HUK 24 AG verweist zwar im Rechtsstreit gegen sie auf VI ZR 50/15, wird aber dennoch vom AG Leipzig mit Urteil vom 29.7.2016 – 103 C 2816/16 – zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten verurteilt.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

hier und heue stellen wir Euch als weitere Wochenendlektüre ein positives Urteil aus Leipzig zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK24 AG vor. Wieder war es die HUK 24 AG, die meinte, nach eigenem Gutdünken die berechneten Schverständigenkosten kürzen zu können. Dabei operiert sie schon fleißig mit dem letzten Urteil des BGH – VI ZR 50/15 -, das allerdings mehr als kritisch gesehen werden muss. So kritiklos kann das BGH-Urteil nicht hingenommen werden, denn es beinhaltet mehrere Fehler, auf die wir bereits hier hingewiesen hatten. Im Übrigen erscheint es schon bedeklich, wenn der BGH seine eigene  Rechtsprechung ignoriert, ohne die entgegensgesetzte Rechtsprechung überhaupt zu erwähnen. So ist mit keinen Wort das BGH-Urteil VI ZR 225/13 erwähnt worden, obwohl dort der BGH die in VI ZR 50/15 jetzt beanstandeten Nebenkosten noch gut geheißen hatte. Warum diese Kehrtwendung? Dass dem Richter Wellner das Urteil VI ZR 225/13, an dem er nicht mitgewirkt hatte,  nicht gefallen hat, hat er in seinen Seminaren bereits kundgetan. Das aber nur am Rande zu dem von der HUK-COBURG jetzt angeführten BGH-Urteil VI ZR 50/15. Trotz der Entscheidung des BGH VI ZR 50/15 hat das erkennende Amtsgericht Leipzig – zu Recht – auf den Gesamtrechnungsbetrag abgestellt. Wenn der Versicherer von dem Gesamtbetrag von rund 450,– € fast 400,– € zahlt, dann kann und muss der Geschädigte bei Kenntnis der zurückhaltenden Schadensersatzleistungen der Beklagten, was allgemein bekannt ist und was die Urteilsliste in diesem Blog eindeutig beweist, gerade davon ausgehen, dass die vereinbarten Preise der Erforderlichkeit entsprechen. Dass sie für den Geschädigten deutlich erkennbar überhöht seien, muss der Schädiger beweisen. Auch diesen Beweis konnte die HUK 24 AG nicht antreten. Folgerichtig wurde sie daher verurteilt. Da half ihr VI ZR 50/15 auch nicht. Lest daher das Urteil des AG Leipzig vom 29.7.2016 selbst und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.   

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 103 C 2816/16

Verkündet am: 29.07.2016

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK24 AG, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg, v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht D.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20,07.2016 am 29.07.2016

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 63,21 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit 28.03.2015 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu bezahlen.

2       Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.       Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 63,21 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Auf die Abfassung des Tatbestand wird gemäß § 313a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, §§ 249, 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung der noch offenen 63,61 €. Zu den nach einem Verkehrsunfall zu erstattenden Kosten gehören grundsätzlich auch die Kosten der Schadensfeststellung in Form von Sachverständigenkosten. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeuges gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (siehe BGH VI ZR 50/15, Entscheidung vom 26.04.2016). Dies ist regelmäßig immer der Fall, da die Haftpflichtversicherer regelmäßig, ohne Vorlage eines Sachverständigengutachtens, eine Regulierung nicht vornehmen.

Erforderlich sind diejenigen Autwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen und sich in jedem Fall so verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte.

Zwar obliegt dem Geschädigten, im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes, grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise.

Im Vorliegenden hat die Gesamtrechnung der Klägerseite an die Geschädigte 453,21 € betragen.

Davon hat die Beklagte 390,00 € gezahlt.

Die Beklagtenseite verweist zwar auf die Entscheidung des BGH vom 26.04.2016, Aktenzeichen VI ZR 50/15.

Sie legt allerdings nicht dar, wie die Geschädigte, angesichts des Unterschiedsbetrages von 63,21 EUR zwischen der Gutachterrechnung und dem Auszahlungsbetrag der Beklagten zu dem Ergebnis hätte kommen könne, dass die Gutachterrechnung dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht, zumal sie ja bei Gutachtenauftragserteilung nicht wissen konnte, wie hoch der Schaden sein würde und welcher Aufwand zur Schadensfeststellung nötig sein würde.

Die von der Klägerseite insgesamt geltend gemachten Gutachterkosten sind nicht zu beanstanden.

Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin die Kosten aus abgetretenem Recht geltend macht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 704, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Albrecht P. sagt:

    Hallo, W.W.,
    auch in diesem Fall wieder ein klares Urteil mit überzeugenden Entscheidungsgründen. Die Bezugnahme der Beklagten auf BGH vom 26.04.2016, Aktenzeichen VI ZR 50/15 hat bei dieser Richterin des AG LEIPZIG nicht verfangen, denn damit war eine rechtswidrige Überprüfung unter Bezugnahme auf das JVEG beabsichtigt und ein Abschweifen auf werkvertragliche Beurteilungskriterien.

    Gleich in den ersten Überlegungen der Entscheidungsgründe hat diese Richterin u.a. ausgeführt:

    “ Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeuges gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (siehe BGH VI ZR 50/15, Entscheidung vom 26.04.2016).

    Dies ist regelmäßig immer der Fall, da die Haftpflichtversicherer regelmäßig, ohne Vorlage eines Sachverständigengutachtens, eine Regulierung nicht vornehmen.

    Nur teilweise erforderlich, wie die Beklagte regelmäßig unsubstantiiert behauptet, ist also nicht erklärlich und so sind auch die weiteren Entscheidungsgründe verständlich, wo es heißt:

    „Sie legt allerdings nicht dar, wie die Geschädigte, angesichts des Unterschiedsbetrages von 63,21 EUR zwischen der Gutachterrechnung und dem Auszahlungsbetrag der Beklagten zu dem Ergebnis hätte kommen könne, dass die Gutachterrechnung dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht, zumal sie ja bei Gutachtenauftragserteilung nicht wissen konnte, wie hoch der Schaden sein würde und welcher Aufwand zur Schadensfeststellung nötig sein würde.“

    Genau! Die Beklagte kann das auch nicht darlegen weil sie es selbst nicht weiß und von einem Unfallopfer mehr zu verlangen als nach eigenem vieltausendfach höheren Wissensstand der Beklagen immer noch unzureichend, also begrenzt, möglich ist, beinhaltet eine Erwartungshaltung, die überhaupt nicht erfüllbar ist.

    Zu Recht hat die Richterin im schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevante Zusammenhang deshalb auch
    afu § 249 Abs. 1 BGB hingewiesen, denn warum der Zustand A aus ex ante Sicht des Unfallopfers unmittelbar nach dem Unfall gegen einen anderen Zustand B aus ex post Sicht der Beklagten austauschbar sein soll, kann noch nicht einmal der BGH überzeugend erklären.

    Die Beklagte ignoriert auch in diesem Fall andere schadenersatzrechtlich zu beachtende Randbedingungen, so da sind:

    I. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 04. April 2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16. Mai 2006 (AZ.: X ZR 122/05) ausdrücklich festgestellt, dass nicht „von Amts wegen“ ein „gerechter“ Preis zu ermitteln ist.

    II. Dieser Bewertungsansatz verhält sich auch schlüssig zum BGH-Beschluss vom 24. Juli 2003 (AZ.: IX ZR 131/00), der ausreichend deutlich formuliert hat, wenn es darin heißt:

    a) „Honorarvereinbarungen dürfen im Hinblick auf die Verfassungsgarantie der Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 GG) in ihrer Rechtswirksamkeit nicht ohne ausreichenden Sachgrund beschnitten werden.

    b) Eine Honorarvereinbarung kann grundsätzlich das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem aufwandsangemessenen Honorar führt (BGH-Urteil vom 03. April 2003 a.a.O.).

    c) Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Auftrag in grober Weise eigensüchtig aufbläst und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht läßt.

    d.) Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    Die Richterin brauchte noch nicht einmal das BGH-Urteil VI ZR 225/13 bemühen, mit dem allein schon die Argumentationsbasis der Beklagten, wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen wäre. Zudem lag der als nicht erforderlich behauptete Betrag gerade einmal bei rund 14% der abgerechnetet Gesamtkosten. Bereits daran ist erkennbar, was von der Schlüssigkeit und Plausibilität des Beklagtenvortrags zu halten ist: Nicht e r h e b l i c h, da als Mogelpackung erkennbar.

    Albrecht P.

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