AG Gummersbach urteilt mit fast einwandfreier Begründung im Rechtsstreit gegen die VHV Versicherung um restliche, abgetretene Sachverständigenkosten zu Lasten der beklagten VHV Versicherung (Urteil vom 21.1.2016 – 11 C 378/15 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

damit die Weihnachtswoche nicht so weitergeht, wie sie mit dem fehlerhaften Urteil aus Halle begonnen hat, veröffentlichen wir für Euch hier ein positives Urteil aus Gummersbach zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die VHV Versicherung. Wieder einmal hatte die VHV Versicherung die berechneten Sachverständigenkosten ohne Rechtsgrundlage gekürzt. Wieder einmal musste wegen des von der eintrittspflichtigen Versicherung nicht regulierten Restschadensbetrages das zuständige Gericht angerufen werden. Wieder einmal wurde zu Lasten der Versichertengemeinschaft der VHV-Versicherten ein Schadensersatzprozess durch die VHV Versicherung provoziert. Wieder einmal musste die VHV Versicherung vor Gericht eine Niederlage hinnehmen. Bis auf den BVSK-Vergleich hat das erkennende Amtsgericht Gummersbach eine völlig korrekte Entscheidung getroffen, wie wir meinen. Im Gegensatz zu manchem promovierten Richter gibt es erfreulicherweise auch Richter, die den Dr.-Titel zurecht tragen. Lest selbst das Urteil des AG Gummersbach und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße und eine schöne Weihnachtswoche.
Willi Wacker

11 C 378/15

Amtsgericht Gummersbach

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der … ,

Klägerin,

gegen

die VHV Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, d. vertr. d. d. Vorsitzenden Herrn Thomas Voigt, VHV Platz 1, 30177 Hannover,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Gummersbach
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
21.01.2016
durch den Richter Dr. S.

für Recht erkannt:

Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite 63,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagtenseite.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 495a S. 1 i.V.m. 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerseite steht gegen die Beklagtenseite ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Gutachterkosten in Höhe von 63,73 € aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs 1. und 2 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG i.V.m. § 398 BGB zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte für die dem Geschädigten aus dem Unfallereignis vom 20.07.2015 in Gummersbach resultierenden Schäden dem Grunde nach einzustehen hat. Der Geschädigte hat durch Abtretungserklärung vom 23.07.2015 seine Ansprüche gegenüber der Beklagten im Hinblick auf das Sachverständigenhonorar an die Klägerseite abgetreten. Die Abtretungserklärung genügt den Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer Abtretungserklärung gestellt werden. Eine Abtretung ist, wie in der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt ist, nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (vgl. BGH Urt. v. 07.06.2012, VI ZR 260/10 m.w.N.). An dem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es hingegen, wenn von mehreren selbstständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.).

Die abgetretene Forderung ist im vorliegenden Fall durch Bezugnahme auf die Gutachten-Nr. … konkret bestimmt. Die Abtretungserklärung bezieht sich auf die durch den Unfall angefallenen Sachverständigenkosten in ihrer Gesamtheit, nicht auf weitere Forderungen, die Gegenstand von Schadensersatzansprüchen sein könnten. Die Klägerseite ist daher aufgrund wirksamer Abtretungen aktivlegitimiert.

Der Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass in der Abtretungserklärung vorgesehen ist, dass der Geschädigte für die Geltendmachung und Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche selbst zu sorgen hat, für den Fall, dass der Sachverständige seine Honoraransprüche gegen den Geschädigten geltend macht.

Die Abtretung erfolgt insoweit erfüllungshalber.

Die Klägerseite kann den zugesprochenen Betrag von der Beklagten aus abgetretenem Recht verlangen; dieser ergibt sich aus dem ihr zustehenden Rechnungsbetrages abzüglich der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 640,99 €.

Diese Kosten sind sowohl dem Grunde nach als auch der Höhe nach erstattungsfähig. Sie gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Das ist hier der Fall.

Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch gemäß § 249 BGB. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung „erforderlichen“ Geldbetrag zu zahlen. Maßgebliche Perspektive hierfür ist eine subjektive Schadensbetrachtung. Demnach ist ein Anspruch auf Ausgleich der Kosten, die zur Feststellung der Schadenshöhe entstanden sind, zu ersetzen, soweit sie zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig sind (vgl. BGH Urt. v. 30.11.2004, VI ZR 365/03 m.w.N,). Soweit der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt, sind ihm gegenüber weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt (vgl. BGH Urt. v. 23.01.2007, VI ZR 67/06 unter Verweis auf BGH Urt. v. 29.06.2004, VI ZR 211/03). Der Geschädigte darf sich zur Schadensbeseitigung grundsätzlich der Mittel bedienen, die aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheinen, was im Regelfall die Beauftragung eines qualifizierten Gutachters seiner Wahl umfasst (BGH a.a.O. m.w.N.). Die Forderung des Geschädigten darf allerdings nicht über das hinausgehen, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint. Bei der Beurteilung dessen ist auch auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten Rücksicht zu nehmen (BGH Urt. v. 15.02.2005, VI ZR 70/04 m.w.N.). Ein Geschädigter ist demnach grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes der Sachverständigen verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Ihm verbleibt allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH Urt. v. 23.01.2007, VI ZR 67/06 m.w.N.). Ob sich jenes Risiko realisiert, ist jedoch von den individuellen Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten abhängig. Ohne dass sich für den Geschädigten greifbare Anhaltspunkte einer überteuerten Preisgestaltung des von ihm gewählten Gutachters aufdrängen, kann ihm die Preisgestaltung auch nicht entgegengehalten werden, denn dies widerliefe dem Grundsatz, dass eine Preiskontrolle nicht stattfindet. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können einem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident ist, dass eine Beanstandung von ihm hätte erfolgen müssen (OLG Düsseldorf Urt. v. 16.06.2008, 1 U 246/07 m.w.N.). Nach den vorstehenden Grundsätzen haftet die Beklagte auch für den mit der Klage geltend gemachten Differenzbetrag. Die seitens der Klägerseite in Rechnung gestellten Kosten sind insgesamt als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen. Selbst wenn die in Ansatz gebrachten Beträge überhöht sein sollten, nämlich das geltend gemachte Grundhonorar den nach der BVSK im entsprechenden Honorarkorridor vorgesehenen Höchstbetrag übersteigen, sprechen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass dies für den Geschädigten auch ohne weiteres erkennbar war. Für ein Auswahlverschulden oder eine evidente Überhöhung des Sachverständigenhonorars liegen keine Anhaltspunkte vor. Dass die in Ansatz gebrachten Preise für Fotokosten, Fotodateien, Laser-Farbkopien, Schreibkosten, Fahrtaufwand, und Kommunikationsleistungen aus Perspektive des Geschädigten offenkundig überzogen sein sollen, ist nicht ersichtlich. Auch sind die geltend gemachten Schreib- und Kopierkosten nicht etwa verwirkt, da sie bereits in dem Grundhonorar enthalten sind. Denn auch insoweit ist nicht ersichtlich, warum dies für den Geschädigte hätte evident erkennbar sein sollen. Das bloße Verhältnis von Grundhonorar zu Nebenkosten führt jedenfalls nicht dazu, dass dem Geschädigten durchgreifende Bedenken hätten kommen müssen. Das Gericht sieht auch durch die rechtlichen Ausführungen der Beklagten keinen Anlass von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, insbesondere auch nicht durch die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13; Urt. v. 22.07.2014, VI ZR 357/13). Denn insbesondere in der letztgenannten Entscheidung, der ebenfalls eine Klage des Kfz-Sachverständigen aus abgetretenem Recht zugrunde lag, bestätigte der Bundesgerichtshof seine bisherige, oben zitierte Rechtsprechung, auf der die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts basiert.

Es ist auffällig und gerichtsbekannt, dass die Kürzungen nicht auf Einzelfälle beschränkt sind, in denen objektiv überhöhte Gebühren verlangt werden, sondern auf die Masse abzielen. Die kürzenden Versicherer versetzten sich damit nicht in die Lage des Geschädigten, sondern sie argumentieren aus ihrer eigenen Sicht. Damit distanzieren sie sich von der zitierten Rechtsprechung des BGH, nach der eine subjektbezogene, die individuelle Situation des Geschädigten berücksichtigende Schadensbetrachtung zu erfolgen hat. Die Vorgehensweise, die Sachverständigengebühren massenhaft zu kürzen und den Geschädigten nicht zugleich einen Verstoß gegen ihre Schadenminderungspflicht nachzuweisen, ist unvereinbar mit der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13; Urt. v. 22.07.2014, VI ZR 357/13). Schließlich kann dahinstehen, ob sich eine Haftpflichtversicherung nach der Abtretung von Sachverständigenkosten an den Gutachter auf die Einrede des § 242 BGB berufen kann (vgl. hierzu OLG Dresden Urt. v. 19.02.2014, 7 U 111/12, Rn. 19, juris). Denn die „dolo agit-Einrede gemäß § 242 BGB würde im vorliegenden Fall nicht durchgreifen. In diesem Rahmen wäre – anders im Verhältnis der Klägerseite zu dem durch den Unfall Geschädigten – entscheidend, ob die Sachverständigenkosten objektiv erforderlich waren. Insofern hätte das Gericht gemäß § 287 ZPO über die Höhe der zur Wiederherstellung erforderlichen Sachverständigenkosten nach freier Überzeugung zu entscheiden. Die Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO dabei nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen dürfen nicht außer Acht bleiben. Beiden Fällen können dabei Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH Urt. v. 11.03.2008, VI ZR 164/07). Grundsätzlich ist es danach möglich, sich an den Ergebnissen der Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigenhonorars durch die BVSK zu orientieren und diese als Schätzungsgrundlage heranzuziehen (OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2014, 7 U 111/12; KG Berlin, Urt. v. 30.04.2015 – 22 U 31/14; LG Dortmund, Urt. v. 05.08.2010 – 4 S 11/10; LG Arnsberg, Urt. v. 03.06.2014 – 3 S 53/14; LG Stendal, Urt. v. 08.05.2013 – 22 S 122/12; AG Düsseldorf, Urteil vom 02.09.2014, 45 C 15423/13).

Eine an der Schadenshöhe orientierte Pauschalierung des Honorars ist grundsätzlich zulässig (BGH Urt. v. 13.02.2007, VI ZR 105/06, NJW 2007, 1450) und wird laut Befragung durch die BVSK von 2013 von 100 % der Kfz-Sachverständigengutachter praktiziert (vgl. die den Parteien bekannte BVSK-Honorarbefragung 2013). Diese Pauschalierung muss sich aber im Rahmen der ortsüblichen Honorare bewegen. Bei den zwischen den Parteien außer Streit stehenden Reparaturkosten in Höhe von 3.225,62 € netto rechnen 90-95 % der BVSK-Mitglieder im hier einschlägigen Postleitzahlengebiet „5″ bis zu einem Höchstwert von 489 € (HB III bzw. Höchstwert des HB V-Korridors) ab. Eine Abrechnung, die den Höchstwert nicht überschreitet, ist grundsätzlich als erforderlich anzusehen (so auch AG Bonn, Urt. v. 17.06.2015 – 110 C 194/15; gegen AG Siegburg, Urt. v. 06.08.2014 – 106 C 8/14: arithmetisches Mittel). Das von der Klägerseite abgerechnete Grundhonorar beläuft sich auf 489 € und ist damit nicht zu beanstanden. Es ist ausweislich der für die richterliche Schätzung gemäß § 287 ZPO zurate gezogenen Tabelle des BVSK branchen- und ortsüblich (siehe oben).

Neben dem Grundhonorar hält das Gericht grundsätzlich auch (pauschale) Nebenkosten für erstattungsfähig. Dass neben dem Grundhonorar üblicherweise keine Nebenkostenpauschalen abgerechnet werden, ergibt sich aus den BVSK-Honorarbefragungen gerade nicht. Vielmehr ist es nach dem Ergebnis der Befragungen durchaus üblich, weitere Nebenkosten (pauschal) in Rechnung zu stellen. Das Gericht sieht, dass vielleicht nicht alle Sachverständigen die Nebenkosten, die die Tabellen des BVSK ausweisen, kumulativ in Rechnung stellen, sondern nur einzelne Positionen. Wenn sich jedoch die in Rechnung gestellten Einzelpositionen im Rahmen des Üblichen bewegen, vermag das Gericht dies nicht zu beanstanden (so auch LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 29.02.2012 – 8 S 2791/11; LG Dortmund, Urt. v. 05.08.2010 – 4 S 11/10).

Soweit die Parteien im konkreten Fall über Nebenkosten streiten, sind diese Nebenkosten hier erforderlich und angemessen, da sie sich im Rahmen der in der BVSK-Befragung angegebenen Werte bewegen, was sich aus der folgenden Tabelle ergibt:

Nebenkosten                                              HBII          HB III       eingeklagt

1. Fotosatz je Foto                                     1,85 €        2,59 €        1,00 €
Fahrtkosten pauschal                               15,95 €      31,46 €      10,00 €
Porto / Telefon pauschal                           10,97 €      19,63 €      14,00 €
Schreibkosten je Seite                                1,74 €        2,99 €        2,70 €

Schließlich kann sich die Beklagtenseite nicht auf die Einwendung des § 255 BGB berufen. Die Anwendung scheitert jedenfalls daran, dass durch die Einbeziehung der Haftpflichtversicherer in den Schutzbereich der Verträge der Geschädigten mit den Sachverständigen ein direkter Schadensersatzanspruch entsteht bzw. entstehen kann (OLG Dresden, Urt. v. 19.02.2014, 7 U 111/12, Rn. 19, Juris).

Die Klägerseite hat einen Anspruch auf Ersatz von Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit, § 291 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Der Streitwert wird auf 63,73 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu AG Gummersbach urteilt mit fast einwandfreier Begründung im Rechtsstreit gegen die VHV Versicherung um restliche, abgetretene Sachverständigenkosten zu Lasten der beklagten VHV Versicherung (Urteil vom 21.1.2016 – 11 C 378/15 -).

  1. Gamma+Atömchen sagt:

    Sehr geehrter Willi Wacker und sehr geehrte CH-Redaktion,

    vielen Dank für die Einstellung auch dieses Urteil. Man sieht, wie sehr der Begriff „Gebühren“ immer noch in den Richterköpfen verankert ist, obwohl Kfz-Sachverständige überhaupt keine „Gebühren“ berechnen können, was eine Gebührenordnung voraussetzen würde. Jedoch haben nicht nur in der Vergangenheit Versicherungen immer mit diesem Begriff operiert, um zu suggerieren, dass der Sachverständige gegen eine Gebührenordnung verstoßen habe uind das geahndet werden müsste durch eine gerichtliche Überprüfung zum Wohle der Versichertengemeinschaft. Und schon war die vermeintliche Überprüfungsverpflichtung einer so der Höhe nach beanstandeten Rechnung verankert und die Zielsetzung für eine werkvertragliche Überprüfung erfolgreich. Nicht anders ist deshalb auch hier der Rückgriff des Gerichts auf eine Honorarbefragung zu interpretieren. Dennoch ist der Richter Dr. S in der Gesamtwürdigung nicht in diese Falle gelaufen, sondern hat schlussendlich in bemerkenswerter Art und Weise schadenersatzrechtliche Gesichtpunkte in den Vordergrund gestellt, wie anschließend noch einmal herausgestellt.

    Das kommt davon, wenn man 9,04 % der abgerechneten Gutachterkosten ins Blaue hinein als exorbitant überhöht behauptet und diese angeblich Überhöhung auch noch mit abgekupferten Texbausteinen hirnlos in Frage stellt. M.E. steckt sogar hinter dieser Hirnloslosigkeit ein vom GDV beschlossenes System. Ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Mensch würde wohl kaum mit solchen krankhaften Scheinargumentationen an die Öffentlichkeit treten.

    Zur schadenersatzrechtlichen Beurteilung war allerdings eine Abstützung auf die Befragung eines Berufsverbandes ebenso überflüssig, wie die Abstellung auf Sachverständigen“gebühren“.

    Ansonsten eine durchaus lesenswerte Entscheidung des Richters Dr. S. vom AG Gummersbach.

    Insbesondere ist herausstellungswürdig:

    „Soweit der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt, sind ihm gegenüber weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt (vgl. BGH Urt. v. 23.01.2007, VI ZR 67/06 unter Verweis auf BGH Urt. v. 29.06.2004, VI ZR 211/03). Der Geschädigte darf sich zur Schadensbeseitigung grundsätzlich der Mittel bedienen, die aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheinen, was im Regelfall die Beauftragung eines qualifizierten Gutachters seiner Wahl umfasst (BGH a.a.O. m.w.N.).“

    „Ohne dass sich für den Geschädigten greifbare Anhaltspunkte einer überteuerten Preisgestaltung des von ihm gewählten Gutachters aufdrängen, kann ihm die Preisgestaltung auch nicht entgegengehalten werden, denn dies widerliefe dem Grundsatz, dass eine Preiskontrolle nicht stattfindet. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können einem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident ist, dass eine Beanstandung von ihm hätte erfolgen müssen (OLG Düsseldorf Urt. v. 16.06.2008, 1 U 246/07 m.w.N.).“

    „Es ist auffällig und gerichtsbekannt, dass die Kürzungen nicht auf Einzelfälle beschränkt sind, in denen objektiv überhöhte Gebühren verlangt werden, sondern auf die Masse abzielen. Die kürzenden Versicherer versetzten sich damit nicht in die Lage des Geschädigten, sondern sie argumentieren aus ihrer eigenen Sicht. Damit distanzieren sie sich von der zitierten Rechtsprechung des BGH, nach der eine subjektbezogene, die individuelle Situation des Geschädigten berücksichtigende Schadensbetrachtung zu erfolgen hat. Die Vorgehensweise, die Sachverständigengebühren massenhaft zu kürzen und den Geschädigten nicht zugleich einen Verstoß gegen ihre Schadenminderungspflicht nachzuweisen, ist unvereinbar mit der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13; Urt. v. 22.07.2014, VI ZR 357/13). “

    Mit freundlichen Grüßen
    Gamma + Atömchen

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