Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
hier und heute stellen wir Euch ein Urteil des AG Germersheim vor zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den bei der Allianz Versicherung versicherten Kraftfahrer, der den streitgegenständlichen Verkehrsunfall verursacht hat, bei dem der Kunde des Klägers einen Fahrzeugschaden erlitt. Die Allianz Versicherung kürzte die berechneten Sachverständigenkosten sogar um fast 300,– €. Dass bei diesem Betrag mit einer Klage zu rechnen war, hätte auch den Verantwortlichen bei der Allianz klar sein müssen. Insoweit stellt sich die Frage, ob nicht der Rechtsstreit durch die Allianz provoziert wurde. Das erkennende Gericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf die Grundsatzurteile VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13 sowie auf VI ZR 357/13. Besser kann man das Kürzungsverhalten der Allianz nicht abbügeln. Lest aber selbst das Urteil des AG Germersheim und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
2 C 614/15
Amtsgericht
Germersheim
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
…
– Beklagter –
hat das Amtsgericht Germersheim durch die Richterin U. am 11.03.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage führt auch in der Sache zum angestrebten Erfolg. Sie ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 299,05 € aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 18 StVG, 823, 398 BGB.
Der Kläger ist aufgrund wirksamer Abtretung aktivlegitimiert.
in zugesprochener Höhe hat die Klägerin aus abgetretenem Recht des Unfallgeschädigten restliche Schadensersatzansprüche wegen der Erstattung der Kosten eines Unfallschadensgutachtens.
Die Verursachung des Schadens durch den Beklagten und dessen Eintrittspflicht dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Die von der Beklagten erhobenen Einwände gegen die Höhe des von dem Kläger verlangten Honorars greifen im Ergebnis nicht durch.
Zu Recht weist der Beklagte allerdings darauf hin, dass unabhängig von der Frage der Vereinbarung eines Werklohns für die Erstattung eines Sachverständigengutachtens diese der Höhe nach § 249 BGB auf den Betrag beschränkt ist, der dem erforderlichen Herstellungsaufwand entspricht. Insofern kommt es natürlich darauf an, welches Honorar als üblich anzusehen ist.
Vorliegend bestreitet der Beklagte die Angemessenheit des Honorars des Zedenten. Dem vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Der Zedent berechnet das Honorar auf der Grundlage eines Grundhonorars zzgl. Nebenkosten.
Der Bundesgerichtshof hat zur Gesamtproblematik ausgeführt (Urteil vom 20. Januar 2007, Aktenzeichen VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450):
2. […] Für die schadensrechtliche Betrachtung ist ohnehin von § 249 BGB auszugehen.
a) Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 56, 58; 61, 346, 347 f.; 63, 182, 184). Der tatsächliche Aufwand bildet freilich (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen) abhängig gemacht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 61, 346, 348). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2004 – VI ZR 211/03 – VersR 2004, 1189, 1190 f.). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. AG Essen VersR 2000, 68, 69; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; RoßNZV 2001, 321, 323).
b) Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Schadensersatzprozess grundsätzlich nicht darauf an, ob die zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen getroffene Preisvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB unwirksam ist. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von letzterem nach „billigem Ermessen“ gemäß § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten.
Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des §249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird von einer Vielzahl von Gerichten bejaht (vgl. etwa AG Altenkirchen ZfS 1994, 88; AG München DAR 1996, 298; AG Köln VersR 1988, 1251, 1252; AG Aachen, ZfS 1999, 196; AG Herne-Wanne NZV 1999, 256, 257; AG Halle-Saalkreis ZfS 1999, 337; AG Hattingen VersR 2000, 1426, 1427; AG Darmstadt ZfS 2000, 65; AG Frankfurt a.M. ZfS 2001, 165; SP 2002, 287, 288 AG Wiesbaden SP 2002, 360; AG Westerburg ZfS 2000, 63, 64; ZfS 2002, 72, 73; AG Eltville SP 2002, 322; AG Bad Kreuznach SP 2002, 72; AG Hamm SP 2002, 322; AG Dresden DAR 2002, 459, 460; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; AG Weinheim ZfS 2004, 18; AG Nürnberg ZfS 2004, 131; AG Berlin-Mitte SP 2005, 175; LG Halle ZfS 2006, 91; ebenso Roß, aaO; a.A. z.B. LG Köln SP 2002, 320; AG Leipzig SP 2002, 287; LG Leipzig, Urteil vom 23. März 2005 – 1 S 7099/04). Hiergegen bestehen aus schadensrechtlicher Sicht keine Bedenken.
c) Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 4; 162, 161, 165 f.; vom 20. Juni 1989 – VI ZR 334/88 – VersR 1989, 1056 f.). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04 – VersR 2005, 558, 559), so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (Hörl NZV 2003, 305, 306 f.; Wortmann ZfS 1999, 1, 2; ders. VersR 1998, 1204, 1210).
Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 369; 160, 377, 383; 162, 161, 165). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteile 115, 364, 368 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Senatsurteil BGHZ 163, 362, 367 f.).
Dem schließt sich das erkennende Gericht auch ausdrücklich an.
Nach der genannten Entscheidung kann die Angemessenheit des Sachverständigengutachtens als Schadensposition im Sinne des § 249 BGB auch im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ermittelt werden:
c) Das Berufungsgericht hat auch keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB überschreitet. Ohne entsprechende Feststellungen, die das Berufungsgericht entweder mit sachverständiger Hilfe oder in geeigneten Fällen im Wege der Schadensschätzung nach §287 ZPO treffen kann, entbehrt seine Auffassung, der Kläger habe gegen seine Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens verstoßen, einer tragfähigen Grundlage. Zudem widerspricht eine solche Auffassung zahlreichen Urteilen und Darstellungen im Schrifttum, die eine Kalkulation der Vergütung von KFZ-Sachverständigen nach der Schadenshöhe als üblich bezeichnen, wobei einige davon ausgehen, dass 97 bis 98 % aller Gutachter diese Abrechnungsweise anwenden (vgl. AG Nürnberg ZfS 2004, 131; LG Halle ZfS 2006, 91; Hiltscher NZV 1998, 488, 490; Hörl, aaO, 309 Fn. 54; Kääb/Jandel NZV 1998, 268, 269; Otting VersR 1997, 1328, 1330; Roß NZV 2001, 321, 323).
Davon ist vorliegend auszugehen. Dem Gericht ist aus einer Vielzahl von Schadensgutachten, die im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen zu den Akten gereicht werden, bekannt, dass ein Honorar in Höhe von 767,31 € einschließlich Nebenkosten nicht überhöht ist.
Das Grundhonorar des Zedenten für das Gutachten überschreitet den so genannten HB V Korridor nicht.
Der Bundesgerichtshof hat zudem Anfang 2014 entschieden (Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/15, BeckRS 2014, 04270):
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadens-Schätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12, aaO Rn. 26 und – VI ZR 528/12, aaO Rn. 27; vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, aaO Rn. 13; vom 6. November 1973 – VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.). Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 mwN). Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 und – VI ZR 528/12, jeweils aaO). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 f.).
9b) Mit diesen Grundsätzen sind, auch im Rahmen der freieren Stellung des Tatrichters bei der Schadensbemessung nach § 287 Abs. 1 ZPO, die Erwägungen nicht zu vereinbaren, mit denen das Berufungsgericht hier zu einer Kürzung der vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten gelangt ist. Es durfte nicht die dem Kläger vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten allein auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes kürzen. Dabei hat das Berufungsgericht die besondere Bedeutung der vorgelegten Rechnung für den konkreten Einzelfall und die Lage des Geschädigten bei der Beauftragung eines Sachverständigen verkannt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschafttichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 528/12, aaO Rn. 19 mwN). Solche Umstände sind im Streitfall nicht festgestellt.
Es ist zwar zutreffend, dass die genannte Entscheidung des BGH in 1. Linie auf die Situation abzielt, dass der Unfallgeschädigte selbst seinen Schaden bei der nach § 115 VVG direkt haftenden Versicherung abrechnet. Im vorliegenden Falle wurde dieser Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abgetreten. Andererseits ergibt sich aus der Abtretungserklärung des Unfallgeschädigten aber auch, dass dieser für den Fall der nicht vollständigen Begleichung des Sachverständigenhonorares durch den Beklagte für den Restbetrag weiter haftet, was den grundsätzlichen Einwand, dass die Abtretung an der Rechtsnatur des abgetretenen Anspruches nichts ändert, weiter untermauert.
Auch aus der Entscheidung des BGH vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 (LG Saarbrücken), DS 2014, 282 kann der Beklagte in Bezug auf die Nebenkosten nichts für sie Günstiges herleiten.
Der BGH hat in der genannten Entscheidung ausgeführt:
Die Beurteilung des BerGer., die zusätzlich zu einem Grundhonorar berechneten Nebenkosten seien in Routinefällen grundsätzlich iHv 100 Euro erforderlich, während sie, soweit sie diesen Betrag überstiegen, erkennbar überhöht und deshalb nicht ersatzfähig seien, entbehrt aber einer hinreichend tragfähigen Grundlage. Sie ist darüber hinaus mit der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des zwischen dem Kl. und Frau R geschlossenen Werkvertrags durch das BerGer. nicht in Einklang zu bringen, wonach der Kl., der für seine Ingenieurtätigkeit eine Pauschale abgerechnet und zusätzlich bestimmte Nebenkosten beansprucht habe, damit zum Ausdruck gebracht habe, dass seine Ingenieurtätigkeit mit dem Grundhonorar abgegolten sein solle und er daneben lediglich Ersatz tatsächlich angefallener Aufwendungen verlange. Wie sowohl die Revision als auch die Anschlussrevision mit Erfolg rügen, hat das BerGer. die von ihm in Routinefällen generell als erforderlich anzusehende „Nebenkostenpauschale“ von 100 Euro unter Verstoß gegen § 287 I 1 ZPO losgelöst von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Kl. berechnet.
Eine derartige unzulässige Pauschalierung nimmt das erkennende Gericht jedoch gerade nicht vor. Vielmehr ergibt die Durchsicht der Rechnung keine offensichtlich überhöhten Nebenkosten, vielmehr halten sich die angesetzten Kosten noch im Rahmen des Vertretbaren. Zwar sind beispielsweise die den Richtern im Rahmen der Reisekosten zuerkannten Kilometer Pauschalen erheblich niedriger, diese decken aber auch bei weitem nicht die Kosten.
Soweit das Landgericht Saarbrücken nunmehr nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 19. Dezember 2014 (Aktenzeichen 13 S 168/14) die Auffassung vertreten hat, es sei grundsätzlich von einer Unangemessenheit der Nebenkosten auszugehen, wenn diese die im JVEG vorgehende Sätze um mehr als 20 % überstiegen, so schließt sich das erkennende Gericht dem ausdrücklich nicht an. Vielmehr ist schon der Ansatz des Landgerichts Saarbrücken nicht nachzuvollziehbar. Das Landgericht Saarbrücken geht davon aus, dass einem Unfallgeschädigten bei einer derartigen Überschreitung (mehr als 20 % der Entschädigungssätze des JVEG) die Unangemessenheit auffallen müsste. Davon kann aber nicht ernstlich ausgegangen werden, dies schon deshalb, weil dem „normalen“ Unfallgeschädigten das JVEG gänzlich unbekannt ist.
Da der Beklagte auf diesen angemessenen Schaden lediglich eine Teilzahlung erbracht hat, war er wegen des Restbetrages antragsgemäß zu verurteilen.
Die Anspruch auf Verzinsung der Hauptforderung steht dem Kläger jedoch erst ab Rechtshängigkeit zu. Es ist nicht schlüssig vorgetragen, weshalb ein Verzug seit dem 06.05.2015 eingetreten sein soll, zumal die Rechnung des Sachverständigen auf den 21.05.2015 datiert ist.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Auch diesbezüglich ist ein Verzug des Beklagten bereits nicht schlüssig dargelegt. Da hierauf der Beklagte zu Recht in der Klageerwiderung hingewiesen hat und der Kläger hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt, war ein weiterer Hinweis des Gerichts nicht erforderlich. Im Übrigen erschließt sich dem Gericht nicht, wieso als Gegenstandswert bei der Berechnung ein Betrag in Höhe von 309,52 € zugrunde gelegt wurde.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Auch das AG Germersheim bestätigt erneut die Schadenersatzverpflichtung für rechtswidrig gekürzte Gutachterkosten durch die Allianz-Versicherung.
Die rechtfertigende Bezugnahme auf einen anonymen „Prüfbericht“ ohne Namensnennung und Unterschrift des unbekannten Verfassers ist schadenersatzrechtlich mit der nicht konkreten „ex post Beurteilung“ nicht erheblich.
Das sollten unsere Gerichte bei entsprechenden Klageverfahren vorweg leicht feststellen können. Was aber nicht erheblich ist, ist beweisrechtlich auch von den Gerichten nicht zu würdigen. Insbesondere dann nicht, wenn damit Behauptungen vorgetragen werden, die sich schon bei oberflächlicher Prüfung als falscher Vortrag herausstellen, was insbesondere die angebliche „Ortsüblichkeit“ betrifft.
Unter der Annahme, dass ein Auswahlverschulden wohl schwerlich zu begründen sein dürfte, ist auch ein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflicht nicht ableitbar.
Schlussendlich scheinen die Juristen dieses renommierten Versicherungsunternehmens zu übersehen, dass die Rechtsfolgen aus der Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers eine „Selbstbeteiligung“ des Unfallopfers an den unfallbedingt verursachten Gutachterkosten grundsätzlich nicht vorsehen und diese damit auch nicht zu Lasten des Unfallopfers gehen darf.
Von daher ist ein Überprüfungsverbot, wie es der BGH rein vorsorglich angesprochen hat nachvollziehbar und auch von Gerichten zu beachten. Schadenersatzrechtlich geht es damit unter werkvertraglichen Gesichtspunkten überhaupt nicht um die Höhe der entstandenen Gutachterkosten, die als nicht erforderlich/nicht ortsüblich/nicht üblich ohne tragfähige Argumentation behauptet werden, sondern nur um die Feststellung der Schadenersatzverpflichtung vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit, die hinreichend sogar ohne erforderliche Beiziehung einer Honorarbefragung klar definiert ist. Legislative Funktionen einer Preisbestimmung und Festlegung eines „gerechten“! Preises ex post stehen weder der Assekuranz zu, noch den mit solchen Prozessen befassten Gerichten, denn es gibt in der Praxis so gut wie überhaupt keine spektakulären und möglicherweise augenfälligen Abrechnungsvorgänge, die den leicht zu übersehenden Abrechnungsrahmen oder die verifizierbare Abrechnungsbandbreite um wenigstens das Doppelte übersteigen. Dabei ist allerdings auch noch zu berücksichtigen, das Abrechnungen nach Sonderkonditionen, wie sie im Auftrag von Versicherungen gang und gäbe sind, sowieso kein verlässlicher Beurteilungsmaßstab sein können, für die Bewertung von Abrechnungen für qualifizierte und unabhängige „Schadengutachten nach den sog. Mindestanforderungen, weil man insoweit fälschlicherweise übereinstimmende Prognosen und eine übereinstimmende Beweissicherungsqualität unterstellen würde. DAS gibt es in Praxis nicht und das dürfte auch bei allen Gerichten in der BRD als bekannt zu unterstellen sein. Lediglich die „normative Zubilligung“ von Schadenersatz nach „vergleichenden Berechnungen“ oder auf der Basis von überhaupt nicht veranlassten „Schätzungen“ ist schadenersatzrechtlich obsolet und durch keinerlei mehr oder weniger abwegige Interpretationen zu rechtfertigen.
Arminius
@Arminius
So ist es richtig und man kann sich nur wundern, dass zumindest einige Richter und (weniger) Richterinnen die auch beurteilungsrelevante Ausgangslage nicht ansprechen. Erheblich oder nicht erheblich ist doch ein beurteilungsrelevanter Sachverhalt. Willi Wacker hat auch aktuell in einer Eingangskommentierung zu einem anderen Urteil diese Frage schon angesprochen.
Abgesehen davon verlieren Prüfberichte zu diesem Thema ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie falsche Recherchen präsentieren und der Verfasser sich hinter der Anonymität versteckt. Das hat selbstverständlich Gründe, weil auf der Basis eingeholter Gutachten Gerichte festgestellt haben, dass es eine Ortsüblichkeit ebensowenig gibt wie eine Üblichkeit. Das dürfte auch für nicht voreingenommenen Juristen durchaus nachvollziehbar sein.
Ja, es geradezu auch augenfällig, dass einleitend in Gerichtsverfahren die Frage eines Auswahlverschuldens nicht angesprochen, geschweige denn im Zusammenhang mit der Erheblichkeit geklärt wird, denn wenn ein solches nicht mit einer tragfähigen Begründung festgestellt werden kann, dürfte auch eine Verletzung der Schadengeringhaltungspflicht nicht im Scheinwerferlicht stehen,es sei denn, man dichtet dem Geschädigten fiktiv eine Überprüfungsverpflichtung an, die an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht, weil davon auch Richterinnen und Richter als leidtragende Unfallopfer
betroffen wären.
Erfreulicherweise wird augenblicklich schon einmal vermehrt jedoch die Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers beachtet mit den daraus zu beachtenden Rechtsfolgen, die nicht zu Lasten der Geschädigten gehen können. Wer behauptet, in Übereinstimmung mit der BGH Rechtsprechung zu entscheiden, diesen Punkt aber unter den Tisch kehrt, ist im Namen des Volkes nicht mehr glaubwürdig und der Verdacht einer Besorgnis der Befangenheit liegt nahe, denn nicht ohne Grund sind nach den tragfähigen Überlegungen des BGH auch überhöht abgerechnete Gutachterkosten zunächst zu regulieren, wodurch dem Versicherer keineswegs die Möglichkeiten abgeschnitten werden, sich dagegen im Rahmen der Gesetzgebung zu wehren, wenn ich das als Laie richtig verstanden habe.
Wenn ich im beurteilungsrelevanten Zusammenhang beobachten konnte, dass einem seriösen Sachverständige, sogar 4,20 € als nicht erforderlich bzw. eklatant überhöht aus seiner Rechnung abgezogen wurden, frage ich mich, was ein solches Possenspiel eigentlich bewirken soll. Die Aufpasserrechtfertigung im Namen der Versichertengemeinschaft ist insoweit gewiss nicht mehr ansatzweise glaubwürdig.
P. Schneider
Leider wollen die Unfallverursacher es nicht sehen, dass sie zusammen mit dem Geschädigten im Boot ihres Versicherers sitzen. Dem 1. wird die Vertragserfüllung zu Lasten des 2. verwehrt. Sollte ich einmal einen Schaden verursachen und mein Versicherer nicht vertragskonform regulieren, werde ich – ganz ohne Anwalt und Richter – den Betrag aus eigener Tasche vorstrecken und bei der nächsten fälligen Prämienzahlung incl. Zinsen kürzen.
# Arminius, # P. Schneider, toller Beitrag. In den Prüfberichten steht „nach Vorgabe…“, warum dann die DEKRA für Prüfberichte bemüht wird und die auch noch Ihre Glaubwürdigkeit auf Spiel setzt ist zu hinterfragen. Gleiches zu den Richtern die wohl besserem Wissen mit z.B. 4,20 Euro, nach Vorgabe… der Versicherer und des BVSK, eine erkennbare Evidenz erklären/ konstruieren. Ich denke hier liegt das Problem zum BGB und BGH, was durchsetzbare Lösungen der Kritik braucht. Ich habe Angst um unsere Gesellschaft, wenn sich solche Richterkulturen aus Alters- oder Positionsgründen, durch die Gier der Vorstände, vermehren können/lassen.