Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
heute einmal wieder etwas später als sonst stellen wir für Euch ein Urteil aus Halle an der Saale zu den Mietwagenkosten und zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die LVM Versicherung vor. Im Ergebnis zeigt sich eine positive Entscheidung des AG Halle an der Saale. Leider erfolgt jedoch wieder einmal eine Einzelpositionsüberprüfung der Sachverständigenkosten, obwohl nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH eine Preiskontrolle gerade verboten ist (vgl. BGH DS 2007, 144 ff = NJW 2007, 1450, 1451; siehe auch v. Ullenboom NJW 2017, 849, 852 Fußn. 45). Lest aber selbst das Urteil des AG Halle und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
102 C 2816/13 Verkündet am 09.09.2016
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a. G., vertr. d. d. Vorstand, Kolde-Ring 21, 48126 Münster
Beklagter
hat das Amtsgericht Halle (Saale) im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 27.07.2016 durch die Richterin am Amtsgericht F. für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 870,12 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 746,48 € seit dem 27.11.2012 sowie aus weiteren 123,64 € seit dem 02.11.2012 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Mahnkosten i.H.v. 16,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.10.2013 zu zahlen.
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Rechtsanwälte Siebold & Treydte 124,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2013 als außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu zahlen.
4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
5. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auf 870,12 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf restlichen Schadensersatz (Mietwagenkosten und Sachverständigenkosten) aus einem Verkehrsunfall vom 09.10.2012, welcher durch das im Unfallzeitpunkt bei dem Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug … verursacht worden ist, in Anspruch.
Durch den Unfall wurde der PKW Opel Agila mit dem amtlichen Kennzeichen … des Geschädigten und Zeugen U. W. beschädigt. Das Fahrzeug war nach dem Unfall nicht fahrbereit.
Der Kläger erstattete auftragsgemäß ein Schadensgutachten, in welchem er die Reparaturkosten mit 6.635,71 € ermittelte und vermietete dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug für die Zeit der Reparatur vom 09.10.2012 bis zum 26.10.2012 – mithin für 17 Tage. Für die Erstattung des Sachverständigengutachtens berechnete der Kläger dem Geschädigten 722,15 € (Anlage K8) und für den Mietwagen stellte er 1.347,43 € in Rechnung (Anl. K3). Der Beklagte zahlte an den Kläger vorprozessual aufgrund der Abtretungsurkunden vom 09.10.2012 (Anlagen K 1 und K 2) auf die Sachverständigenrechnung 123,64 € und auf die Mietwagenrechnung 600,95 €.
Der Kläger behauptet, der Zeuge U. W. sei im Unfallzeitpunkt Eigentümer des beschädigten Opel Agila gewesen und habe ihm seine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten auf Erstattung von Sachverständigenkosten und Mietwagenkosten durch Erklärung seiner bevollmächtigte Lebensgefährtin abgetreten. Insoweit nimmt er Bezug auf die o.g. Abtretungserklärungen.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 870,12 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 746,48 € seit dem 27.11.2012 sowie aus weiteren 123,64 € seit dem 02.11.2012 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Mahnkosten i.H.v. 24,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Rechtsanwälte Siebold & Treydte 124,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2013 als außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu zahlen;
4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die Klägerseite verauslagten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er stellt zunächst die Aktivlegitimation des Klägers in Abrede und bestreitet in diesem Zusammenhang das Eigentum des Herrn U. W. an dem beschädigten PKW Opel Agila sowie die Unterzeichnung der Abtretungsurkunde durch den Geschädigten bzw. einen bevollmächtigten Vertreter.
Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruchs bestreitet der Beklagte die Erforderlichkeit, Ortsüblichkeit und Angemessenheit der abgerechneten Sachverständigen- und Mietwagenkosten. Wegen der Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf die Schriftsätze der Beklagtenvertreter vom 06.12.2013, 28.09.2015 und 27.07.2016 Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen U. W. . Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30.09.2015 Bezug genommen. Des Weiteren hat das Gericht ein Sachverständigengutachten zur Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Mietwagenkosten eingeholt. Insoweit wird Bezug genommen auf das Sachverständigengutachten des Diplom-Ingenieurs (FH) B. A. vom 13.04.2016.
Die Klage ist dem Beklagten am 25.10.2013 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im Wesentlichen begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG i.V.m. 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung i.H.v. 870,12 € (Tenor Ziff. 1), da der Beklagte im Rahmen seiner Schadensersatzpflicht nach dem Unfall vom 09.10.2012 sowohl die dem Geschädigten vom Kläger in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten als auch die Mietwagenkosten – abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen – an den Kläger zu erstatten hat. Nach der Teilzahlung des Beklagten auf die Mietwagenrechnung vom 07.11.2012 stehen daraus noch 746,48 € offen. Nach der Teilzahlung des Beklagten auf die Rechnung für das Sachverständigengutachten steht daraus noch ein Betrag i.H.v. 123,64 € offen.
Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger Inhaber der hier streitgegenständlichen Ansprüche geworden und deshalb aktivlegitimiert ist. Der Zeuge U. W. hat glaubhaft bekundet, im streitgegenständlichen Zeitraum Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … gewesen zu sein. Darüber hinaus hat er bestätigt, seine Lebensgefährtin Frau H. beauftragt und bevollmächtigt zu haben, die unfallbedingte Schadensregulierung zu veranlassen. In diesem Zusammenhang sei sie auch bevollmächtigt gewesen, einen Mietwagen anzumieten und sonst alles zu regeln. Seine Lebensgefährtin verfüge allgemein über eine Vollmacht, um alles für ihn unterschreiben zu können, da er aufgrund seiner Montagetätigkeit selten zu Hause sei. Im Ergebnis dieser Aussage ist das Gericht davon überzeugt, dass die Lebensgefährtin des Eigentümers des beschädigten Fahrzeuges die diesem aus dem Verkehrsunfall zustehenden Ansprüche auf Erstattung von Mietwagen- und Sachverständigenkosten mit dessen Vollmacht durch Unterzeichnung der Abtretungsurkunden K1 und K2 wirksam an den Kläger abgetreten hat.
Die Mietwagenkosten für den fraglichen Zeitraum und die Kosten für die Erstattung des Sachverständigengutachtens stellen auch einen nach § 249 Abs. 2 BGB erstattungsfähigen Schaden dar.
Der Geschädigte bzw. dessen Lebensgefährtin hat sein Fahrzeug nach dem Unfall aufgrund der Beschädigungen bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten nicht mehr im Straßenverkehr nutzen können, weshalb er ein Ersatzfahrzeua für die unstreitige Reparaturdauer vom 09.10.2012 bis zum 26.10.2012 anmieten durfte. Die vom Kläger hierfür in Rechnung gestellten Kosten überschreiten nicht die Ortsüblichkeit und waren deshalb erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB. Jedenfalls hat der Beklagte seine Behauptung, wonach es dem Geschädigten ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, für den konkreten Zeitraum ein gleichwertiges Mietfahrzeug zu einem Preis von 520,87 € von den großen überregionalen Anbietern in der Region anzumieten, nicht bewiesen. Dem Gutachter Altin war es nicht möglich, die im streitgegenständlichen Zeitraum 2012 angebotenen Preise der großen überregionalen Anbieter (Sixt, Avis, Europcar, Buchbinder, Enterprise, Hertz) zu ermitteln, da diese die Preisanfragen des Gutachters nicht beantwortet haben. Im Ergebnis dieses Gutachtens kann daher nicht festgestellt werden, welche Preise im streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Markt angeboten worden sind.
Fest steht lediglich, dass zumindest in dem Zeitraum, in welchem der Gutachter recherchiert hat (2016), im Internet Preise angeboten worden sind, welche deutlich unter dem vom Kläger abgerechneten Preis liegen. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass es dem Geschädigten im Oktober 2012 ohne weiteres möglich gewesen wäre, zu einem deutlich niedrigeren Preis als dem vom Kläger abgerechneten Preis einen Mietwagen für den Zeitraum der Reparatur zu erhalten. Hinsichtlich der aktuell im Internet angebotenen Preise der großen Mietwagenfirmen hat der Gutachter nämlich am Beispiel der Firma Avis ermittelt, dass der im Internet angebotene günstige Preis nicht zur Verfügung steht, wenn offen gelegt wird, dass der Grund für die Anmietung ein nicht selbst verursachter Unfallschaden ist und die Anmietung gegen Rechnung erfolgen soll. Zu den im Internet angebotenen niedrigen Preisen könne man ein Fahrzeug nur dann anmieten, wenn man als Mieter bereit sei, im Voraus bei der Abholung den gesamten Mietpreis zu zahlen. Wolle man hingegen eine Anmietung gegen Rechnung vornehmen, steige der Preis erheblich.
Dem Beklagten ist es damit im Ergebnis nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass der Geschädigte am 09.10.2012 ein gleichwertiges Mietfahrzeug für die Reparaturdauer zu einem Preis hätte anmieten können, welcher deutlich unter dem Preis gelegen hätte, den der Kläger berechnet hat.
Der Mietpreis ist auch nicht um eine Eigenersparnis i.H.v. 10 % zu kürzen, da der Kläger für den zur Verfügung gestellten Mietwagen unstreitig bereits den Tarif einer niedrigeren Fahrzeuggruppe in Ansatz gebracht hat.
Auch der vom Kläger berechnete Preis für das Sachverständigengutachten ist vom Beklagten geschuldet, da es sich auch hierbei um den erforderlichen Preis im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB handelt. Die Preise des Klägers bewegen sich hinsichtlich des Grundhonorars auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und auch bezüglich der abgerechneten Nebenkosten liegen sie jeweils noch in der Spanne der Ergebnisse der einschlägigen BVSK-Befragungen, welche im hiesigen Gerichtsbezirke regelmäßig als geeignete Schätzgrundlagen angesehen werden. Im Einzelnen ergibt sich dies aus der folgenden Aufstellung (netto):
. vom Kläger abgerechnet Umfrageergebnis
. HB I bis HB IV
Grundhonorar 402,95 € 487,00 – 600,00 €
1. Fotosatz 2,47 € 1,80- 2,48 €
2. Fotosatz – Kopie 1,70 € 1,08- 1,71 €
Porto/Telefon 18,26 € 9,73- 18,28 €
Schreibkosten 3,59 € 2,14- 3,64 €
Fahrtkosten je Kilometer 1,04 € 0,84- 1,05 €
Restwertermittlung 30,80 € 15,00- 35,00 €
Die geltend gemachten Kosten fallen demnach insgesamt nicht aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrages nach § 249 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die Klage war jedoch teilweise hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Mahngebühren abzuweisen. Soweit der Kläger pro Mahnung 6,00 € Mahnkosten geltend gemacht hat, ist dieser Betrag überzogen. Der Kläger kann hier lediglich für jede Rechnung 2 Mahnungen (insgesamt mithin 4 Mahnungen) zu je 4,00 € in Rechnung stellen (Schätzung durch das Gericht gem. § 287 ZPO), was den ausgeurteilten Betrag i.H.v. 16,00 € ergibt (Tenor Ziff. 2).
Der Kläger hat weiter unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB) einen Anspruch auf Verzugszinsen und auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,00 Euro (Tenor Ziff. 3).
Verzugszinsen auf den Gerichtskostenvorschuss kann der Kläger hingegen nicht verlangen. Ein solcher Anspruch kann zwar gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB bestehen, wenn dem Kläger aufgrund des Verzuges der Beklagten und die deshalb notwendige Zahlung des Gerichtskostenvorschusses ein Zinsschaden – entweder durch aufzuwendende Finanzierungskosten oder durch verloren gegangene Zinserträge – entstanden sein sollte. Hierzu hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen. § 288 Abs. 1 BGB greift nicht direkt ein, weil die Klägerin gegenüber dem Beklagten noch keinen fälligen Anspruch auf Ersatz der Gerichtskosten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Z. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsliste “Mietwagenkosten u. SV-Honorar” zum Download >>>>>
Es ging in die Berufung und das LG Halle wollte mich über die Vorkasse des Geschädigten konstruiert in die Pfanne hauen, obwohl ich belegt habe, dass ich kein Vorkasserabatt anbieten und regional günstiger abrechne als andere mit Vorkassenrabatt. Es wurde also die sonst so gepredigte Rechtsansicht des Tatrichters am LG missachtet und dieser (sonst zu Lasten des Geschädigten) erklärte rechtswidrige Ausforschungsbeweis hier angewendet. Die fehlerhafte Begründung _Beweislast des Geschädigten_. Nachdem ich klären wollte, erklärte mir der Einzelrichter, dass er sich nicht mit mir über juristische Dinge unterhalten werde. Rest in meiner Doku, denn der Richter hat schon in einem andren Fall meine Mitarbeiter der Lüge bezichtigt und dem Versicherungsangestellten seine Lüge abgekauft, dieser Betrug wurde von mir bewiesen….
Ist es möglich, das Berufungsurteil des LG Halle der Redaktion zu übersenden, damit es hier veröffentlicht werden kann?
Wenn man sich vor Augen führt, was vom Kläger abgerechnet wurde und wie sich die Obergrenzen des Umfrageergebnisses HB I bis HB IV verhalten, drängen sich Fragen auf:
Warum wurde nicht überall konsequent 1 ct unter der Obergrenze abgerechnet und welchen Sinn ergibt ein Umfrageergebnis vor diesem Hintergrund ?