb. d. Fachanw. Verkehrsr. Kap. 6 Rn. 227 mit Hinweis auf OLG Naumburg DS 2006, 283 ff; AG Nürnberg SP 2008, 306), so dass mögliche Fehler des Sachverständigen gemäß §§ 278, 254 BGB dem Schädiger zuzurechnen sind ( BGHZ 63, 182 ff; OLG Naumburg aaO; OLG Nürnberg SP 2002, 358; LG Hagen NZV 2003, 337; AG Unna SP 2004, 205, 206; Imhof/Wortmann DS 2011, 149, 151). Lest aber selbst das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 20.11.2015 und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Landgericht Frankfurt am Main Lt. Protokoll verkündet am:
Aktenzeichen: 2-10 O 200/14 20.11.2015
I m N a m e n d e s V o l k e s
U r t e i l
In dem Rechtsstreit
… ,
Kläger
gegen
Aachen Münchener Versicherung AG, AachenMünchener Platz 1, 52064 Aachen,
Beklagte
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main
durch die Richterin K. als Einzelrichterin
im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist zum 30.10.2015
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 831,50 EUR nebst Zinsen aus 3.206,50 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2014 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche des Klägers gegen den Gutachter … wegen der Geltendmachung überhöhter Sachverständigenkosten in Bezug auf das Gutachten vom 02.04.2014.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 622,61 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 36% und die Beklagte zu 64%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den erstattungsfähigen Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall.
Der Kläger befuhr am 01.04.2014 mit seinem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … den Goethering in Frankfurt am Main. Er kam an einer roten Ampel zum Stehen. Der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … wollte das klägerische Fahrzeug umfahren und streifte hierbei das Heck des klägerischen PKW. Eine Haftungsquote der Beklagten von 100% ist zwischen den Parteien unstreitig.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.04.2014 (Bl. 11 d.A.) machte der Kläger auf Grundlage eines am 02.04.2015 eingeholten privaten Sachverständigengutachten des Sachverständigen … (Bl. 7 ff. d.A.) Reparaturkosten in Höhe von 3.444,25 EUR sowie eine Wertminderung in Höhe von 1.100 EUR geltend. Weiterhin begehrte er den Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 831,50 EUR (Bl. 5 d.A.), einer Kostenpauschale in Höhe von 30,00 EUR sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 622,61 EUR. Er setzte eine Zahlungsfrist bis zum 22.04.2014. Der Gutachter … errechnete sein Honorar pauschal gemäß einer vom Kläger unterzeichneten Honorarvereinbarung vom 01.04.2014 (Bl. 6 d.A.) zuzüglich Nebenkosten. Mit Schreiben vom 08.04.2014 (Bl. 51 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass sie das klägerische Fahrzeug besichtigen wolle und diese Besichtigung ohne Präjudiz zur Haftungsfrage erfolge. Auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers (Bl. 172 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass die dem Gutachten beigefügten Fotos nicht ausreichen würden, den Schaden zu beurteilen (Bl. 52 d.A.). Zu einer Nachbesichtigung des klägerischen Fahrzeugs und einer Schadensabwicklung kam es in der Folge nicht.
Der Kläger behauptet, das vorgelegte Gutachten des Sachverständigen … sei zur Schadensbestimmung vollkommen ausreichend und dieser sei bereit gewesen, weitere Fotos zur Verfügung zu stellen. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, ohne konkrete Begründung eine Nachbesichtigung des klägerischen Fahrzeugs zu fordern. Er ist weiter der Ansicht, dass die Abrechnung des Gutachters … nicht zu beanstanden sei. Darüber hinaus falle dem Kläger kein Auswahlverschulden bzgl. des Gutachters zur Last.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.405,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2014, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 622,61 EUR zu zahlen, hilfsweise den Kläger insoweit von den Anwaltskosten freizustellen.
Mit Schriftsatz vom 26.06.2015 (Bl. 155 d.A.) hat die Beklagte einen Betrag in Höhe von 2.375,00 EUR anerkannt. Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 17.07.2015 (Bl. 178 d.A.) hat das Gericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.375,00 EUR zu zahlen. Die Beklagte hat diese Summe beglichen.
Im Übrigen beantragt die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die geltend gemachten Reparaturkosten und die Wertminderung seien übersetzt. Sie ist der Ansicht, die geforderte Kostenpauschale sei auf 25,00 EUR zu reduzieren. Die Beklagte behauptet weiter, der Schaden sei anhand der Lichtbilder des Gutachtens des Sachverständigen … nicht nachvollziehbar. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe ihr eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs ermöglichen müssen. Aus diesem Grund habe sie keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben, so dass es sich bei dem erklärten Anerkenntnis um ein Sofortiges im Sinne des § 93 ZPO handele. Zudem sei die Sachverständigenrechnung überhöht und stehe außer Verhältnis zum Fahrzeugschaden. Sowohl das Grundhonorar als auch die Nebenkosten seien zu hoch angesetzt. Die Rechnung sei derart evident überhöht, dass der Kläger diese hätte zurückweisen müssen. Das Gutachten des Sachverständigen … sei unbrauchbar und daher von der Beklagten nicht zu ersetzen. In jedem Fall könne eine Verurteilung allenfalls Zug-um-Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen den Gutachter erfolgen. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass sämtliche in dem vorgerichtlichen Schadensgutachten enthaltenen Schäden unter Kompatibilitäts- und Plausibilitätsgesichtspunkten auf dem streitigen Unfall beruhen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger weder Zinsen noch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten beanspruchen könne.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. … . Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 30.04.2015 wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.09.2015 hat das Gericht gemäß § 128 Abs. 2 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und – soweit über sie noch streitig zu entscheiden war – teilweise begründet.
I.
Der Kläger ist prozessführungsbefugt (§ 51 ZPO). Die Volkswagen Bank hat den Kläger mit Schreiben vom 23.10.2014 (Bl. 101 d.A.) zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus einem Verkehrsunfall am 01.04.2014 in Frankfurt am Main einen Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 831,50 EUR sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 622,61 EUR gemäß §§7, 18 StVG bzw. §§ 823 ff. BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Des Weiteren kann er Verzugszinsen verlangen (§§ 286, 288 BGB).
Der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs touchierte beim Überholen das Fahrzeug des Klägers und versursachte dabei die streitgegenständlichen Beschädigungen. Die Beklagte hat zwar mit Nichtwissen bestritten, dass sämtliche Schäden unter Kompatibilitäts- und Plausibilitätsgesichtspunkten auf dem streitgegenständlichen Unfallereignis beruhen. Es fehlt jedoch – auch nach einem entsprechenden Hinweis im Beweisbeschluss vom 17.11.2014 – jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, inwiefern sie Anhaltspunkte für eine fehlende Kompatibilität sieht. Das Bestreiten der Beklagten erfolgte mithin ins Blaue hinein und war nicht hinreichend konkret, so dass der Vortrag des Klägers – dass alle begutachteten Schäden auf dem streitgegenständlichen Unfall beruhen – gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen war.
Die 100%ige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
1.
Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 831,50 EUR.
Der Kläger durfte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und kann von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 471/12). Als erforderlich sind nach der Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Denn in letzterem Fall wird der Geschädigte nicht selten Verzichte üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. dazu insgesamt BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 m.w.N.). Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 m.w.N.).
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 m.w.N.). Zwar sind letztlich nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 m.w.N.).
Solche Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Hinsichtlich des Grundhonorars des Sachverständigen kann ein – wie vorliegend – in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden (BGH, Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06; OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15). Auch die Höhe der Nebenkosten ist unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Weder musste dem Kläger das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes BVSK über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13), noch musste der Kläger von sich aus erkennen, dass die geltend gemachten Nebenkosten (angeblich) überhöht waren. Der Gutachter ist z.B. gerade nicht verpflichtet, Lichtbilder nach Discountpreisen abzurechnen (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15). Auch kann vom Kläger nicht erwartet werden, dass er vergleichbare Preise von Schreibdiensten kennt und diese mit den geltend gemachten Schreibkosten des Gutachters vergleicht. Selbst Nebenkosten, die die Hälfte des Gesamthonorars betragen, rechtfertigen nicht in jedem Fall, die Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten zu verneinen. Deshalb sind die Nebenkosten weder pauschal zu kappen noch als unangemessen anzusehen, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz des Grundhonorars übersteigen. Auch ist nicht davon auszugehen, dass mit dem Grundhonorar etwa die Schreibgebühren, Porto-und Telefongebühren sowie die Kosten für die Restwertrecherche in der Regel abgegolten sind (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15). Bei Heranziehung der vorstehenden Überlegungen kann die Erstattungsfähigkeit nur dann verneint werden, wenn selbst für einen Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Zwar ist das vom Kläger eingeholte Gutachten letztlich nicht vollen Umfangs zutreffend und nur eingeschränkt für die Schadensabwicklung verwertbar. Dies steht der Ersatzpflicht der Beklagten jedoch nicht entgegen. Die Ersatzpflicht besteht weiterhin, wenn die Unbrauchbarkeit des Gutachten nicht auf fehlerhaften Angaben des Geschädigten – wie etwa zu Vorschäden – basiert (vgl. Palandt-Grüneberg (2015), BGB, § 249 Rn. 58 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall und wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
2.
Der Kläger hat auch Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, da diese als adäquate und dem Schädiger zurechenbare Folgeschäden zu ersetzen sind, § 249 BGB. Der Kläger durfte seinen Rechtsanwalt bereits vor Verzug der Beklagten auf deren Kosten für seine Anspruchsdurchsetzung einschalten, da er insoweit schutzbedürftig ist. Der Kläger hat vorliegend unwidersprochen vorgetragen, dass bislang keine Leistung einer etwaigen Rechtsschutzversicherung des Klägers erfolgte. Von einem Übergang der Ansprüche nach § 86 Abs. 1 VVG ist somit nicht auszugehen, so dass eine Aktivlegitimation des Klägers zu bejahen ist. Ob der Kläger selbst die vorgerichtlichen Anwaltskosten bereits beglichen hat, kann wiederum dahinstehen, da diese durch die Verweigerung des Ausgleichs durch die Beklagte in einen Zahlungsanspruch übergegangen sind. Die geltend gemachte Höhe der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist von Seiten der Beklagten nicht bestritten worden.
3.
Der Kläger hat auch Anspruch auf Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB. Mit Schreiben vom 02.04.2014 mahnte der Kläger die Zahlung an und setzte eine Frist bis zum 22.04.2014, so dass ab dem 23.04.2014 Verzug eintrat.
4.
Die Verurteilung zur Zahlung der Gutachterkosten hatte Zug-um-Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche des Klägers gegen den Gutachter … wegen der Geltendmachung überhöhter Sachverständigenkosten durch den Gutachter zu erfolgen. Die Beklagte kann, wenn sie die Geltendmachung überhöhter Sachverständigenkosten behauptet, sich etwaige Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen analog § 255 abtreten lassen (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05; LG Saarbrücken, Urteil vom 19.01.2012, 13 S 38/12; Staudinger-Bittner (2014), BGB, § 255 Rn. 64). Macht der Berechtigte den Anspruch auf Abtretung – wie hier durch konkludente Erklärung im Schriftsatz vom 27.10.2015 – im Wege des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB geltend, führt dies im Prozess zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung (§ 274 BGB). Ob ein Anspruch des Klägers gegen den Gutachter tatsächlich besteht, spielt dabei keine Rolle.
5.
Der Kläger hat darüber hinaus jedoch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 2.193,84 EUR (Reparaturkosten i.H.v. 1.393,84 EUR; Wertminderung i.H.v. 800 EUR). Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.06.2015 (Bl. 155 d.A.) die Reparaturkosten in Höhe von 2.050,41 EUR netto sowie den merkantilen Minderwert in Höhe von 300,00 EUR anerkannt. Darauf erging am 27.07.2015 ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil (Bl. 178 d.A.). Die Beklagte hat die Summe beglichen. Das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. … vom 30.04.2015 stellt fest, dass zur Instandsetzung des klägerischen Fahrzeugs Reparaturkosten in Höhe von 2.050,41 EUR erforderlich sind (Gutachten, Seite 6 i.V.m. Anlage C). Des Weiteren stellt das Gutachten den Verbleib eines merkantilen Minderwerts in Höhe von 300,00 EUR fest (Gutachten, Seite 7f. i.V.m. Anlage E). Die Parteien haben keine Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. … erhoben. Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist der Sachverständige von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Dies führt zur Überzeugung des Gerichts, dass die Zahlung weiterer 2.193,84 EUR zur Herstellung des klägerischen Fahrzeugs nicht erforderlich ist (§ 249 Abs. 2 BGB) und daher vom Kläger nicht begehrt werden kann.
6.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Kostenpauschale in Höhe von 5,41 EUR. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.06.2015 (Bl. 155 d.A.) eine Kostenpauschale in Höhe von 24,59 EUR anerkannt. Darauf erging am 27.07.2015 ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil (Bl. 178 d.A.). Die Beklagte hat die Summe beglichen. Die typischerweise durch ein Unfallereignis entstehenden Auslagen des Geschädigten für die Schadenfeststellung und Schadenbeseitigung (v.a. Telefon-, Porto- und Fahrtkosten kleineren Umfangs) können – soweit sie wie hier nicht im Einzelnen belegt werden können – im Rahmen einer Unfallkostenpauschale in geschätzter Höhe beansprucht werden. Dabei sind diese Auslagen nach der freien Überzeugung des Gerichts (§ 287 ZPO) angesichts der vorstellbaren tatsächlichen Belastung mit den bereits geleisteten 24,59 EUR angemessen bewertet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, wobei bei der verhältnismäßigen Teilung der Kosten das Teil-Anerkenntnisurteil vom 27.07.2015 mitberücksichtigt wurde.
Entgegen der Ansicht der Beklagten waren die Kosten bzgl. des Teil-Anerkenntnisses nicht dem Kläger nach § 93 ZPO aufzuerlegen. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so dass § 93 ZPO keine Anwendung finden kann. Zwar kann der Versicherer von dem Dritten Auskunft verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist (§ 119 VVG). Diese Pflichten hat der Kläger vorliegend jedoch nicht verletzt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 02.04.2014 ließ der Kläger seine Schadensersatzansprüche beziffern und die Beklagte auffordern, den Schadensbetrag bis zum 22.04.2014 anzuweisen. Mit Schreiben vom 08.04.2014 hat die Beklagte die Nachbesichtigung des klägerischen Fahrzeugs begehrt und zugleich mitgeteilt, dass die Besichtigung ohne Präjudiz für die Haftungsfrage erfolge. Auf schriftliche Nachfrage des Klägervertreters teilte die Beklagte unter dem 15.04.2014 mit, dass die dem Gutachten beigefügten Fotos nicht ausreichend seien, um den Schaden zu beurteilen. Der Kläger hat der Beklagten im Rahmen der oben beschriebenen Pflicht keine Nachbesichtigung ermöglichen müssen. Ein grundsätzliches Nachbesichtigungsrecht kann gerade nicht aus § 119 VVG hergeleitet werden. Danach kann der Versicherer vom Geschädigten nur Auskunft verlangen, soweit dies zur Feststellung des Schadensereignisses und zur Höhe des Schadens erforderlich ist. Nach dem Gesetzestext schuldet der Geschädigte daher allenfalls die Vorlage von Belegen und nicht etwa die Vorstellung des Fahrzeugs zu einer Besichtigung durch einen Beauftragten des Versicherers. Zwar mag diese Verfahrensweise einen Geschädigten in der Regel nicht über Gebühr belasten, andererseits ist eine solche Verpflichtung vom Gesetzestext nicht gedeckt und der Geschädigte schuldet daher auch keine Begründung dafür, warum er von einer Vorstellung seines Fahrzeugs absehen will. Legt der Geschädigte ein mit Lichtbildern versehenes Gutachten eines Sachverständigen vor, genügt er der Pflicht aus § 119 VVG. Die Überlassung des beschädigten Gegenstandes zu Prüfungszwecken ist etwas grundsätzlich anderes als die Vorlage von Belegen, weshalb die Vorstellung des Wagens nicht geschuldet ist (Dötsch, ZfSch 2013, 63 m.w.N.). Etwas anderes mag in Ausnahmefällen gelten, etwa wenn der Verdacht einer betrügerischen Geltendmachung eines Unfallschadens vorliegt und substantiiert behauptet wird, dass Vorschäden verschwiegen werden. Dies ist hier nicht der Fall. Als einzigen Grund für die geforderte Nachbesichtigung hat die Beklagte genannt, dass die im Gutachten enthaltenen Fotos nicht ausreichend seien. Jedoch wäre es der Beklagten ohne, weiteres möglich und zumutbar gewesen, weitere Fotografien in guter Qualität vom Gutachter … zu erhalten. Dem Vortrag des Klägers, dass diese Möglichkeit der Beklagten sogar angeboten wurde, ist diese nicht hinreichend konkret entgegengetreten. Auch hat sie nichts zu entsprechenden Bemühungen dargetan. Ein Anspruch der Beklagten auf die eigenhändige Anfertigung von Fotos besteht jedoch nicht. Darüber hinaus hat die Beklagte vorgerichtlich zu keinem Zeitpunkt ihre Haftung dem Grunde nach bestätigt. Vielmehr hat sie explizit darauf hingewiesen, dass die Besichtigung ohne Präjudiz für die Haftungsfrage erfolge. Sie hat dem Kläger somit gerade nicht zu verstehen gegeben, dass ihre Einstandsverpflichtung allein von der geforderten Nachbesichtigung abhänge und dem Grunde nach anerkannt wird. Der Kläger konnte also einen Prozess für notwendig halten, um zu seinem – geltend gemachten – Recht zu kommen. Der Kläger hat der Beklagten auch eine angemessene Frist zur Entscheidung über die Regulierung des Schadens zugebilligt (sieben Wochen von der Schadensbezifferung bis zur Klageerhebung), in welcher die Beklagte jedoch weder von ihrer Beanspruchung einer Nachbesichtigung abgerückt ist, noch die Fotos beim Gutachter … angefordert hat oder zumindest ihre Einstandspflicht dem Grunde nach anerkannt hat. Klageveranlassung war also gegeben.
IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 2, 708 Nr. 11, 711 S. 2 ZPO.