AG Hohenstein-Ernstthal verurteilt unter Bezugnahme auf die VKS-BVK-Honorarumfrage den bei der HUK-COBURG Versicherten zur Zahlung der von der HUK-COBURG vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 1.11.2016 – 1 C 2/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

damit das heute morgen veröffentlichte Urteil des AG Dortmund, das man getrost als Negativbeispiel einer Entscheidung bezeichnen kann (um das Wort „Schrotturteil“ nicht gebrauchen zu müssen), schnell wieder vergessen wird, stellen wir Euch hier und jetzt noch ein (im Ergebnis positives) Urteil aus Hohenstein-Ernstthal zu den Sachverständigenkosten gegen den bei der HUK-COBURG versicherten Unfallfahrer vor. Mit erfreulich klaren Worten hat  das erkennende Gericht das von den HUK-Anwälten vorgelegte Honorartableau der HUK-COBURG verworfen und statt dessen die VKS-BVK-Honorartabelle zugrunde gelegt. Leider wurde aber mit dieser Tabelle dann wieder eine Angemessenheitsüberprüfung der Einzelpositionen im Sinne des Werkvertragsrechts vorgenommen. Auf die Angemessenheit der einzelnen Rechnungsposten kommt es aber im Schadensersatzprozess nicht an. Entscheidend ist die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB. Da auch hier in diesem Rechtsstreit der Geschädigte gegen den Schädiger persönlich geklagt hatte, hätte die einschlägige BGH-Entscheidung VI ZR 225/13 zugrunde gelegt werden müssen. Trotz dieses Mangels wird die HUK-COBURG, wie wir meinen, mit diesem Urteil nicht hausieren gehen. Lest selbst das Urteil des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal vom 1.11.2016 (dort offenbar kein Feiertag!) und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Hohenstein-Ernstthal

Zivilgericht

Aktenzeichen: 1 C 2/16

Verkündet am: 01.11.2016

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

des Herrn D. D. aus D.

Kläger

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte I. & P. aus A.

gegen

Herrn D. R. G. aus H-E.  (bei der HUK-COBURG Versicherter)

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte W. u- B. aus C.

wegen Schadenersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal durch
Direktor des Amtsgerichts E.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.11.2016 am 01.11.2016

für Recht erkannt:

1.        Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 156,58 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Festsetzung des Streitwertes findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt oder wenn die Beschwerde in dieser Entscheidung zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat eingelegt wird.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist bei dem

Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal
Conrad-Clauß-Straße 11
09337 Hohenstein-Ernstthal

einzulegen.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn die Niederschrift rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.
Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden.

E.
Direktor des Amtsgerichts

Amtsgericht
Hohenstein-Ernstthal

Zivilgericht

Aktenzeichen: 1 C 2/16

PROTOKOLL

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal
vom 01.11.2016

Anwesend:
Direktor des Amtsgerichts E.

Das Protokoll wurde mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet und nachträglich übertragen.

In dem Rechtsstreit

D. D. aus D.

Kläger

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte I. & P. aus A.

gegen

D. R. G. aus H-E.

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte W. u. B. aus C.

wegen Schadenersatz aus Verkehrsunfall

erschien(en) nach Aufruf der Sache:

•   für den Kläger Herr Rechtsanwalt U. in Untervollmacht
•   für die Beklagte Frau Rechtsanwältin A. F.

Die Sach-und Rechtslage wird erneut erörtert. Das Gericht stellt seine Auffassung zur Liste des BSVK und zur jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2016 und zur Tabelle der HUK-COBURG selbst vor und zitiert, dass die Klage voller Aussicht auf Erfolg hat.

Der Klägervertreter beantragt, wie mit Schriftsatz vom 18.12.2015.

Die Beklagtenvertreterin beantragt, die Klage abzuweisen.

Es ergeht sodann folgender

Beschluss

Die Sitzung wird unterbrochen. Eine Entscheidung ergeht im Laufe des Sitzungstages.

Nach erneutem Aufruf wird festgestellt, dass niemand erschienen ist. Das in der Anlage befindliche

E n d u r t e i l

wird verkündet und die Begründung zu Protokoll genommen.

Der Kläger begehrt restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 07.08.2015 in Dortmund. Die Versicherung des Beklagten, hat auf die Gutachterkosten des Sachverständigenbüro … anstatt der geforderten 614,58 €, lediglich 458,00 € gezahlt. Den Differenzbetrag in Höhe von 156,58 € macht der Kläger mit seiner Klage geltend. Die Beklagte ist der Meinung, dass als Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO, das Sachverständigentableau der HUK-Coburg zugrundezulegen sei. Dort sei aus einer Auswertung von 500.000 Schadensfällen eine entsprechende Tabelle erarbeitet worden, die aufgrund der Datenvielfalt eine verlässliche Schätzgrundlage darstelle. Die BVSK Honorarbefragung sei jedoch nicht geeignet und bezieht sich dabei auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014 – Az: VI ZR 357/13. Des Weiteren hebt der Beklagte auch auf die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 26.04.2016 Az: VI ZR 50/15 ab. Insbesondere führt der Beklagte aus, dass der Kläger bisher die Rechnung des Sachverständigenbüros nicht bezahlt habe und daher die Indizwirkung für die Richtigkeit der Sachverständigenrechnung entfalle.

Das Gericht legt seiner Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO, die VKS-BVK Honorarumfrage von 2015 zugrunde. Dies erscheint als Schätzgrundlage ausreichend.

Nach dieser Umfrage, liegt das geforderte Grundhonorar von 352,00 € im Korridor von 267,00 € bis 391,00 €. Die Fotokosten je Fotosatz in Höhe von 2,50 m, liegen in den Korridor von 2,00 € bis 3,00 €. Die Fotokosten zweiter Satz, liegen mit 1,65 € je Lichtbild im Korridor von 0,90 € bis 3,00 €. Die Schreibkosten mit 2,80 € je Seite liegen im Korridor von 2,00 € bis 5,00 €. Die Kopien je Seite befinden sich ebenfalls bei einem geforderten Preis von 1,40 € im Korridor von 0,50 € bis 2,40 €.

Das Gericht hält die VKS-BVK Honorarumfrage für eine verlässliche Schätzgrundlage, die insbesondere geeignet ist, die zu erwartenden Ansätze über anfallende Nebenkosten zuverlässig abzubilden. Insbesondere ist sie hinreichend aussagekräftig und lässt relevante Fragen nicht offen. Soweit der Beklagte meint, dass der Bundesgerichtshof im Urteil vom 22.07.2014 die BVSK Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten habe, ist dies nicht zutreffend. Der Bundesgerichtshof hat lediglich festgestellt, dass das Berufungsgericht das Ergebnis dieser Befragung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten angesehen hat. Diese Einschätzung des seinerzeitigen Berufungsgerichts des Landgerichts Saarbrücken teilt das erkennende Gericht nicht. Der Bundesgerichtshof hat aber in seinem Urteil vom 26.04.2016 auch nicht etwa festgestellt, dass das JVEG als Schätzgrundlage zugrunde zulegen sei, sondern lediglich festgestellt, dass das Berufungsgericht dies in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als Schätzgrundlage zugrunde legen durfte. Warum gerade das JVEG eine verlässlichere Schätzungsgrundlage, als die VKS/BVK Honorarumfrage von 2015 sein soll, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht. Vielmehr ist zu beachten, dass das KFZ Sachverständigensegment nur einen Teil   aller Sachverständigen abbildet, wo hingegen beim JVEG sämtliche Sachverständigenleistungen herangezogen worden sind.

Im Übrigen ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten, sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (subjektive Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Forschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Legt man den von der HUK Coburg gerechtfertigten Gutachterpreis von 458,00 € zugrunde, so ist festzustellen, dass der vom Sachverständigen geforderte Rechnungsbetrag lediglich um 34,18 % vom Sachverständigen-Honorartableau der HUK Coburg abweicht. Wie dies für einen Normalbürger erkennbar sein soll und wie ihm dies als unangemessen hoch erscheinen soll, ist nicht nachvollziehbar. Darauf hinzuweisen ist, dass es wohl keinen zugänglichen Markt für Sachverständige gibt. DerBürger stellt sich bei vereidigten Sachverständigen ohnehin eine Institution vor, die nach Gebühren abrechnet. Einen Wettbewerb unter Sachverständigen etwa mit dem Slogan „Günstiger begutachtet keiner“ mit veröffentlichten Preisen gibt es nicht. Ein Kostenvergleich ist auch grundsätzlich nicht möglich. Etwas anderes kann bei Mietwagen gelten, dort ist ein großer Markt mit Preisvergleich möglich. Ungeachtet dessen weicht das geforderte Honorar nicht erheblich von dem vom Kläger richtig gehaltenen Honorartableau ab.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil sie im Einklang mit der ständigen Rechtssprechung der Berufungskammer des Landgerichts Zwickau steht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 ff. ZPO.

E.
Direktor des Amtsgerichts

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Alexander Rätz sagt:

    Nach dieser Umfrage, liegt das geforderte Grundhonorar von 352,00 € im Korridor von 267,00 € bis 391,00 €. Die Fotokosten je Fotosatz in Höhe von 2,50 m…

    2,5 Meter ? Oder doch Euro ? 🙂

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