Mit Urteil vom 06.05.2010 (19 C 260/09) hat das AG Nettetal die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 858,99 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht erachtet die Schwacke-Liste als geeignete Schätzungsgrundlage gem. § 287 ZPO, die Fraunhofer Tabelle dagegen nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage hat teilweise Erfolg, im Übrigen war sie abzuweisen.
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht des Unfallopfers A. unstreitig ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden zu, die diesem aufgrund des Unfalles vom xx.xx.2008 in voller Höhe entstanden sind. Gemäß § 249 BGB und der ständigen Rechtsprechung des BGH (vergleiche unter anderen BGH NJW 2008, 1529) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung als erforderlichen Wiederherstellungsaufwandersatz diejenigen Mietwagenkosten beanspruchen, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfte.
Dabei ist der Geschädigte jedoch gehalten, gemäß dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des ihm Zumutbaren unter mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass Ausgangspunkt für die Bewertung der übliche Normaltarif ist und es zulässig ist, zu dessen Bestimmung im Rahmen der Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 278 ZPO auf das gewichtete Mittel des sogenannten „Schwacke-Automietpreis-Spiegels“ (nachfolgend Schwacke-Liste genannt) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten am Unfallort zurückzugreifen (vergleiche hierzu BGH NZV 2006, 463). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier damit auf den Ort des Unfallgeschehens und Wohnort des Geschädigten A. mithin Nettetal, zurückzugreifen, zumal die Klägerin noch Zustell- und Abholkosten hinsichtlich des Ersatzwagens beansprucht.
Das Gericht folgt auch der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Landgerichts Krefeld (vergleiche unter anderem 3 S 54/05), wonach die Schwacke-Liste grundsätzlich eine geeignete Schätzungsgrundlage darstellt. Soweit die Beklagte dies in Abrede stellt und erhebliche Mängel bei Erstellen dieser Liste im Einzelnen in der Klageerwiderungsschrift vorträgt, folgt das Gericht dem nicht. Gemäß BGH NJW 2008, 1519 bedarf die Eignung von der Schätzung zugrundeliegenden Listen oder Tabellen nur dann der Aufklärung, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, wonach sich geltend gemachte Mängel auf den entscheidenden Fall ausgewirkt haben. Dies kann vorliegend nicht bejaht werden.
Soweit die Beklagte einwendet, die Schwacke-Liste sei nicht nach den Regeln der wissenschaftlichen Marktforschung erhoben und folge den Forderungen von sogenannten Lobbyisten, wird insoweit auf die Ausführungen des OLG Köln im Urteil 6 U 115/08 – Juris – verwiesen, worin dies gerade nicht festgestellt werden könne und hier ist auch zu beachten, dass sich generelle Einwendungen gegen die Methodik der Schätzgrundlage nicht auf den hier zu entscheidenden Fall auswirken. Auch hält das Gericht die von der Beklagten favorisierte Liste §Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Frauenhofer Instituts“ nicht für geeigneter, um dem Gericht eine Schätzungsgrundlage zu bieten. Hier ist nämlich zu beachten, dass die Schwacke-Liste von einer dreistelligen Unterteilung der Postleitzahlen ausgeht, die von der Beklagten genannte Frauenhofer Liste jedoch nur von einer zweistelligen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die anonymisierten Auskunftseinholungen des Frauenhofer-Instituts in der Praxis zu sachgerechteren Ergebnissen führen würden als diejenigen, die zur Erstellung der Schwacke-Liste eingeholt wurden.
Bei Anwendung der zum Unfallzeitpunkt geltenden Schwacke-Liste 2006 ergibt sich folgende Berechnung: Hier ist entgegen der Ansicht der Klägerin ersatzfähig nur ein Mietpreis hinsichtlich der Gruppe 5 der Schwacke-Liste, da unstreitig der in die Gruppe 6 einzuordnende VW-Golf Variant des Geschädigten B. 8 Jahre alt war und über 180.000 Kilometer gelaufen war. Damit hatte der Geschädigte durch die Anmietung eines Ersatzwagen einen erheblichen Vorteil und ersparte Kosten, sodass er im Rahmen der Geringhaltung des Schadens verpflichtet war, ein gruppentieferes Fahrzeug anzumieten, wie es für ältere Fahrzeuge der ständigen Rechtsprechung hiesigen Landgerichts entspricht.
Für die 15-tägige Mietdauer ist im hiesigen Gebiet ein Wochenpreis von durchschnittlich € 535,00 zugrundezulegen, was bei 2 Wochen zuzüglich eines weiteren Miettages einen Betrag in Höhe von € 1,176,00 brutto ergibt, da ausweislich der Schwacke-Uste es sich bei den Listenpreisen um Preise einschließlich Mehrwertsteuer handelt.
Zuzüglich der Winterreifen, dessen Zubehör dem Gericht als erforderlich erscheint, da die Anmietung Anfang März erfolgte und zu dieser Zeit noch mit einem Wintereinbruch zu rechnen ist, errechnen sich ausweislich der Nebenkostentabelle € 10 pro Tag, mithin weitere € 150,00 brutto.
Was die Zustellkosten angeht, so ist zu beachten, dass das Fahrzeug des Geschädigten nach Viersen geschleppt wurde, er jedoch in Nettetal wohnte, sodass die Zustell- und Abholkosten ausweislich der Liste mit insgesamt € 42,00 hinzuzählen sind.
Da auch das Fahrzeug des Geschädigten über ein Vollkaskoversicherung verfügte, konnte der Geschädigte ein Mietfahrzeug einschließlich Vollkaskoschutz nehmen, woraus sich ausweislich der Nebenkostentabelle ein durchschnittlicher Preis weiterer € 154.00 für 15 Tage ergeben. Damit errechnen sich zugunsten des Geschädigten ein erforderlicher Mietzinspreis in Höhe von € 1.522,00 brutto. Soweit der Geschädigte weitere Einsparungen hätte erzielen können, wenn gemäß den Ausführungen der Beklagten er weiter im Internet geforscht hätte, ist die konkrete Unfallsituation zu beachten, wobei das Fahrzeug des Geschädigten A. nach V. geschleppt wurde und er darauf angewiesen war vor Ort ein Ersatzfahrzeug zu bekommen und auch nicht ersichtlich ist, dass bei einer Nachfrage bei 2 – 3 weiteren Autovermietern im hiesigen Raum er ein billigeres Fahrzeug bekommen hätte.
Zu diesem Mietzinspreis ist gemäß der richterlichen Schätzung aufgrund der konkreten Unfallsituation ein Aufschlag von 15 % vorzunehmen. Damit folgt das Gericht der Rechtsprechung des hiesigen Landgerichts Krefeld (vergleiche 3 S 74/05). Hier ist nämlich zu beachten, dass die Klägerin folgende Punkte vorgetragen, die eine Erhöhung des Normaltarifs aufgrund folgender Umstände rechtfertigt:
– fehlende Sicherheit
– nicht feststehende Mietzeit
– Zahlungsverzögerung.
Hier hat die Klägerin im Einzelnen vorgetragen, dass eine Kautionsgestellung bei ihr in der Regel durch Kreditkarte erfolgt und der Geschädigte A. über eine solche nicht verfügte. Darüber hinaus stand – anders als in der Regel bei Anmietung im normalen Mietwagengeschäft – die Dauer der Mietzeit bei Vertragsschluss noch nicht fest, sodass sich die Klägerin nicht darauf einstellen konnte, wann das konkrete Fahrzeug weitervermietet werden konnte.
Auch ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass der Mietzins nach der konkreten Unfallsituation und der Abtretung der Ansprüche sich gegen die Beklagte nur mit Zahlungsverzögerung realisieren lässt und die Klägerin ein Ausfallrisiko trug, da sie der Unfallschilderung des Geschädigten B. vertrauen musste, wonach er in voller Höhe Ersatz seines Unfallschadens beanspruchen kann.
Somit erscheint es angemessen, aber auch ausreichend aufgrund dieser Besonderheiten der konkreten Unfallsituation eine Erhöhung der Mietpreise gemäß Schwacke-Liste gemäß § 287 ZPO in Höhe von 15 % vorzunehmen, sodass sich der klägerische Anspruch auf € 1.750,30 hier erhöht. Abzüglich der von der Beklagten vorprozessual gezahlten € 891,31 verbleiben zugunsten der Klägerin € 858,99, die ihr nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten – anteilig bei einem Streitwert bis € 900,00 – zuzusprechen waren. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Nebenfolgen rechtfertigen sich aus §§ 92 Absatz 1, 708 Nr.11, 711 ZPO.
Soweit das AG Nettetal.