Mit Datum vom 16.12.2016 (911 C 351/16) hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung widerrechtlich gekürzter Sachvertändigenkosten in Höhe von 111,50 € zzgl. Zinsen, den Kosten einer Halteranfrage sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt.
Das denkbar knappe Urteil des Richters nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des LG Hamburg vor dem „Pinocchio-Urteil“ des BGH vom 26.04.2016 Bezug und erklärt diese für nach wie vor anwendbar. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Sachverständigenkosten erst dann nicht mehr zu erstatten sind, wenn sie den Korridor HB V der BVSK-Honorarumfrage 2015 um mehr als 100 % überschreiten. Auf eine Unterscheidung zwischen Grund- und Nebenkosten kommt es danach nicht an.
Dies dürfte eine weitere Vorgabe für die in Kürze zu erwartenden Berufungsurteile des LG Hamburg sein. Es bleibt zu hoffen, dass das LG Hamburg bei seiner Linie auch nach BGH VI ZR 50/15 bleibt.
Das Urteil wurde erstritten von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Entscheidungsgründe:
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Aktenirshalt.
Die zulässige Klage ist begründet. ‚
Die Klägerin hat – aus abgetretenem Recht – einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 111,50. € Im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom xx.xx.2016. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Höhe nach schuldet der Beklagte noch den klageweise geltend gemachten Betrag. Die vom Geschädigten an die Klägerin zu entrichtenden Kosten waren insgesamt zur Schadensbehebung „erforderlich“ im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Geschädigte dürfte redlicherweise davon ausgehen, dass die von dem beauftragten Sachverständigen fakturierten Kosten nicht die Grenze von mehr als 100% der im Rahmen der BVSK-Befragung 2015 im Korridor HB V ermittelten Preise übersteigen; insoweit kommt es nur auf eine Gesamtbetrachtung an, nicht auf einzelne Posten.
Der Anspruch auf Erstattung der Nebenforderungen folgt aus den §§ 280, 286, 288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentseheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG HH-St. Georg.
Hallo Babelfisch,
ein erfreulich kurzes und knappes, aber inhaltlich und sachlich richtiges Urteil, das sich nach der zutreffenden Rechtsprechung des LG Hamburg richtet. Bei der Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO kommt es n u r auf den Gesamtbetrag an. Eine Preiskontrolle hat der BGH mit VI ZR 67/06 bereits untersagt, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen einhält. Das gilt auch für die Sachverständigenkosten (vgl. BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann).
Mit freundl. kollegialen Grüßen
und mit einem guten Rutsch ins neue Jahr
Willi Wacker
Hallo, W.W.,
auch in diesem Urteil des AG HH-St Georg:
„Die vom Geschädigten an die Klägerin zu entrichtenden Kosten waren insgesamt zur Schadensbehebung „erforderlich“ im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.“
Dass eine fiktive Abrechnung zu berücksichtigen war, ergibt sich jedoch aus den Entscheidungsgründen gerade nicht.“
Bemerkenswert jedoch:
„Der Geschädigte dürfte redlicherweise davon ausgehen, dass die von dem beauftragten Sachverständigen fakturierten Kosten nicht die Grenze von mehr als 100% der im Rahmen der BVSK-Befragung 2015 im Korridor HB V ermittelten Preise übersteigen; insoweit kommt es nur auf eine Gesamtbetrachtung an, nicht auf einzelne Posten.“
Damit geht das Gericht von der Redlichkeit des Geschädigten aus im Gegensatz zur Vorgehensweise der HUK-Coburg-Versicherung, die dem Geschädigten mit der vorgenommenen Kürzung unsubstantiiert unterstellt, gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen zu haben, weil die abgerechneten Gutachterkosten offenbar höher lagen als der versicherungsseitig in den Raum gestellte Wunschbetrag nach dem ausgedachten HUK-Coburg Tableau. Zudem wird mit einer solchen rechtswidrigen Kürzung „rein vorsorglich“ dann auch noch diskriminierend unterstellt, kein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Mensch zu sein, obwohl es schadenersatzrechtlich darauf nicht ankommt, denn der Sachverständige bliebe auch in diesem Fall Erfüllungsgehilfe des Schädigers mit den daraus zu beachtenden Rechtsfolgen, die gerade nicht zu Lasten des Unfallopfers gehen dürfen. Augenfällig ist im beurteilungsrelevanten Zusammenhang übrigens immer, dass die an diesem Raubzug beteiligten Autoversicherer das Thema Auswahlverschulden meiden, wie der Teufel das Weihwasser, weil sie genau wissen, dass sich damit der unberechtigte Vorwurf eines Verstosses gegen die Schadenminderungspflicht erledigt und sie sich selbst gleichermaßen.
ROLAND II