Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
nachfolgend stellen wir Euch hier ein „historisches“ BGH-Urteil zum Schadensersatz, zu den AGBs und zu den Sachverständigenkosten, das bei diversen neueren Entscheidungen schon des Öfteren zitiert wurde, vor. Zwar hat sich zwischenzeitlich die Währung geändert, aber im Prinzip ist das Recht geblieben. Die Besonderheit liegt unter anderem hier in der Gerichtsbarkeit der Rhein-Schiffahrtsgerichte, da der Rhein eine Schiffahrtswasserstraße mit eigenen Regeln ist. Bei Havarien und Unfällen sind die Schiffahrtsgerichte zuständig. Lest selbst das Urteil des Werkvertragssenates des BGH vom 29.11.1988 – X ZR 112/87 – und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 112/87 Verkündet am: 29.11.1988
In dem Rechtsttreit
…
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 1988 durch die Richter Brodeßer, von Albert, Dipl.-Ing. Frhr. von Maltzahn, Dr. Jestaedt und Dr. Broß
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teil- und Grundurteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Schiffahrtsobergerichts – vom 12. Mai 1987, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schiffahrtsgerichts Mannheim vom 20. Februar 1985 abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Werftwerkvertrag, die die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen, aus übergangenem und abgetretenem Recht geltend macht.
Der Versicherungsnehmer der Klägerin, der Schiffseigner und Schiffsführer M. , erteilte der beklagten Werft im Rahmen einer telefonischen Anfrage den Auftrag zur Reparatur von Leckagen an dem Tankmotorschiff (TMS) „C.“.
Am 28. Februar 1984 wurden das Schiff entladen, die Tanks gereinigt und – um 16.00 Uhr – von dem öffentlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Chem. P., B., eine Gasfreiheitsbescheinigung erteilt, in die die wegen eines nicht zu öffnenden Ventils ungeprüft gebliebenen Heizleitungen nicht einbezogen wurden. Am nächsten Tag wurde das Schiff auf Helling genommen, und die Mitarbeiter der Beklagten begannen mit Schweißarbeiten. Am 7. März 1984 (Aschermittwoch) deckte ein Mitarbeiter der Beklagten um 7.30 Uhr den Domdeckel von Tank 2 auf und begann um 9.15 Uhr von außen ein Loch „in Raum 2“, d.h. in dessen Wandung zu brennen. Dabei kam es zu einer Verpuffung, durch die das Schiff erheblich beschädigt wurde und deren Ursache die Klägerin in einer Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die Beklagte sieht.
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch von 165.588,50 DM setzt sich wie folgt zusammen:
geschätzte Reparaturkosten 102.039,00 DM
Expertisekosten 3.548,00 DM
Nutzungsausfall 14.03.-06.04.84
18 Tage à 2.376,00 DM/Tag 42.768,00 DM
6 Tage à 2.599,00 DM/Tag 15.594,00 DM
Expertisekosten 1.639,50 DM
. 165.588,50 DM
Die Beklagte hat eine Haftung mangels Verschuldens in Abrede gestellt und sich im übrigen auf einen Haftungsausschluß gemäß den von ihr üblicherweise verwendeten formularmäßigen Allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen (im folgenden: AGB) berufen, deren Klausel Nr. 10 wie folgt lautet:
„10. Haftungsmaßstab, Haftungsumfang
a)
Bei Verletzung vertraglicher Pflichten haben wir nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei Verzug oder Unmöglichkeit haften wir darüber hinaus auch bei leichter Fahrlässigkeit, allerdings beschränkt auf die Mehraufwendungen für einen Deckungskauf.
b)
Abweichend von a) haften wir gegenüber dem Personenkreis des § 24 AGB-Gesetz stets nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit; in diesem Rahmen beschränkt sich unsere Haftung für Erfüllungsgehilfen im übrigen auf die Haftung für sorgfältige Auswahl und etwa erforderliche Überwachung. Bei Verzug oder Unmöglichkeit schulden wir nur Ersatz der Mehraufwendungen für einen Deckungskauf.
c)
In keinem Fall haften wir für den Ersatz mittelbarer/Folge-Schäden.
d)
Für jedes Schadensereignis haften wir nur bis zur Höhe von 5 % des Warenwertes, höchstens bis zu DM 100.000,-.“
Das Schiffahrtsgericht Mannheim hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte kein Verschulden an der zum Schaden führenden Verpuffung treffe. Sie habe auf das ohne zeitliche Einschränkung erteilte Attest über die Gasfreiheit des Schiffes vertrauen dürfen. Mit einem derart ungewöhnlichen Zustand (millimetergroßes Loch in der Heizleitung des Tanks 2), aufgrund dessen es zu der Verpuffung gekommen sei und den weder der Schiffseigner noch der Sachverständige bemerkt hätten, habe die Beklagte nicht zu rechnen brauchen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt und ihren Antrag auf Zahlung von 165.588,50 DM nebst Zinsen weiterverfolgt.
Das Berufungsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens die Klage wegen des auf den Nutzungsausfall und die Expertisekosten entfallenden Teilbetrages von 63.549,50 DM abgewiesen und die Klage im übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Beide Parteien haben Revision eingelegt. Sie beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit (jeweils) zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit nach den in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträgen zu entscheiden;
hilfsweise
die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sie beantragen ferner
wechselseitig die Zurückweisung der gegnerischen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg; die Revision der Beklagten ist dagegen unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, zwischen der beklagten Werft und dem Schiffseigner Ma. sei auf dessen telefonische Antrage gemäß § 631 BGB ein Werkvertrag über die Reparatur der Leckagen zustande gekommen, dem die AGB der Beklagten als Vertragsinhalt zugrunde gelegen hätten. Dagegen richtet die Revision der Klägerin keine Angriffe; ein Rechtsfehler ist insoweit nicht ersichtlich.
II.
A.
Revision der Beklagten
Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen grob pflichtwidrig unsachgemäßer Ausführung des erteilten Reparaturauftrages dem Grunde nach bejaht. Das greift die Revision der Beklagten mit Verfahrens- und Sachrügen an.
1. Den gerichtlichen Sachverständigen hat das Berufungsgericht trotz eines entsprechenden Antrages nicht zur mündlichen Verhandlung geladen und dies damit begründet, daß die Beklagte für keine der die Entscheidung tragenden Gründe aufgezeigt habe, daß das von ihm erstattete schriftliche Gutachten erläuterungsbedürftig sei.
Die Revision wirft dem Berufungsgericht insoweit vor, es habe dadurch das Recht der Beklagten auf Befragung des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vereitelt. Diese auf § 411 Abs. 3 ZPO gestützte Verfahrensrüge ist nicht begründet. Das Berufungsgericht durfte von der Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung absehen, weil dessen gutachterlichen Äußerungen für das angefochtene Urteil ohne entscheidungserhebliche Bedeutung geblieben sind. Die dem gerichtlichen Sachverständigen vorgelegten und von ihm schriftlich beantworteten Beweisfragen waren für die das angefochtene Urteil tragenden Erwägungen nur insoweit von Bedeutung, als das Berufungsgericht die gutachterliche Stellungnahme als eine zusätzliche Bestätigung für die von ihm angenommene Notwendigkeit der in den Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Schiffbau geforderten Maßnahme gewertet hat, auf eine ausreichende Be- und Entlüftung (des Raumes 2) vor Beginn der Arbeiten in keinem Fall zu verzichten. Einen weiteren, damit sachlich zusammenhängenden Pflichtenverstoß der Beklagten hat das Berufungsgericht in der unzutreffenden Bewertung des Gasfreiheitsattestes und in der Nichtbeachtung der in dem Merkblatt über die Gasfreiheit von Binnentankschiffen enthaltenen Regeln gesehen. Das Berufungsgericht hat folglich der dem Sachverständigen vorgelegten Frage nach der Erkennbarkeit der konkreten Gefahrenlage gegenüber der Vernachlässigung schon der allgemeinen Regeln, wie sie in den UVV Schiffbau und in dem Merkblatt niedergelegt sind, keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Es durfte deshalb von der Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung absehen.
2. Das Berufungsgericht hat eine grobe Pflichtwidrigkeit der Beklagten darin gesehen, daß diese die durch die UVV Schiffbau aufgestellten Verhaltensnormen mißachtet und sich um die Bedeutung einer Gasfreiheitsbescheinigung, wie sie in dem Merkblatt über die Gasfreiheit von Binnentankschiffen umschrieben ist, nicht gekümmert hat. Diese Feststellung hat das Berufungsgericht auf die Beklagte selbst und nicht etwa auf deren mit den Reparaturarbeiten betraute Erfüllungsgehilfen bezogen. Im angefochtenen Urteil ist zwar an mehreren Stellen von „von der Beklagten“ vorgenommenen Schweißarbeiten die Rede. Es liegt jedoch auf der Hand, daß weder die gesetzlichen Vertreter noch die leitenden Angestellten der beklagten Werft diese Arbeiten selbst ausgeführt haben. Das Berufungsgericht hat daher ersichtlich allein das der Beklagten zuzurechnende Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter und/oder das der leitenden Angestellten der Werft gemeint, da nur deren Pflichtenkreis von den betreffenden Vorwürfen berührt wird.
Die Revision der Beklagten rügt, daß wesentliche Tatsachen unberücksichtigt geblieben seien. Sie verweist darauf, daß das Gasfreiheitsattest keine zeitlichen oder sonstigen Beschränkungen enthalten habe, und macht geltend, das Attest sei fehlerhaft und irreführend gewesen. Das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Risikofaktors „Gasfreiheit“ auf das attestierte Prüfungsergebnis habe verlassen dürfen. Auch diese Rüge bleibt erfolglos.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung nicht übersehen, daß das Attest weder eine zeitliche noch eine sonstige Beschränkung enthält. Gleichwohl hat es die Verantwortlichkeit der Beklagten für die fortdauernde Überprüfung des Tankschiffs bzw. seiner Räume auf Gasfreiheit vor der Inangriffnahme der Schweißarbeiten, die zu der Verpuffung in Raum 2 geführt haben, mit Recht bejaht. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht hierzu die von der Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft herausgegebene Unfallverhütungsvorschrift „Schiffbau“ (VBG 34) vom 1. April 1978 und das vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegebene „Merkblatt über die Gasfreiheit von Binnentankschiffen“ – Ausgabe 10. 1981 – herangezogen. Gegen die sich daraus ergebenden Sorgfaltspflichten hat die Beklagte in mehrfacher Hinsicht verstoßen. So hat sie weder beachtet, daß nach Ziffer 6.1 des Merkblatts die Gasfreiheitsbescheinigung des zuständigen Sachverständigen lediglich die Abwesenheit von Gefahren zum Zeitpunkt der Messung und für einen von dem Sachverständigen anzugebenden Zeitraum, an welcher Angabe es im vorliegenden Fall überhaupt fehlte, festgestellt, noch daß ungeachtet der Gasfreiheitsbescheinigung zur Aufrechterhaltung der Gasfreiheit weitere Maßnahmen, wie z.B. Offenhalten der Räume, natürliche oder künstliche Lüftung, zu treffen waren. Nach Ziffer 6.2 des Merkblatts war bei einem Tankschiff, das – wie im vorliegenden Fall – Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt unter 55(C, nämlich „Jet-Petrol“, befördert hatte, darüber hinaus mindestens zu Beginn jeder Arbeitsschicht eine (erneute) Nachprüfung (auf Gasfreiheit) erforderlich. Die genannte Unfallverhütungsvorschrift sieht in § 16 Abs. 7 für Tanks oder Räume, die leicht entzündliche Stoffe enthalten haben, für die (gesamte) Dauer von mit Zündgefahren verbundenen Arbeiten ebenfalls eine ausreichende Lüftung vor. Indem die Beklagte die beschränkte Aussagekraft der Gasfreiheitsbescheinigung unbeachtet gelassen hat und Schweißarbeiten an einem Raum hat beginnen lassen, der nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts vor Beginn der Schweißarbeiten sechs Tage geschlossen war, ohne für eine – gegebenenfalls erneute – ausreichende Entlüftung dieses Raumes zu sorgen oder andere Vorsorgemaßnahmen zu treffen, hat sie den Schadensfall unter Verletzung der ihr als Schiffswerft obliegenden Sorgfaltspflichten fahrlässig herbeigeführt.
3. Die hierzu getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen auch die Annahme einer grob schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten. Die Entscheidung, ob ein vorwerfbares Verhalten als grob fahrlässig zu werten ist, ist ohnehin dem Tatrichter vorbehalten, der unter Würdigung aller Umstände nach pflichtgemäßem Ermessen über diese Frage zu befinden hat. Seine Wertung ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht weitgehend entzogen, es sei denn, der Tatrichter habe den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder seiner Beurteilung fehlerhaft gewonnene Feststellungen zugrunde gelegt (BGH VersR 1981, 75 m.w.N.). Unter grober Fahrlässigkeit versteht die Rechtsprechung ein Verhalten, bei dem die verkehrserforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen in einem besonders hohen Maße verletzt worden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall ohne weiteres hätte einleuchten müssen (BGHZ 10, 12, 16) [BGH 13.05.1953 – VI ZR 5/52]. Dafür daß das Berufungsgericht diese Voraussetzungen verkannt hätte, bietet das angefochtene Urteil namentlich in seinem Gesamtzusammenhalt, keinen Anhalt.
Mit ihrer Rüge, das berechtigte Vertrauen der Beklagten in die Gasfreiheitsbescheinigung des Sachverständigen schließe ein solches Verschulden der Beklagten aus, setzt die Revision ihre eigene Würdigung in revisionsrechtlich unzulässigerweise an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
4. Demzufolge hat die Beklagte aufgrund eigenen grob schuldhaften Verhaltens für den Ersatz aller Schäden einzustehen, die dem Schiffseigner M. im Zusammenhang mit dem Unfall vom 7. März 1984 entstanden sind. Diese Haftung wird von der AGB-Klausel Nr. 10 b nicht berührt, da diese die Haftung des Klauselverwenders für grobe Fahrlässigkeit ausdrücklich vorsieht.
5. Ein Mitverschulden des Schiffseigners M. hat das Berufungsgericht verneint (§ 254 BGB). Es hat dazu ausgeführt: Das im Auftrag von M. von dem Sachverständigen P. ausgestellte Gasfreiheitsattest sei ordnungsgemäß gewesen, und die Erklärung von Ma., daß die Heizleitung seinerzeit unter Druck geprüft und in Ordnung sei, habe seinem Wissen entsprochen und sei richtig gewesen. Dem Schiffseigner könne auch im Zusammenhang mit der von dem Sachverständigen unterlassenen Prüfung der Heizleitungen kein Schuldvorwurf gemacht werden. Denn der Sachverständige habe das Attest in eigener Verantwortung ausgestellt und zudem bescheinigt, daß die Heizleitungen (von ihm) nicht geprüft worden seien.
Die Revision der Beklagten rügt, das Berufungsgericht habe außer acht gelassen, daß auch andere schadensauslösende Ursachen vorhanden gewesen seien, die in den Verantwortungsbereich des Schiffseigners fielen. Dazu gehörten der Defekt der Heizungsanlage und die Nichtanordnung nachträglicher Kontrollmessungen. Diese Rüge bleibt ebenfalls erfolglos.
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, auf den von ihm ohne Rechtsverstoß festgestellten Sachverhalt gestützt und dabei keine rechtserheblichen Umstände unberücksichtigt gelassen. Soweit es festgestellt hat, der Schiffseigner Ma. habe seine Angabe, die (im Tankraum 2 verlegte) Heizleitung sei überprüft worden und in Ordnung, weder wider besseres Wissen noch aufgrund unsorgfältiger Recherche gemacht, ergibt sich daraus zugleich, daß der Schiffseigner von dem Defekt der Heizleitung keine Kenntnis hatte.
Daß den Schiffseigner im Hinblick auf diese Unkenntnis ein Verschulden trifft, ist nicht ersichtlich: Nach dem festgestellten Sachverhalt war das Loch in der Heizschlange nur ca. 1 mm groß und mit einer Rohrmanschette mit Dichtung abgedichtet. Daß eine derart geringfügige und, wie die Beklagte selbst vorgetragen hat, mit dem Auge nicht auszumachende Beschädigung der am Boden des Tankraumes befindlichen Heizleitung unbemerkt geblieben ist, ist dem Schiffseigner Ma. nicht vorzuwerfen. Dieser hatte das TMS „C.“ erst ein halbes Jahr zuvor gekauft und durfte auf das Ergebnis der nur kurze Zeit zurückliegenden Prüfung vertrauen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß selbst der vom Schiffseigner beauftragte und die Gasfreiheit attestierende Fachmann P. wie auch die im Umgang mit Schiffen vertrauten Mitarbeiter der Beklagten vor der Inangriffnahme der Reparaturarbeiten den Defekt an der Heizleitung im Tankraum 2 nicht bemerkt haben.
Soweit die Revision der Beklagten einen vom Berufungsgericht außer acht gelassenen Umstand darin sieht, daß der Schiffseigner keine nachträglichen Kontrollmessungen angeordnet habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat die Sorgfalts- und Obhutspflichten der Beklagten vor allem daraus hergeleitet, daß diese das Schiff zur Reparatur übernommen hatte. Es begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Beklagte als für die Beachtung der einschlägigen Schutzvorschriften und die Durchführung der erforderlichen Schutzmaßnahmen allein verantwortlich angesehen hat.
6. Die Wirksamkeit der haftungsbeschränkenden AGB-Klausel Nr. 10 d hat das Berufungsgericht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG mit der Begründung verneint, die Beschränkung der Haftung auf 5 % des Verkehrswertes des Schiffes sei mit dem Grundgedanken des gesetzlichen Haftungsrechts nicht zu vereinbaren. Diese Haftungsbegrenzung stehe in keinem vertretbaren Verhältnis zum Umfang des typischerweise zu erwartenden Schadens bei der Reparatur eines Tankschiffes.
Die Revision der Beklagten macht demgegenüber zu Unrecht geltend, daß das Berufungsgericht für seine Feststellung keine Tatsachen dargelegt habe, aus denen sich das Verhältnis der Haftungsbegrenzung zum Schadensumfang ergebe. Denn sie läßt die im angefochtenen Urteil erwähnten eigenen Angaben der Beklagten außer acht, mit denen diese sich darauf berufen hat, ihr Haftungsrisiko sei bei einem Verkehrswert des Schiffes von 700.000,- DM auf 35.000,- DM begrenzt. Allerdings durfte das Berufungsgericht – wie die Revision im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten zu Recht rügt – sich bei der Beurteilung der Wirksamkeit der AGB-Klausel nicht auf die genannten Umstände beschränken, ohne zu erwägen, ob nicht eine andere Risikoverteilung etwa wegen der Risikobeherrschung durch den während der Reparaturarbeiten an Bord anwesenden Schiffseigner und wegen der für ein Schiff allgemein üblichen und erfahrungsgemäß bestehenden Kaskoversicherung geboten sei. Dennoch greift die Rüge nicht durch, weil sich die Beurteilung durch das Berufungsgericht im Hinblick auf die Gesamtklausel der Nr. 10 im Ergebnis als richtig erweist.
a) Das Berufungsgericht hat die Klausel Nr. 10 d für sich betrachtet. Es hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – unberücksichtigt gelassen, daß diese im Rahmen der Gesamtregelung der Nr. 10 der AGB bei „jedem Schadensereignis“ Anwendung finden soll und somit ein enger Zusammenhang mit den Regelungen in den Klauseln Nr. 10 a bis 10 c besteht. Gemäß der Klausel Nr. 10 b in Verbindung mit Nr. 10 d ist die Haftung der Beklagten im kaufmännischen Verkehr auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie für Erfüllungsgehilfen auf die sorgfältige Auswahl und Überwachung beschränkt, und zwar mit der Maßgabe gemäß der Klausel Nr. 10 d, daß die Beklagte für jedes Schadensereignis nur bis zur Höhe von 5 % des Warenwerts, höchstens 100.000,- DM haftet. Eine derart weitgehende Freizeichnung von der Haftung für eigenes grobes Verschulden des Klauselverwenders verstößt auch im kaufmännischen Verkehr gegen § 9 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AGBG.
Die AGB-Klausel Nr. 10 bezieht sich ungeachtet der in Nr. 9 („Beanstandungen“) vorgesehenen Regelung hinsichtlich der Gewährleistung für Mängel ausdrücklich auf die Verletzung vertraglicher Pflichten, ohne insoweit nach Haupt- und Nebenpflichten zu unterscheiden. Daraus folgt, daß von der Haftungsbegrenzung auf 5 % des Sachwertes nicht nur Fälle der Verletzung von Obhuts- und Überwachungspflichten (positive Vertragsverletzung und unerlaubte Handlung) erfaßt werden, sondern ebenso solche Schäden, die sich als Folge einer schuldhaft mangelhaften Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht, nämlich der Herstellung des versprochenen Werkes ergeben.
Ohne daß hier im einzelnen zu untersuchen ist, ob die schuldhaft verletzten, auf die unversehrte Rückgabe des zu reparierenden Schiffes gerichteten (Obhuts-)Pflichten als vertragswesentliche Haupt- oder als sogenannte Nebenpflichten aus dem Werftwerkvertrag einzustufen sind, ergibt sich die Unwirksamkeit einer solchen haftungsbeschränkenden AGB-Regelung und damit der Klausel Nr. 10 d schon daraus, daß sie sich auf eine einschneidende Begrenzung der Haftung auch für solche Schäden erstreckt, die auf einer grob schuldhaften Verletzung von vertragswesentlichen Pflichten durch den Klauselverwender selbst beruhen. Indem der Auftraggeber auf einen Schadensersatzbetrag verwiesen wird, der im Einzelfall – wie auch hier – nur einen geringen Bruchteil des Wertes der zur Reparatur gegebenen Sache ausmacht, werden durch eine solche Klausel die Rechte des Auftraggebers derart ausgehöhlt, daß der Vertragszweck nicht mehr erreicht und der Auftraggeber gegenüber dem Vertragspartner weitgehend rechtlos gestellt wird.
b) Die Frage der Wirksamkeit der Klausel Nr. 10 d der AGB der Beklagten ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil, wie die Revision der Beklagten meint, eine angemessene Risikoverteilung zwischen den Parteien des vorliegenden Werkvertrages wegen der Risikobeherrschung seitens des während der Reparaturdauer an Bord anwesenden Schiffseigners und der allgemein üblichen Kaskoversicherung von Schiffen trotz der Klausel nicht gestört sei.
aa) Die Berufung der Beklagten auf die Anwesenheit des Schiffseigners während der Reparaturarbeiten versagt für den hier in Rede stehenden Fall einer eigenen groben Vertragspflichtverletzung der Werft schon deshalb, weil der Eigner und Führer eines kleinen Binnentankschiffs, das über keine nennenswerte Mannschaft verfügt, die Durchführung der Reparaturarbeiten durch die Erfüllungsgehilfen der Werft praktisch nicht beeinflussen und schon gar nicht auf die organisatorischen Maßnahmen der Werft zur Anleitung und Überwachung ihrer Mitarbeiter einwirken kann. Danach kommt eine Risikobeherrschung durch den Schiffseigner – anders als in dem vom erkennenden Senat (BGHR AGBG § 24 Satz 2 – Dock- und Reparaturbedingungen 1) entschiedenen Fall, bei dem nur eine schuldhafte Pflichtverletzung einfacher Erfüllungsgehilfen der Werft vorlag und das zur Reparatur auf Dock gelegte Seeschiff mit einer in der Brandbekämpfung geschulten und entsprechend ausgerüsteten Mannschaft besetzt war – hier nicht in Betracht.
bb) Die für das Schiff bestehende Kaskoversicherung kann im Rahmen der Klausel Nr. 10 d ebenfalls nicht zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden. Der erkennende Senat hat zwar in dem genannten Fall der Werftreparatur eines Seeschiffes in dem allgemeiner Branchenübung entsprechenden, praktisch lückenlosen und bestehenden Kaskoversicherungsschutz für das Schiff einen entscheidenden weiteren Gesichtspunkt für die Beurteilung der Frage gesehen, ob durch eine Freizeichnung wesentliche Rechte des Vertragspartners in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise eingeschränkt werden. Diese für den Fall der Haftung des Unternehmers für Verschulden einfacher Erfüllungsgehilfen geltenden Grundsätze lassen sich jedoch auf Fälle der Haftung für eigenes grobes Verschulden des Werftunternehmers nicht übertragen. Bei einem solchen Sachverhalt stellt sich – worauf Wittkopp (VersR 1987, 242, 244 li. Sp.) zutreffend hinweist – die versicherungsrechtliche Seite zu Ungunsten des Auftraggebers grundlegend anders als in dem vom erkennenden Senat (aaO) entschiedenen Fall dar. In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall wäre nämlich bei Anwendbarkeit der Klausel der Versicherungsanspruch des geschädigten Schiffseigners gegenüber seiner Kaskoversicherung gefährdet. Könnte er durch Vereinbarung mit einem Dritten – hier der beklagten Werft – dessen Haftung für eigenes grobes Verschulden mit Rechtswirksamkeit gegenüber seinem Versicherer ausschließen, so würde dies praktisch zu einer Gefahrenerhöhung und damit zu einer Erweiterung der Leistungspflicht des Versicherers führen, ohne daß dieser dafür einen Ausgleich in einem Anspruch gegen den Dritten – hier die beklagte Werft – erlangen würde. Damit würde sich die Situation des Versicherers in einer Weise verschlechtern, wie dies mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 61 VVG nicht zu vereinbaren wäre, wonach der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit wird, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. In solchen Fällen hat die Rechtsprechung unter Berücksichtigung des in § 67 Abs. 1 Satz 3 VVG enthaltenen Grundgedankens die Leistungspflicht des Versicherers verneint, wenn der Haftungsausschluß eine ungewöhnliche, die Interessen des Versicherers gegen Treu und Glauben beeinträchtigende Abrede darstellt (BGHZ 22, 109, 119 f. m.w.N.). Nach dieser Rechtsprechung ist der Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers jedenfalls dann gefährdet, wenn dieser seinen Vertragspartner auch von der Haftung für grobes Verschulden befreit (BGHZ 33, 216, 221). Bei dieser Rechtslage muß die Möglichkeit oder Üblichkeit einer versicherungsmäßigen Abdeckung eines Schadens, die in anderen Fällen für die Gültigkeit eines Haftungsausschlusses oder einer Haftungsbeschränkung von Bedeutung sein kann, unberücksichtigt bleiben, wenn die Haftungsbegrenzung – wie hier – den Fall eigenen groben Verschuldens des die Klausel verwendenden Vertragspartners des Versicherungsnehmers einschließt.
c) Demzufolge hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß die von der Beklagten verwendete ABG-Klausel Nr. 10 d keinen Bestand hat, ohne daß es noch darauf ankommt, ob die als verletzt angesehen Sorgfalts- und Obhutspflichten als Haupt- oder als Nebenpflichten des Werftvertrages zu werten sind.
B.
Revision der Klägerin
1. Das Berufungsgericht hat die Haftungsbeschränkung gemäß der Klausel Nr. 10 c der AGB der Beklagten für wirksam angesehen und die Klage hinsichtlich der für den Nutzungsausfall und die Expertisekosten geltend gemachten Teilbeträge abgewiesen, weil diese als Folgeschäden von der Vertragsbedingung erfaßt würden.
Die Revision der Klägerin hält die Freizeichnung für Folgeschäden gemäß der genannten AGB-Klausel wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam und macht im übrigen geltend, die für die Begutachtung des Schadens aufgewendeten Expertisekosten seien keine Folgekosten, sondern unmittelbarer Reparaturaufwand. Diese Rüge ist begründet.
Das Berufungsgericht hat der Klausel Nr. 10 c entnommen, daß durch sie die Haftung der Beklagten für „mittelbare und Folgeschäden“ ausgeschlossen werde. Darunter hat das Berufungsgericht die „vom Auftragnehmer her nicht zu kalkulierenden Folgeschäden“ verstanden, deren Herausnahme aus der Haftung es mit der gesetzlichen Regelung in § 9 AGBG für vereinbar angesehen hat. Diese Auslegung, bei der das Berufungsgericht die nicht eindeutige Formulierung „mittelbarer/Folge-Schaden“ in dem Sinne verstanden hat, daß von der Klausel nicht sämtliche mit einem Schadensereignis adäquat kausal verbundenen Folgeschäden betroffen seien, sondern nur solche, die als eine entferntere Schadensfolge aufträten, entspricht der Auslegungsregel des § 5 AGBG (BGHR AGBG § 5 – Kündigungsfrist 1 u. Mehrdeutigkeit 1). Die darin liegende Abgrenzung gegenüber den unmittelbaren Schäden, führt dazu, daß die Grenzen dieser Klausel enger gezogen sind und sich dadurch für den Vertragspartner des Klauselverwenders die bessere Rechtsposition ergibt. Durch die so verstandene Klausel werden somit (allenfalls) vertragsuntypische und daher kaum vorhersehbare Schäden von der Haftung ausgeschlossen (vgl. BGH NJW 1985, 3016, 3018).
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen die von der Klägerin geltend gemachten Kosten der Schadensbegutachtung und -abschätzung sowie den aufgrund der Reparaturarbeiten entstandenen Nutzungsausfall zu den nicht zu kalkulierenden Folgeschäden gezählt, die von der genannten AGB-Klausel erfaßt seien.
So gehören die Expertisekosten als Aufwendungen für ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Schadensumfangs zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Nachteilen, weil die Begutachtung in der Regel die Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs ist, und zwar sowohl gegenüber der eigenen Kaskoversicherung des Geschädigten als auch gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung (vgl. BGH NJW 1974, 34, 35; Palandt BGB 47. Aufl. § 249 Anm. 4 b cc).
Auch der Schaden, der dadurch entstanden ist, daß das TMS „C.“ bis zur Durchführung der Reparaturarbeiten nicht eingesetzt werden konnte, ist als eine typische Folge der von der Beklagten zu vertretenden Beschädigung des Schiffes anzusehen. Entgegen der Beurteilung durch das Berufungsgericht kann der Nutzungsausfall daher nicht zu den unvorhersehbaren Schäden gerechnet werden. Der Ersatz solcher Schäden entspricht dem Leitbild des § 252 BGB, wonach immer auch ein entgangener Gewinn zu ersetzen ist. Im übrigen entspricht es der Lebenserfahrung, daß infolge des zeitweiligen Ausfalls eines gewerblich genutzten Tankmotorschiffes dem Schiffseigner regelmäßig ein Schaden dadurch entsteht, daß er das Schiff vorübergehend nicht für seinen Gewerbebetrieb einsetzen kann. Insoweit handelt es sich um ein ohne weiteres vorhersehbares und abzuschätzendes Schadensrisiko.
Da lediglich die Anwendbarkeit der AGB-Klausel im Streit ist und der festgestellte Sachverhalt insoweit einer Klärung nicht mehr bedarf, kann der Senat entsprechend § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden.
III.
Auf die Revision der Klägerin ist somit unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils das Urteil erster Instanz teilweise abzuändern. Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen und die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorzubehalten.
Brodeßer von Albert Maltzahn
. Jestaedt Broß
Vorinstanzen:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.05.1987
AG Mannheim, Entscheidung vom 20.02.1985