Das Amtsgericht Coburg hat die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. in Coburg mit Urteil vom 29.02.2008 ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren verurteilt, aus abgetretenem Recht restliches SV-Honorar zu zahlen (12 C 1304/07).
Aus den Gründen:
Die Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin hat aus übergegangenem Recht gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung der restlichen SV-Kosten. Die Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 25.07.2006 ist unstreitig. Gemäß § 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Bei Beschädigung einer Sache kann der Geschädigte den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
Die Kosten des Sachverständigen sind dem Grund nach ersatzfähig. Sachverständigenkosten sind regelmäßig adäquate Schadensfolgen und zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sowie Schadens-beseitigung erforderlich. Die Kosten des Kfz-Sachverständigen sind in diesem Rechtsstreit auch der Höhe nach ersatzfähig. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er auch berechtigt ist, einen qualifizierten und unter Umständen auch teuren Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten soweit auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH hat der Schädiger den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bereits gezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten. Der tatsächliche Aufwand bildet freilich (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen, also ex ante zu bemessenden Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (wie etwa einer überhöhten Honorarforderung eines Sachverständigen) abhängig gemacht werden. Hält der Geschädigte allerdings den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen ein, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den SV gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH Urteil vom 23.01.2007 -VI ZR 67/06-). Hat der Geschädigte keine Hinweise darauf, dsas die für das Gutachten in Rechnung gestellten Honorare völlig aus dem üblichen Rahmen fallen bzw. in keinerlei vernünftigen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, so kann er diese Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen. Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten eines SV-Gutachtens auch dann zu ersetzen, wenn diese übersetzt sind (vergl. Palandt-Heinrichs, BGB § 249, Randnr. 40 m. w. N.). Erst dann, wenn der Geschädigte Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Situation nicht verursachen würde, geht dies nicht zu Lasten des Schädigers ( LG Coburg, Urteil vom 28.06.2002 -32 S 61/02-).
Der Geschädigte ist auch berechtigt, pauschalierte Sachverständigenkosten geltend zu machen, die in Relation zur Schadenshöhe ermittelt wurden. Ein Kfz-Sachverständiger überschreitet grundsätzlich nicht allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung nicht. Die Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadenersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet. Hierfür haftet der SV. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach in der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des SV Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (BGH Urteil vom 23.01.2007 -VI ZR 67/06-).
In dem hier zu entscheidenden Fall sind die geltend gemachten Gutachterkosten uneingeschränkt ersatzfähig. Nach Überzeugung des Gerichtes hat die Klägerin keine Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in ihrer Situation nicht verursachten würde…. Die geltend gemachten Nebenkosten sind ebenfalls uneingeschränkt ersatzfähig. Die gegenteilige von der Beklagten vertretene Ansicht, vermag nicht zu überzeugen, da es für die Ersatzfähigkeit der Gutachterkosten allein auf deren Gesamtbetrag ankommt. Im Übrigen weist das Gericht die Beklagte auch darauf hin, dass das durch den SV in Ansatz gebrachte Grundhonorar Nebenkosten nicht abdeckt, so dass der eigenständige Ansatz von Nebenkosten zulässig ist. Auch hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten vermögen die Einwände der Beklagten nicht durchzugreifen. Hinsichtlich der von der Beklagten beanstandeten Fahrtkosten, die der SV geltend gemacht hat, gehen die Einwände der Beklagten ebenfalls fehl. Es ist nicht ersichtlich, warum diese nur nach dem ZSEG bzw. dem nunmehr gültigen JVEG zu ersetzen sein sollten……
Mit der Feststellung der Zulässigkeit einer Abrechnung nach Gegenstandswert erübrigen sich auch Ausführungen zur Nachvollziehbarkeit und Fälligkeit der Rechnung. Betrachtet man die Abrechnung nach Gegenstandswert als zulässig, ist die Rechnung auch nachvollziehbar und fällig. Im Übrigen existiert keine hier anwendbare Rechtsvorschrift oder ein sonst allgemein gültiger Rechtsgrundsatz, wonach eine Werklohnforderung im Rahmen eines Werkvertrages nach den §§ 631 ff. BGB erst mit Stellung einer nachprüfbaren Rechnung fällig wird.
Die Beklagte ist daher antragsgemäß zu verurteilen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
So das ausführliche, allerdings sauber ausgearbeitete Urteil des AG Coburg.
Hallo, nachdem ich in dem Melchior-Blog gelesen habe, wie die Versicherungsfuzzis über Ihren Blog hergezogen sind, muß ich Ihnen ein Lob aussprechen. Sie packen die Reizthemen im Schadensersatzrecht an. Mich wundert nur, dass die Versicherungen trotz der Vielzahl der gegen sie ergangenen Entscheidungen immer noch auf ihrem Standpunkt beharren. Wollen die mit dem Kopf durch die Wand? Bekanntermaßen erleidet man dabei nicht unerhebliche Blessuren. Ich bin jetzt Ihr Mitleser.
Mitlesen ist Silber – mitschreiben ist Gold!