Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
mit dem heute Vormittag veröffentlichten „Schrotturteil“ aus Halle wollte ich die Woche nicht ausklingen lassen. Deshalb veröffentlichen wir für Euch zum Wochenende hin hier und heute noch ein Urteil des Amtsgerichts aus Seligenstadt zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Beklagte ist in diesem Fall die HUK 24 AG, die nicht bereit war, nach einem von ihrem Versicherungsnehmer verursachten Verkehrsunfall, für den der Versicherungsnehmer der HUK 24 AG zu einhundert Prozent haftet, auch einhundertprozentigen Schadensersatz zu leisten. Wofür hat der Versicherungsnehmer in diesem Fall überhaupt seine Prämien an die HUK-COBURG bezahlt, wenn diese nicht den vollen Schadensersatz leistet, und es deshalb zu einem Prozess mit weiteren Kosten für die Versichertengemeinschaft kommt? Das erkennende Gericht hat insoweit der HUK 24 AG ins Versicherungsbuch geschrieben, wie zukünftig Schadensersatz zu leisten ist. Ob sich die beratungsresistente HUK-COBURG das nachfolgende Urteil zu Herzen nehmen wird? Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht Seligenstadt Verkündet am: 15.03.2016
Aktenzeichen: 1 C 940/15 (3)
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn S. B. aus K.
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & P. aus A.
gegen
HUK 24 AG, vertr. d. d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler u.a., Willi-Hussong-Straße 2, 96442 Coburg
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte L. G. & C. aus N.
hat das Amtsgericht Seligenstadt durch den Richter am Amtsgericht B. im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis 29.02.2016 Berücksichtigung fanden, für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 203,08 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 39.– Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.1.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf unter 500.- Euro festgesetzt.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten in Höhe der Klageforderung zu, gemäß §§ 7, 18 StVG, 249, 823 Abs. 1, 398 BGB, 115 VVG.
Die alleinige Einstandspflicht der Beklagten für die der Zedentin durch den Unfall vom 7.11.12 entstandenen Schäden ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig.
Die Abtretung des Zedenten ist wirksam. Dies ist bestimmt bzw. bestimmbar und lässt klar erkennen, aus welchem Unfallereignis und in welcher Höhe der seinen Schadenersatzanspruch an den Kläger abgetreten hat. Zudem wäre es nach den Grundsätzen des venire contra factum proprium unerheblich, nachdem die Beklagte bereits erhebliche Zahlungen an den Zessionar (und damit nach Kenntnisnahme der Abtretungserklärung) auf die streitgegenständliche Rechnung erbracht hat.
Die Klage ist auch der Höhe nach vollumfänglich begründet, ohne dass eine Beweisaufnahme zu erfolgen hatte:
Hierbei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen darf und von dem Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen darf. Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Wenn der Geschädigte hierbei die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich nach § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. In diesem Fall würde der Geschädigte nämlich nicht selten Verzicht üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligati-onmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von Abs. 2 Satz 1 des § 249 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis und Einflussmöglichkeiten, sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte deshalb damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (vgl. BGH, Urteil v. 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13, mit weiteren Nachweisen).
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten -beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit in diesem Sinne bildet hierbei die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar über den üblichen Preisen liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwands gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgeblich Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des aufgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen zwischen Geschädigtem und Sachverständigen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (vgl. BGH, aaO).
Soweit das Gericht in ständiger Rechtsprechung und im Einklang mit der Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichtes Darmstadt im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO die Sachverständigenkosten bislang allein auf Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes kürzte, so wird diese Rechtsprechung im Hinblick auf die Revisionsentscheidung des BGH ausdrücklich aufgegeben. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung klargestellt, dass nur in den Fällen, in welchen der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen, wofür vom Schädiger konkrete Umstände darzustellen und zu beweisen sind (vgl. BGH, aaO).
Anhaltspunkte hierfür sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. So hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass der geschädigte Zedent zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen hätte erkennen können, dass dieser (nach der Behauptung der Beklagten) überhöhte Grund- bzw. Nebenkosten ansetzen würde, welche gerade nicht als „erforderlich“ in obigem Sinne anzusehen wären. Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war der geschädigte Zedent gegenüber der Beklagten jedenfalls nicht verpflichtet (und ihm musste auch nicht das Ergebnis der Umfrage von Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein). Damit fallen im Ergebnis die geltend gemachten Kosten nicht von vorneherein aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrages nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies gilt umso mehr, als das streitgegenständliche Honorar insgesamt innerhalb des Honorarkorridors der BVSK Honorarbefragung 2011 liegt.
Diese Erwägungen gelten nicht nur für das Grundhonorar, sondern auch für die geltend gemachten Nebenkosten des Sachverständen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer des Landgerichts Darmstadt (etwa Urteil vom 30.01.2015, Az. 6 S 131 /14). In der zitierten Entscheidung hat die zuständige Berufungskammer auch die Nebenkosten des Sachverständigen explizit ohne Abschläge zugesprochen, da diese nicht von vorneherein aus dem Rahmen des für die Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrages fallen und hat dies unter anderem damit begründet, dass diese (wie unstreitig hier auch) sich innerhalb der in der VKS/BVK Honorarumfrage 2011 ausgewiesenen Preisspannen bewegen und damit als üblich anzusehen sind.
Ebenso wenig sind konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich bzw. von der Beklagten konkret vorgebracht, dass der geschädigte Zedent gegen seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlich und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte.
Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 280, 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Hallo, Willi,
die so erfolgreichen Coburger sind offenbar jetzt ganz auf dem Trip der Selbstbeweihräucherung und lassen der Einfachheit halber Ihre „Kunden“ sprechen:
Kundenzufriedenheit – wir haben nachgefragt!
HUK-COBURG
Aus
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Veröffentlicht am 14.10.2016
Warum sind Sie dabei? Wir haben unsere Mitglieder gefragt, warum sie bei der HUK-COBURG versichert sind.
Hier können Sie mehr erfahren: http://www.huk.de/fair
Gloria
Hallo Gloria,
der von dir gebrachte Verweis auf die Werbung der HUK-COBURG zeigt doch, dass es bei derselben offenbar nicht so gut bestellt ist, wie sie vorgibt, denn ansonsten bräuchte man nicht so eine verlogene Werbung.
Der VN der HUK-COBURG, der in Seligenstadt verklagt wurde, kann ein Lied davon singen, wie zufrieden er mit der HUK-COBURG ist. Den hätte man mal fragen müssen, wie zufrieden er mit der HUK-COBURG ist. Die Antwort ist doch klar: Äußerst unzufrieden, werde wechseln!
Danke Gloria, dass du die Werbung der HUK-COBURG hier bekannt gemacht hast.
Wenn es nicht so ärgerlich wäre, könnte man über die Werbung in Verbindung mit dem obigen Urteil des AG Seligenstadt laut lachen. – Ach ja, heute ist ja der Elfte im Elften. Die Narretei geht offenbar auch in Coburg wieder los! Na dann Helau und Allaaf!