Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
damit die Woche nicht so trist weitergeht, wie sie mit dem Schrotturteil aus Neubrandenburg angefangen hat, stellen wir Euch heute hier noch ein Urteil aus Leipzig zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Auch in diesem Fall hatte die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt. Aber im Gegensatz zu der Richterin in Neubrandenburg hat das erkennende Gericht in Leipzig hier einwandfrei geurteilt. Allerdings findet sich in der einwandfreien Entscheidung ein falsches Urteilszitat. Es muss wohl heißen VI ZR 365/03 und nicht, wie angegeben, VI ZR 112/87. Schon allein das Urteilsdatum und das Aktenzeichen passen nicht zusammen. Lest aber selbst das Urteil des AG Leipzig und gebt auch hierzu Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 114 C 9521/15
Erlassen am: 28.04.2016
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, vertreten durch den Vorstands Vorsitzenden …
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO am 28.04.2016
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.10.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 47,66 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wurde gemäß § 313a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Das Amtsgericht Leipzig ist sachlich gemäß §§ 23 GVG und örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig.
II.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz in geltend gemachter Höhe der restlichen Sachverständigenkosten gemäß §§ 398, 823, 249 BGB, 7, 17 StVG, 115 VVG.
Unstreitig fertigte die Zedentin, das Sachverständigenbüro … im Auftrag der Geschädigten … ein Haftpflichtgutachten an. Das Gutachten wurde vom Ehemann der Geschädigten mit entsprechender Vollmacht, erteilt von der Geschädigten, in Auftrag gegeben. Die Unfallgeschädigte trat ihren Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigengebühren gegen den Schädiger an das Sachverständigenbüro ab, das sie die Abtretung angenommen hat.
Es ist unstreitig, dass die Beklagte für die Unfallfolgen des Unfallereignisses am 24.10.2012 einzustehen hat, bei dem das Fahrzeug der Geschädigten … mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigte durch das vom Unfallgegner gesteuerte Fahrzeug mit dem Kennzeichen … , das bei der Beklagten haftpflichtversichert war.
Die Abtretung ist nicht gemäß § 307 ff. BGB unwirksam, da der Geschädigte nicht unangemessen benachteiligt wird.
Durch die Abtretung wird auch ein Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung nach § 115 Abs. 1 VVG erfasst, da es sich bei diesem Anspruch nicht um einen gesonderten Anspruch handelt, sondern um eine gesetzliche Erweiterung und Ergänzung zum Schädiger mit der Folge, dass dieser und die Haftpflichtversicherung gesamtschuldnerisch haften. Da die Abtretung nicht unwiderruflich ist, besteht auch nicht die Gefahr, dass der Geschädigte, wenn er selbst an das Sachverständigenbüro leistet, die Abtretung nicht mehr widerrufen könnte. Die streitgegenständliche Abtretung schließt einen Widerruf nicht aus, sondern regelt vielmehr, dass die Klägerin ihren Anspruch gegenüber dem Geschädigten und Auftraggeber des Gutachtens behält, soweit die Versicherung nicht oder nur teilweise zahlt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Abtretung damit unwiderruflich ist.
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB sind die Sachverständigenkosten dem Grunde nach erstattungsfähig, da sie mit dem Schaden unmittelbar verbunden sind. Die Begutachtung eines Fahrzeugs zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherung sind erforderlich und zweckmäßig, so dass die Kosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als der erforderliche Herstellungsaufwand beansprucht werden kann (BGH, Urteil vom 30.11.2004, VI ZR 112/87 – zitiert nach Juris; gemeint ist wohl BGH VI ZR 365/03, Anm. des Autors !).
Die Berechnung der Sachverständigenkosten in der Relation zur Schadenhöhe ist nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 23.01.2007, VI ZR 67/06 – zitiert nach juris).
Der Geschädigte ist in der Wahl der Mittel zur Schadenbehebung frei, so dass er auch einen Gutachter seiner Wahl mit der Bewertung des Schadens beauftragen kann. Die Kosten eines Sachverständigen sind vom Schädiger zu ersetzen, soweit sie vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.
Die Sachverständigenkosten beliefen sich auf 497,66 €. Im Streit steht ein Betrag von 47,66 €. Inwieweit die Geschädigte hätte erkennen können, dass die – so wie die Beklagte behauptet -von der Sachverständigen geltend gemachten Nebenkosten oder das Honorar überhöht ist, ist nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang kann es keinen Unterschied machen, ob der Sachverständige selbst aufgrund einer Abtretung die Forderung gegenüber der Versicherung geltend macht oder der Geschädigte selbst. Es bleibt dabei, dass es sich um originäre Ansprüche des Geschädigten handelt, die sich durch die an die Klägerin erfolgte Abtretung nicht ändern. Der Einwand, wonach selbst ein wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten keine Unzweckmäßigkeit oder Unangemessenheit der Kosten des Sachverständigen feststellen kann, kann in diesem Fall auch die Klägerin geltend machen.
Hinzu kommt, dass der Schädiger bei einem Verkehrsunfall auch überhöhte Kosten eines gegebenenfalls unbrauchbaren Gutachtens zu erstatten hat. Der Unfallgeschädigte hat in der Regel keinerlei Vorstellungen davon, welche Kosten von Sachverständigen für die Anfertigung eines Gutachtens abgerechnet werden, geschweige denn von den berechneten Nebenkosten.
Die Beklagte hat daher die restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 47,66 € an die Klägerin zu zahlen.
Die Nebenforderungen ergeben sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß § 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert beträgt: 47,66 €
Hallo, Willi,
diese Richterin am AG Leipzig ist schadenersatzrechtlich mit folgenden Entscheidungsgründen auch gut drauf:
„Die Begutachtung eines Fahrzeugs zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherung sind erforderlich und zweckmäßig, so dass die Kosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als der erforderliche Herstellungsaufwand beansprucht werden kann (BGH, Urteil vom 30.11.2004, VI ZR 112/87 – zitiert nach Juris; gemeint ist wohl BGH VI ZR 365/03, Anm. des Autors !).“
Also nix mit teilweise „nicht erforderlich“. HUK-Coburg Tableau auf Basis eines in Coburg raffiniert ausgedachten Pauschalpreisvertrages hat schadenersatzrechtlich keine Bedeutung.
HUK25-Hohlspiegel